Johnny Hallyday (bürgerlich: Jean-Philippe Smet; * 15. Juni 1943 in Paris; † 6. Dezember 2017 in Marnes-la-Coquette[1]) war ein französischer Sänger, Songwriter und Schauspieler.

Leben
Jean-Philippe Smet alias Johnny Hallyday wurde als Sohn eines belgischen Schauspielers, Sängers und Tänzers in Paris geboren, der die Mutter verließ, als er acht Monate alt war. Er wuchs bei deren Schwester auf, die mit ihren Töchtern[2] und dem knapp Einjährigen ab 1944 auf Tanztournee ging.[3] Seine Tante heiratete den US-amerikanischen Tänzer Lee Hallyday, dessen Namen er später als Künstlernamen annahm. In den 1960er-Jahren wurde Hallyday mit in französischer Sprache gesungenem Rock bekannt. Er wurde vom Music-Scout Jacques Wolfsohn entdeckt und von der Plattenfirma Vogue unter Vertrag genommen.
Musikalische Karriere
Er veröffentlichte am 14. März 1960 bei Disques Vogue seine erste Single Itsy Bitsy Petit Bikini, die französische Coverversion von Itsy Bitsy Teenie Weenie Yellow Polka Dot Bikini, im November 1960 gefolgt von Le P’tit clown de ton coeur. 1961 wechselte er zu Philips, die ihm größere finanzielle Möglichkeiten bot, und blieb dort (über die Nachfolgefirma Universal) bis 2006 unter Vertrag. Seitdem veröffentlicht er bei Warner Music und verfügt nun über mehr Rechte an seinen Titeln. Er verstand es von Anfang an, das nordamerikanische Lebensgefühl musikalisch in das romanische zu übertragen. Er spielte den Vorzeigejungen am Strand der Côte d’Azur, der ein Mädchen sucht (Je cherche une fille) ebenso perfekt wie den Straßenjungen aus dem Golf Drouot-Viertel, der seine Macho-Haltung ins Sanfte wandeln konnte, und galt lange als „Chamäleon des Popmusikgeschäfts“.
Hallyday unternahm außerdem einige Versuche, den deutschen Plattenmarkt zu erobern (u. a. mit Ja, der Elefant von 1962, Mein Leben fängt erst richtig an von 1964, Lass’ die Leute doch reden von 1966, und zusammen mit Achim Reichel und den Rattles, Das alte Haus in New Orleans von 1967).[4] Seinem ersten öffentlichen Auftritt in Deutschland – sieht man von einem „Gag-Gig“ 1961 in der Berliner „Badewanne“ ab – im Rahmen seiner Studiosession „Ja, der Elefant“ in der Hamburger Musikhalle sah die Bild-Zeitung mit einer „gewissen Katastrophengeilheit“ (Spiegel) entgegen: „Was kommt da auf uns zu ?“ Das ist nur zu verstehen, wenn man Hallydays Karriere auch als eine (französisch) politische begreift. Schon bei dem ersten Konzert ging das Inventar der Auftrittshalle zu Bruch.
Im Jahre 1963 schaffte er das Undenkbare in Paris. Auf der Place de la Nation randalierten nach dem Open-Air-Concert 150.000 Personen und zerstörten angrenzende Geschäfte, U-Bahnhöfe, Wagen, Straßenmöbel und lieferten sich mit der Polizei Straßenkämpfe. Dies setzte sich in der Provinz fort. Es waren überwiegend Fans aus der Arbeiterschaft, die sich um seine Konzerte versammelten und ihrer Unzufriedenheit über die von ihnen empfundene gesellschaftliche Lebenslage einen Ausdruck verschafften. Dies wird heute in Frankreich unumstritten als „Vor-68-Ausdruck“ gewertet. Dort streikten im Gegensatz zu Deutschland im Mai 1968 auch Arbeiter und Angestellte. Sie schlossen sich so dem diffusen Protest der Studentenschaft aus mehr praktischer und persönlicher Sicht an: „Lasst uns endlich das Richtige spüren!“ Was „das Richtige“ war, wurde nicht immer ganz klar.
Mitte der Sechzigerjahre nutzte Hallyday einen Streit mit dem französischen Folkloresänger Antoine zu einem seiner größten Songerfolge: Cheveux longs et idées courtes („Lange Haare und kurzer Verstand“). Hallyday äußerte sich zu allgemeinen politischen Erscheinungen immer nur indirekt: „Ich bin einsam [Je suis seul] ist eine Aufforderung, in sich hineinzuhören und dem Gefühl dann Ausdruck zu geben. Ok, das ist eben Rock! [that’s rock’n roll!]“ In Deutschland, wo er im badischen Offenburg seinen Militärdienst ableistete, blieb er hinter den Erfolgen vergleichbarer Rocksänger zurück, auch wenn er aufgrund seiner Skandale und eingängigen Hits eine gewisse Popularität erlangte.
