Die Tjalk ist ein historischer holländischer, einmastiger Segelschifftyp für den Gütertransport im und am Wattenmeer, also ein Wattensegler für flache Küsten- und Binnengewässer. Einen Vorgänger haben Tjalken im ebenfalls holländischen Schiffstyp Bojer. Die Bezeichnung „tjalk“ tauchte erstmals 1673 in einem friesischen Dokument auf.

Konstruktion
Tjalken haben einen im Verhältnis zur Länge breiten, füllig wirkenden Schiffsrumpf. Optisch wird diese Wirkung unterstützt durch ihren im Vergleich zu anderen Kleinseglern stumpfen Bug (siehe nebenstehendes Foto).[1] Tjalken zählen zu den Plattbodenschiffen: Um den Tiefgang des Schiffstyps auch im beladenen Zustand so gering wie möglich zu halten, hat auch dieser Typ einen gänzlich flachen Boden ohne Balkenkiel. Deshalb ist er besonders gut zum Befahren seichter Kanäle und Priele sowie für Küstenfahrten bei niedrigen Wasserständen geeignet. Ein Nebeneffekt des flachen Bodens ist, dass Tjalken wie auch andere Plattbodenschiffe während der Gezeiten bei Tiefebbe aufrecht trockenfallen, das heißt auf Grund aufsetzen können. Bei auflaufendem Wasser schwimmt das Schiff auf der steigenden Flut selbsttätig wieder auf.
Ein Nachteil von Schiffsrümpfen mit flachem Boden ohne Kiel ist deren geringere Stabilität gegenüber Seitenwind; Schiffe dieser Bauart sind anfällig für das Rollen um die Längsachse des Rumpfes. Um dies vermindern zu können, haben Tjalken die für Plattbodenschiffe typischen Seitenschwerter. An beiden Seiten des Schiffsrumpfes (Backbord und Steuerbord) ist mittschiffs ein großformatiger, paddelförmiger und um eine horizontale Achse schwenkbarer Stabilisator in Brettform angebracht. Bei Seitenwind wird jeweils das auf der dem Wind abgewandten Seite (Lee) befindliche Schwert herunter gelassen („zu Wasser gelassen“), um das Schiff zu stabilisieren.[2]
Die Takelung einer Tjalk besteht aus einem großen Gaffelsegel (Hauptsegel) mit kurzer Gaffel und langem Großbaum sowie einem Stagsegel (Focksegel und optional ein Klüver; das Fahren von Letzterem ist Tjalken nur mit einem zusätzlichen, beweglich aufgesetzten Klüverbaum möglich).
Nutzungsgeschichte
Nach H. Szymanski gab es um 1900 in Norddeutschland ca. 160 hölzerne und 28 eiserne See- und Binnentjalken. Besonders gut bewährten sich die ausschließlich auf holländischen Werften gebauten eisernen Tjalken. So gehörten 1928 noch 128 eiserne Tjalken mit einer durchschnittlichen Tragkraft von jeweils 140 t zur deutschen Binnenflotte.
Viele Tjalken werden heute touristisch genutzt. Beispielsweise in den Häfen rund um das IJsselmeer werden diese Schiffe häufig verchartert. Üblicherweise sind ein Kapitän und ein Maat an Bord. Die Gäste helfen unter Anleitung des Maates bei den Segelmanövern.
Bis einschließlich 2013 fand auf dem IJsselmeer vor der nordholländischen Kleinstadt Medemblik eine jährlich ausgerichtete Segelregatta nur für diesen Schiffstyp statt, das Tjalkenrace Medemblik.[3][4]
Es gibt auch heute noch zum größten Teil im Original erhaltene Tjalken unter deutscher Flagge, die als Traditionsschiff mit entsprechender Abnahme durch die See-BG als fahrende Monumente der vergangenen Epoche in den norddeutschen Gewässern zum Mitsegeln einladen. Eine solcher Tjalken befindet sich als Traditionsschiff im Besitz der Gemeinde Rhauderfehn.[5]
Verwandte Schiffstypen
Der Tjalk in Konstruktionsweise und Verwendungszweck verwandte Flachboden-Schwertboote sind neben anderen der friesische Ewer und das pommersche Zeesenboot; diese beiden historischen Segelschiffstypen sind ebenfalls für den Einsatz in flachen Küstengewässern konstruiert. In der niederländischen Provinz Friesland entstand außerdem das Skûtsje (westerlauwers) beziehungsweise Schuitje (niederländisch; beides holländische Diminutive der Schiffsbezeichnung Schute) als Sonderform für die Binnenfrachtfahrt. Ein weiterer Verwandter der Tjalk ist der Segelschiffstyp Pogge, entwickelt für den Transport von Torf für die Fehnkultur Hollands (Fehn, von ndl. Veen, Moor → Moorkultivierung).
Weblinks
- Foto und schematische Darstellung einer Tjalk auf museumsweg.de (abgerufen am 8. Januar 2018)
Einzelnachweise
- ↑ Vergleiche dazu die spitzer zulaufenden Bugpartien anderer Plattbodenschiffe wie zum Beispiel Ewer und Zeesenboot.
- ↑ Die Tjalk Immanuel auf der Website des Deutschen Sielhafen-Museums in Carolinensiel (abgerufen am 7. Januar 2018)
- ↑ Das Tjalkenrace Medemblik auf der örtlichen Nachrichten-Website medemblikactueel.nl (niederländisch; abgerufen am 9. Januar 2017)
- ↑ Nachricht über die Einstellung der Regatta-Reihe Tjalkenrace Medemblik auf naupar.nl (niederländisch; abgerufen am 9. Januar 2017)
- ↑ Tjalk Hoffnung in Obhut der Schiffergilde ( vom 29. September 2007 im Internet Archive)