Flachheitsproblem

ungelöste kosmologische Fragestellung zur Feinabstimmung im frühen Universum
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2017 um 16:00 Uhr durch Debenben (Diskussion | Beiträge) (Debenben verschob die Seite Benutzer:Debenben/Flachheitsproblem nach Flachheitsproblem: die wichtigsten teile sind jetzt fertig übersetzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Flachheitsproblem ist ein kosmologisches Problem des Lambda-CDM-Modells, welches die Entwicklung des Universums beschreibt. Es entstammt der Beobachtung, dass in dem Lambda-CDM-Model eine Feinabstimmung des Dichteparameters auf einen besonderen, kritischen Wert postuliert werden muss, da eine geringe Abweichung von diesem Wert extremen Einfluss auf das heutige Universum hätte.

Die lokale Krümmung der Raumzeit des Universums hängt davon ab, ob die relative Dichte größer, gleich, oder kleiner als eins ist. Von oben nach unten: Ein sphärisches Universum mit kritischer Dichte ; ein hyperbolisches Universum mit ; ein flaches Universum mit kritischer Dichte . Die Raumzeit ist, anders als in der Abbildung dargestellt, dreidimensional.

Im Fall des Flachheitsproblems ist der Parameter, die eine solche Feinjustierung erfordert die Dichte von Masse und Energie in der Friedmann-Gleichung. Für ein flaches Universum, wie es beobachtet wird, muss zur Planck-Zeit eine Dichte von angenommen werden.[1] Jede Abweichung von diesem kritischen Wert, würde mit der Zeit stark anwachsen, sodass die heutige beobachtete Dichte, welche für ein flaches Universum erforderlich ist, nicht möglich wäre.[2] Diese Feinjustierung steht zwar nicht im Widerspruch zum Lamda-CDM-Modell, jedoch erscheint die Notwendigkeit einer so genauen Festlegung der Anfangsbedingungen als unnatürlich. Die Frage, warum die Dichte so nah an dem kritischen Wert liegt, ist im Rahmen des Lambda-CDM-Modells unbeantwortet.

Das Problem wurde erstmals von Robert Dicke im Jahr 1969 erwähnt.[3]:62,[4]:61 Die derzeit in der Kosmologie am meisten akzeptierte Lösung des Problems ist die kosmologische Inflation, bei der es in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall eine Phase sehr starker Expansion gab. Zusammen mit dem Horizontproblem und dem Monoproblem, ist das Flachheitsproblem eine der drei Hauptprobleme des Lambda-CDM-Modells, welche die Motivation für Inflationstheorien sind.[5]

Energiedichte und Friedmann-Gleichung

Nach den Einsteinschen Feldgleichungen der Allgemeinen Relätivitätstheorie, wird die Raumzeit durch die Anwesenheit von Materie und Energie beeinflusst. Auf kleinen Skalen erscheint die Raumzeit flach. Auf größeren Skalen ist die Raumzeit durch die Gravitation vom Materie gekrümmt. Da die Relativitätstheorie die Äquivalenz von Masse und Energie annimmt, ist dies auch bei Anwesenheit von Energie (wie Licht oder andere elektromagnetische Strahlung) der Fall. Die Stärke der Krümmung hängt von der Dichte der Materie bzw. Energie ab.

Dieses Verhalten wird durch die erste Friedmann-Gleichung beschrieben. In einem Universum ohne Kosmologische Konstante, lautet sie:

 

wobei   der Hubble-Parameter, ein Maß für die Rate, mit der sich das Univerersum ausdehnt, und   die Gesamtdichte von Masse und Energie im Universum ist. Der Skalenfaktor   bestimmt die „Größe“ des Universums und   ist der Krümmungsparameter, der bestimmt, wie flach oder gekrümmt die Raumzeit ist. Die Fälle  ,   und   entsprechen einem geschlossenen, flachen beziehungsweise offenen Universum. Die Konstanten   and   sind die Gravitationskonstante und Lichtgeschwindigkeit.

Die obige Gleichung lässt sich durch Definition einer kritischen Dichte   vereinfachen. Für einen gegebenen Wert von   ist die kritische Dichte definiert als diejenige, welche für ein flaches Universum mit   erforderlich ist:

 .

Die Gravitationskonstante   ist bekannt und die Expansionsrate   lässt sich durch Messungen der Geschwindigkeit mit der sich weit entfernte Galaxien von uns wegbewegen bestimmen. Dadurch lässt sich für die kritische Dichte   ein Wert von etwa 10−26 kg m−3 berechnen. Das Verhältnis dieser tatsächlichen Dichte zu diesem kritischen Wert wird mit   bezeichnet. Die Abweichungen von   von dem Wert   bestimmt daher die Geometrie des Universums:   ist ein offenes Universum mit geringer Dichte,   ein flaches Universum mit genau kritischer Dichte und   ein geschlossenes Universum mit hoher Dichte.

Die Friedmann Gleichung

 

lässt sich zu

 

sowie durch Ausklammern von  , und Einsetzen von   umformen zu[6]

 

Die rechte Seite der letzten Gleichung enthält nur Konstanten, wesshalb die rechte und linke Seite der Gleichung während der ganzen Entwicklung des Universums konstant sein müssen.

Mit der Expansion des Universums wird der Skalenfaktor   größer und die Dichte   geringer, da sich die Materie (oder Energie) auf das größere Universum verteilt. Für das Lambda-CDM-Modell, bei dem das Universum die meiste Zeit überwiegend Materie und Strahlung enthält, nimmt der Wert von   stärker ab als   zunimmt, wesshalb der Faktor   mit der Zeit geringer wird. Seit der Planck-Ära, hat   um einen Faktor von rund   abgenommen, wesshalb   um den gleichen Faktor zugenommen haben muss, damit ihr Produkt konstant bleibt.

Einzelnachweise

  1. Flachheitsproblem. In: Lexikon der Physik. Spektrum Akademischer Verlag, abgerufen am 26. November 2017.
  2. J. A. Peacock: Cosmological Physics. Cambridge University Press, Cambridge 1998, ISBN 978-0-521-42270-3.
  3. Robert H. Dicke: Gravitation and the Universe: Jayne Lectures for 1969. American Philosophical Society, 1970, ISBN 978-0-87169-078-4.
  4. Alan P. Lightman: Ancient Light: Our Changing View of the Universe. Harvard University Press, 1993, ISBN 978-0-674-03363-4 (google.com).
  5. Barbara Ryden: Introduction to Cosmology. Addison Wesley, San Francisco 2002, ISBN 0-8053-8912-1.
  6. Peter Coles, Francesco Lucchin: Cosmology. Wiley, Chichester 1997, ISBN 0-471-95473-X.