Dialyse

Blutreinigungsverfahren
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Ein Hämodialysegerät

Allgemeines

Die Dialyse (aus dem Griechischen dialysis = Auflösung) ist ein Blutreinigungsverfahren ("Künstliche Niere"). Sie wird angewandt, wenn es zu einem akuten oder chronischen Nierenversagen, bzw. Leberversagen kommt. Die weltweit erste "Blutwäsche" (wie sie damals hieß) beim Menschen wurde 1924 von Georg Haas durchgeführt. Den Durchbruch brachte jedoch erst Willem Kolffs Trommeldialysegerät auf der Basis von semipermeablen Schläuchen aus Zellophan 1945.

Aufgaben der gesunden Niere

Die Niere...

  1. reinigt das Blut von Abfallstoffen, die durch Stoffwechselvorgänge entstehen (z.B. Harnsäure, Harnstoff).
  2. reguliert den Säure-Basen-Haushalt des Körpers. Der pH-Wert des Blutes darf nur in sehr engen Grenzen schwanken, ansonsten wird es "sauer" oder "alkalisch", sowohl das eine als auch das andere führt letztlich zum Tod.
  3. reguliert den Gehalt an Körpersalzen (Natrium, Kalium, Calzium).
  4. reguliert den Blutdruck.
  5. ist durch die Bildung des Hormons Erythropoetin an der Blutneubildung beteiligt.
  6. erzeugt die so genannten renalen Hormone Cholecalciferol, Erythropoetin, Kinine und Prostaglandine.
  7. ist am Vitamin D-Stoffwechsel beteiligt.
  8. reguliert den Wasserhaushalt des Körpers.


Nierenversagen

Es gibt zwei zeitliche Verlaufsformen des Nierenversagens, das chronische und das akute Nierenversagen. In beiden Fällen funktionieren die Nieren qualitativ nicht mehr oder nur in sehr geringem Umfang (die Urinproduktion kann quantitativ unverändert erhalten bleiben oder sogar gesteigert sein). Der Unterschied in den Verlaufsformen liegt in der Zeitspanne und der Prognose. Das akute Nierenversagen tritt entweder im Rahmen einer akuten Verschlechterung einer langjährigen vorbestehenden Nierenerkrankung (Niereninsuffizienz) wie einer chronischen Glomerulonephritis, einer diabetischen oder hypertensiven Nierenschädigung oder durch einen akuten Vorfall (akute Glomerulonephritis, Autoimmunerkrankung, Unfall, Infektionen, OP, Sepsis, etc.) auf. Es ist in den meisten Fällen prinzipiell reversibel und muss sich nicht zwangsläufig in ein terminales Nierenversagen entwickeln. Das chronische Nierenversagen kann bei Fortschreiten in das Terminalstadium letztlich die endgültige Funktionsaufgabe der Nieren (wobei trotzdem gewisse Teilfunktionen weiter aktiv sein können) bedeuten. Die häufigsten Ursachen sind chronische, oft unentdeckte Entzündungen der Nierenkörperchen (chronische Glomerulonephritis) oder Schädigungen durch Diabetes oder/und Bluthochdruck. Sowohl das akute als auch das chronische Nierenversagen kann man nicht immer ursächlich behandeln, man kann dann nur Symptome behandeln und versuchen, Komplikationen zu verhindern. Ursächliche therapeutische Ansatzpunkte gibt es z.B. bei der Behandlung von Nierenversagen durch Autoimmunerkrankungen, hier wird immunsuppressiv behandelt. Auch die häufigen medikamentös bedingten akuten Nierenversagen sind durch Weglassen des auslösenden Medikamentes oft rasch rückläufig. In vielen Fällen des akuten und in allen Fällen des terminalen Nierenversagens kommt als einzige mögliche Therapieoption die Dialyse in Frage. Eine weitere Möglichkeit ist die Nierentransplantation.

