Sonnenwende

Tage im Lauf eines Sonnenjahres, an dem die Mittagssonne am höchsten oder tiefsten über dem Horizont steht
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Eine Sonnenwende oder Sonnwende (lat.: Solstitium, Stillstand der Sonne) stellt den Zeitpunkt dar, in dem die Sonne im Laufe eines Sonnenjahres die größte nördliche oder südliche Deklination erreicht. In diesem Augenblick kehrt die Sonne ihre durch die Schiefe der Ekliptik bewirkte Deklinationsbewegung um und nähert sich wieder dem Himmelsäquator.

Diese maximale Deklination erreicht sie jedes Jahr zweimal: einmal nördlich und einmal südlich des Himmelsäquators; je nach Erdhalbkugel spricht man dabei jeweils von der Sommer- oder Wintersonnenwende. Zu diesen Zeiten hat sie auch ihre größte bzw. kleinste Mittagshöhe über dem Horizont.

Astronomische Grundlagen

 

Definition

Die genaue Definition lautet: Die Sonnenwenden sind die Zeitpunkte, in denen die scheinbare geozentrische ekliptikale Länge der Sonne 90° oder 270° beträgt.

  • Scheinbar heißt: unter Berücksichtigung von Aberration und Nutation.
  • Geozentrisch heißt: von einem hypothetischen Beobachter im Erdmittelpunkt aus gesehen. Die Definition ist also unabhängig vom Standort eines realen Beobachters; die Sonnenwenden treten daher weltweit zum selben Zeitpunkt ein (der aber in verschiedenen Zeitzonen verschiedenen Uhrzeiten entspricht).

Die Verbindungslinie der beiden Sonnenwenden heißt Solstitiallinie.

Die zwei Zeitpunkte fallen bis auf wenige Minuten mit jenen Zeitpunkten zusammen, in denen die Sonne ihre größte nördliche oder südliche Deklination - etwa 23° 26' 20" – und damit ihre nördlichste oder südlichste Stellung auf der Himmelskugel erreicht. Der geringe Zeitunterschied resultiert aus dem Umstand, dass es eigentlich der Schwerpunkt des Erde/Mond-Systems ist, der sich gleichmäßig in der „Erd“bahnebene (Ekliptik) um die Sonne bewegt, während die Erde selbst diesen Schwerpunkt umkreist und sich in Regel etwas oberhalb oder unterhalb dieser Ebene befindet. Vom geozentrischen Beobachter aus gesehen läuft die Sonne daher nicht exakt auf der Ekliptik (sie hat eine ekliptikale Breite ungleich Null). Sie passiert deshalb zum einen nicht exakt durch den nördlichsten bzw. südlichsten Punkt der Ekliptik, zum andern führt ihre veränderliche ekliptikale Breite dazu, dass die maximale Deklination in der Regel nicht genau an den Sonnwendpunkten angenommen wird.

Folgerungen

Die Sonnenwenden markieren den Beginn des astronomischen Sommers bzw. des astronomischen Winters. Wenn die Sonne ihre größte nördliche oder südliche Deklination von 23,4° erreicht, steht sie senkrecht über den so genannten Wendekreisen der Erde (nämlich den Breitenkreisen auf 23,4° nördlicher bzw. südlicher Breite). Sie steht also

  • am 21. Juni über dem nördlichen Wendekreis (Sommersonnenwende auf der Nordhalbkugel, Wintersonnenwende auf der Südhalbkugel),
  • am 21. oder 22. Dezember über dem südlichen Wendekreis (Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel, Sommersonnenwende auf der Südhalbkugel).

Für beide Erdhalbkugeln gilt jeweils: Zur Wintersonnenwende erreicht die Sonne im Jahreslauf ihren tiefsten Stand in Bezug auf den Meridiandurchgang. Zu diesem Zeitpunkt herrscht der kürzeste Tag und die längste Nacht, weil der größere Teil der täglichen Sonnenbahn unterhalb des Horizonts liegt. Umgekehrt erreicht die Sonne zur Sommersonnenwende ihren höchsten Stand. Zu diesem Zeitpunkt herrscht der längste Tag und die kürzeste Nacht, weil der größere Teil der täglichen Sonnenbahn oberhalb des Horizonts liegt.

Zur Frage, ob auch der früheste Sonnenuntergang am Tag der Wintersonnwende stattfinded, siehe Zeitgleichung

Nahe den Polarkreisen gibt es zur Wintersonnenwende einen Tag ohne Sonnenaufgang sowie zur Sommersonnenwende einen Tag ohne Sonnenuntergang (Mitternachtssonne, "Weiße Nächte"). Weiter polwärts herrscht dann wochen- bis monatelang der Polartag, bzw. am anderen Pol die Polarnacht. Während dieser Zeiträume liegt die tägliche Sonnenbahn vollständig oberhalb bzw. unterhalb des Horizonts.

