Propellergondel

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Propellergondel ist die Bezeichnung für ein Antriebsaggregat, welches unterhalb des Hecks von Wasserfahrzeugen sitzt. Der Antrieb ist mit einer strömungsgünstigen Gondel verkleidet und um 360° Grad um die Hochachse drehbar. Der Propeller (die Schiffsschraube) ist als Zugpropeller vorne an der Gondel angebracht, als ummantelter Schubpropeller hinten an der Gondel oder Kombinationen aus einem oder mehreren frei laufenden Zug- und Schubpropellern. In der Gondel kann sich auch der Antrieb in Form eines Elektromotors befinden.

Die „klassische“ Propellergondel ist der Schottelantrieb, ein durch eine Kortdüse umantelter Schubpropeller, der sich um 360 Grad um die Hochachse drehbar unter dem Rumpf von vor allem Fähren und Schleppern befindet. Die Antriebsleistung wird dabei vom Motor im Rumpf über Wellen und Getreibe kraftsschlüssig zum Propeller gebracht.

Die Propellergondel ist technisch eine konsequente Fortentwicklung dieses herkömmlichen Schottelantriebes, ohne jedoch die Schutz- und Patentrechte Schottels zu berühren. Außerdem ist bei einem Schottelantrieb der Schubpropeller in einer Kortdüse verbaut, während bei Propellergondeln die Propeller ohne einen die Hydrodynamik beieinflussenden Schutzring frei drehen.

Generell gibt es bei den Propellergondeln, die nicht aus dem Hause Schottel kommen, zwei Systeme: das in der Berufssschifffahrt verbreitete mit einem Zug- und einem gleichlaufenden Schubpropeller oder zwei in der Freizeitschifffahrt verbreitet, mit zwei gegenläufigen Zugpropellern.

Der zweite Zugpropeller, der sich in Gegenrichtung drehend, vor dem ersten Zugpropeller befindet, hat dabei nicht die Aufgabe im Gesamtsystem Drehrichtungen zu kompensieren, sondern den hydrodynamischen Wirkungsgrad zu erhöhen. Durch die Zweipropellerkonfiguration, egal, ob mit zwei gegenläufigen Zug- oder einem Zug und einem gleichlaufenden Schubpropeller, wurde der Wirkungsgrad erheblich gesteigert.

Mit der voll drehbaren Aufhängung sind solche Schiffe extrem manövrierfähig; sie können, wie der Seemann sagt, „auf dem Teller drehen“, was dem Schiff die Hafenschlepper und dem Reeder Kosten erspart.

Seit 2005 gibt es dieses System sowohl für die kommerzielle Schiffahrt als auch für Sportboote, für letztere jedoch nicht um 360 Grad um die Hochachse drehbar, sondern nur um den für das Rangieren eines Sportbootes nötigen Kreissektor.

Vorreiter für die Entwicklung der Propellergondeln waren Wärtsilä bei den kommerziellen Antrieben und Volvo-Penta in der Freizeitschifffahrt. Inzwischen arbeiten mehrere Motorenhersteller und Werften an eigenen Systemen von Propellergondeln. Allerdings hat jeder Hersteller diesem System immer auch einen eigenen Namen gegeben, oft mit Marken- und Schutzrechten versehen.

In der Berufsschiffahrt ist es inzwischen üblich, dass der elektrische Antriebsmotor sich in der Gondel selbst befindet. Auch besiten die Propellergondeln einen Zug- und einen Schubpropeller. Beide drehen an derselben Gondel in dieselbe Richtung. Horizontale Leitbleche an den Gondeln, die vom Zug- zum Schubpropeller reichen, sorgen für eine laminare Anströmung des Schubpropellers. Große Generatoren an Bord des Schiffes liefern die Antriebsleistung in Form elektrischer Energie, die durch den Drehkranz an eder Rumpfaußenseite zu den E-Motoren in der Propellergondel geführt werden.

So einfach es scheint, die Technologie ist recht komplex und verlangt nach gewissen Rumpfmindestgrößen. Das führte in der Freizeitschifffahrt zu anderen Lösungen. Dort wird, wie beim Schottelantrieb, die Antriebsleistung über Wellen und Getriebe vom Moter im Rumpf durch den Drehkranz in die Gondel und zu zwei Zugpropellern gebracht. Das erlaubt es, das Gesammtsystem vom Motor an Bord, bis hin zur Propellergondel kleiner und leichter zu konstruieren, als das POD-System der Handelsschifffahrt.

Auch bei dem System der Propellergondeln in der Freizeitschifffahrt, welches z.B. durch VOLVO-Penta „IPS“ oder bei Brunswick/MERCURY „Cobra“ genannt wird, sind die Propeller nicht durch Kortdüsen ummantelt, sondern laufen frei.

In der Theorie erlauben auch die kompakten Lösungen der Freizeitschifffahrt die Drehung der Propellergondeln um 360 Grad um die Hochachse. In der Praxis sind Schornsteine auf Sportbooten aber verpönt und werden Abgase durch die Antriebe (hier, die Propellergondeln) nach außen geführt. Die in Abgassystem geforderte Gasdichtigkeit schränkt die Drehbarkeit der in der Freizeitschifffahrt üblichen Propellergondeln auf ein Kreissegment ein.

Sowohl in der Berufsschifffahrt, als auch in der Freizeitschifffahrt befinden sich an den Wasserfahrzeigen immer mindestens 2 Propellergondeln.

Im Vergleich zu konventionellen („starren“) Wellenanlagen bringen Propellergondeln vor allem 4 Vorteile mit sich:

  • der Wirkungsgrad ist wesentlich höher. Je nach System und Boots-/Schiffstyp ist der Wirkungsgrad 25 % bis 50 % besser, was sich bei gleich großen Motorisierungen in gleich großen Rümpfen in wesentlich bessere Fahrleistungen bei deutlich niedrigeren Verbräuchen manifestiert.
  • Wasserfahrzeuge mit Propellergondeln besitzen keine Ruderanlagen zur Steuerung und sind doch wesentlich wendiger. Kreisfahrten mit Durchmessern identisch Rumpflänge sind problemlos realisierbar, was lediglich einen Bruchteil des Wendekreises eines herkömmlich angetriebenen Wasserfahrzeuges darstellt.
  • Bug- und Heckstrahlruder sind nicht länger nötig, da die Propellergondeln auch gegeneinander gelenkt und gefahren werden können. Damit ist die Rangierfahrt eines Wasserfahrzeuges in jede denkbare Richtung möglich.
  • Die Antriebskräfte die mittels zweier Propellergondeln an einem Wasserfahrzeug in Schiffs-/Bootsquerrichtung realisiert werden können, übersteigen die Antriebskräfte von überdurchschnittlich groß dimensioierten Bug- und Heckstrahlrudern im den jewiles identischen Rümpfen um ein Mehrfaches.

Im Vergleich zu konventionellen („starren“) Wellenanlagen bringen Propellergondeln vor allem einen Nachteil mit sich:

  • die Konstruktion und der Bau sind Aufwendiger. Die Anschaffung ist, selbst wenn man den Wegfall von Ruderanlagen, Bug- und Heckstrahlrudern einkalkuliert, deutlich teurer, als die einer klassischen Wellenanlage. Allerdings amortisiert sich der höhere Anschaffungspreis über die wesentlich niedrigeren Betriebskosten, angefangen von niedrigeren Kraftstoffverbräuchen, bis hin zum Wegfall der teuren Schlepperpflicht großer Handelsschiffe in engen Häfen.

Vergleicht man die modernen Propellergondeln mit ihrem Klassiker, den Schottelantrieben, muss man feststellen, dass die Propellergondel einen wesentlichen Vorteile mit sich bringt:

  • sowohl in der Freizeit- als auch in der Berufsschiffahrt lassen sich wesentlich höhere Reisegeschwindigkeiten mit Propellergondeln realisieren, als sie mit Schottelantrieben möglich wären.

Allerdings kann auch der Schottelantrieb im Vergleich mit den modernen Propellergondeln einen Vorteil verbuchen:

  • gerade in der „gemächlicheren“ Berufsschifffahrt, wenn es nicht zuerst daraufankommt, möglichst wirtschaftlich und schnell, sondern möglichst wirtschaftlich und stark unterwegs zu sein (z.B. Schlepper) verbuchen die Schottelantriebe einen deutlichen Preis-Leistungsvorteil.

In der Luftfahrt sind Propellergondeln vor allem bei Luftschiffen bekannt. Hier werden um eine horizontale Achse schwenkbare, beidseitig der Passagierkabine angebrachte Gondeln nicht nur als Antriebe, sondern auch zur Höhensteuerung verwendet, insbesondere bei geringen Vorwärtsgeschwindigkeiten, wenn die Wirkung der Ruderflächen verringert ist, oder aber, um bei Starts und Landungen Personal einzusparen.

Auf einem ähnlichen System beruhen auch die Rotorgondeln des großen Sikorski-Transporthubschraubers, die von senkrecht auf horizontal (und umgekehrt) umgeklappt werden können, um im Flug aus dem Transporthubschrauber ein Transportflugzeug (und umgekehrt) zu machen und so die guten Start- und Manövriereigenschaften eines Hubschraubers mit der Wirtschaftlichkeit eines Flugzeuges zu kombinieren.