Die Schnellboote der Jaguar-Klasse (140/141), benannt nach dem ersten in Dienst gestellten Boot, waren die ersten nach dem Zweiten Weltkrieg vollständig neu entwickelten Boote der Bundesmarine. Mit diesem Typ wurden die Erfahrungen des Schnellbootbaus aus dem Krieg fortentwickelt. Es wurden 20 Boote gebaut, die von 1957 bis 1975 im 3. und 5. Schnellbootgeschwader im Dienst waren.
Die Boote der Klasse 141 waren bis auf die Motorisierung baugleich. Sie unterschieden sich dadurch geringfügig in ihren Fahrleistungen. Zunächst wurden sie als zweite Gruppe der Jaguar-Klasse angesehen, später aber auch als Seeadler-Klasse bezeichnet, ebenfalls nach dem ersten Boot dieser Baureihe. Die 10 gebauten Boote bildeten das 2. Schnellbootgeschwader.

Konstruktion
Die Boote der Jaguar-Klasse wurden aufgrund der Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges von der Lürssenwerft in Bremen-Lemwerder konzipiert und wurden von dieser, sowie in Lizenz von der Kröger-Werft in Schacht-Audorf bei Rendsburg gebaut.
===Bauweise===
Die Schnellboote dieser Klasse waren klassische Rundspantboote mit Dieselantrieb und Torpedobewaffung. Die Boote waren in Kompositbauweise in drei Lagen als Diagonalkraweel (insgesamt 5,7 cm) aus Mahagoni und Cambalateak auf Leichtmetallspanten ausgeführt. Nur die Aufbauten waren leicht gepanzert. Dadurch waren die Boote leicht, verwindungsfest und weitgehend unempfindlich für Magnetminen. Als so genannte Verdrängerboote hoben sie sich bei hoher Fahrtgeschwindigkeit nicht weit aus dem Wasser (im Gegensatz zu sogenannten Gleitbooten), dies beschränkte zwar ihre Höchstgeschwindigkeit, machte die Boote aber verhältnismäßig unempfindlich auch gegen schwere See. Die Boote waren zur Erhöhung der Sinksicherheit in 11 wasserdichte Sektionen unterteilt.
Antrieb
Die Boote der Serien 140 und 141 unterschieden sich nur in der Motorisierung und wegen des daraus folgenden verschiedenen Gesamtgewichts in der Spitzengeschwindigkeit. D.h. die schweren Graugußmotoren von Maybach führten zu einer geringfügig niedrigeren Höchstgeschwindigkeit. Die vier Motoren wirkten direkt auf vier Wellen mit festen Propellern, die mit den relativ kleinen Ruderblättern in Verbindung mit einem leichten Abknick im Achterschiff den sogenannten Lürsseneffekt erzeugten, so dass sie sehr manövrierfähig waren. Die Abgase wurden bei hoher Fahrtstufe unterhalb der Wasseroberfläche seitlich abgeleitet und damit die Fahrgeräusche außerhalb der Boote erheblich reduziert.
Die Motoren zeigten in der Anlassphase eine erhebliche Abgas- und Rußentwicklung, so dass bei der Standprobe im Hafen zwischen die Boote mittels angeschlagenen Schläuchen Seewasser gesprüht wurde, um eine Ablagerung auf den Bootskörpern zu verhindern.Oft trugen die damit befaßten Männer Gasmasken, um nicht die ölgeschwängerte Luft einatmen zu müssen.