Einzigartigkeit
Hallyday war einer der größten Stars des französischen Showbusiness. Eines seiner Erfolgsrezepte war, den Fans seiner Musik bei den Konzerten das Gefühl zu vermitteln, der Alltag gehe anschließend bis zum nächsten Zusammentreffen weiter, und so nicht die typische Rockaura einer anderen Lebensart zu verbreiten. Er galt als Schwerarbeiter unter den Popmusikern. In seiner langen Karriere absolvierte er bis 2011 180 Tourneen[5] mit 15 Millionen Zuschauern und verkaufte bis 2008 schätzungsweise 85 Millionen Schallplatten.
„In Frankreich ist Hallyday unerreichbar“, äußerte sich Mick Jagger angesichts der fünf ausverkauften Konzerte im Stade de France 1998 mit zusammen 450.000 verkauften Eintrittskarten. Hallydays größter Auftritt war das Gratiskonzert am 10. Juni 2000 unter dem Eiffelturm in Paris; ca. 600.000 Zuschauer versammelten sich auf dem Champ de Mars.[6] Dieses Konzert wurde kurze Zeit später auch als CD und DVD „100% Johnny Live à la Tour Eiffel“ veröffentlicht.
Er veranstaltete auch kleinere Konzerte mit renommierten Studiomusikern aus aller Welt, wie im Cigale in Paris 2003. Über die Jahrzehnte realisierte und produzierte er immer wieder – auch bei Kritikern – vielbeachtete Konzeptalben bis hin zu Hamlet 1976, die sich mit dem Lebensgefühl der älter werdenden Fangemeinde befassten. Er schrieb zahlreiche Chansons und wirkte an der Musik vieler Filme mit. Für den Videoclip seines Songs Casualty of Love engagierte er den Regisseur Bob Swaim, einen César-Preisträger.
Sonstige Aktivitäten
Ab März 2005 gab Hallyday die dreimonatlich erscheinende Zeitschrift Limited Access heraus.[7] Gemeinsam mit seinem Freund, dem Designer Christian Audigier, führte er bis 2011 das sehr erfolgreiche Modelabel Smet, benannt nach dem eigentlichen Nachnamen von Johnny Hallyday.
2011 stand er erstmals auf der Theaterbühne und spielte die Hauptrolle in der französischen Uraufführung von Tennessee Williams' Stück „Le paradis sur terre“ („Kingdom on Earth“).[8]
Privatleben
Im Dezember 2006 zog Hallyday aus steuerlichen Gründen nach Gstaad in der Schweiz. Hierdurch sparte er vier Millionen Euro. Im Jahr 2006 wurde bekannt, dass er sich um die belgische Staatsbürgerschaft beworben hatte, was in Frankreich für großes Aufsehen sorgte. Hallyday zog jedoch im Oktober 2007 seinen Antrag zurück.
2009 begann er seine Abschiedstournee, die im November nach einer Bandscheibenoperation ein jähes Ende fand, als er sich nach Komplikationen mehrere Tage im künstlichen Koma befand.[9] Nach der künstlichen Beatmung musste er das Sprechen und Singen erneut erlernen und stand erst wieder am 15. Juni 2010 zu seinem Geburtstag auf einer Bühne.[10] In dieser Zeit revidierte Hallyday seine Entscheidung bzgl. der Tourneen und veröffentlichte sein neues Album „Jamais Seul“.
2010 wurde er wegen einer Darmkrebseerkrankung operiert.
Ab 2013 lebte Hallyday in Los Angeles.[11]
Im März 2017 teilte Hallyday mit, dass er an Lungenkrebs leide. Im Dezember desselben Jahres erlag er im Alter von 74 Jahren den Folgen dieser Krankheit.[12]
Diskografie
Studioalben
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Livealben
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Auszeichnungen für Musikverkäufe
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Anmerkung: Auszeichnungen in Ländern aus den Charttabellen bzw. Chartboxen sind in ebendiesen zu finden.
Vorlage:AfM2Vorlage:AfM2Vorlage:AfM2Land/RegionAuszeichnungen für Musikverkäufe (Land/Region, Auszeichnungen, Verkäufe, Quellen) |
Silber | Gold | Platin | Diamant | Verkäufe | Quellen |
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Insgesamt | 5× Silber5 | 78× Gold78 | 55× Platin55 | 10× Diamant10 |
Filmografie (Auswahl)
- 1954: Die Teuflischen (Les Diaboliques) – Regie: Henri-Georges Clouzot
- 1963: Wo kommst Du her, Johnny? (D’où viens-tu Johnny?)
- 1967: À tout casser
- 1969: Fahrt zur Hölle, ihr Halunken (Gli specialisti) – Regie: Sergio Corbucci
- 1970: Zwei im Visier (Point de chute) – Regie: Robert Hossein
- 1972: Die Entführer lassen grüßen (L’Aventure, c’est l’aventure) – Regie: Claude Lelouch
- 1977: Ein irrer Typ (L’Animal) – Regie: Claude Zidi
- 1984: Detective (Détective) – Regie: Jean-Luc Godard
- 1986: Ehrbare Ganoven (Conseil de famille) – Regie: Costa-Gavras
- 1987: Terminus
- 2002: Das zweite Leben des Monsieur Manesquier (L’Homme du train) – Regie: Patrice Leconte
- 2003: Crime Spree
- 2004: Die purpurnen Flüsse 2 – Die Engel der Apokalypse (Les Rivières pourpres II – Les anges de l’apocalypse) – Regie: Olivier Dahan
- 2005: Quartier V.I.P.
- 2006: Jean-Philippe
- 2009: Der rosarote Panther 2 (The Pink Panther 2) – Regie: Harald Zwart
- 2009: Vengeance – Regie: Johnnie To
Literatur
- Julia Edenhofer: Das Große Oldie Lexikon. Bastei-Lübbe, 1991, ISBN 3-404-60288-9.
Quellen
- ↑ Lieblingssänger der Franzosen: Johnny Hallyday ist tot. srf.ch, 6. Dezember 2017, abgerufen am 6. Dezember 2017.
Er starb in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, den 6. Dezember 2017 kurz vor drei Uhr, so: Johnny Hallyday est mort à l’âge de 74 ans. Le Parisien, 6. Dezember 2017, abgerufen am 6. Dezember 2017 (französisch). - ↑ Thierry Ardisson: Interview “Première fois” : Johnny Hallyday. Institut national de l’audiovisuel (ina.fr) / Dailymotion, 23. September 2003, abgerufen am 6. Dezember 2017 (Video 9:48 Minuten; französisch).
- ↑ Sabine Glaubitz (dpa): Idol der Generationen: Frankreichs Ikone Hallyday tritt ab. n-tv, 6. Dezember 2017, abgerufen am 6. Dezember 2017.
- ↑ The Rattles: * Zum 50jährigen Bühnenjubiläum kommt die Band mit neuem Album *. hier-luebeck.de, 5. Januar 2011, abgerufen am 6. Dezember 2017.
- ↑ Johnny Hallyday dévoile sa prochaine tournée. Le Monde Online, 4. Dezember 2011, abgerufen am 6. Dezember 2017 (französisch).
- ↑ Alain Morel: C’était méga Johnny! Le Parisien, 11. Juni 2000, abgerufen am 6. Dezember 2017 (französisch).
- ↑ Fanclub Johnny Hallyday: Limited Access, abgerufen am 25. Dezember 2011 (Flash; französisch).
- ↑ Lena Lutaud: J’ai assisté à la première de Johnny Hallyday au théâtre. LeFigaro.fr, 5. September 2011, abgerufen am 6. Dezember 2017 (französisch).
- ↑ Johnny Hallyday de nouveau en coma artificiel. lemonde.fr, 11. Dezember 2009, abgerufen am 6. Dezember 2017 (französisch).
- ↑ Johnny Hallyday: Chaque nuit, j’ai peur. Le Journal du Dimanche, 5. September 2010, abgerufen am 6. Dezember 2017 (französisch).
- ↑ Johnny Hallyday kehrt der Schweiz den Rücken. In: Neue Zürcher Zeitung, 17. Januar 2014, abgerufen am 6. Dezember 2017.
- ↑ Französischer Sänger Johnny Hallyday ist tot. Deutschlandfunk-Kultur-Sendung „Kulturnachrichten“, 6. Dezember 2017, abgerufen am 6. Dezember 2017.
Weblinks
- Offizielle Website (französisch)
- Johnny Hallyday bei IMDb
- Literatur von und über Johnny Hallyday im SUDOC-Katalog (Verbund französischer Universitätsbibliotheken)
Personendaten | |
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NAME | Hallyday, Johnny |
ALTERNATIVNAMEN | Smet, Jean-Philippe (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Sänger, Songwriter und Schauspieler |
GEBURTSDATUM | 15. Juni 1943 |
GEBURTSORT | Paris |
STERBEDATUM | 6. Dezember 2017 |
STERBEORT | Marnes-la-Coquette |