Dialyseverfahren

Hämodialyse

Hier wird nach dem Prinzip des Konzentrationsausgleichs kleinmolekularer Substanzen zweier Flüssigkeiten verfahren, die durch eine semipermeable Membran getrennt sind (Osmose). Von der Filtermembran getrennt befindet sich auf der einen Seite das Blut mit Nephrotoxinen, Elektrolyten, wie Kalium, Phosphat und harnpflichtigen Substanzen. Auf der anderen Seite der Membran befindet sich eine keimfreie, umkehrosmotisch aufbereitete Lösung, die natürlich keine Abfallprodukte enthält und einen an den jeweiligen Bedürfnissen des Patienten orientierten Anteil an Elektrolyten aufweist. Die semipermeable Filtermembran zwischen Blut und der Dialyselösung besitzt Poren, die kleine Moleküle wie Wasser, Elektrolyte und harnpflichtige Substanzen (z.B. Harnstoff, Harnsäure) durchlassen, aber grosse Moleküle wie Eiweiße und Blutzellen zurückhalten. Grundvoraussetzung für die Durchführung einer Hämodialyse ist eine ausreichende Kreislaufstabilität und ein ausreichendes Blutangebot beim Patienten. Letzteres wird durch die operative Anlage einer arteriovenösen Fistel (früher Scribner-Shunt (= Kurzschluss), heute in der Regel Ciminofistel am Unterarm oder arteriovenöse Fistel am Oberarm mit oder ohne Verwendung von künstlichen Gefäßen (GoreTex), meist bei einer schlechten Eigengefäßsituation (Spätschäden Diabetes mellitus), oder durch das Einbringen eines Katheters in eine entsprechend grosse Körpervene (selten Leiste, meist Hals). Die Blutbestandteile, die durch die Poren passen, strömen in die Dialyselösung, die sich auf der anderen Filterseite befindet. Der Filter wird ständig von frischer Lösung durchströmt(mind.500ml/min). Das so gereinigte Blut wird wieder in den Körper hineingeleitet. Die Hämodialysebehandlung muss in der Regel mindestens ca. 4-5 Stunden (Nachtdialyse bis 8 Stunden) pro Sitzung und dreimal in der Woche durchgeführt werden (abhängig von Körpergewicht, Nierenrestfunktion, Herzleistung). Die Verlängerung der Dialysezeit bringt nachgewiesenermaßen prinzipiell eine bessere Lebensqualität und eine Lebensverlängerung mit sich.

Hämo(dia)filtration

Bei der Dialyse unterscheidet man das Verfahren, bei dem das Blut gegen eine Spülflüssigkeit gereinigt wird von der Hämofiltration, bei der Blutwasser über eine Membran abgepresst und anschließend Elektrolytlösung zurückgeführt wird. Die Hämofiltration ermöglicht schnelle Volumenveränderungen im Patientenkörper. Als Spontanfiltration (erstmals von Professor Dr.med. Peter Kramer in Göttingen eingesetzt) bezeichnet man ein Verfahren, bei dem durch Eigendruck des Patienten-Kreislaufes Plasma abgepreßt wird, um die Herzfunktion bei Herzversagen akut zu unterstützen.

Die Hämodiafiltration bezeichnet ein extrakorporales Verfahren zur Blutreinigung, bei dem die Hämodialyse und die Hämofiltration in Kombination angewendet werden. Dieses Verfahren kommt insbesondere bei chronischer Niereninsuffizienz zur Anwendung und ermöglicht sowohl die Entfernung von nieder- als auch von mittelmolekularen Substanzen bei kontrolliertem Ersatz des Ultrafiltrats durch physiologische Elektrolytlösung.

Peritonealdialyse

Die Bauchfelldialyse ist auch unter dem Begriff Peritonealdialyse (PD) bekannt. Es gibt unterschiedliche PD-Verfahren, z.B. CAPD (continuous ambulatory peritoneal dialysis, kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse), IPD (intermittierende PD), NIPD (nächtliche intermittierende PD) etc. Die Wahl des Verfahrens hängt unter anderem von den Transporteigenschaften des Peritoneums (s.u.) ab.

