Augenheilkunde
Die Augenheilkunde (med.: Ophthalmologie, Ophthalmiatrie) ist die Lehre von den Erkrankungen und Funktionsstörungen des Sehorgans und des Sehsinnes. Augenarzt ist die Berufsbezeichnung der Ärzte, die sich mit der Ophthalmologie beschäftigen. Die Ophthalmologie ist eine der ältesten medizinischen Disziplinen.
Die anatomischen Grenzen der Augenheilkunde bilden vorn die Lid- und Gesichtshaut und hinten die Knochen der Augenhöhle. Mit den Untersuchungsmöglichkeiten der Sehbahn und derSehrinde reichen sie darüber hinaus bis an die Rückseite des Schädels. Es bestehen enge Beziehungen zur Hals-, Nase-, Ohrenheilkunde, zur Dermatologie und zur Neurologie. Wegen der häufigen Mitbeteiligung des Auges an Allgemeinerkrankungen und der Möglichkeit, mikroskopische Untersuchungen an lebendem Gewebe vorzunehmen, werden ophthalmologische Befunde häufig zur Diagnosefindung für die Innere Medizin herangezogen.
Moderne ophthalmologische Untersuchungen erfordern eine umfangreiche und kostspielige, technische Ausstattung. Wichtigstes Untersuchungsgerät ist die Spaltlampe, eine mit spezieller Steuer- und Beleuchtungsmechanik versehene, starke Stereolupe.
Die Augenheilkunde zählt zu den chirurgischen Disziplinen, obwohl ihr zahlreiche, wirksame und hochentwickelte Medikamente und Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Mit der Operation der Katarakt (des Grauen Stars) stellt die Augenheilkunde die meist durchgeführte und in der Summe kostenträchtigste Operation der Medizin weltweit.
Geschichte

Schon in den Gesetzestafeln des Hammurapi vor über 3600 Jahren wurden Vorschriften für Augenoperationen erlassen. - der Arzt sollte für eine erfolgreiche Operation eine Belohnung von 10 Shekel erhalten, wohingegen ihm bei Misserfolg beide Hände abgehackt werden sollten.
Im Mittelalter wurde die Aufgabe der Augenärzte von so genannten "Starstechern" übernommen. Mittels eines speziellen Messers wurde die trübe Linse des Auges ("Grauer Star") in das Auge hineingedrückt. Johann Sebastian Bach starb möglicherweise an der Folge einer Staroperation. Georg Friedrich Händel überlebte zwar seine Operation, blieb aber Zeit seines Lebens blind.
Die Augenheilkunde gehörte zunächst zur Chirurgie und bildete sich erst im Lauf des 18. Jahrhunderts, besonders aber des 19. Jahrhunderts als selbständiges Fach heraus. Bis zum 18. Jahrhundert war die Anatomie und die Funktionsweise des Auges unklar. Erst ab dem 19. Jahrhundert wurden durch das Aufkommen des Mikroskops Einzelheiten bekannt und systematisch für die Therapie nutzbar gemacht. 1800 prägte Carl Gustav Himly den Namen Ophthalmologie, im selben Jahr beschrieb Thomas Young den Astigmatismus.
Erste Kliniken wurden Anfang 19. Jahrhunderts in Erfurt und Budapest eröffnet. Den ersten Lehrstuhl für Ophthalmologie besetzte Georg Joseph Beer (1763-1821), der im Jahr 1818 Ordinarius für Augenheilkunde in Wien geworden war. Zuvor hatte er dort 1813 die erste Universitätsklinik für Augenkranke eröffnet.
Die entscheidende Erfindung auf dem Gebiet der Diagnostik war die Erfindung des Augenspiegels durch H. von Helmholtz (1821-1894) im Jahr 1851 und die Erfindung des Perimeters durch Richard Förster (1825-1902). Die entscheidenden Schritte für die Augenoperationen war die operative Behandlung des grünen Stars durch Albrecht von Graefe (1828-1870), der als „Vater der Augenheilkunde“ gilt, und die erste erfolgreiche Transplantation der Hornhaut (Keratoplastik) im Jahre 1905 durch Eduard Zirm (1863-1944).
