Deutscher Monistenbund

Organisation von Freidenkern
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. Mai 2006 um 15:56 Uhr durch Weiße Rose (Diskussion | Beiträge) (Vorsitzende des Deutschen Monistenbundes). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Deutsche Monistenbund wurde 1906 von Ernst Haeckel gegründet. Er trat für die Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse und allgemein einer monistischen Weltanschauung, also dem Prinzip der Einheit des Wirklichen, ein. Zudem stand er für eine weltliche Ethik, die gegen christliche Dogmen in Stellung gebracht wurden. Der Bund wurde 1933 von den Nationalsozialisten aufgelöst.

Gründung des Monistenbundes

Die Gründung des Deutschen Monistenbundes wurde am 11. Januar 1906 in Jena vollzogen. Ernst Haeckel hatte einen solchen Gründungsakt bereits im September 1904 in Rom vorgeschlagen, wo er am Internationalen Freidenker-Kongress teilnahm. Dort wird Haeckel anlässlich eines gemeinsamen Frühstücks feierlich zum "Gegenpapst" aufgerufen.

Mit dem Monistenbund fanden die bestehenden, sehr heterogenen monistischen Bestrebungen einen übergreifenden organisatorischen Rahmen, der sich dezidiert auf eine naturwissenschaftliche Basis im Sinne Haeckels stellte, in den aber nicht alle Vertreter des Monismus eingebunden wurden. Mit dem Monistenbund entstand mit Unterstützung freidenkerischer Verbände eine neue freigeistige Bewegung, die einen betont philsophisch-naturwissenschaftlichen Bildungscharakter hatte. Wie andere Organisationen der freireligiösen und freigeistigen Bewegung entwickelte er eine eigenständige weltliche Feierkultur.

Die Zielrichtung des Monistenbundes kommt im Gründungsaufruf zum Ausdruck:

"Tausende und Abertausende finden keine Befriedigung mehr in der alten, durch Tradition oder Herkommen geheiligten Weltanschauung; sie suchen nach einer neuen, auf naturwissenschaftlicher Grundlage ruhenden einheitlichen Weltanschauung."

Erster Vorsitzender wurde der Bremer Reformtheologe Albert Kalthoff. Generalsekretär wurde Heinrich Schmidt.

Zu den Persönlichkeiten, die den Gründungsaufruf unterzeichneten, gehörten neben den bereits genannten Persönlichkeiten unter anderen die Schriftsteller Wilhelm Bölsche, Albrecht Rau und Bruno Wille, der Philosoph und Dichter Bartolomäus von Caneri, der Botaniker Arnold Dodel, der Psychiater Auguste Forel, der freireligiöse Prediger Karl Scholl, die Zoologen Konrad Keller, Ludwig Plate, Richard Semon und Heinrich Ernst Ziegler, der Verlagsbuchhändler Walther Keller (Francksche Verlagsbuchhandlung) und der Privatsekretär Haeckels, Heinrich Schmidt.

In der Folge kam es mit dem Österreichischen Monistenbund (1909), dem Schweizer Monistenbund (1913) und dem Tschechischen Sozialistischen Monistenbund (1913) zu weiteren Gründungen monistisch orientierter Organisationen.

Sozialdarwinistische Orientierung des Monistenbundes

Im Monistenbund entfalteten sich von Haeckel initiierte und mit der Autorität des Naturwissenschaftlers vertretene rassistische und sozialdarwinistische Anschauungen, die in der nationalsozialistischen Ideologie einen starken Niederschlag fanden.[1]

Weitere Entwicklung des Monistenbundes

Zur Jahreswende 1910/1911 wurde der Naturwissenschaftler und Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald zum Vorsitzenden gewählt. Vor allem seinem Einsatz war es zu verdanken, daß der Monistenbund vor dem Ersten Weltkrieg sich erfolgreich entwickelte. Vor allem organisierte er verschiedene internationale Kongresse. Bereits der erste Kongreß 1911 mit 2000 Teilnehmern war ein großer Erfolg. Ostwald schloß diesen mit den Worten: "Hiermit schließe ich den internationalen Monistenkongreß und eröffne das monistische Jahrhundert.

Trotz der bürgerlich-elitären Orientierung des Monistenbundes trat er mit Organisationen der Arbeiterbewegung zusammen und forderte in einem gemeinsamen Komitee Konfessionslos zum Kirchenaustritt auf.

Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg machten sich sozialdarwinistische und nationalistische Einflüsse im Monistenbund bemerkbar. 1920 erfolgte auf der Basis der "Hamburger Thesen" auf einer Tagung in Weimar eine sozialistische Orientierung des Monistenbundes.