Zwischen den Sonnenwenden überschreitet die Sonne jeweils den Himmelsäquator und steht senkrecht über dem Äquator der Erde. Diese Zeitpunkte sind die Äquinoktien oder Tagundnachtgleichen. Äquinoktien und Sonnenwenden stellen den Beginn der jeweiligen astronomischen Jahreszeiten dar.

Obwohl der Tag der Wintersonnenwende der kürzeste Tag ist, tritt der früheste Sonnenuntergang ein paar Tage früher und der späteste Sonnenaufgang ein paar Tage später ein. Ursache hierfür ist die Zeitgleichung.

Datum

Weil das Sonnenjahr knapp 6 Stunden länger ist als das Kalenderjahr mit exakt 365 Tagen, verschiebt sich der Zeitpunkt der Sonnenwenden jedes Jahr um etwa 6 Stunden zu späteren Uhrzeiten. In einem Schaltjahr (z.B. 2004, 2008; siehe Tabelle) springt der Termin zum Ausgleich wieder um 24 Stunden nach vorne.

In der Mitteleuropäischen Zeitzone fällt die Sommersonnenwende gegenwärtig stets auf den 21. Juni. Im 20. Jahrhundert konnte sie auch am 22. Juni eintreten. Im 21. Jahrhundert wird sie manchmal am 20. Juni sein, weil die Schaltregel (365,2425 Tage) die tatsächliche Jahreslänge (365,2422 Tage) nur näherungsweise darstellen kann. Ohne die Gregorianische Kalenderreform würde sich ihr Datum pro Jahrtausend um 7-8 Tage verschieben.

Sommersonnenwende
2003 21. Juni 21:10 Uhr MESZ
2004 21. Juni 02:57 Uhr MESZ
2005 21. Juni 08:46 Uhr MESZ
2006 21. Juni 14:26 Uhr MESZ
2007 21. Juni 20:06 Uhr MESZ
2008 21. Juni 01:59 Uhr MESZ

Die Wintersonnenwende fällt in der Mitteleuropäischen Zeitzone gegenwärtig etwa gleich häufig auf den 21. und 22. Dezember; der 21. wird künftig häufiger werden:

Wintersonnenwende
2003 22. Dezember 08:04 MEZ
2004 21. Dezember 13:42 MEZ
2005 21. Dezember 19:35 MEZ
2006 22. Dezember 01:22 MEZ
2007 22. Dezember 07:08 MEZ
2008 21. Dezember 13:03 MEZ

Weitere Details hierzu siehe im Artikel Jahreszeiten.

Winterpunkt und Sommerpunkt

Im Moment der Wintersonnenwende steht die Sonne im Vergleich zu den Hintergrundsternen im sogenannten Winterpunkt - jenem Punkt der Ekliptik, der genau 90° vom Frühlingspunkt entfernt ist (Rektaszension = 270°). Er liegt derzeit im Sternbild Schütze (Sagittarius); etwa in dieser Richtung liegt auch das galaktische Zentrum.

Analog dazu steht die Sonne im Moment der Sommersonnenwende im sogenannten Sommerpunkt (Rektaszension = 90°).

Durch die Präzession der Erdachse wandern der Winterpunkt und der Sommerpunkt im Laufe von 25.780 Jahren einmal durch den gesamten Tierkreis. So lag der Winterpunkt in der Antike noch im Sternbild Steinbock (deshalb auch „Wendekreis des Steinbocks“), und wird sich in etwa 300 Jahren ins Sternbild Ophiuchus (Schlangenträger) verschieben.

Der Sommerpunkt lag in der Antike im Sternbild Krebs (deshalb auch „Wendekreis des Krebses“), seine Wanderung ist in der folgenden Tabelle über einen ganzen Zyklus der Präzession dargestellt. Legt man die modernen Grenzen der Sternbilder zu Grunde, dann befindet er sich in folgenden Sternbildern :

Sternbild Eintritt Mitte Austritt
Schütze 13000 v.Chr. 11825 v.Chr. 10650 v.Chr.
Schlangenträger 10650 v.Chr. 9980 v.Chr. 9310 v.Chr.
Skorpion 9310 v.Chr. 9070 v.Chr. 8830 v.Chr.
Waage 8830 v.Chr. 8005 v.Chr. 7180 v.Chr.
Jungfrau 7180 v.Chr. 5600 v.Chr. 4020 v.Chr.
Löwe 4020 v.Chr. 2735 v.Chr. 1450 v.Chr.
Krebs 1450 v.Chr. 735 v.Chr. 20 v.Chr.
Zwillinge 20 v.Chr. 985 n.Chr. 1990 n.Chr.
Stier 1990 n.Chr. (nahe am Orion) 3300 n.Chr. 4610 n.Chr.
Widder 4610 n.Chr. 5495 n.Chr. 6380 n.Chr.
Fische 6380 n.Chr. 7715 n.Chr. 9050 n.Chr.
Wassermann 9050 n.Chr. 9905 n.Chr. 10760 n.Chr.
Steinbock 10760 n.Chr. 11780 n.Chr. 12800 n.Chr.
Schütze 12800 n.Chr. 13975 n.Chr. 15150 n.Chr.
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Im Winkel von 90° zum Sommerpunkt und Winterpunkt liegen jeweils der Frühlingspunkt (Rektaszension = 0°) und der Herbstpunkt (Rektaszension = 180°), in denen die Sonne beim Äquinoktium steht.

