Mann von Pritschöna
Die beiden Löcher im Schädel des 1910 in einer Kiesgrube in Pritschöna, Gemeinde Schkopau im Saalekreis in Sachsen-Anhalt gefundenen Mannes von Pritschöna sind Trepanationen. Da der Tote mit angezogenen Beinen auf der Seite liegend beigesetzt worden war, ist eine Datierung in die Jungsteinzeit wahrscheinlich. Die abgeflachten Kanten der Verstümmelung belegen den erfolgreichen Heilungsprozeß.
Im Vergleich zu anderen Regionen ist die Zahl der in Mitteldeutschland dokumentierten vorgeschichtlichen Trepanationen hoch. Allein aus der Schnurkeramischen Kultur sind mehr als ein Dutzend Befunde beschrieben. Die meisten stammen aus Sachsen-Anhalt. In der Regel wurden Männer mittleren Alters trepaniert, nur sehr selten sind solche Eingriffs an Frauenschädeln überliefert.
Über die Beweggründe für derartige Eingriffe kann nur spekuliert werden. Gelegentlich wurden Schädelbrüche mit Hilfe einer Trepanation versorgt. Zweifellos handelte es sich bei den Eingriffen jedoch um zeremoniell begangene Rituale, die in Deutschland nicht den Anfang einer zu dieser Zeit bereits sehr langen weltweiten Tradition bilden. Den trepanierten Schädel eines zweijährigen Kindes fanden Archäologen in der Höhle von Rochereil in der Dordogne. Als ältester trepanierter Schädel West- und Mitteleuropas gilt ein zwischen 5200 und 4900 v. Chr. zu datierender Männerschädel, der 1996 in Ensisheim im Elsass gefunden wurde. In Frankreich sind Trepanationen weitaus häufiger anzutreffen. Der älteste in Deutschland gefundene trepanierte Schädel stammt aus der mittleren Steinzeit und wurde in Jechtingen am Kaiserstuhl gefunden.[1]Trepanationen lassen sich in den nachfolgenden Epochen bis in die heutige Zeit belegen.
Literatur
- Renate Schaberg: Neurochirurgie in der Steinzeit In: Harald Meller (Hrsg): Schönheit, Macht und Tod Halle a. d. Saale 2001 S. 100
- ↑ Karl-Maria Heidecker (2006), S. 113.