Klaus Dreyer

deutsch-israelischer Arbeitsmedzinier
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Klaus Dreyer (* 25. Juni 1909 in Köln; † März 1999 in Ramat Gan), der in Israel den Namen Jaakow Dror annahm, war ein in Deutschland ausgebildeter Mediziner, dem als Jude nach 1933 infolge der NS-Gesetzgebung die Approbation verweigert wurde. Er wanderte 1936 nach Palästina aus und arbeitete ab 1942 für die Haganah und die Palmach. Nach dem Ende des israelischen Unabhängigkeitskrieges und nach weiteren Studien wurde er später Professor für Arbeitsmedizin an der Universität Tel Aviv.

Herkunft

Klaus Dreyer war der Sohn des Dermatologen und Urologen Dr. Albert Dreyer (* 15. August 1868 in Verl – † 9. April 1934 in Köln)[1] und dessen Ehefrau Hanna (* 22. Juni 1877 in Köln – † 21. Mai 1967 in Ramat Gan)[2], der Tochter des Augenarztes und Sanitätsrats Dr. med. Julius Samelsohn, der zu den Gründern der Augenheilanstalt für Arme in Köln (der Vorgängerin der späteren Universitäts-Augenklinik) zählt.[3] Albert Dreyer war am 16. September 1906 in Stuttgart Mitglied der konstituierende Versammlung der Deutschen Gesellschaft für Urologie.[4]

Neben Klaus hatte das Ehepaar Albert und Hanna Dreyer noch einen weiteren Sohn: Fritz (* 8. Juni 1912 in Köln).[5] Beide Brüder waren Hockeyspieler beim Köln-Marienburger Sportclub. „Für 1935 wird Fritz Dreyer als Spieler des jüdischen Hockeyclubs Hakoah Köln genannt und darüber hinaus nach einem Turnier in Hamburg als Mitglied der deutschen jüdischen Nationalmannschaft.“[6] Fritz Dreyer habe vom 2. – 7. April 1935 an der 2. Makkabiade in Tel Aviv teilgenommen und später zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Bar Kochba Haifa, dessen Hockeyabteilung er geleitet habe, gehört.[6]

Ausbildung

Nach dem Abitur studierte Klaus Dreyer in Freiburg, München, Bonn und Köln Medizin. 1932 legte er an der Universität zu Köln das Examen ab und wurde mit einer Arbeit „Über den Einfluss dreijähriger sportlicher Tätigkeit auf den Organismus des Jugendlichen“ promoviert. Er konnte danach als Medizinalpraktikant in der Universitätsklinik arbeiten, doch nach der Machtergreifung wurde ihm 1934 die Approbation verweigert. Dreyer absolvierte daraufhin Praktika bei verschiedenen Ärzten sowie im Jüdischen Krankenhaus in Köln.[7]

Wann Dreyer damit begonnen hatte, sich auch bei dem jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“[8] zu engagieren, ist nicht bekannt. Er soll bei dieser Organisation als Madrich (Erzieher oder Gruppenleiter) tätig gewesen sein und dabei auch seine spätere Ehefrau, Hanna Goldschmidt (* 6. März 1921 in Frankfurt am Main – † 2009)[9], kennengelernt haben.[7] Für die Mitarbeit bei „Makkabi Hazair“ dürften aber auch die Ereignisse des Jahres 1933 nicht ohne Bedeutung gewesen sein, deren Auswirkungen auf ihn er selber so beschreibt: „Das Jahr 1933 wandelte mich auf Grund meiner Erfahrungen bei der Arbeit, im Sport und im täglichen Leben von einem ‚selbstbewußten deutschen Juden‘ zu einem gläubigen Anhänger der zionistischen Idee.“[10]

Lucie Schachne berichtet, dass Dreyer 1934 Sportlehrer in Memel gewesen sei.[11] Zu der Zeit muss er aber auch schon, wie er selber schreibt, in Kontakt zu Hans Beyth gestanden haben, dem er in Berlin begegnete. Beyth stellte den Kontakt zu Hugo Rosenthal her, was zu Dreyers Anstellung als Sportlehrer am Jüdischen Landschulheim Herrlingen führte.[10]

Jüdisches Landschulheim Herrlingen

Dreyer war 1934 vor allem als Sportlehrer angestellt worden, doch voll in die erzieherische Arbeit der Schule außerhalb seines Unterrichts eingebunden. „Das bedeutete, daß ich, zusätzlich zu meiner »Fach«-aufgabe als Sportlehrer, die Mitverantwortung für die erzieherische Führung des »Bubenhauses«, in dem ich auch wohnte, (während meiner Zeit in Herrlingen in »Ramban Haus« umgetauft) zu übernehmen hatte.“ Er konnte sich dabei auf seine Erfahrungen „im Turnen und Sport in Schulen und Sportvereinen als Schüler, Vorturner, freiwilliger Trainer und Leiter von Sommerlagern“ stützen.[10]

Aufgrund seiner fehlenden Approbation konnte Dreyer im Landschulheim, außer bei gelegentlichen Erste-Hilfe-Leistungen, nicht als Mediziner tätig werden. Somit war Herrlingen nicht für seine berufliche Weiterentwicklung von Bedeutung, sondern für seine religiös-weltanschauliche. Die Zeit dort war für ihn eine „wichtige erzieherische Station auf dem Wege nach Erez Israel“, verhalf ihm zu einem besseren „Verständnis des Jude-sein“ und führte zu einer Vertiefung seines Verhältnisses „zum Judentum, Volk und Religion und zum Zionismus“. Ein „Beiprodukt“ war zudem die Vertiefung seiner Kenntnisse der hebräischen Sprache.[10]

Im Frühjahr 1936 wurde Dreyer die Führung einer Gruppe der Jugendalijah des Makkabi Hazair übertragen und machte damit auch seine Alijah, die Ausreise nach Palästina, möglich. Im Rückblick auf seine Herrlinger Zeit bekannte er:

„Für mich besteht kein Zweifel, daß Hugo Rosenthals Einfluß, zusammen mit dem Leben in der Herrlinger Gemeinschaft, meine persönliche Entwicklung und meinen Weg in Israel maßgebend beeinflußt hat.[10]

Palästina und Israel

Die Anfänge in Palästina waren für Klaus Dreyer recht beschwerlich. Er lebte und arbeitete zunächst in dem südöstlich von Haifa gelegenen Kibbuz Ramat David (Lage) und später als Landwirt in Naharija. Von 1937 bis 1941 musste er zusätzlich als Tagelöhner arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu sichern.[7]

Ein örtlicher Kommandeur der Haganah bewog Dreyer dazu, Kurse in Erster Hilfe zu geben. Damit begann sein Wiedereinstieg in den medizinischen Beruf. Ab November 1941 arbeitete er als Arzt, zunächst für eine Baufirma, dann für die Haganah und schließlich für die im Mai 1941 gegründete Palmach. Zwei Jahre lang, von 1942 bis 1944, leitete Dreyer den medizinischen Dienst der Palmach und war vor allem für die Ausbildung von Sanitätern zuständig.[7][11]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und einer einjährigen Fortbildung am Krankenhaus in Afula arbeitete Klaus Dreyer für die Kupat Cholim, die von der Histadrut gegründete Krankenkasse.[12] Nach einigen Vertretungsjobs wurde er verantwortlich für die medizinische Versorgung im Bezirk Safed und die Betreuung des kasseneigenen Erholungsheims „Beit Bussel“.[13]

Der Ausbruch des Israelischen Unabhängigkeitskriegs führte dazu, dass Klaus Dreyer im Herbst 1947 erneut in den Dienst der Haganah trat. Dies war auch die Zeit, in der er den Namen Jaakow Dror annahm. Laut Lucie Schachne war er von 1948 bis 1949 als Oberarzt an verschiedenen Kriegsfronten eingesetzt.[11] Er soll aber auch an direkten militärischen Aktionen beteiligt gewesen sein, so der Eroberung und Zerstörung des arabischen Ortes Lubia (Lubya) zehn Kilometer westlich von Tiberias.[14]

Nach der Gründung des Staates Israel und einem Studium in den USA[11] wurde Dror 1952 von der Kupat Cholim die Leitung des Fachbereichs Arbeitsmedizin für ganz Israel übertragen. In dieser Funktion, und ab 1972 als Professor für Präventivmedizin/Arbeitsmedizin und Leiter des von ihm gegründeten Instituts für Arbeitsmedizin an der Universität Tel Aviv, hat Dror Israel auf vielen internationalen arbeitsmedizinischen Kongressen vertreten. Nach seiner Pensionierung blieb er als arbeitmedizinischer Experte dem israelischen Arbeitsministerium verbunden, bevor er sich 1989 endgültig aus dem Berufsleben zurückzog.[7]

Werke

  • Über den Einfluss dreijähriger sportlicher Tätigkeit auf den Organismus des Jugendlichen. (Auf Grund von Messungen und Nachmessungen an Rasenspiele und Leichtathletik betreibenden jugendlichen Mitgliedern eines Sportvereins.), Paffenholz, Köln, 1932, (Medizinische Dissertation vom 22. Dezember 1932).
  • Vom Medizinstudent über die Landwirtschaft zum Professor der Medizin, in: Shlomo Erel (Hg.): Jeckes erzählen. Aus dem Leben deutschsprachiger Einwanderer in Israel, LIT Verlag, Wien 2004, ISBN 3-8258-7589-X, S. 98-109.

Literatur

  • Lucie Schachne: Erziehung zum geistigen Widerstand: Das jüdische Landschulheim Herrlingen 1933–1939, dipa-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7638-0509-5.

Einzelnachweise

  1. Albert Dreyer auf geni.com
  2. Hannah Dreyer auf geni.com
  3. Jüdischer Friedhof Bocklemünd. Eine Reise in die Kölner Ewigkeit
  4. Thorsten Halling, Friedrich Moll, Dirk Schultheiss, Peter Rathert: Die Deutsche Gesellschaft für Urologie und der Neuaanfang in Düsseldorf nach 1948
  5. Fritz Dreyer auf geni.com. Die dort angegebenen Verwandtschaftsbeziehungen sind korrekt; aber das angegebne Sterbedatum 8. Februar 2002, der Sterbeort Florida und der Begräbnisort Greentown in Pennsylvania legen Zweifel nahe, dass sie auf Fritz Dreyer zutreffen. Es scheint eine unzulässsige Verknüpfung mit einer Person vorzuzliegen, deren Name Fred Richard Dreyer fälschlicherweise mit Fritz Dreyer verknüpft wurde.
  6. a b Jüdische Hockeysportlerinnen und -sportler im Deutschen Reich der 1930er Jahre – eine Erinnerung zum Anlass der Makkabiade 2015 in Berlin
  7. a b c d e Jüdische Ärzte aus Deutschland und ihr Anteil am Aufbau des israelischen Gesundheitswesens: Jaakow Dror
  8. Makkabi Hazair und das Landwerk Ahrensdorf
  9. Hanna Dreyer auf geni.com. Auf der schon zitierte Seite über die jüdischen Ärzte in Israel wird Hanna Drors Todesjahr mit 2009 angegeben, während es bei geni.com auf 2000 lautet.
  10. a b c d e Klaus Dror (Dreyer): Eineinhalb Jahre Turnlehrer im Landschulheim Herrlingen (1934-36) als Vorstufe zur Alijah, in: Lucie Schachne: Erziehung zum geistigen Widerstand: Das jüdische Landschulheim Herrlingen 1933–1939, dipa-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7638-0509-5, S. 102-103
  11. a b c d Lucie Schachne: Erziehung zum geistigen Widerstand: Das jüdische Landschulheim Herrlingen 1933–1939, dipa-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7638-0509-5, S. 259
  12. Jüdische Ärzte aus Deutschland und ihr Anteil am Aufbau des israelischen Gesundheitswesens: Das Gesundheitswesen in Erez Israel
  13. Historical Sites of Safed including the History of Beit Bussel
  14. The battle of al-Shajara and the occupation of Lubya, 9-10/6/1948