Klasse 140 ("Mercedes-Boote")
Die Boote der Klasse 140 waren mit 20-Zylinder-V-Motoren von Daimler-Benz aus der seewasserbeständigen Leichtmetalllegierung Silumin mit "schwingend" aufgehängten Zylindern ausgerüstet, d.h. die Zylinder sind aus Sonderstahl mit Zylinderboden und Vorkammer aus vollem Material herausgearbeitet. Die Ein- und Auslasskanäle und der Kühlmantel aus Stahlblech sind aufgeschweißt. Ein im Kurbelgehäuse vorhandener Zwischenboden dient zur Führung und Abstützung der Zylinder. Die Abdichtung des Motorenöls nach außen wird durch einen Gummiring zwischen Kühlmantelunterkante und Zwischenboden erreicht. Bei erforderlichen Reparaturen (z.B.Kolbenfressern) konnte der ganze o.g. Block nach oben gezogen und der Kolben bis zur Kolbenschaftunterseite freigelegt werden.
Durch das geringere Gesamtgewicht erreichten die Boote eine höhere Geschwindigkeit. Die Motoren waren jedoch auch wartungsintensiver und störanfälliger als die Motoren der Klasse 141. Anders als diese hatten die Boote der Klasse 140 kein Wendegetriebe. Für die Rückwärtsfahrt wurden die Motoren gestoppt und umgesteuert (d. h. sie liefen dann mit umgekehrter Drehrichtung).
Klasse 141 ("Maybach-Boote")
Die ersten 8 Boote der Klasse 141 waren mit 16 Zylinder V-Motoren MD 871/30 aus Grauguss von Maybach (später MTU) ausgerüstet. Diese hatten ebenfalls eine Leistung von je 3000 PS. Durch das etwa 7 t höhere Gesamtgewicht der Boote war die Maximalgeschwindigkeit damit etwa 6 kn geringer. Die beiden letzten Boote wurden mit MD 872 Motoren mit 3600 PS ausgerüstet (also insgesamt 14.400 PS), womit die Höchstgeschwindigkeit der Mercedes-Boote leicht übertroffen wurde. Ende der 60er Jahre wurden dann alle Boote auf die leistungsstärkeren Motoren umgerüstet. Die Maybachmotoren wurden nicht umgesteuert, sondern hatten ein Wendegetriebe, mussten dazu aber auch gestoppt werden.
Bewaffnung
Die Hauptwaffe waren Torpedos mit einem Durchmesser von 53,3 cm. Zunächst wurden noch Restbestände aus dem 2. Weltkrieg verwendet. Es kamen ungelenkte und verschiedene Versionen selbstlenkender Torpedos zum Einsatz. Die Boote dienten Anfang der 60er Jahre auch als Erprobungsträger für drahtgelenkte Torpedos mit denen die Nachfolgeklassen ausgerüstet wurden. Die Torpedorohre warfen die Torpedos mittels Druckluft etwa 10° bzw. 15° zur Fahrtrichtung nach vorne aus.
Seitlich der hinteren Torpedorohre befanden sich je zwei Halterungen für Wasserbomben. Da diese jedoch ohne jede Unterwasserortung (z. b. Sonar) geworfen werden mussten und dabei oft Schäden an den Booten auftraten, waren die Schnellboote für den Einsatz von Wasserbomben nur eingeschränkt geeignet und wurden in der Regel nicht mitgeführt.
Mit relativ geringem Aufwand konnten die beiden hinteren Torpedorohre entfernt und gegen Schienen zum Legen von Minen ausgetauscht werden.
Die beiden 4 cm Schnellfeuerkanonen waren in offenen Ständen auf dem Vorderdeck und zwischen den Hecktorpedorohren aufgestellt. Sie waren primär zur Flugabwehr vorgesehen.
In den ersten Jahren der Bundesmarine befand sich als Handfeuerwaffen neben mehreren Pistolen des Modells P 1 noch ein Karabiner K 98 zum Zerstören treibender Minen an Bord.
verwendete Torpedos
G7e Elektrischer Torpedo | G7es Zaunkönig | |
Entwickelt: | ca.1939 | 1943 |
Steuerung: | LUT/Programm oder FAT/Programm |
akustisch/Eigenlenkung |
Länge: | 7,19m | 7,16 |
Durchmesser: | 53,3 cm | 53,4 cm |
Gewicht: | 1,6 t | 1,5 t |
Antrieb: | 2x 26-Zellen Säure-Akkus | ? |
Sprengkopf: | 280kg Hexogen | 274 kg Hexogen |
Zündertyp: | magnetisch/Aufschlag | ? |
Geschwindigkeit: | 30 kn | 24 kn |
Reichweite: | 5 km | 5,7 km |
==Einsatzkonzept==
Die Schnellboote waren als so genannte Einwachenboote nicht für einen Mehrschichtbetrieb ausgelegt, d. h. (fast) die gesamte Besatzung wurde zum Betrieb des Bootes gebraucht. Ruhepausen während einer Einsatzfahrt waren nicht vorgesehen. Platz und Ausstattung der Boote für die Besatzung war darum äußerst bescheiden. Als Beispiel kann hier dienen, dass sich nur 24 Schlafgelegenheiten nicht in Funktionsräumen befanden, davon durften jedoch 12 (im Vorschiff) während der Fahrt nicht benutzt werden.Die körperliche Belastung war oftmals an der Grenze des Zumutbaren, da Einsätze bis zu 72 Stunden im Manöver und in Spannungsfällen nicht selten waren. Im Normalfall schlief die Besatzung in Unterkünften an Land. Ab den 60er Jahren wurden den S-Booten Begleitschiffe (Tender) beigegeben, um den Betrieb und die Versorgung der Boote und Besatzungen zu verbessern.
Aufgabe der Boote war die Überwachung des Küstenvorfeldes im Nord -und Ostseebereich bis hinauf nach Nordnorwegen. Im Kriegsfall wäre ihr strategisches Ziel vor allem gewesen, die Marinen des Warschauer Paktes am Verlegen von Einheiten zwischen Baltischer Flotte (Ostsee) und Nordmeerflotte (Atlantik) zu hindern und den Seezugang über die Nordsee für Verbündete zu sichern. Außerdem sollte die norwegische und dänische Küstenabwehr gegen gegnerische Landungskräfte unterstützt werden.
Technische Daten (Klasse 140)
Länge: | 42,5 m |
Breite: | 7 m |
Tiefgang: | 2,2 m |
Einsatzverdrängung: | 184,4 t |
Antrieb: | 4 Schrauben über je einen 20 Zylinder V Motor (MB-518 B) |
Leistung: | 12.000 PS (4x 3.000 PS) |
Höchstgeschwindikeit: | 42 kn (im Testbetrieb bis zu 48 kn) |
Reichweite (bei 35kn): | 700 SM |
Besatzung: | 39 - 44 |
Bewaffnung: |
bis zu 23 Minen |
Verbleib der Boote
Anfang der 70er Jahre wurden die Boote nach und nach außer Dienst gestellt und zum großen Teil an NATO-Partner abgegeben. Einzelne Boote wurden auch an Privatbesitzer verkauft.
In Griechenland wurden die letzten beiden Boote 2004 außer Dienst gestellt. Die Boote wurden bis dahin nach und nach als Ersatzteillieferanten für die noch aktiven Boote ausgeschlachtet und die Rümpfe an Abwrackunternehmen verkauft. In der Türkei sind anscheinend noch zwei Boote der Klasse 140 aktiv.
Klasse 140
Nach der Außerdienststellung wurden Zehn Boote an die Türkei abgegeben.
- S 15 (P 6082) Weihe wurde als Zielschiff an die französische Marine abgegeben.
- S 16 (P 6083) Kranich wurde dem Schiffahrtsmuseum Bremerhaven überlassen, dort vollkommen vernachlässigt und steht unmittelbar vor der Verschrottung.
Sieben Boote wurden an zivile Werften verkauft.
- S 21 (P 6092) Dommel wurde zur Motoryacht umgebaut und fährt bis heute in Privatbesitz am persischen Golf.
Klasse 141
Die Boote wurden an Griechenland abgegeben.