In den letzten Jahrzehnten sind immer weitere Verfahren in der Diagnose und Therapie hinzugekommen, die das Verständnis von Augenkrankheiten, sowie die individuelle Behandlung wesentlich verbessert haben. Speziell die Untersuchung der Netzhaut, die das aktive sensorische Element des menschlichen Sehorgans darstellt, aber tief im Augapfel verborgen ist, hat wesentliche Fortschritte gemacht. (z.B. Optische Kohärenztomografie)
Erkrankungen und Funktionsstörungen (Beispiele)
- der "vorderen Augenabschnitte" (Lid, Tränendrüse und ableitende Tränenwege, Bindehaut (Konjunktiva) und "Tränenfilm", Lederhaut (Sclera), Hornhaut (Cornea), Regenbogenhaut (Iris), Augenlinse und Glaskörper
- Lid, Tränendrüse und ableitende Tränenwege
- Ptosis (Lidsenkung)
- Dermatochalasis (Erschlaffung der Lidhaut)
- Tränenwegsverschluß (angeboren oder erworben)
- Entzündungen (Blepharitis, Dakryoadenitis, Gerstenkorn)
- Xerophthalmie (Vertrocknung der Augenoberfläche durch fehlende Tränenproduktion)
- Tumore (Basaliom, Chalazion, Plattenepithelkarzinom)
- Verletzungen
- Lid, Tränendrüse und ableitende Tränenwege
- Bindehaut (Konjunktiva) und "Tränenfilm":
- Trockenes Auge
- Keratokonjunktivitis sicca (siehe auch Sjögren-Syndrom)
- Entzündungen (Konjunktivitis)
- Einblutungen (Hyposphagma)
- Degenerationen (Pingueculum, Pterygium)
- selten Tumore (Melanom, Lymphom)
- Verletzungen
- Bindehaut (Konjunktiva) und "Tränenfilm":
- Lederhaut (Sclera)
- Entzündungen (Scleritis), meist im Rahmen einer Autoimmunerkrankung
- Verletzungen (Unfall, operativ)
- Lederhaut (Sclera)
- Hornhaut:
- Verletzungen durch Fremdkörper (Eisenspäne, Steinchen, Glas, Pflanzendornen etc.)
- Degenerationen (Arcus senilis, Fuchssche Hornhautdystrophie)
- Verätzungen
- Entzündungen (Keratitis), Geschwür (Ulcus corneae)
- Keratitis photoelectrica = Verblitzung, Schädigung der Hornhautoberfläche (Epithel) durch ultraviolette Strahlung, typischerweise nach Schweißen ohne Schutzbrille, entspricht pathophysiologisch dem Sonnenbrand
- Keratokonus, Keratoglobus
- Hornhaut:
- Regenbogenhaut (Iris)
- Entzündung (Iritis), meist endogen im Rahmen einer Autoimmunerkrankung, z.B. Morbus Bechterew
- Defekte Kolobom, traumatisch oder angeboren
- Störungen der Pupille, Miosis, Mydriasis
- Regenbogenhaut (Iris)
- Augenlinse:
- Katarakt: Eintrübung der Augenlinse, Grauer Star, meist degenerativ, selten traumatisch
- Linsenluxation
- Aphakie: das Fehlen der Augenlinse (häufig nach Operation, selten angeboren)
- Augenlinse:
- Glaskörper:
- Mouches Volantes: Wahrnehmung von Glaskörpertrübungen
- Synchisis scintillans: seltene Form von Glaskörpertrübungen
- Glaskörperabhebung: häufige, physiologische Erscheinung, die manchmal zu Mouches Volantes und selten zur Netzhautablösung führt.
- Glaskörper:
- der "hinteren Augenabschnitte": Netzhaut (Retina), Aderhaut (Chorioidea) und des Sehnerven (Nervus opticus)
- Netzhaut (Retina):
- diabetische Retinopathie
- hypertensive Retinopathie
- Makuladegenerationen, z.B. Altersbedingte Makuladegeneration (AMD)
- Retinitis Pigmentosa (= Retinopathia pigmentosa)
- Netzhautablösung
- Entzündungen wie z.B. Azoor (Acute zonal occult outer retinopathy/Akute zonale okkulte äußere Retinopathie)
- Netzhaut (Retina):
- Aderhaut (Chorioidea)
- Entzündungen Chorioiditis, z.B. durch Herpesviren, Autoimmunerkrankung
- Aderhaut (Chorioidea)
- Sehnerv (Nervus opticus):
- Glaukom, Grüner Star: durch den Augeninnendruck mitverursachte Sehnervenschädigung
- Entzündungen Neuritis nervi optici, z.B. bei Multipler Sklerose
- Sehnerv (Nervus opticus):
- der übrigen Strukturen der Augenhöhle (Orbita)
- der Augenbeweglichkeit (häufig einhergehend mit Schielen):
- Brown-Syndrom
- Augenmuskel- bzw. -Nervenlähmungen (Parese) wie z.B. Abduzensparese oder Okulomotoriusparese
- Fehlbildungen und Fehlentwicklungen des Auges
- Peters-Plus-Syndrom = Petersche Anomalie
- Amblyopie (im Kindesalter erworbene Schwachsichtigkeit)
- Farbenblindheit
- Nachtblindheit
- der sytemischen Erkrankungen, die sich auch am Auge manifestieren, z.B.:
- Arteriitis cranialis (auch Arteriitis temporalis, Morbus Horton oder Riesenzell-Arteriitis genannt). Es handelt sich um eine Vaskulitis, die zur Erblindung führen kann
- Diabetes mellitus: kann fast alle Gewebe am Auge schädigen, am häufigsten ist aber die diabetische Retinopathie
- Gefäßverschlüsse als Folge von Arteriosklerose
- Sjögren-Syndrom (Trockene Schleimhäute im Rahmen einer meist rheumatologischen Erkrankung)
- Marfan-Syndrom (Genetisch verursachte Bindegewebserkrankung mit Riesenwuchs - prominentes Beispiel: Abraham Lincoln -, typisch: Lockerung der Augenlinse, Linsenluxation)
- Horner-Syndrom: bei Schädigung des "Sympathischen Nervensystems" mit typischer Trias Miosis, Ptosis und scheinbarem Enophthalmus
- Störungen der Pupille durch Erkrankungen des Zentralen Nervensystems
- Fehlwahrnehmungen als Folge von Durchblutungsstörungen der Sehbahn, der Sehrinde oder des Zentralen Nervensystems (Flimmerskotom, Migräne, Halluzinationen)
- von Abweichungen der Optik und Brechungseigenschaften (diese werden nicht als eigentliche Erkrankungen, sondern als physiologische Varianten angesehen):
- Myopie: Kurzsichtigkeit
- Hyperopie: Weitsichtigkeit
- Presbyopie: Alterssichtigkeit, weitgehender Verlust der Akkommodation
- Astigmatismus: Stabsichtigkeit
- augenärztliche Behandlung
- Beratung
- Heil- und Hilfsmittel
- Medikamente, örtlich als Augentropfen, -gel oder -salbe oder allgemein als Tablette, Injektion oder Infusion
- Korrektur von Fehlsichtigkeit - durch Brillen, Kontaktlinsen
- Heil- und Hilfsmittel
- Operationen
- Korrektur von Fehlsichtigkeit - durch Refraktiv-chirurgische Eingriffe
- Operationen
Der Augenarzt
Organisation
Die Augenärzte sind in Deutschland im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. sowie der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) organisiert.
Der Facharzt für Augenheilkunde
Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Augenheilkunde tätig zu werden, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildungszeit in Augenheilkunde. Zwei Jahre hiervon dürfen bei einem niedergelassenen Arzt abgeleistet werden.
Um zur Facharztprüfung zugelassen zu werden, ist zudem die Erfüllung eines "OP-Kataloges" und der Nachweis selbständig durchgeführter Untersuchungen nötig.
Statistiken
- Am 1. Januar 2001 waren 7.980 Augenärzte registriert, von denen 5.375 niedergelassen waren. 1.644 übten keine ärztliche Tätigkeit aus.
- Am 31. Dezember 2004 waren etwa 6.500 Augenärzte registriert.
- 1998 erzielten die Augenärzte durchschnittlich € 106.600 Praxisüberschüsse vor Steuern, in den neuen € 94.000.
Siehe auch: Orthoptik - Stippen
Literatur
- Franz Grehn: Augenheilkunde. Springer-Verlag, ISBN 3540256997
- Markus Vieten: Berufsplaner Arzt. Via medici-Buchreihe, Thieme Verlag, ISBN 3131161051
Weblinks
- Berufsverband
- Augenkrankheiten
- Forum zur Augenmedizin
- Bayerische Landesärztekammer zur Weiterbildung zum FA für Augenheilkunde; vgl.
- Sächsische Landesärztekammer zur Weiterbildung zum FA für Augenheilkunde
- Universitätsaugenkliniken in Deutschland
- Lernprogramm Augenheilkunde
- Augenheilung-Naturheilkunde