Metro Moskau

U-Bahn-System in Moskau
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Die Moskauer Metro (russisch: Московское метро oder Московский метрополитен; vollständig: Государственное унитарное предприятие «Московский метрополитен» bzw. von 1957 bis 1992 Московский метрополитен имени В. И. Ленина), 1935 eröffnet, gehört zu den tiefsten U-Bahnsystemen der Welt und ist mit ca. 2,6 Milliarden Fahrgästen jährlich auch eins der am stärksten in Anspruch genommenen U-Bahnsysteme der Welt. Außerdem ist die Metro berühmt dafür, unterirdische 'Kathedralen' zu besitzen.

Station Arbatskaja

Liniennetz

Linien

Das Moskauer Metrosystem ist 275,6 km lang und hat 171 Stationen. Die Nummerierung der Linien erfolgt in chronologischer Reihenfolge der Eröffnung des jeweiligen ersten Linienabschnittes, bzw. - wie bei den Linien 4 und 11 - der Ausgliederung als selbstständige Linie. Die Linie 9 Serpuchowsko-Timirjasewskaja ist mit einer Streckenlänge von 41,5 km die längste, die Linie 11 Kachowskaja dagegen mit 3,3 km die kürzeste aller Linien.

Die Fahrzeuge der Metro verkehren, abhängig vom Bahnhof, zwischen 5.30 Uhr und 6.00 Uhr morgens und 1.00 Uhr bis 2.00 Uhr in der Nacht. Die meisten Stationen werden um 1 Uhr für Eingang geschlossen. Die Fahrzeugintervalle betragen zwischen 80 und 95 Sekunden (je nach Linie) in den Stoßzeiten von 7.00 bis 10.00 morgens sowie von 17.00 bis 20.00 Uhr. Sonst fahren die Züge allgemein alle zwei bis vier Minuten, nach Mitternacht eventuell auch alle 5 Minuten.


Nummer Linienname Strecke Eröffnungsdatum Länge Fahrzeit
1 Sokolnitscheskaja Uliza Podbelskogo ↔ Jugo-Sapadnaja 1935 26,2 km 41
2 Samoskworezkaja Retschnoi Woksal ↔ Krasnogwardeiskaja 1938 36,9 km 50
3 Arbatsko-Pokrowskaja Park Pobedy ↔ Schtschelkowskaja 1938 21,9 km 30
4 Filjowskaja Aleksandrowskij Sad ↔ Krylatskoje

Aleksandrowskij Sad ↔ Delowoi Zentr

1935* 18,5 km 27
5 Kolzewaja (Ringlinie) Kurskaja - Park Kultury - Kurskaja 1950 19,4 km 29
6 Kaluschsko-Rischskaja Medwedkowo ↔ Bitzewskij Park 1958 37,8 km 58
7 Tagansko-Krasnopresnenskaja Planernaja ↔ Wychino 1966 35,9 km 48
8 Kalininskaja Tretjakowskaja ↔ Nowogireewo 1979 13,1 km 17
9 Serpuchowsko-Timirjasewskaja Altufjewo ↔ Bulwar Dmitrija Donskogo 1983 41,5 km 58
10 Ljublinskaja Tschkalowskaja ↔ Marjino 1995 17,5 km 25
11 Kachowskaja Kachowskaja ↔ Kaschirskaja 1969* 3,3 km 5
L1 Butowskaja Uliza Starokatschalowskaja ↔ Buninskaja Alleja 2003 5,5 km 9
  • Linie 4 war von 1935-1938 Teil (Abzweig) der Linie 1 und von 1938-1953 Teil der Linie 3. Danach stillgelegt, 1958 wieder eröffnet und mit der Inbetriebnahme des Abschnitts bis zur Station "Kutusowskaja" als selbständige Linie ("Filjowskaja") weitergeführt.
  • Linie 11 war von 1969-1995 Teil (1984-1995 Abzweig) der Linie 2.

Stationen

Das Moskauer Metrosystem rühmt sich damit, unterirdische "Paläste für das Volk" zu besitzen. Zahlreiche der 171 Stationen sind aufgrund ihrer Prägung durch den sozialistischen Klassizismus zu Zeiten Stalins sehr prunkvoll ausgestattet. Einige dieser Bahnhöfe sind durch Detailreichtum geprägt und daher besonders sehenswert.

