Liturgisches Gewand

Kleidungsstücke, die während des Gottesdienstes von Klerikern und den liturgischen Diensten getragen werden
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Liturgische Gewänder sind Kleidungsstücke, die während des Gottesdienstes und nur zu diesem Anlass vom Leiter der Feier (Priester, Pastor, Diakon usw.) und anderen Mitwirkenden (Lektor, Kantor, Kommunionhelfer, Messdiener) getragen werden.

Liturgische Gewänder außerhalb des Christentums

Besondere kultische Gewänder gibt es in fast allen Religionen. Schamanen, Medizinmänner und Priester kleiden sich bei kultischen Handlungen in ein verfremdendes "Vollmachtsgewand". Oft stehen Masken und Tierfelle am Anfang dieser Entwicklung.

Die jüdischen Priester am Jerusalemer Tempel hatten detailliert vorgeschriebene Gottesdienstgewänder. Für den heutigen Synagogengottesdienst gibt es unterschiedliche, meist schlichte Amtstrachten; er kann auch ohne besondere Gewänder gefeiert werden. Ein gottesdienstliches Kleidungsstück ist der Gebetsschal (Tallit).

Der Islam kennt keine im eigentlichen Sinn liturgischen Gewänder.

Liturgische Gewänder im Christentum

Das frühe Christentum kannte keine liturgische Sonderkleidung für die sonntägliche Herrenmahlfeier, erwartete aber von allen Teilnehmern, sauber und möglichst festlich gekleidet zu sein. Bischöfe und Priester kleideten sich schon früh nach dem Vorbild römischer Beamter, ohne dass zunächst zwischen Alltags- und Liturgiekleidung unterschieden wurde.

Geschichte

Mit dem Anwachsen der Gemeinden, der Konstantinischen Wende, der Öffentlichkeit von Kirchengebäuden und Gottesdiensten und der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion im Römischen Reich wurde die Liturgie repräsentativ und symbolisch ausgestaltet. Dazu gehörte die vermehrte Kostbarkeit der Amtstrachten. Bis zur Völkerwanderungszeit gab es jedoch keine scharfe Trennung der liturgischen Gewänder von der römischen Alltagstracht aus Tunika und Toga.

Die eindringenden Germanen brachten in den westlichen Mittelmeerraum ihre Kleidung mit: Hose, Hemd und Wams. Diese setzte sich auch bei der romanischen Bevölkerung durch - nicht jedoch in der Liturgie. Seit im Jahr 323 das Christentum Staatsreligion wurde, ist die Tracht der Antike nur noch wenig verändert, allerdings durchaus durch Moden beeinflusst worden. Aber sie ist als Paramentenkultur ins Feierliche gesteigert worden und oft auch Ausdruck des Reichtums ihrer Träger. Die Gewänder sind oft aus Seide, Brokat oder Damast, mit Spitzen besetzt oder reich bestickt.

Im byzantinischen Ritus der orthodoxen und der mit Rom unierten Kirchen sind folgende liturgischen Gewänder in Gebrauch:

  • Die Albe (lat. albus "weiß") ist das liturgische Grundgewand. Sie ist weiß und knöchellang und erinnert an das Taufkleid und die "weißen Gewänder" der Johannesoffenbarung. Alle bei der öffentlichen Liturgie im Altarraum Mitwirkenden können (und sollen) Alben oder von der Albe abstammende Gewandstücke tragen.
  • Die Albe wird mit dem Zingulum umgürtet.
  • Das Amikt (ab dem Priester), ein viereckiges Tuch um die Schultern unter der Albe
  • Die Stola, ein schalartiges, beiderseits knielanges Gewandstück, ist das Zeichen des priesterlichen Amtes. Der Priester und der Bischof tragen sie bei allen Sakramentsfeiern, Wortgottesdiensten, Andachten und Segenshandlungen, die sie leiten, u. U. (etwa am Krankenbett) direkt über der Alltagskleidung, bei der Messe gewöhnlich unter dem Messgewand. Vor der Liturgiereform wurde sie vom Priester vor der Brust überkreuzt, vom Bischof immmer schon in der heutigen Form getragen. Eine eigene Form der Stola (diagonal über Brust und Rücken) trägt der Diakon. Die Stola wird gedeutet als das "Joch Christi", vgl. Matthäusevangelium 11,29.
  • Das Messgewand, auch Kasel (lateinisch casula "Zelt, Häuschen"), gedeutet als Erinnerung an das Zeltheiligtum, das die Israeliten bei ihrer Wüstenwanderung mit sich führten, vgl. 2. Mose 33,7), stammt von der römischen Paenula ab. Es ist ein ärmelloser Überwurf mit Kopfausschnitt, meist in der liturgischen Farbe des Tages oder Anlasses, oft kostbar bestickt. Es wird vom Priester oder Bischof heute fast ausschließlich zur Messe getragen.
  • Die Dalmatik (lat. dalmatica, aus Dalmatien stammend) ist das festlich geschmückte, kurzärmelige, ursprünglich aus dalmatischer Wolle gefertigte Obergewand des Diakons, besonders bei der Messe. Sie wird aber bei besonderen Anlässen auch vom Bischof unter dem Messgewand getragen, um so zum Ausdruck zu bringen, dass dieser die Fülle des Weiheamtes innehat.
  • Der Talar, auch (frz.) Soutane ist kein eigentlich liturgisches Kleidungsstück, sondern seit dem Mittelalter das schwarze, knöchellange Alltagsgewand des Priesters. Bei Gottesdiensten wird er mit dem Rochett kombiniert.
  • Das Rochett, auch Chorhemd, ist ein hüft- oder knielanges weißes, oft gefälteltes Obergewand, das von der Albe abstammt. Es wird über dem Talar getragen. Der Priester trägt Talar, Rochett und Stola bei nicht-eucharistischen Gottesdiensten. Talar und Rochett sind außerdem die verbreitetste Messdienergewandung.
  • Die Mozetta tragen alle, die das entsprechende Privileg haben über Talar und Rochett. Sie ist ein Schulterumhang, der vorne von einer Knopfreihe geschlossen wird. Bei Bischöfen ist sie violett, bei Kardinälen rot. Auch der Papst trägt eine rote Mozetta.
  • Der Chormantel (früher auch Rauchmantel, lat. pluviale "Regengewand") ist ein von der Kasel abgeleitetet Obergewand, das heute meist ausserhalb der Messfeier, z. B. bei Andachten, Prozessionen und Begräbnisfeiern, Verwendung findet.
  • Der Manipel, ein nach dem Zweiten Vatikanum ungebräuchlich gewordener Stoffstreifen über der linken Hand, der von allen Inhabern Höherer Weihen getragen werden kann.
  • Die Rationale, die in liturgischen Handlungen nur von wenigen Bischöfen getragen wird. Dieses Ehrenzeichen wird nur Bischöfen einer mit Rom besonders verbundenen Diözese verliehen (Paderborn, Krakau, Eichstätt und Toul). Sie besteht aus zwei über Brust und Rücken fallende Tuchstreifen.
  • Die Mitra wird von allen Bischöfen, sowie von Amtsträgern mit besonderer Jurisdiktion, zum Beispiel Äbten getragen. Sie ist eine in zwei Spitzen auslaufende Kopfbedeckung, die seit dem 10. Jahrhundert immer höher geworden ist.
  • Das Pallium steht Metropoliten (d.h. Erzbischöfe mit eigener Kirchenprovinz) zu. Es ist ein weißes Wollband mit schwarzen Kreuzen, das über die Schultern gelegt wird. Bei der Inthronisation Papst Benedikts XVI. wurde ein spezielles Pallium mit purpurnen Kreuzen verwendet. Dieses geht zurück auf die frühchristliche Form des Palliums.
  • Der Fanon, ein Schultertuch zwischen Albe und Messgewand, ist ein den Päpsten vorbehaltenes liturgisches Kleidungsstück, das aber nur gelegentlich Verwendung findet.
  • Das Velum, zum Verhüllen der Hände, z. B. beim Tragen der Monstranz,
  • Das Birett (Kopfbedeckung)

Die bis Paul VI. verwendete päpstliche Tiara, wurde nur außerhalb liturgischer Handlungen getragen.

Evangelische Liturgien

Martin Luther erklärte die traditionellen liturgischen Gewänder zu "Adiaphora", die nicht notwendig, aber auch nicht schädlich seien. Er selbst trug bis zu seinem Tod beim Abendmahlsgottesdienst Albe, Stola und Messgewand, und so blieb es in vielen lutherischen Kirchen bis heute (besonders im skandinavischen Raum).

Daneben - von Anfang an in den reformierten Kirchen (sh. Calvinismus) - kam jedoch mehr und mehr der Talar in der Form des Gelehrtengewandes als Predigt- und Gottesdienstkleidung in Gebrauch, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland ausschließlich. Dazu gehören das Beffchen oder die Halskrause (beim sogenannten Hamburger oder Lübecker Ornat) als typische Kragenformen und das teilweise im Freien getragene Barett. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen ordnete das Tragen des schwarzen Talars für evangelische Pfarrer, jüdische Rabbiner und Richter an. Er konnte diese Kleiderordnung anordnen, da diese Personen Beamte des preußischen Staates waren. Auch nach dem Ende der Monarchie nach dem Ende des 1. Weltkrieges und das Ende Preußens nach dem 2. Weltkrieg blieb in den deutschen evangelischen Kirchen der schwarze Talar dominant. Daher ist der Talar nicht in allen lutherischen Kirchen verbreitet, so zum Beispiel in der schwedischen Kirche.

In Deutschland und weltweit gibt es Tendenzen, Stola, Albe und auch Messgewand für evangelische Gottesdienste wieder zu verwenden; insbesondere wünschen Gemeindeglieder aus ästhetischen Gründen die Verwendung der liturgischen Gewändern in den liturgischen Farben je nach Kirchenjahreszeit. Dagegen sprechen Kritiker, die in der Übernahme der hochkirchlichen Gewänder eine Übernahme des Priesteramtsverständnis sehen, das in ihren Augen der evangelischen Ämterlehre widerspricht.

In den protestantischen Kirchen in Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika ist es eher selten, dass bei Gottesdiensten liturgische Gewänder getragen werden. Ausnahmen bilden hier u.a. fast alle lutherischen Kirchen.

Lutherischer Ritus

In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche sind folgende liturgische Gewandungen in Gebrauch und von den Kirchlichen Ordnungen gedeckt:

  • Für den ordinierten Pfarrer:
  • Alba mit Stola entsprechend der Kirchenjahreszeit bzw. des Festtages
  • Alba mit Stola und Kasel entsprechend der Kirchenjahreszeit bzw. des Festtages Die Kasel wird vom Pfarrer ausschließlich zu Abendmahlsgottesdiensten getragen.
  • Schwarzer Talar mit Chorhemd und Stola
  • Schwarzer Talar und Stola
  • Schwarzer Talar und Beffchen
  • Außerhalb geschlossener Räume ist das Barett vorgeschrieben.
  • Für den Pfarrdiakon:
  • Alba und Querstola
  • Schwarzer Talar und Querstola
  • Schwarzer Talar und Beffchen
  • Pastoralreferentin
  • Alba (ohne Amtsinsignien)
  • Schwarzer Talar (ohne Amtsinsignien)
  • Messdiener/-innen
  • Ministrantenalbe mit Zingulum
  • Ministrantentalar und Chorhemd (der Talar ist bei der Messe rot, an Hochfesten violett und bei allen Kasualfeiern schwarz)

Freikirchen

Die meisten Freikirchen lehnen liturgische Gewänder ab, legen jedoch Wert auf bürgerlich-festliche Sonntagskleidung.

Siehe auch: