Kapitalanlagebetrug
Kapitalanlagebetrug ist umgangssprachlich eine Form des Betruges, bei der die Täter eine gewinnträchtige Anlage am Kapitalmarkt versprechen und vortäuschen, um an das Geld der Opfer zu gelangen und sich daran zu bereichern. Formaljuristisch ist jedoch der Kapitalanlagebetrug gerade kein Betrug[1]. Es ist stattdessen lediglich ein betrugsähnliches, abstraktes Gefährdungsdelikt im Vorfeld des Betruges, bei dem – anders als beim Betrug – ein Vermögensschaden noch nicht eingetreten ist.[2] Das klassische Kapitalanlagebetrugsmodell ist das Schneeballsystem, bei dem die angeblichen Erträge mit den Geldern neuer Opfer bezahlt werden. Eine Grauzone stellen viele Angebote im Umfeld des grauen Kapitalmarkts dar, wobei die Grenze zwischen exzessiv hohen Kosten einerseits und Betrug andererseits oft verschwimmen. Mitunter werden Anlageprodukte mit für Verbraucher nachteilhaften Bedingungen und hohen Provisionsabzügen als legaler Betrug bezeichnet.
Kriminalpolitisches Ziel und Strafbarkeit
Der Kapitalanlagebetrug ist nach deutschem Recht gemäß § 264a StGB strafbar. Mit dem Tatbestand wurde dem regulären Betrug nach § 263 StGB ein Auffangtatbestand zur Seite gestellt, dessen kriminalpolitische Intension primär der Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes galt.[3] Zwar können in Fällen schwindelhafter Kapitalanlagenangebote die Voraussetzungen des Eingehungsbetruges nach § 263 StGB vorliegen, indessen begegnen Fragen der Kausalität, des Vorsatznachweises und der Schadensfeststellung großen Schwierigkeiten. Um die Nachweisbarkeit zu erleichtern und um einen effizienteren Strafschutz der Kapitalanleger zu bieten, der letztlich der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes überhaupt dient, verlegte man die Strafbarkeit ins Vorfeld des § 263 StGB: Strafbar ist das Vortäuschen von vorteilhaften Aspekten bezüglich Wertpapieren und anderen Kapitalanlagemöglichkeiten gegenüber einer größeren Menge von Personen. § 264a StGB ist allerdings keine lex specialis gegenüber § 263 StGB.[3]
Anders als beim allgemeinen Betrugstatbestand nach § 263 StGB setzt der Tatbestand des § 264a StGB keine Täuschung des Anlegers oder dessen Irrtumserregung voraus, ebenso wenig den Eintritt eines (irrtumsbedingten) Vermögensschadens. Es genügt, wenn beispielsweise in einem Prospekt oder einer sonstigen öffentlich zugänglichen Darstellung unrichtige Angaben gemacht, oder nachteilige Tatsachen verschwiegen werden, soweit diese geeignet sind, die Anlageentscheidung eines potenziellen Anlegers zu beeinflussen. Es handelt sich somit um ein abstraktes Gefährdungsdelikt und im Vergleich zum Betrug ein zum selbständigen Tatbestand erhobenes Versuchsdelikt. Der Täter „vollendet“ das Delikt bereits, wenn er die falschen Angaben gemacht hat. Beendet ist das Delikt, wenn der Anleger die Geldleistungen erbracht hat. Missständen, die aus (außer-)börslichem Handel mit Wertpapieren und Derivaten resultieren, tritt ergänzend das WpHG entgegen, da eine Meldepflicht gegenüber der BaFin besteht (insbesondere zum Schutz vor Insiderhandel).[3]
Soweit tatsächlich ein täuschungs- und irrtumsbedingter Schaden eingetreten ist, ist § 263 StGB einschlägig, der eine höhere Strafandrohung vorsieht. Die Beschreibung des § 264a StGB als Kapitalanlagebetrug ist insofern irreführend. Treffender ist die ebenfalls gängige kriminologische Bezeichnung Prospektbetrug.
Beispiele
- Schrottimmobilien
- Wertpapierbetrug
Ansätze zur Verhinderung von Kapitalanlagebetrug
- Warnlisten
- Die Stiftung Warentest hat eine Warnliste mit unseriösen Vermittlern und Kapitalanlagen herausgegeben.[4]
- Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) in der Schweiz, listet Finanzunternehmen dort als risikobehaftet („erhebliche Gefährdung von Anlegern durch Anbieter“), wie 2017 die Piccor AG.
- Vermögensanlagengesetz
- Verkaufsprospektgesetz
- Wertpapierprospektgesetz
- Prospektprüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Um dem Verbraucher eine sinnvolle Entscheidung für oder gegen eine Vermögensanlage zu ermöglichen, prüft die BaFin bereits seit dem 1. Juli 2005 alle Prospekte für Vermögensanlagen – zunächst auf Grundlage des Verkaufsprospektgesetzes, seit dem 1. Juni 2012 auf Grundlage des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG).[5]
Die Prüfung bezieht sich allerdings nur auf formale Kriterien. - Kapitalanlagegesetzbuch
Siehe auch
Weblinks
- Europe Invest Control – Verein zur Unterstützung von Kapitalanlegerinteressen auf europäischer Ebene
Einzelnachweise
- ↑ https://www.heise.de/newsticker/meldung/Gericht-Google-muss-Verweise-auf-geloeschte-Links-unterlassen-3745908.html
- ↑ http://heinrich.rewi.hu-berlin.de/doc/strbt2011/31-kapitalanlagebetrug.pdf
- ↑ a b c Dreher, Tröndle: Strafgesetzbuch und Nebengesetze. § 264a, C.H. Beck, München 1995, S. 1332–1336.
- ↑ Warnliste Geldanlage: Unseriöse Firmen und Finanzprodukte test.de, 9. Januar 2015, abgerufen am 21. Januar 2015.
- ↑ Jörg Michael Maier, Ilka Meschkat, Hans-Georg Carny: Vermögensanlagen. Prospektprüfung und Informationen für Verbraucher. BaFin, 1. Oktober 2013, abgerufen am 13. Februar 2018.