Johannes Otzen (* 8. Oktober 1839 in Sieseby (Schleswig-Holstein); † 9. Juni 1911 in Berlin), Architekt, ist Erbauer u.a. von 22 Kirchenbauten und damit einer der fruchtbarsten Bauschaffenden der Gründerzeit.
Leben
Am 8. Oktober 1839 wurde Johannes Otzen in Sieseby an der Schlei als Sohn eines Dorfschullehrers, der auch die Kirchenorgel spielte, geboren. Drei Jahre lernte Otzen ein klassisches Bauhandwerk und wird Zimmermann. Es folgten Baugewerkschule und Studium am Polytechnikum in Hannover bei Konrad Wilhelm Hase, in dessen Atelier er daraufhin Bauführer wird. Er genoss eine Ausbildung zum königlich preußischen Regierungsbaumeister, als der er ab 1866 in Schleswig Holstein Dienst tut. In diese Zeit fällt bei einem Wettbewerb die Entscheidung für Otzens Entwurf für den Bau der Johanneskirche in Altona, die er auch aufführt. Bis zu seinem Lebensende wird er 22 Kirchen bauen; die Ringkirche in Wiesbaden wird die 14. und mutigste sein. Durch Kontakt mit einem Grundstücksspekulanten hatte er die Möglichkeit vielfältig tätig zu werden und wurde 1869 Generalbevollmächtigter dieser Grundstücksfirma, die städtebaulich starke Spuren in Berliner Vororten hinterlässt. 1874 machte Otzen sich selbständig und gewinnt ein kleines Vermögen, das ihm ermöglichte, die Kieler Jakobikirche ohne Honorar zu errichten.
Als Gewinner zahlreicher Wettbewerbe wird Otzen 1878 als Dozent für die neu gegründete Technische Hochschule Charlottenburg berufen, wo er auch zum Professor ernannt wird. 1885 wechselte Otzen an die Preußische Akademie der Künste in Berlin, wo er weiterhin in einem Meisteratelier Architekturstudenten ausbildet. 1888 wurde er zum geheimen Regierungsrat berufen.
Mit dem Wiesbadener Programm, das Otzen für den Neubau einer dritten evangelischen Kirche in Wiesbaden zusammen mit dem Pfarrer der Wiesbadener Bergkirche, Emil Veesenmeyer, verfasst, beginnt im evangelischen Kirchenbau eine neue Epoche, in der man sich von engen Stilvorschriften löst und nach der Funktion eines Kirchbaus fragt. Von 1889 bis 1894 wird dieses Prinzip in der Architektur der Ringkirche Wiesbaden verwirklicht: Obwohl der Baudekor noch durchweg eine an der Spätromanik orientierte Form hat („Übergangsstyl“), ist das Raumkonzept kompromisslos an den optischen und akustischen Funktionen einer evangelischen Predigtkirche entwickelt.
Als Präsident der Akademie der Künste hält er am 1. August 1900 in der Ecole des Beaux Arts in Paris, einen vor allem in Frankreich viel beachteten Vortrag bei dem Internationalen Architektenkongress, in der er sich scharf gegen das in der Gründerzeit nicht seltene Stilgemisch wendet und damit einer Kunstrichtung die Tür öffnet, die er selbst wenig schätzt:
„Eine gesunde logische Konstruktion, basierend auf klarer Erkenntnis aller statischen Vorgänge, muss die Grundlage eines tüchtigen Bauwerks nicht nur sein, sondern auch als solche in die Erscheinung treten“
Er fördert damit - ohne gerade dies zu wollen - den Jugendstil, in dem in der Folge die meisten Kirchen nach dem Wiesbadener Programm gebaut werden.
Am 8. Juni 1911 starb Johannes Otzen in Berlin in seiner Villa im Grunewald, drei Jahre vor Beginn des Ersten Weltkrieges, nach dem sein zukunftsweisende Kirchenbaukonzept in Vergessenheit geraten wird.
Werke
- Kaiser-Karl-Schule, Itzehoe, 1868-1870
- St. Johanniskirche, Hamburg-Altona, 1868-1873
- Georgenkirche, Berlin
- Turm der Nikolaikirche, Flensburg, 1877
- Turm der St. Marien-Kirche, Flensburg, 1878-1880
- Bergkirche, Wiesbaden, 1879
- St. Gertrudkirche, Hamburg-Eilbek, 1882-1885
- Christuskirche, Hamburg-Eimsbüttel, 1882
- Jakobi-Kirche, Kiel, 1882-1886
- Petrikirche, Hamburg, 1884
- Heilig-Kreuz-Kirche, Berlin-Kreuzberg, 1884-1888
- Heilands-Kirche, Leipzig-Plagwitz, 1887
- Pauluskirche, Dessau, 1889-1892
- Ringkirche, Wiesbaden, 1892-1894
- Lutherkirche, Berlin, 1893
- Friedenskirche, Hamburg-Altona, 1893-1895
- Turm und Umgestaltung der St. Laurentius-Kirche, Itzehoe, 1894-1896
- Friedhofskirche, Wuppertal-Elberfeld, 1894-1898
- Hauptkirche, Mönchengladbach-Rheydt, 1902
Wikilinks
Personendaten | |
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NAME | Otzen, Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt |
GEBURTSDATUM | 8. Oktober 1839 |
GEBURTSORT | Sieseby, Schleswig-Holstein, Deutschland |
STERBEDATUM | 9. Juni 1911 |
STERBEORT | Berlin, Deutschland |