Das Bauchfell (Peritoneum) ist eine seröse Haut, die die Bauchhöhle auskleidet und große Teile des Darms umhüllt. Es ist ein gut durchblutetes Gewebe, das zum Beispiel auch eine wichtige Funktion in der Immunabwehr des Körpers spielt. Aufgrund des besonderen Aufbaus kann das Peritoneum ebenfalls als "Filtermembran" genutzt werden: Hierzu wird dem Patienten ein Schlauch (Katheter) in die Bauchhöhle implantiert. Über diesen Katheter wird eine Dialyselösung in den Bauchraum gefüllt und dort über mehrere Stunden (z.B. bei CAPD) oder für 20-30 Minuten (z.B. IPD) belassen. Die kleinmolekularen Substanzen können nun aus dem Blut über die Kapillargefäße des Bauchfells in die Dialyselösung übertreten, da ein Konzentrationsgefälle herrscht. Da die Dialyselösung üblicherweise einen höheren Gehalt an löslichen Substanzen aufweist, als das Blut, kann dem Körper auf diesem Wege auch Flüssigkeit (Wasser) entzogen werden. Die Dialyselösung muss nach einer bestimmten Zeit (in der Regel etwa vier bis sechs Stunden bei CAPD) abgelassen und durch eine frische ersetzt werden. Im Gegensatz zur künstlichen Membran bei der Blutdialyse ist das Peritoneum auch für Eiweiße recht durchlässig, wodurch es zu einem relevanten Eiweißverlust kommen kann. Aus diesem Grund muß sich ein PD-Patient in der Regel eiweißreicher ernähren als ein Hämodialysepatient.

Ein Vorteil dieses Verfahrens ist die Schonung des Kreislaufs, sodaß auch alte und herzkranke Patienten behandelt werden können. Ein weiterer möglicher Vorteil ist weitgehende Unabhängigkeit der Patienten von einem Dialysezentrum (auch die Hämodialyse kann man zu Hause selbst durchführen, der Aufwand ist aber deutlich höher, eine Hilfsperson (z.B. Ehepartner) ist erforderlich und das Dialysezentrum ist für die telemetrische Überwachung der Behandlung erforderlich).Bei Eignung kann man die Dialyse zu Hause durchführen, auch Urlaubsreisen sind natürlich möglich. Ein Nachteil ist die Gefahr, dass die Bauchhöhle bei einem möglichen Kontakt mit der Umgebung mit pathogenen Keimen infiziert wird, die Patienten müssen daher beim Wechseln der Lösungen sehr steril arbeiten. Limitiert ist das Verfahren durch das Körpergewicht und die Nierenrestfunktion - ist das Gewicht zu groß und die Nierenrestfunktion zu klein, eignet sich die PD weniger.

Weitere Nierenersatzverfahren

Es gibt folgende sogenannte CRRTs (Continuous renal replacement therapies):

  • Continuous Veno-Venous Hemofiltration (CVVH)
  • Slow Continuous Ultrafiltration (SCUF)
  • Continuous Veno-Venous Hemodialysis (CVVHD)
  • Continuous Veno Venous Hemodiafiltration (CVVHDF)

Alternative: Nierentransplantation

Dies alles ersetzt nicht die normale Nierenfunktion sondern es handelt sich auch hierbei um eine Nierenersatztherapie, so dass die Nierentransplantation, soweit individuell möglich und gewünscht, trotzdem nicht immer das erstrebenswerte Ziel ist, da die Wartezeiten auf ein Spenderorgan zumindest in Deutschland zwischen sechs und acht Jahren liegt. Eine Nierentransplantation trägt nicht nur zur Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und sozialen Integration der Betroffenen bei, sondern ist wirtschaftlich betrachtet auch die günstigste Lösung. Eine erfolgreiche Nierentransplantation kostet incl. der Nachsorge im 1. Jahr etwa soviel wie 2 Jahre Dialyse. Wobei dieser Gesichtspunkt für den Betroffenen mit Sicherheit der unwichtigste sein wird. Weiterhin sind die Erfolgsaussichten einer Nierentransplantation in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Funktionszeiten der transplantierten Nieren bewegen sich zunehmend im Bereich 10-20 Jahre, Tendenz steigend. Auch die Überlebenszeiten der transplantierten Patienten sind heute deutlich größer als die der Dialysepatienten.

Von den in Österreich 2003 6564 mit Nierenersatztherapie behandelten Patienten waren 49% nierentransplantiert, 4% wurden peritonealdialysiert und 47% waren unter Hämodialysebehandlung (Kramar R., Stummvoll H.K., ÖDTR, Jahresbericht 2003 der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie).