Ausnahmegericht
Ausnahmegerichte sind Richterschaften deren Zuständigkeit nicht auf dem Gesetz beruht.
Nach den Definitionen des Bundesverfassungsgerichts[1] und des Bundesgerichtshofes[1] sind Ausnahmegerichte solche Gerichte, "die in Abweichung von der gesetzlichen Zuständigkeit besonders gebildet und zur Entscheidung einzelner konkreter oder individuell bestimmter Fälle berufen" sind.[2] Ebenso kann nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts[3] und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes[3] auch ein einzelner Spruchkörper eines Gerichts ein Ausnahmegericht sein, wenn ihm durch die Geschäftsverteilung ein konkreter Einzelfall oder mehrere konkrete Einzelfälle zugewiesen werden.[2]
Ausnahmegerichte sind als dem Rechtsstaatsprinzip widersprechend durch Art. 101 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) verboten.
Ausnahmegericht ist auch Synonym für eine abhängige Justiz.[4] Ausnahmegericht par excellence ist der Kommissar des absolutistischen Monarchen.[4] Es ist seit jeher ein beliebtes Mittel absolutistischer Machthaber gewesen, in Fällen, wo ein bestimmtes Ergebnis aus politischen Gründen gewünscht wurde, sich dieses Ergebnisses dadurch zu versichern, dass das nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln zur Aburteilung berufene ordentliche Gericht ausgeschaltet und die Aburteilung einem anderen Gericht übertragen wurde.[2]
Die Europäische Menschenrechtskonvention (Artikel 6 - Recht auf ein faires Verfahren) und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 IPBPR) stellen die Gewähr des unabhängigen und unparteiischen Richters in unmittelbaren Zusammenhang damit, dass das Gericht "auf Gesetz beruht".[2] Ebenso stellt die Charta der Grundrechte der Europäischen Union mit Artikel 47 die Möglichkeit einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen in unmittelbaren Zusammenhang damit sein Anliegen einem "durch Gesetz errichteten Gericht" vorzutragen.
Siehe auch
- ↑ a b BVerfGE 3 213, 223; 8 175, 182; 10 200, 212; BGHZ 38 208, 210; BGH NJW 2000, 1580
- ↑ a b c d Böttcher, Reinhard., Riess, Peter.: Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz : Grosskommentar. Siebenter Band, [Abschnitte] 1-198 GVG, EGGVG, GVGVO. 25., neubearbeitete Auflage. Berlin, ISBN 3-89949-039-8 (worldcat.org).
- ↑ a b BVerfGE 40 356, 361; BayVerfGHE 37 1
- ↑ a b Müssig, Ulrike.: Gesetzlicher Richter ohne Rechtsstaat? : eine historisch-vergleichende Spurensuche : Vortrag, gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 15. Februar 2006. De Gruyter Recht, Berlin 2007, ISBN 978-3-89949-404-4 (worldcat.org).