Infektionsbiologie

grundlagenwissenschaftlicher Zweig der Infektiologie
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Die Infektionsbiologie ist eine interdisziplinäre Wissenschaft der bio-medizinischen Forschung. Im Zentrum steht die Erforschung der Biologie viraler, bakterieller und protozoaler Infektionprozesse. Das Verständnis über die immunologischen, zellulären und molekularen Mechanismen, die bei Infektionen mit einem Erreger eine elementare Rolle spielen, ermöglicht die gezielte Entwicklung neuer therapeutischer und prophylaktischer Maßnahmen.

Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae), Erreger der Lungenentzündung

Einzeldisziplinen

Die Infektionsbiologie wird von vielen verschiedenen Einzeldisziplinen getragen: molekulare Virologie und Molekularbiologie, zelluläre und medizinische Mikrobiologie, Infektionsimmunologie, RNA-Biologie, Lymphozytenentwicklung, molekulare Immunologie, Pathophysiologie, Erregersystematik.

Hintergrund

 
Lebenszyklus von HIV-1. Der Zelltropismus von HIV wird im wesentlichen durch die Wechselwirkung zwischen gp120 und dem CD4-Rezeptor vermittelt, wodurch HIV an seine Zielzelle bindet (Adsorption). HIV wird durch rezeptor-vermittelte Endozytose bzw. gp41-vermittelte Membranfusion von Virushülle und Zellmembran internalisiert (Penetration). Das Nukleokapsid gelangt ins Zytoplasma und verliert dort seine Kernmembran (uncoating). Reverse Transkription von ssRNA zu dsDNA. Zur Vorbereitung des Integrationsprozesses zirkuliert - allerdings nicht-kovalent - die lineare dsDNA. Durch Mitwirkung der Integrase inseriert das zirkularisierte Genom in die Wirts-DNA und wird zum Provirus. Der Integrationsort ist zufällig, die Genomgrenzen der inserierten proviralen DNA hingegen sind genau definiert. Vor der Genexpression und Replikation muß das Provirus zunächst aktiviert werden. Zu den aktivierenden Signalen gehören sowohl zelluläre Faktoren (NF-κB, NFAT-1), Mitogene, heterologe Genprodukte, Zytokine (TNF, IL-1) als auch physikalische Einflüsse (UV, Wärme). Splicevorgang zur Erzeugung funktioneller Transkripte. Translation von regulatorischen und Strukturproteinen, sowie viralen Enzymfunktionen. Zusammenbau reifer Virionen, die durch das sog. buddying freie HIV-Partikel extrazellulär freisetzt.

Die Ausbreitung von Infektionskrankheiten ist auch heute noch Haupttodesursache von Menschen weltweit. AIDS, Malaria und Tuberkulose allein sind hauptverantwortlich für fast ein Drittel der durch Infektionen verursachten Todesfälle. Ferner entstehen weitere und mitunter gefährliche Varianten bekannter Erreger (SARS, Vogelgrippe), die sich durch die hohe Mobilität moderner Gesellschaften schnell verbreiten oder, wie im Falle der Vogelgrippe, auch speziesübergreifend übertragen. Impfstoffe sind bisher nicht verfügbar und die Möglichkeiten traditioneller Vakzineentwicklung sind weitgehend ausgeschöpft. Andererseits befindet sich die Erforschung neuer Antibiotika und Chemotherapeutika im steten Wettstreit mit der Ausbreitung von Resistenzen genannter Erreger.

Historisches

In seinem Werk „Pocken und Masern“ gab Abu Bakr Mohammad Ibn Zakariya al-Razi (Rhaszes) bereits 900 n. Chr. eine erste, eindrucksvolle Illustration einer klinischen Blatterinfektion. So stellte er fest, dass eine Folgeerkrankung selten ist, da sich der Zustand des Blutes im Verlauf der ersten Auseinandersetzung mit den Pockenerregern verändert. Im Jahre 1546 beschrieb Hieronymus Fracastoro in seinem Bericht "Von den Kontagien, den kontagiösen Krankheiten und deren Behandlung" zahlreiche Krankheiten (Pest, Pocken, Masern, Tollwut, Tuberkulose, Syphilis und Lepra), die er als ansteckend und somit übertragbar bezeichnete.

Dass Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Pilze und Protozoen Auslöser von Infektionskrankheiten sind, wurde erstmals 1670 von Antoni van Leeuwenhoek beobachtet. Zu seinen Untersuchungen verwandt er ein äußerst einfaches Lichtmikroskop. Im Jahre 1798 gelang Edward Jenner erstmals die erfolgreiche Impfung gegen Pocken und somit die Vorbeugung dieser Infektionskrankheit. Jenner konnte durch Inokulation der für den Menschen harmlosen Kuhpocken gegen die gefürchtete humane Pockeninfektion schützen.

