Projekt 705

Klasse atomgetriebener U-Boote der Sowjetunion
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Die sowjetischen U-Boote Projekt 705 Lira, NATO Bezeichnung SSN Alfa-Klasse (SS steht für U-Boot, N für nukleargetrieben), entwickelt als Angriffs- und Abfangseinheit, sollten westlichen Abwehrmaßnahmen durch eine gesteigerte Tauchtiefe und Geschwindigkeit entgehen, indem sie sie untertauchten.

Datei:Alfa class submarine 2.JPG
Daten
Herkunftsland UdSSR
Typ Angriffs-/Jagd-U-Boot
Erste Einheit fertiggestellt 1972
Bauwerften Sudomech Leningrad (4 Boote inkl. Prototyp)

Sewerodwinsk (3 Boote)

Technische Daten
Länge 79,5 - 81,4 m
Breite 9,5 m
Höhe 10 m
Tiefgang 6,9 - 7,6 m
Verdrängung (aufgetaucht) 2310 - 2900 t
Verdrängung (getaucht) 3800 - 4320 t
Geschwindigkeit

(über Wasser)

14 kn
Geschwindigkeit

(unter Wasser)

43 - 45 kn
Max. Tauchtiefe 760 m
Besatzung 40 - 45 Mann
Antrieb 1 Kernreaktor mit Flüssigmetallkühlung,
2 Dampfturbinen, insgesamt 34.570 kW (47.000 PS)
Sensoren 2 Radar, 2 Sonar aktiv/passiv und aktiv
Bewaffnung 6 Torpedorohre 533 mm

Design

Das U-Boot ist ein Einhüllenboot, dessen Druckkörper aus einer Titanlegierung besteht, was dem U-Boot die bemerkenswerte Fähigkeit gibt, Tauchtiefen von bis zu 760 m zu erreichen. Die Titanlegierung ist leicht, druckfest und hat eine geringe magnetische Signatur. In Verbindung mit dem leistungsstarken Antrieb ermöglicht er den U-Booten der Alfa-Klasse eine maximale Geschwindigkeit von 45 kn zu erreichen, was diese U-Boote zu den schnellsten U-Booten der Welt macht. Die geringe magnetische Signatur macht es feindlichen Einheiten schwer das U-Boot zu orten. Der Vorteil wird jedoch durch den relativ lauten Antrieb weitestgehend aufgehoben.

Angetrieben werden die U-Boote durch einen flüssigmetallgekühlten (Blei-Wismut-Legierung) Atomreaktor 155 MWt mit einem turbo-elektrischen Antrieb auf einer Welle. Außerdem stehen ein Dampf-Turbo-Wechselstromgenerator und ein Hilfsdieselgenerator zur Verfügung. Die U-Boote werden von einer fünfblättrigen Schraube mit einer maximalen Leistung von 47.000 PS (34.474 kW) angetrieben.

Die Schiffe besitzen 6 Torpedorohre mit 533 mm Durchmesser, die neben konventionellen Torpedos auch für Seezielflugkörper ("Raketentorpedos") des Typs SS-N-15 geeignet sind und können entweder 20 Torpedos oder 40 Minen tragen.

Geschichte

Die Alfa-Klasse wurde 1957 in Auftrag gegeben. Das Konzept forderte einen leichten und schnellen "U-Abfangjäger" von 1.500 BRT, der weitestgehend automatisert und mit nur wenigen Besatzungsmitgliedern an Bord operieren sollte.

Die Entwicklung begann 1958 im Sonderkonstruktionsbüro 143 in Leningrad unter A.B. Petrow. Das enorm kleine ursprüngliche Konzept wurde mehrfach geändert und schließlich von 1.500 auf 2.300 BRT aufgestockt. Ebenso war der Reaktor nicht wie ursprünglich geplant druckwassergekühlt, sondern wies eine effektivere, aber schwieriger zu handhabende Flüssigmetallkühlung auf.

Der erste Prototyp wurde 1968 in Leningrad aufgelegt und 1971 vom Stapel gelassen. In Leninggrad und in Sewerodwinsk wurden jeweils drei weitere Boote hergestellt und von 1974 bis 1983 in den Dienst der Nordflotte gestellt. Herstellung und Wartung waren jedoch extrem kostenintensiv.

Drei Boote der Alfa-Klasse, die K-377, die K-123 und die K-463, erlitten während ihrer Dienstzeit Reaktorunfälle. Bei allen drei Booten war die Betriebstemperatur des Reaktors so weit abgesunken, dass die Metallkühlung erstarrte und den Reaktor funktionsuntüchtig machte. Die K-377, der Prototyp, war irreparabel beschädigt und wurde noch 1974 außer Dienst gestellt. K-123 und K-463 dagegen wurden mit einem neuen Reaktor versehen und befanden sich bis 1995 im Dienst.

Zwei Boote der Alfa-Klasse, die oben erwähnte K-463 und die K-493, wurden während ihrer Dienstzeit im Rahmen des Projekts 671B mit Druckwasserreaktoren der Victor-Klasse versehen.

Nachdem die Alfa-Klasse im Ruf stand zu hohe Kosten zu verursachen, wurden schrittweise von 1986 bis 1997 alle sechs verbliebenen Boote außer Dienst gestellt.

Kritik

Nach Expertenmeinung war die Alfa-Klasse ein Boot mit guten Fahrleistungen, aber ansonsten eher negativen Eigenschaften. Es war zwar extrem schnell und konnte sehr tief tauchen, doch verursachte es unter Vollfahrt einen enormen Lärm. Außerdem erwies sich seine aufwendige Reaktortechnik als sehr anfällig und wartungsintensiv. Das zur Kühlung der Reaktoren eingesetzte Metallgemisch verfestigte sich bereits bei Temparaturen unter 125°C, so daß es in Häfen und bei Wartungsmaßnahmen durch externe Vorrichtungen mit überhitztem Dampf flüssig gehalten werden mußte. Ein "Einfrieren" des Kühlmittels hätte den Reaktor unweigerlich zerstört, was bei zwei der Boote auch der Fall war. Die verwendeten Dampfgeneratoren litten jedoch vor allem in den späteren Jahren noch stärker unter mangelnder Wartung, als die Flotte selbst und so war man schließlich gezwungen, die Reaktoren der Alfa-Klasse auch im Hafen in Betrieb zu halten. Ernsthafte Instandhaltung der aufwändigen Technik war damit praktisch unmöglich. Schlussendlich entsprach auch die Bewaffnung zwar dem üblichen Stand, konnte aber nicht bei Geschwindigkeiten über 25 kn abgefeuert werden, weshalb sich für die Alfa-Klasse im Gefechtsfall eine merkwürdige Taktik aus Beschleunigen, Abbremsen und Feuern ergeben hätte.

Siehe auch: Liste der U-Boot-Klassen