Freigärtner

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Freigärtner, auch Freileute genannt, bezeichnet man als Gärtner, die überwiegend vom Ertrag einer kleinen Landwirtschaft und zusätzlicher Ausübung eines Handwerks oder Kleinhandel lebten. Im 17. Jahrhundert begann es, die Freigärtner kauften sich von ihren Gutsherren frei oder erwarben als nicht leibeigene freie Menschen, wie zB. Exulanten, Freigärtnerstellen gegen eine festgelegte Geldsumme. In Preußen und Schlesien wurden nach 1750 entsprechend auch langfristige Schuldabzahlungen für die Stellen vereinbart.

Lebenssituation

Die aus dem Feudalismus stammende soziale Standesbezeichnung Freigärtner kennzeichnet die Besitzer kleinster Anwesen. Der Begriff kommt überwiegend in Schlesien vor. Die Gartengrundstücke waren dort zwischen zwei und fünf Morgen groß. Es waren meistens schlechte am Wald und Heide gelegene Äcker. Der Holzeinschlag und die Forstpflege oblag ihnen auch. Der preußische König Friedrich II. ließ durch seine „sogenannte innere Kolonisation“ nach 1752 bis zu 900 Kolonistendörfer anlegen. Mit entsprechenden Dekreten und finanziellen königlichen Mitteln wurde den Gutsbesitzern Land abgekauft und dieses mit Freigärtnern besetzt. Die Gutsherren beugten und sanierten sich mit den Verkäufen von niedrig bewerteter Acker- und Waldflächen. Durch Werbemaßnahmen des preußischen Königs wurden nun viele Kolonistendörfer mit Gewerbeansiedlungen, sowie Spinner- und Weberdörfer in Schlesien und Preußen erschaffen. Die Kolonisten, die zukünftigen Freigärtner, erhielten Material und bauten mit streng kontrollierten Pflichten ihre Dörfer auf. Besonders begehrt war die Enrollierungsfreiheit der Kolonisten, d.h. Freiheit vom Kriegsdienst bis in die dritte Generation der Siedler, hierzu noch die persönliche Bekenntnisfreiheit (Glaubensfreiheit) und die Freiheit von der Leibeigenschaft. Die königliche Order zur Auswahl der Kolonisten beinhaltete vorwieged Ausländer, wie Exulanten, Sachsen, Böhmen, Holländer, Hugenotten, u.a., in die Freigärtnerstellen einzusetzen. 1767 gab es dann 30500 Freigärtner in Schlesien. Das Ziel, der Bevölkerungsmehrung ist durch diese administrativen Vorgaben mit den Gründungen von Kolonistendörfern im preußischen Staat erreicht worden.

Kolonistendörfer

 
Kolonistendorf Sprottischwaldau, 16 Freigärtner, 1776 gegründet vom Sprottauer Rat, Nieder-Schlesien

Literatur

  • Jochen Oltmer / Ulrich Niggemann: Handbuch Staat u. Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert. DE GRUYTER OLDENBURG, ISBN 978-3-11-034528-5, S. 117–218.
  • Gerlinde Kraus: Christinane Fürstin von der Oster-Sacken: Eine frühkapitalistische Unternehmerin und ihre Erben während der Frühindustriealisierung im 18./19. Jahrhundert. In: Hans Pohl (Hrsg.): Beiträge zur Unternehmensgeschichte. Band 10. Franz Steiner Verlag Stuttgart, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07721-9, S. 152–158 und 213.