Die Bedeutung der Desinfektion, einer weiteren Präventionsmaßnahme gegen Infektionen, wurde 1861 von Ignaz Semmelweis erkannt. Ihm gelang es, die hohen Todesraten an Kindbettfieber dadurch drastisch zu senken, dass er in den Stationen der Neugeborenen eine gründliche Desinfektion der Hände für die behandelnden Ärzte zur Pflicht machte. Zwischen 1860 und 1870 wurde infolge dieses Konzept der aseptischen Behandlung durch Joseph Lister weiterverfolgt.

 
Robert Koch (1843-1910)

Im goldenen Zeitalter der Infektionslehre (1870-90) wurden die meisten Erreger der damals bekannten Infektionserkrankungen aufgeklärt. Louis Pasteur wies nach, dass Fäulnis und Gärung, aber auch Infektionskrankheiten durch mikrobielle Keime hervorgerufen werden. Diese Kenntnis wandte er in der Folgezeit konsequent auf die Bekämpfung übertragbarer Erkrankungen an.

Im Jahre 1876 verfasste Robert Koch die noch bis heute gültigen Infektionskriterien eines Krankheitserregers in den sog. Koch-Henle-Postulaten:

  • 1. Im Material des Erkrankten muss der Erreger regelmäßig nachweisbar sein.
  • 2. Der Erreger ist in einer Reinkultur anzüchtbar.
  • 3. Die Übertragung der Reinkultur muss in einem Versuchstier die Erkrankung auslösen können.

Emil von Behring und Shibasaburo Kitasato, beide Schüler von Robert Koch, bauten dieses Konzept weiter aus und nutzten das Wissen zur passiven Impfung gegen Diphtherie und Tetanus (Wundstarrkrampf). Emile Roux und Louis Pasteur arbeiteten gemeinsam an der Entwicklung von Impfstoffen gegen Milzbrand und Tollwut. Auch die Bedeutung der Hygiene zur Bekämpfung von Seuchen wurde erkannt. Im Jahre 1892 führte Kochs Nachweis von verseuchtem Wasser als Ursache der Choleraseuche in selbigem Jahr zu einer Einführung einer sauberen Trinkwasserversorgung in der Stadt Hamburg.

Im Jahre 1928 entdeckte Alexander Fleming das erste Antibiotikum, das Penicillin. Seine Untersuchungen ergaben, dass bestimmte Pilze Substanzen produzieren, die die Fähigkeit besaßen, Bakterien abzutöten. Er setzte diese Entdeckung zur konsequenten Therapie von bakteriellen Infektionskrankheiten ein. Die erste synthetisch hergestellte Substanz mit antibakterieller Wirkung wurde 1935 von Gerhard Domagk beschreiben, das sog. Prontosil. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Impfstoffe gegen Viruserkrankungen entwickelt. Stellvertretend sei hier der Lebendimpfstoff von Albert Sabin und Totimpfstoff von Jonas Salk gegen Poliomyelitis (kurz Polio, Kinderlähmung) angeführt.


Klassifikation der Erreger

Pathogenizitätsmechanismen

  • in Bearbeitung

Forscher

Institute

  • Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
  • Institut für med. Mikrobiologie, Regensburg [4]
  • Institut für interdisziplinäre Medizin, Hamburg
  • Institut für Infektiologie, Frankfurt/Main
  • Institut für Infektionsbiologie [5]
  • Institut für Virologie, Marburg
  • Zentrum für Infektionsbiologie, Hannover [6]


Literatur

  • Faller A. et al.: Der Körper des Menschen. 12. überarbeitete Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-13-329712-0
  • Hoffmann C., et al.: HIV Medicine. online-Lehrbuch HIV.NET, 2005 [7]
  • Kayser F. H. et al.: Medizinische Mikrobiologie. 2006
  • Lehninger: Biochemistry. 4E, 2004
  • Lewin B., Genes VIII, 2004
  • Modrow S., et al.: Molekulare Virologie. 2003
  • Modrow S., et al.: Viren. Grundlagen, Krankheiten, Therapien. 2001
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 258. Auflage, ISBN 3-11-014824-2 P
  • Schlegel H.G.: Allgemeine Mikrobiologie. 7. überarbeitete Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-13-444607-3
  • Silbernagl, et al.: Taschenbuch der Physiologie. 4. überarbeitete Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-13-567704-4
  • Strubelt, et al.: Elementare Pharmakologie und Toxikologie. 5. Auflage, UTB Medizin, ISBN 3-8252-1162-2
  • Stryer, : Biochemistry. 2005