Akademischer Kulturkampf ist die Bezeichnung für Auseinandersetzungen zwischen katholischen und liberalen Studentenkorporationen 1903 bis 1908.
Historische Entwicklung
Zur Vorgeschichte des Akademischen Kulturkampfs gehört der Streit um die Berufung katholischer Gelehrter – wie des Historikers Martin Spahn und des Kirchenhistorikers und Theologen Albert Ehrhard – an die neu gegründete Universität Straßburg im Jahre 1901. Nachdem für den dortigen Lehrstuhl für Geschichte Friedrich Meinecke vorgeschlagen worden war, war es der Protestant und Chef der Verwaltung der preußischen Universitäten, Friedrich Althoff, der vorschlug, einen zweiten Lehrstuhl für Geschichte für die katholische Studenten mit Martin Spahn zu besetzten, zumal Straßburg in Mitten der katholischen Reichslande lag. Solche konfessionell gebundenen katholischen Geschichtsprofessuren gab es bereits an den Universitäten Bonn, Breslau und Freiburg. Die Straßburger Philosophische Fakultät weigerte sich, dem Vorschlag zu folgen, intervenierte bei Kaiser Wilhelm II., worauf hin Althoff im Einvernehmen mit dem Kaiser und gegen den Willen der Philosophischen Fakultät Spahn zum Professor in Straßburg ernannte. Nobelpreisträger Theodor Mommsen suchte den Weg in die Öffentlichkeit und argumentierte mit dem Schlagwort von der „voraussetzungslosen Forschung“.
Der Streit war Vehikel dafür, den Begriff der akademischen Freiheit grundlegend zu klären. Dabei erwies sich diese Auseinandersetzung aus katholischer Sicht sehr schnell als Vorwand für den Erhalt des protestantischen Charakters der Universitäten in Deutschland.
Dieses wurde um so mehr deutlich, als seit 1904 von der Universität Jena ausgehend antikirchliche und liberale Studentenkorporationen im Namen der akademischen Freiheit die Beseitigung der katholischen Studentenkorporationen forderten. Ein Beispiel hierfür ist die katholische Studentenverbindung Sugambria in Jena. Der Streit breitete sich schnell auf die Universitäten Berlin, Hannover, Aachen, Karlsruhe, Darmstadt, Wien und Graz aus. Aus den Streitigkeiten zwischen den einzelnen Korporationen erwuchs sehr schnell ein Gelehrtenstreit, der die Medien im ganzen Deutschen Reich beschäftigte.
Der später in Anlehnung an den Kulturkampf so genannte „Akademische Kulturkampf“ fand sein Ende, noch bevor 1911 Katholiken zu einer überkonfessionellen christlichen Gewerkschaft aufriefen, was zum sogenannten Gewerkschaftsstreit führte. Im Kaiserreich fand der offen ausgetragene Konfessionsgegensatz endgültig unter dem Vorzeichen des Ersten Weltkrieges sein Ende, weil jetzt sichtbar wurde, dass die Katholiken in Deutschland weitgehend vorbehaltlos zum Kaiserreich standen.
Literatur (Auswahl)
- Peter Stitz: Der Akademische Kulturkampf um die Daseinsberechtigung der katholischen Studentenkorporationen in Deutschland und Österreich von 1903 bis 1908, München, 1960