Geschichtliches und Kulturelles

Jahreszeiten

Die Sommersonnenwende ist in vielen Ländern, wie in Mitteleuropa und den USA, zugleich der Beginn der Jahreszeit Sommer. In Großbritannien und Irland hingegen, beginnt die Jahreszeit Sommer am 1. Mai und endet am 31. Juli, die Sommersonnenwende liegt also etwa in der Mitte der Jahreszeit. In vielen Ländern, in denen heute der kalendarische Sommer am 20./21. Juni beginnt, wird der Tag der Sommersonnenwende dennoch als Mittsommer bezeichnet, was möglicherweise auf einen alten gemeinsamen steinzeitlichen Kalender zurückgeht.

Feste und Feiern

Da ab 21./22. Dezember die Tage wieder länger werden, war die Wintersonnenwende in vielen antiken und frühmittelalterlichen Kulturen ein wichtiges Fest, das allerdings oft auch ein paar Tage vor bzw. nach dem Datum der tatsächlichen Sonnenwende gefeiert wurde. Schon steinzeitliche Kultstätten wie Stonehenge oder Ales Stenar erfassten diesen Zeitpunkt, allerdings mittels der leichter feststellbaren Auf- und Untergangspunkte der Sonne, die zu Winterbeginn etwa im Südosten bzw. Südwesten liegen.

Die Germanen feierten zur Wintersonnenwende das Julfest. Bei den Römern war der 25. Dezember einer der höchsten Feiertage zu Ehren des Gottes der unbesiegten Sonne Sol invictus.

Auch das Weihnachtsfest liegt zeitlich kurz nach der Wintersonnenwende, was die Ankunft des göttlichen Lichts (Christi Geburt) symbolisieren, bzw. den Heiden den Übergang zum Christentum erleichtern sollte. Die Wintersonnenwende selber fällt nach dem Heiligenkalender auf den Thomastag.


Der Tag der Sommersonnenwende wird seit jeher von den Menschen als mystischer Tag betrachtet, oft begleitet von weltlichen und religiösen Feierlichkeiten.

Je größer der Unterschied zwischen dem harten Winter und dem warmen Sommer, desto festlicher hat man seit jeher diesen Tag gefeiert. Hoch im Norden Europas, wo in der sommerlichen Jahreszeit die Nächte gar nicht mehr dunkel werden (man spricht auch von den Weißen Nächten), haben Sonnenwendfeiern - als Mittsommerfest bezeichnet - wesentlich mehr Bedeutung als z.B. am Mittelmeer.

Die Sonnenwendfeste haben vor allem in den germanischen, nordischen, baltischen, slawischen und keltischen Religionen einen festen Platz. In der keltischen Mystik heißt der Tag der Sommersonnenwende Alban Heffyn.

Seit der Christianisierung Europas werden diese Feiern oft mit dem 24. Juni, dem Tag Johannes des Täufers (Johannistag), verbunden, und einige der Sonnenwendbräuche, die sich bis heute erhalten haben, wie die Johannisfeuer, sind nach ihm benannt.

Von der in Europa und den USA wachsenden Gemeinschaft an Angehörigen indigener Religionen wird dagegen der 21. gefeiert - meist auch mit einem entsprechenden Feuer. Bei den Anhängern des Neopaganismus wird dieses Fest als Litha bezeichnet.

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden die wiederentdeckten altgermanischen Sonnenwendfeiern offizielle Feiertage und in die Nazi-Symbolik von "Volk, Blut und Boden" integriert. Dies schadet ihrem Ruf teilweise bis heute.

Die Esoterik und Astrologie beruft sich auf so manche heidnische Tradition und feiert die Sonnenwende als Sonnenkult.

Sonstiges

Das typische Juni-Sommerwetter und die in mittleren Breiten der Nordhalbkugel noch frühlingshafte Wachstumsstimmung in der Natur ist ideal für Freiluftveranstaltungen aller Art. So ist die Sonnenwende oft nur ein willkommener Vorwand, aber kein eigentlicher Grund der zahlreichen Feste und Feiern in dieser Jahreszeit.

Eratosthenes benutzte eine Sommersonnenwende, um den Erdumfang zu bestimmen.

William Shakespeares Komödie A Midsummer Night's Dream (dt. Ein Sommernachtstraum) handelt während einer Sommersonnenwende.

Die größte unorganisierte Sommersonnwendfeier in Europa findet in Stonehenge statt, die größte Deutschlands an den Externsteinen.