Die Station Komsomolskaja, Umsteigebahnhof zwischen den Linien 1 und 5, wird oftmals als die schönste Station im gesamten Metronetz angesehen. 1952 eröffnet, befindet sich dieser Haltepunkt unterhalb des Komsomolskaja Ploschtschad, direkt am Leningrader, Jaroslawler und Kasaner Bahnhof. Die 72 achteckigen Pfeiler im Bahnsteigbereich, die allesamt mit hellem Marmor verkleidet sind, haben neben der stützenden Funktion den Charakter eines Dekorationsmittels. Auf den Kapitellen liegen Rundbögen auf, die dem Metronutzer den Eindruck erwecken, beim Gang zu den Gleisen durch ein Rundtor zu gehen. Der Deckenbereich ist mit mehreren großen Kronleuchtern dekoriert. Zwischen diesen geben acht Monumentalmosaiken, jeweils aus 300.000 einzelnen Stücken bestehend und durch Stuck umrahmt, Szenerien der russischen Geschichte wieder. Damit wird ein nahezu barockes Erscheinungsbild erzeugt. Die Metrostation umfasst auch mehrere oberirdische Passagen.

Der U-Bahnhof Kiewskaja, Umsteigestation zwischen den drei Linien 3, 4 und 5 unterhalb des namensgebenden Kiewer Bahnhof, stellt mittels Mosaiken die Freundschaft zwischen Russland und der Ukraine dar. Thematisiert werden dabei unter anderem der Anschluss der Ukraine zu Russland sowie die Befreiung Kiews im Zweiten Weltkrieg. Weiterhin sind neben den Kronleuchtern besonders die skulptierten Arkaden sehenswert.

Die nach Wladimir Majakowski benannte U-Bahn-Station Majakowskaja thematisiert in ihrer künstlerischen Umsetzung durch mehr als 30 Gewölbemosaike die Luftfahrt der Sowjetunion. Diese Mosaike sind mit fluoreszierenden Materialien versehen und werden indirekt beleuchtet. Dies soll eine beeindruckende Raumwirkung erzeugen. Dieser U-Bahnhof erhielt daher in New York den Grand Prix für Architektur. Weiterhin besitzt dieser Bahnhof einen Flüsterbogen, durch dessen optimale Akustik leise gesprochene Worte auch an der anderen Seite der Station deutlich zu hören sind.

Der durchschnittliche Stationsabstand beträgt 1800 m. Der kürzeste ist zwischen Aleksandrowskij Sad und Arbatskaja (585 m), der längste zwischen Wolgogradskij Prospekt und Tekstilschtschiki (3,5 km).

Da viele Stationen sehr tief liegen - teilweise 80 m tief (Park Pobedy) - wurden lange Rolltreppen installiert. Es dauert bis zu drei Minuten, bis man an der Oberfläche bzw. auf Bahnsteigniveau ankommt. Seit dem Bau der Metro 1935 war vorgesehen, das Metrosystem auch als Bunker zu nutzen, was die große Bautiefe erklärt. Im Kalten Krieg wurde die Metro in Moskau mit stählernen Toren ausgestattet, um als sicherer Bunker im Falle eines Atomschlags dienen zu können. Umstritten ist, für wen diese Bunker gedacht waren: die Zivilbevölkerung oder die jeweilige Führungsriege der Sowjetunion.

Die Bahnsteige sind durch Zugangssperren, die durch Einführen einer abzustempelnder Magnetstreifenkarte oder einer sogenannten Smart-Card als Fahrausweis geöffnet werden, von den Zugängen an der Oberfläche abgetrennt. Sämtliche Bahnhöfe umfassen neben den Bahnsteigen auch Zentren für ärztliche Erste-Hilfe-Versorgung sowie eine Polizeistation.

Geschichte

Erste Entwürfe und Planungen für eine Metro

Die ersten Gedanken einer unterirdischen geführten Bahn kamen ab 1890 auf, seitdem die Züge der London Underground elektrisch betrieben wurden. Moskau zählte damals eine Million Einwohner, und der öffentliche Verkehr mit Pferdedroschken war bereits überlastet.

Die Idee eines Massenverkehrsmittels, das durch die Stadt führen sollte, kam zum ersten Mal 1901 auf. Ein Jahr später legten die beiden Ingenieure Balinski und Antonowitsch ihre Konzeption einer elektrischen "Stadteisenbahn" vor. Die erste Linie des Entwurfs beinhaltete eine Nord-Süd-Linie, ausgehend vom Weißrussischen Bahnhof zur Stadtduma. Die Strecke sollte lediglich an einigen Stellen in der Stadtmitte in den Untergrund verlegt werden, wie beispielsweise unter den Roten Platz und anderen großen Plätzen. Die Gleisanlagen umfassten 54 Kilometer, der Kostenvorschlag für das Projekt belief sich auf 155 Mio. Rubel. Doch das Angebot dieser städtischen Bahnverbindung wurde im September 1902 seitens der Dumamitglieder aus verschiedensten Gründen abgelehnt. Einerseits waren die Kosten zu hoch, doch auch würden die Interessen der Bürger nicht berücksichtigt, da diese Trasse den Abriss privater Häuser unvermeidlich machen würde. Die russisch-orthodoxe Kirche hatte auch erheblichen Einfluss auf die Entscheidung der Stadtduma, da diese auf die Aushöhlung heiliger Erde unter den Kirchen und Kathedralen aus religiösen Gründen nicht eingehen wollte. Noch im gleichen Jahr erhielt die Stadtduma von dem US-amerikanischen Bankhaus Werner & Co ein weiteres Angebot einer Metro. Nach zehn Jahren wurden die Konzepte überarbeitet und im Grundsatz von der Stadtregierung angenommen. Inzwischen wuchs die Einwohnerzahl Moskaus auf zwei Millionen Menschen an.

Die neue U-Bahn nimmt konkrete Formen an

Datei:Kaganovich lazar.jpg
Lasar Kaganowitsch, der Bauleiter der Metro

Mit der Verlegung der russischen Hauptstadt von Sankt Petersburg nach Moskau im Jahre 1918 wurde das Ansinnen, ein unterirdisches Bahnnetz zu erstellen, wieder wichtiger. Doch die Konkretisierung des Projekts lief weiterhin nur schleppend, es wurde im Auftrag der neuen Stadtverwaltung lediglich eine Abteilung der Moskauer Städtischen Eisenbahn gegründet, die sich mit der Planung und Umsetzung einer Metro auseinandersetzte. Indessen verdoppelte sich die Bevölkerung der Stadt bis 1930 erneut, die Stadt umfasste rund vier Millionen Einwohner.

Erst am 15. Juni 1931 erging durch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion der Baubeschluss und die damit verbundene Organisation wurde durch die Metrostroi übernommen. Die Bauleitung stand unter Lasar Kaganowitsch, damaliger Transportminister der UdSSR und enger Vertrauter Stalins. Damit wurde zum ersten Mal am Bau einer Tunnelstrecke begonnen, diese Versuchsstrecke befand sich am Sokolniki-Park.

Menschenmassen für den Metrobau

Im darauffolgenden Jahr begann bereits die Konstruktion der ersten regulären Strecke. Doch begründet durch knappe Terminvorgaben für die Fertigstellung der Trasse und ungelernter Arbeiter wurde der Arbeitsumfang sehr groß. Freiwillige sollten am Bau der 11,2 Kilometer langen Strecke helfen, dabei wurden durch Massenpropaganda und Heroisierung der Metroarbeiter und hohem Einsatz von finanziellen Mitteln neue freiwillige Arbeiter gewonnen. Es soll das Lieblingsprojekt Stalins gewesen sein, dessen Ziel es war, die beste und schönste zu erbauen. Als Aufbruchsignal in eine neue Zukunft wurde das unterirdische Verkehrsmittel zu dem sozialistischen Prestigeobjekt der Sowjetunion überhaupt. Der Anspruch an die Metro im Sinne des Sozialismus manifestierte sich in der Aussage Kaganowitschs: „Mehr noch als alle Theater und Paläste wird die Metro unseren Geist anregen und erhellen.“

Doch waren die Arbeitsbedingungen beim Metrobau nicht besser als an vergleichbaren Baustellen, dabei arbeiteten die Menschenmassen oftmals mehr für den Ruhm und die Ehre des Sozialismus als für den kleinen Lohn, der gerade zum Überleben ausreichte. Neben der schlechten Verpflegung wurde kaum moderne Technik, lediglich Spitzhacken, Spaten und Schubkarren eingesetzt. Diese Bedingungen führten zu einem Streik im Frühjahr 1933. Als Antwort darauf wurde der Lohn erhöht, auch wurde der Bau der Metrostrecke zum "Komsomolobjekt" erklärt und die Bauern durch oftmals junge und ideologisch überzeugte Komsomolzen ersetzt. Dabei hatte die sozialistische Jugendorganisation der KPdSU den Auftrag, zahlreiche Fachleute aus der ganzen Sowjetunion nach Moskau anzuwerben, darunter beispielsweise Betonierer, die bereits an der Errichtung der Dnepr-Staudämme beteiligt waren oder erfahrene Bergarbeiter aus Kohlegruben in der Donregion. Jahresende 1933 wurden 36.000 Arbeiter beschäftigt, Mitte 1935 waren es bereits 75.000 Menschen. Darunter waren auch viele deutsche, kommunistisch eingestellte Ingenieure und Arbeiter, die am Anfang der 30er Jahre wegen Hitler in die Sowjetunion flüchteten und auf Grund ihrer Disziplin und Ordnung den anderen Menschen, die am Bau der prachtvoll ausgestalteten Stationen beteiligt waren, als Vorbilder dienten. Für diese deutschen Konstrukteure gab es extra eingerichtete Wohnbaracken in Kunzewo, einem Moskauer Vorort, sowie ein gutes Monatsgehalt von 300 Rubeln.

Als sich jedoch schnell herausstellte, dass die Terminvorgaben dieses Projekts nicht mehr zu einzuhalten waren, wenn weiterhin die Arbeit ohne besondere technische Ausrüstung fortgesetzt würde, beschloss man, eine Tunnelvortriebsmaschine aus England anzukaufen. Diese beschleunigte den Bau der Strecke und es wurden weitere Vortriebsmaschinen anhand von britischen Konstruktionsvorlagen in der Sowjetunion nachgebaut. Damit war die sehr kurze Baufrist von drei Jahren noch zu schaffen. Der erste Zug konnte in der Nacht zum 6. Februar 1935 von Sokolniki bis Smolenskaja durchgängig die Strecke befahren.

Für den Bau der ersten Metrostrecke wurden rund 500 Industriebetriebe beschäftigt, dabei wurde auf hochwertige Materialien besonderen Wert gelegt: verschiedene Marmor- und Granitsorten für die Gestaltung der Bahnhöfe, Fahrzeugmotoren, Belüftungsanlagen und Pumpen sowie Kabel und Gleise besonderer Ausführung. Der Arbeitsumfang umfasste die Aushebung von 2,3 Millionen Kubikmeter Erde und Gesteinsmaterial sowie die Vergießung von 842.500 Kubikmetern Beton. Zu dieser Zeit wurden 21 Prozent des laufenden Stadthaushaltes aufgebracht, um die U-Bahnstrecke zu finanzieren.

Die ersten Strecken

Datei:Mosmetr1935.jpg
Plan der Moskauer Metro auf einem Plakat von 1935

Schon Tage vor der offiziellen Einweihung war die Stimmung unter der Moskauer Bevölkerung über das gerühmte "Werk der Freiwilligen" sehr groß. Beispielsweise meinte die Moskauer Zeitung Prawda: „In den nächsten Tagen werden die Verkehr geplagten Moskauer die Metro betreten. Sie werden die Vorhallen erblicken, die glänzenden Foyers mit den gläsernen Kassen, die breiten, großartigen mit formstrengen Lustern erleuchteten Korridore und die so unerwartet riesigen, leuchtenden Säle der unterirdischen Bahnsteige und Bahnhöfe. Bahnhöfe, verkleidet in Marmor, Granit, Kupfer, bunten Fliesen, mit zartgrauen rosafarbenen, rotgeäderten Säulen, mit polierten Wänden, ...“.

Am 15. Mai 1935 wurde die erste sowjetische U-Bahn-Linie zwischen den Stationen Sokolniki (Сокольники) und Park Kultury (Парк Культуры) eröffnet, sie hatte 13 Stationen. Dazu gab es noch einen Abzweig in Richtung Smolenskaja (Смоленская), welcher heute Teil der eigenständigen Linie 4, Filjowskaja (Филёвская), ist. Zwölf Zugpaare mit jeweils vier Waggons befördern damit auf neuem Wege die Bevölkerung der Stadt. Bei der Indienststellung der Stationen samt ihrer Rolltreppen kamen zahlreiche Bürger, viele von ihnen nur zum Besichtigen der neuen Bahnhöfe, die einen starken Kontrast zum eher dunkel anmutenden Stadtbild, noch geprägt von Holzhäusern, bildeten.

Doch dem Bau weiterer Strecken wurde damit kein Endpunkt gesetzt, die Arbeiten der nächsten Abschnitte wurden kontinuierlich fortgeführt. Bereits zwei Jahre später, am 20. März 1937, erhielt das Netz mit der zweiten Eröffnung der Geschichte zwischen Smolenskaja (Смоленская) und Kiewskaja (Киевская) eine 1,4 Kilometer lange Strecke und einen neuen Bahnhof. Ein weiteres Jahr darauf, am 13. März 1938, wurde die Trasse zwischen Komintern (Коминтерн, heute: Aleksandrowskij Sad, Александровский Сад) und Kurskaja (Курская) eröffnet. Gleichzeitig wurde die Verbindung von Plotschtschad Rewoljuzii (Площадь Революции) nach Kurskaja (Курская) als Linie 3 bezeichnet, auch bekannt unter dem Namen Arbatsko-Pokrowskaja (Арбатско-Покровская). Mit der Eröffnung der Strecke zwischen Sokol (Сокол) und Teatralnaja (Театральная) wurde die Linie 2, Samoskworezkaja (Замоскворецкая) bezeichnet, gebildet, die über 8,5 Kilometer sechs Stationen verband. Dies sollte aufgrund der folgenden geschichtlichen Entwicklung die letzte Netzerweiterung für die kommenden Jahren sein.

Bahnhöfe werden zu Bunkern und Lazaretten

Aufgrund der Mobilisierung für den Zweiten Weltkrieg gegen das nationalsozialistische Deutschland, welches die Sowjetunion am 22. Juli 1941 angriff, mussten rund 30 Prozent der Arbeiter für die Metro für den Kriegsdienst abgezogen werden, dabei gingen viele von ihnen freiwillig in den Armeedienst. Alle Ausbaupläne zur Erweiterung des Netzes wurden auf unbestimmte Zeit zurückgelegt. Die Metro erlangte im Zweiten Weltkrieg eine äußerst wichtige Rolle für das Leben in Moskau, auch weil Stalin die Hauptstadt während der Zeit des Bombenkriegs nicht verlassen wollte.

So wurden ab 1941 wurden in einigen Bahnhöfen im Metronetz Soldaten und Regierungsstellen untergebracht. Damit wurden zum Kriegsbeginn diese Stationen zu strategischen Stützpunkten umfunktioniert. Beispielsweise wurde der neue Sitz von einigen Abteilungen des Generalstabes der Roten Armee in der Station Kirowskaja (heute: Tschistyje Prudy) eingerichtet. Die Bahnsteige wurden durch kurzfristig gemauerte Wände von den Gleisen abgetrennt und die Züge fuhren damit diese Station nicht mehr an.

Mit dem 22. Juli 1941 begann mit den Bombardements durch die deutsche Luftwaffe auf Moskau die zweite Phase der Umnutzung der U-Bahn-Stationen. Die Bahnhöfe galten als sicherster Ort bei Luftangriffen. Daher wurden die Stationen zu Luftschutzbunkern umgenutzt und ältere Menschen, Frauen sowie Kinder fanden hier Unterkunft. Zahlreiche Betten wurden aufgestellt und Trinkwasser verteilt, stehende Metrowaggons verwendete man für die medizinische Versorgung. Mit der Zunahme der Luftangriffe auf die Stadt wurde der U-Bahn-Verkehr ab 18 Uhr auch ohne Bombenwarnungen eingestellt. Der Zulauf auf die Haltepunkte wurde größer, oftmals standen Menschenmassen vor den Eingängen. Neben der Grundversorgung mit Lebensmitteln wie Brot und Milch und ärztlicher Hilfe richtete man einige Bibliotheken ein, auch fanden Filmvorführungen statt. Bis zu 500.000 Moskauer flüchteten täglich in die Metro, für insgesamt rund 15 Millionen Menschen war sie in den Abendstunden der überlebenswichtige Bunker. Während dieser Zeit kamen rund 150 Kinder in einem der Bahnhöfe zur Welt.

Doch auch im 2. Weltkrieg, als die Gefahr einer Einnahme der Stadt nicht mehr gegeben war, liefen die Ausbauarbeiten fort, unter dem Spruch "Das ganze Land baut die Metro" sollten Hoffnungen auf eine bessere Zukunft gemacht werden. 1943 erhielt die Linie 2 drei Stationen auf 6,2 Kilometern neuer Strecke, die Linie 3 wurde im darauffolgenden Jahr um 7,1 Kilometer mit vier Bahnhöfen verlängert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Krieg wurden zahlreiche Bauvorhaben geplant. Dazu gehörten unter anderem der Bau der Ringlinie Kolzewaja (Кольцевая) sowie die Verlängerung der Linie 1.

 
Station Kiewskaja, Umstiegsstation der Ringlinie, als Beispiel für pompöses Bauen

Die Ringlinie Kolzewaja wurde zuerst als Linie geplant, die unter dem Ringboulevard Sadowoje Kolzo, der auf der Grenze Moskaus aus dem 16. Jahrhundert erbaut war, verlaufen sollte. Das erste Teilstück wurde 1950 zwischen Park Kultury (Парк Культуры) und Kurskaja (Курская) eröffnet. Danach wurden jedoch die Pläne geändert, sodass die Linie einen bis 1,5 Kilometer den Sadowoje Kolzo umfuhr. So wurde erreicht, dass mehrere Fernbahnhöfe Moskaus, deren Strecken in diesen Kopfbahnhöfen enden, mit dem Metronetz verknüpft wurden. Dieser zweite Teil wurde am 30. Januar 1952 zwischen Kurskaja (Курская) und Belorusskaja (Белорусская) eröffnet. 1954 wurden die beiden Enden der Linie verbunden.

Es existiert eine moderne Sage, woher die Idee einer solchen Ringlinie stammen soll. Eine Gruppe von Ingenieuren soll zu Josef Stalin gekommen sein, um ihn mit den Metroplänen über die Fortschritte zu informieren und zu erklären, was derzeit getan wurde. Beim Betrachten der Zeichnungen goss sich dabei Stalin etwas Kaffee ein und verschüttete ihn ein wenig über den Tassenrand. Als er gefragt wurde, ob er das Projekt bis jetzt mochte oder nicht, setzte er seine Tasse auf die Mitte dieser Pläne und verschwand wortlos. Die Unterseite der Tasse hinterließ einen braunen Kreis auf den Zeichnungen. Die Planer betrachteten diesen Kreis und stellten fest, dass es genau dies war, was sie bisher vermissten. Dies deuteten sie als ein Zeichen des Genies Stalin und erteilten daraufhin Aufträge für den Bau der Kolzewaja, die auf den Plänen immer mit brauner Farbe gekennzeichnet wurde. Selbstverständlich kann diese Legende im Bezug auf Stalins Personenkult zugeschrieben werden.

Mit dem Tod Stalins 1953 wich in den darauffolgenden Jahren die bisherige pompöse, auf Extravaganz abzielende Architektur der Metrostationen der neuen Funktionalität, die zum Ziel hatte, die Nützlichkeit und die Sicherheit zu erhöhen. Dabei wurden einige Stationen, verglichen mit deren Originalplänen, in der architektonischen Ausgestaltung erheblich vereinfacht, was auf Anordnung von Nikita Chruschtschow geschah. Auch wurde ein typisches Dekorationsschema entwickelt, welches für alle neu zu bauenden Stationen diente. Daher wurden die Bahnhöfe nahezu identisch konstruiert, lediglich durch den verwendeten Marmor und der Farben der Keramikfliesen unterschieden sich diese. Erst Mitte der 70er erfuhr die die alte, prunkvolle Dekoration neuen Zuspruch und wurde wieder zum Vorbild genommen.

1958 wurden zwei neue, eigenständige Linien eröffnet. Dies war zum einen die Filjowskaja, vovon erste Linienabschnitte bereits seit 1935 existierten, und zum anderen die Kaluschsko-Rischskaja als sechste Linie insgesamt. Bis zum Zerfall der Sowjetunion 1991 wurde weiterhin kontinuierlich am Metrobau festgehalten und drei weitere eigenständige Linien eröffnet. Zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Zerfall der Sowjetunion 1991 wurden durchschnittlich 3,5 Kilometer Strecke dem Verkehr übergeben.

Nach 1991 investierte die Stadt Moskau aufgrund des steigenden Automobilverkehrs stärker in die Straßeninfrastruktur, wodurch der Ausbau der Metro gebremst wurde. Viele der bereits damals überfälligen Ausbauprojekte konnten aus ständigem Geldmangel nicht realisiert werden.

Light-Metro

Da das bisherige Metronetz zahlreiche Wohngebiete noch immer nicht erschloss und damit für hunderttausende Bürger Moskaus nicht erreichbar war, suchte man nach Lösungen für einen kostengünstigeren und doch schnellen Ausbau des Netzes.

Bei der 2003 eröffneten Linie L1 Butowskaja handelt es sich um das sogenannte "leichte Metro" oder "light metro" (russisch лёгкое метро). Dieses stellt einen vollwertigen Bestandteil des Metronetzes dar und unterscheidet sich vom konventionellen Metronetz im wesentlichen nur dadurch, dass es auf ein niedrigeres Fahrgastaufkommen hin angelegt ist. Entsprechend werden solche Linien mit kürzeren Zügen als sonst befahren, die Bahnsteige sind kürzer und schmaler, die Stationen und die Strecken sind größtenteils oberirdisch. Speziell die Linie L1 wurde gebaut, um die in den 80er Jahren nach Moskau eingemeindete Satellitenstadt Butowo an das Moskauer Metronetz anzubinden. In den nächsten Jahren soll auch der Bau einer weiteren Light-Linie abgeschlossen werden, die die im Südwesten Moskaus liegende Siedlung Solnzewo mit der Linie 1 verbinden soll. Weitere Linien sind ebenfalls in Planung.

Vom Bau der Light-Linien erhofft man sich, die längst überfällige Anbindung einiger bevölkerungsreichen Vorstädte an das Metronetz mit geringeren Kosten zu realisieren, als dies durch den Bau bzw. Verlängerung der bestehenden konventionellen Metrolinien dorthin der Fall wäre.

Zukünftige Entwicklung

In den 90er Jahren wurden aufgrund ständigen Geldmangels viele der bereits damals überfälligen Ausbauprojekte nicht realisiert. Heute wird daran gearbeitet, diese Bauvorhaben nachzuholen. Demnach sind für die nächsten drei Jahre vor allem die folgenden Neuerungen geplant:

  • Verlängerung des Linie 4-Abzweigs von "Delowoi Zentr" bis zur Station "Meschdunarodnaja" (September 2006)
  • Verlängerung der Linie 10 ins Stadtzentrum bis zur Station "Trubnaja" (2007)
  • Verlängerung der Linie 3 von "Park Pobedy" bis "Kunzewskaja", Einschluss des heutigen Abschnitts der Linie 4 von "Kunzewskaja" bis "Krylatskoje" in die Linie 3 und zusätzlich deren Verlängerung von "Krylatskoje" bis "Strogino" (2007)
  • Anschluss der L1-Linie an die Linie 6 (Bau des Abschnitts von "Uliza Starokatschalowskaja" bis "Bitzewskij Park") (2008 oder 2009)
  • Verlängerung der Linie 10 bis "Marjina Roschtscha" (2008 oder 2009)

Sonstiges

 
Eine der langen Rolltreppen

Das Metrosystem wird, wie in Russland üblich, in Breitspur (1524 mm) gefahren.

Heute wird die Metro täglich von 9 Millionen Fahrgästen benutzt und ist damit ein nicht mehr wegzudenkendes Verkehrsmittel in der russischen Hauptstadt. Selten muss man länger als zwei, drei Minuten auf die nächste Bahn warten, zu den Hauptstoßzeiten verkehren die Züge sogar alle 90 Sekunden. Zu Sowjetzeiten zahlte man für die Fahrt mit einem Fünf-Kopeken-Stück, das man in einen der Sperrenautomaten einwarf. Mit der Inflation des Rubels ist man 1992 zunächt zu Jetons übergegangen, 1999 wurde auf Magnetkarten umgestellt. Im Januar 2006 kostete eine Fahrt 15 Rubel, eine 10er-Karte 125 Rubel, eine Monatskarte für unbegrenzte Anzahl der Fahrten 680 Rubel (ca. 20,00 € / 1 € ≈ 34 RUR).

Seit dem Bau der Metro hält sich auch hartnäckig das Gerücht über die „Metro Zwei“, ein geheimes Zusatzsystem, welches den Kreml mit strategisch wichtigen Punkten verbinden soll. Fakt ist, dass unter dem eigentlichen Metronetz von Moskau ein zweites U-Bahnsystem existiert, welches groß genug ist, um die Führungsriege und ganze Armeen zu transportieren. Gebaut wurde dieses "Metro Zwei" genannte System überwiegend von Zwangsarbeitern und Häftlingen.


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