Vittorio Magnago Lampugnani

italienischer Architekt und Professor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Oktober 2017 um 16:44 Uhr durch Letdemsay (Diskussion | Beiträge) (Verlag). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vittorio Magnago Lampugnani (* 5. März 1951 in Rom) ist ein italienischer Architekt, Architekturtheoretiker, Architekturhistoriker und Professor emeritus für Geschichte des Städtebaus an der ETH Zürich.

Akademischer Bildungsweg

Lampugnani besuchte von 1957 bis 1960 die Schweizer Schule Rom, danach, von 1960 bis 1970, die Deutsche Schule Rom. Von 1970 bis 1973 studierte er an der Universität La Sapienza in Rom und der Universität Stuttgart Architektur. 1973 erhielt er sein Diplom, 1977 promovierte er in Stuttgart. 1983 erwarb er den Dottore in Architettura an der Universität Rom.

Forschung und Wissenschaft

Zwischen 1974 und 1980 war Lampugnani wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Grundlagen der modernen Architektur und Entwerfen der Universität Stuttgart bei Jürgen Joedicke. 1981–82 folgte ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes im Berliner Künstleraustauschprogramm, 1981–83 eine Research Fellowship des American Council of Learned Societies an der Columbia University in New York. 1983 war Lampugnani Professor an der internationalen Sommerakademie für Bildende Künste in Salzburg, 1984–85 Professor an der Graduate School of Design der Harvard University in Cambridge, Massachusetts. 1986 folgte ein einjähriges Fellowship am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Von 1990 bis 1994 war er Universitätsprofessor an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste (Städelschule) in Frankfurt am Main. Von 1994 bis 2016 war er ordentlicher Professor für Geschichte des Städtebaus an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, 1998–2001 zudem Vorsteher des Departements für Architektur, 2001-03 stellvertretender Vorsteher, seit 2003 auch Mitglied des Instituts für Städtebau, 2005–07 Vorsteher des Netzwerks Stadt und Landschaft. 2002–07 war er Direktor des Graduiertenkollegs „Stadtformen: Bedingungen und Folgen“, 2007–2010 Leiter der Arbeitsgruppe „Raumwissenschaften im ETH-Bereich“. Seit 2008 ist er stellvertretender Vorsteher, seit 2010 Vorsteher des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta). Daneben hielt er zahlreiche Vorträge und hatte Gastprofessuren inne, unter anderem an der Harvard University, an der Escuela Técnica Superior de Arquitectura der Universidad de Navarra in Pamplona und an der Architekturfakultät des Politecnico di Milano.

Lampugnani war einer der Protagonisten des Berliner Architekturstreites, der sich an den Leitbildern der Neubebauung der Berliner Innenstadt nach der Wiedervereinigung entzündete. Er propagiert eine formal disziplinierte, ortstypisch-kontextuelle und ästhetisch nachhaltige Architektur ohne modernistische oder postmodernistische Extravaganzen. Als Autor und Herausgeber mehrerer vielbeachteter Werke zur Architekturgeschichte und -theorie und Autor zahlreicher Aufsätze wird seine pointierte Auffassung weit rezipiert.

Werk als Architekt

1980 eröffnete Lampugnani ein Architekturbüro in Berlin, weitere Büros folgten in Mailand (Studio di Architettura) und Zürich (Baukontor Architekten).

  • 2015 Geschäftshaus am Schiffbauplatz, Zürich, mit Jens Bohm
  • 2014 Parkgarage in East Hanover, New Jersey
  • 2008 Untergrundbahnhof Mergellina, Neapel
  • 2007 Masterplan Richti-Quartier, Wallisellen, und Planung der Freiflächen sowie eines Wohnhofes, mit Jens Bohm
  • 2008 Bürogebäude in der Fabrikstrasse 12 auf dem Novartis Campus in Basel
  • 2004 Neugestaltung des Donau-Ufers, Regensburg (2004ff), mit Wolfgang Weinzierl u.a
  • 2002 Zentrum für Forschung und Entwicklung auf dem Novartis Campus in Basel
  • 2001 Städtebaulicher Masterplan für den Novartis Campus in Basel
  • 2001 Eingangsplatz für Audi in Ingolstadt (1999–2001), mit Wolfgang Weinzierl
  • 1999 Wohnhausgruppe in Maria Lankowitz (Steiermark), mit Marlene Dörrie und Michael Regner
  • 1996 Bürokomplex im Block 109, in Berlin mit Marlene Dörrie

Diese und weitere Architektur-Arbeiten wurden in den bedeutendsten internationalen Architekturzeitschriften veröffentlicht, darunter Casabella, Domus und Lotus international, Mailand, Arquitectura Viva, Madrid, und AMC (Architecture Mouvement Continuité), Paris. Lampugnani war Mitglied verschiedener Jurys für Architekturwettbewerbe und Architekturpreise, darunter des Praemium Imperiale, Tokio (Berater), des Mies van der Rohe Award for European Architecture, Barcelona (Vorsitz) und des Green Prize for Urban Planning der Harvard University.

Ausstellungen

1984 leitete Lampugnani die Ausstellung „Das Abenteuer der Ideen. Architektur und Philosophie seit der industriellen Revolution“ in der Neuen Nationalgalerie Berlin (1985 unter dem Titel „L'avventura delle idee nell'architettura 1750–1980“ im Palazzo della Triennale in Mailand). 1987 folgte die Ausstellung „Le città immaginate: un viaggio in Italia“, ebenfalls im Palazzo della Triennale (mit Vittorio Savi). 1990–95 war er Direktor des Deutschen Architektur-Museums in Frankfurt am Main, wo zahlreiche Ausstellungen, Symposien und Vortragsreihen unter seiner Leitung entstanden. Weiterhin kuratierte er die Ausstellung „Rinascimento. Da Brunelleschi a Michelangelo: La rappresentazione dell'architettura“, die 1994 im Palazzo Grassi in Venedig (mit Henry Millon), 1995–96 in der National Gallery of Art, Washington D.C., im Musée des Monuments historiques, Paris, und im Alten Museum, Berlin zu sehen war. Verschiedene seiner Architektur-Arbeiten wurden wiederholt in Einzel- und Kollektivausstellungen auf der Biennale in Venedig ausgestellt.

Beratung und Herausgeberschaften

Von 1980–84 war Lampugnani wissenschaftlicher Berater der Internationalen Bauausstellung Berlin (Die Neubaugebiete). 1981–85 folgte die Mitgliedschaft des Redaktionsausschusses von „Casabella“ in Mailand. Zwischen 1986–90 war er stellvertretender Herausgeber, ab 1990 bis 96 alleinverantwortlicher Herausgeber des „Domus“. 2000–2005 war er Mitglied des Redaktionsausschusses von „The Harvard Design Magazine“. Im Jahr 2010 war er Städtebau- und Architekturberater für den Wiederaufbau von L’Aquila.

Mitgliedschaften und Ehrungen

1987 erhielt Lampugnani den Preis des Comité International des Critiques d'Architecture. Seit 1991 ist er Mitglied des Bundes Deutscher Architekten, seit 1995 des Bundes Schweizer Architekten. 1992–96 war er Mitglied des Architekturbeirats der Deutschen Bank, Frankfurt am Main, 1999–2002 Mitglied der wissenschaftlichen Beiräte der Triennale di Milano und des Musée d'Architecture Français, Paris. Es folgte 2000–2004 die Mitgliedschaft des wissenschaftlichen Beirats des Collegium Helveticum, Zürich, sowie des Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierats, Bern. 2001–2014 war Lampugnani Mitglied des Steering Committees sämtlicher Campus-Anlagen von Novartis, 2012–2014 war er Mitglied des Gestaltungsbeirats des Flughafens München. Seit 2001 ist er Mitglied der Internationalen Bauakademie Berlin, und des Programmbeirats des Oskar von Miller Forum, München. 2006 erhielt er den Ehrenpreis der Vereinigung Freischaffender Architekten Deutschlands für sein Buch „Die Modernität des Dauerhaften“ Seit 2009 ist er ebenfalls Mitglied des Beirats für das Denklabor Villa Garbald im Bergel. 2006 erhielt er den Ehrenpreis der Vereinigung freischaffender Architekten Deutschlands e.V., München, 2009 und 2011 die Goldene Eule für besondere Verdienste in der Lehre, 2010 den Bruno Zevi Book Award des International Committee of Architectural Critics und die Heinrich-Tessenow-Medaille (2017).

Publikationen

  • Etwas im Gefühl der Liebe. Verlag der Arche, Zürich 1979.
  • Architektur und Städtebau des 20. Jahrhunderts. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 1980.
  • Architektur unseres Jahrhunderts in Zeichnungen: Utopie und Realität. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 1982.
  • als Hrsg.: Hatje-Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 1983.
  • Architektur als Kultur – die Ideen und die Formen: Aufsätze 1970–1985. DuMont Buchverlag, Köln 1986.
  • mit Romana Schneider (Hrsg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900–1950: Reform und Tradition. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 1992.
  • mit Romana Schneider (Hrsg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900–1950: Expressionismus und Neue Sachlichkeit. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 1992.
  • Die Modernität des Dauerhaften. Essays zu Stadt, Architektur und Design. Wagenbach Verlag, Berlin 1996.
  • als Hrsg.: Museen für ein neues Jahrtausend: Ideen, Projekte, Bauten. Prestel Verlag, München 1999.
  • als Hrsg.: Die Architektur, die Tradition und der Ort. Regionalismen in der europäischen Stadt. DVA, Stuttgart 2000.
  • als Hrsg.: Architekturtheorie 20. Jahrhundert. Positionen, Programme, Manifeste. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2004.
  • als Hrsg.: Stadtformen. Die Architektur der Stadt zwischen Imagination und Konstruktion. gta Verlag, Zürich 2005.
  • Stadtarchitekturen / Urban Architectures. Quart Verlag, Luzern 2006, ISBN 978-3-907631-71-3.
  • Die Stadt im 20. Jahrhundert. 2 Bände. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2010.
  • Stadtbau als Handwerk. Elf Gespräche und sieben Projekte 1999–2011. gta Verlag, Zürich 2011.
  • mit Katia Frey und Eliana Perotti (Hrsg.): Anthologie zum Städtebau. Band I-III. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2005, 2008 und 2014.
  • mit Konstanze Sylva Domhardt und Rainer Schützeichel (Hrsg.): Enzyklopädie zum gestalteten Raum. Im Spannungsfeld zwischen Stadt und Landschaft. gta Verlag, Zürich 2014. ISBN 978-3-85676-325-1.
  • mit Konstanze Sylva Domhardt (Hrsg.): Die Stadt der Moderne. Strategien zu Erhaltung und Planung. gta Verlag, Zürich 2016. ISBN 978-3-85676-355-8.
  • Voreingenommene Erzählungen. Architekturgeschichte als Ideengeschichte. gta Verlag, Zürich 2016. ISBN 978-3-85676-357-2.
  • Radikal normal. Positionen zur Architektur der Stadt. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2015. ISBN 978-3-7757-4007-4.
  • Die Stadt von der Neuzeit bis zum 19. Jahrhundert. Urbane Entwürfe in Europa und Nordamerika. Wagenbach, Berlin 2017, ISBN 978-3-8031-3667-1.