Diplomatengepäck

spezielle Postsendung
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2017 um 10:54 Uhr durch Mattes (Diskussion | Beiträge) (HC: Ergänze Kategorie:Gepäck). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Diplomatengepäck wird die amtliche Korrespondenz einer diplomatischen Vertretung bezeichnet, die nicht geöffnet, untersucht oder zurückgehalten werden darf und nur diplomatische Schriftstücke oder für den amtlichen Gebrauch bestimmte Gegenstände enthalten darf.

Schwedisches Diplomatengepäck in Form einer besonders gekennzeichneten Holzkiste.
Diplomatengepäck wird hier im Mai 2008 durch eigenes Militär zur US-Botschaft Beirut geflogen, da es auf den Landwegen zu Unruhen kam.

Deklaration

Die Regelungen zum Diplomatengepäck enthält das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen von 1961. Das Diplomatengepäck ist üblicherweise ein aus dauerhaftem Stoff (oft Segeltuch) gefertigter, verschließ- und versiegelbarer Beutel und wird daher im Englischen „diplomatic bag“ oder „diplomatic pouch“ genannt. Auch ganze Kisten können als Diplomatengepäck deklariert sein. In allen Fällen ist eine deutliche Kennzeichnung erforderlich.

Der diplomatische Kurier, der auch ad hoc ernannt werden kann, muss ein Dokument bei sich führen, das über seine Stellung und die Anzahl der Gepäckstücke Auskunft gibt. Dieser Kurier darf weder festgehalten, noch verhaftet werden. Ein Kapitän eines kommerziell betriebenen Flugzeugs oder Schiffes muss ebenfalls ein solches Dokument bei sich tragen, falls ihm das Diplomatengepäck anvertraut wird – er gilt aber nicht als diplomatischer Kurier.

Nach herrschender Meinung gilt eine Durchleuchtung mittels Röntgenstrahlung als eine Untersuchung des Inhalts, obwohl einige Staaten darauf bestehen zu kontrollieren, ob tatsächlich nur die erlaubte „amtliche“ Korrespondenz bzw. zum „amtlichen Gebrauch bestimmte Gegenstände“ im Gepäck vorhanden sind.[1] Im Gegensatz zu diplomatischer Korrespondenz kann konsularischer Verkehr aufgehalten und an den Ursprungsort zurückgesendet werden, wenn das Ursprungsland einer Untersuchung nicht zustimmt.[2]

Die Größe des Diplomatengepäcks ist nicht limitiert.

Einzelfälle

  • Im Jahr 1938 ließ der Franziskaner Herman Leo Van Breda den Nachlass von Edmund Husserl als belgisches Diplomatengepäck deklarieren. So konnte der Nachlass von Deutschland nach Belgien gebracht werden,[3] ohne dass die nationalsozialistischen Behörden dagegen etwas unternehmen konnten.
  • Am 12. Juli 1984 verbot die Schweiz die Einreise eines sowjetischen Lastwagens an der deutschen Grenze in Basel. Er war gänzlich, mit neun Tonnen Ladung, als Diplomatengepäck deklariert; der gesamte Lastwagen als „Gepäck“ wurde vom westdeutschen Zoll bei der Einreise nach Deutschland nicht beanstandet. Die Schweiz aber setzte diplomatischem Gepäck eine willkürliche Obergrenze von 450 Pfund (204 kg). Die UdSSR erlaubte den westdeutschen Behörden eine Inspektion des Inhalts: 207 einzelne Kisten − jeweils diplomatische Segeltuch-Beutel enthaltend − kamen zum Vorschein.[4][1]
  • Umaru Dikko, damaliger nigerianischer Verkehrsminister, wurde am 5. Juli 1984 im Londoner Exil entführt, betäubt und in eine Holzkiste verpackt. Anschließend sollte er mit einem bereitgestellten Frachtflugzeug nach Nigeria geflogen werden. Auf dem Flughafen London-Stansted vereitelte die alarmierte Polizei die Entführung, weil die zwei Kisten – jene mit Dikko und eine zweite mit den zwei Entführern darin – nicht versiegelt waren und die Transportverantwortlichen sich nicht als diplomatische Kuriere ausweisen konnten.[4][1]
  • Der Spion Mordechai Luk, der für Ägypten und vermutlich auch für Israel und die Bundesrepublik Deutschland arbeitete, sollte im Jahre 1964 ebenfalls als Diplomatengepäck in einem Koffer entführt werden, der jedoch von der Polizei in Rom geöffnet wurde.[5][6] Ägypten benutzte offenbar mehrere „Koffer“, um Menschen zu entführen.[7]

Film

Im Film Projekt: Peacemaker (1997) wird eine Atombombe als Diplomatengepäck versandt.

Commons: Diplomatengepäck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c The Straight Dope – Is there such a thing as a diplomatic pouch? (engl.)
  2. Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen, Art. 35 http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_191_02/a35.html
  3. M.O.C. Döpfner: Kurzschrift des Gedankens. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 254 vom 31. Oktober 1990.
  4. a b NZZ Folio, 09/03 – Ein nobler Sack
  5. Time.com – Espionage: The Spy Who Came In from the Trunk
  6. Mann im Koffer. In: zeit.de. 27. November 1964, abgerufen am 2. Dezember 2014.
  7. Zeitspiegel. In: zeit.de. 4. Dezember 1964, abgerufen am 2. Dezember 2014.