Nach dem Ersten Weltkrieg war der Monistenbund eindeutiger pazifistisch und sozialistisch orientiert. Das lag unter anderem an dem Einfluß des ehemaligen Präsidenten des Österreichischen Monistenbundes und des Schweizer Mediziners Auguste Forel.

Vorsitzende des Deutschen Monistenbundes

Ehrenpräsidenten des Deutschen Monistenbundes waren Ernst Haeckel (1906-1919), Wilhelm Ostwald (1915-1932) und Rudolf Goldscheid (1870-1931). 1913 wurde Wilhelm Knaupp (1835-1916) durch die 7. Hauptversammlung des D.M.B. in Düsseldorf zum Ehrenmitglied des Deutschen Monistenbundes ernannt.

Das genaue Datum der Gründung des "Österreichischen Monistenbundes" ist nicht bekannt. Die Entstehung datiert zwischen 1906 und 1909. Er hieß anfangs nicht "Österreichischer Monistenbund", sondern "Ortsgruppe Wien des Deutschen Monistenbundes" [2] Zwischen 1912 und 1917 war der Soziologe, Sozialreformer und Sozialdemokrat Rudolf Goldscheid, der 1911 dem Monistenbund beitrat, Präsident des Österreichischen Monsitenbundes.

Prominente Mitglieder

Gegner

Als Reaktion auf das Wirken des Deutschen Monistenbundes wurde 1907 der evangelische Keplerbund gegründet, in dem sich die „theistischen“ naturwissenschaftlichen Gegner von Darwins Evolutionstheorie und des Haeckelschen Materialismus formierten.

Nachfolgeorganisation

1946 wurde in München der Monistenbund als Freigeistige Aktion - Deutscher Monistenbund neu gegründet. Die Freigeistige Aktion / Deutscher Monistenbund e.V. ist Mitglied im Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften und in der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union.

Quellen

  1. Jürgen Mittelstraß (Hrsg.), Haeckel, Ernst in Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie Bd. 2., Wissenschaftsverlag, 1984, S. 22
  2. Rudolf Goldscheid und Wilhelm Ostwald in ihren Briefen, hrsg. Von Karl Hansel, S. 20f.
  3. Paul Weindling, Health, Race and German Politics Between National Unification and Nazism, 1870-1945 (New York, 1993). ISBN 052142397X, S. 132
  4. Brigitte Fuchs, Rasse, Volk, Geschlecht, Campus Verlag, 2003; ISBN 3593372495, S.201
  5. William I. Brustein, Roots of Hate, Cambridge University Press, 2003; ISBN 0521774780, S.135


Literatur

Monographien

  • Wilhelm Breitenbach: Die Gründung und erste Entwicklung des Deutschen Monistenbundes. Brackwede 1913.
    (Ein Bericht aus "erster Hand", Breitenbach war Mitbegründer des Bundes und engagierter Kämpfer für die "Bewegung", schied dann aber nach internen Querelen aus.)
  • Karl Hansel (Hrsg.): Rudolf Goldscheid und Wilhelm Ostwald in ihren Briefen. Großbothen 2004 (Mitteilungen der Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft zu Großbothen e.V., Sonderheft 21)
  • Horst Hillermann: Der vereinsmäßige Zusammenschluss bürgerlich-weltanschaulicher Reformvernunft in der Monismusbewegung des 19. Jh. Kastellaun 1976. (Schriftenreihe zur Geschichte und politischen Bildung; Bd.16).
  • Wolfgang Mattern: Gründung und erste Entwicklung des Deutschen Monistenbundes 1906-1918. Diss. med. Berlin 1983. (Hervorragende, klare Darstellung)
  • Heiko Weber,: Monistische und antimonistische Weltanschauung: Eine Auswahlbibliographie. Berlin 2000. (Ernst-Haeckel-Haus-Studien; 1) (Eine Zusammenstellung hunderter von Monographien und Aufsätzen, die in mehr oder weniger enger Verbindung mit dem Monistenbund und der Monismusbewegung des 19./20. Jh. stehen, hervorragendes Hilfsmittel!)
  • Paul Ziche: Monismus um 1900: Wissenschaftskultur und Weltanschauung. Berlin 2000. (Ernst-Haeckel-Haus-Studien; 4)

Zeitschriften

  • Die Freigeistige Aktion. Für Freiheit des Geistes und Humanität. Gegen Aberglauben und Klerikalismus, Hannover 1957 bis 1990 ISSN 1615-6641

Vorlage:Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften