Missionsbefehl

Jesu Auftrag zur Mission in aller Welt
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Der Missionsbefehl (auch Taufbefehl und seltener Missionsgebot oder Missionsauftrag genannt) ist der Auftrag, den Jesus Christus dem biblischen Bericht zufolge nach seiner Auferstehung seinen Jüngern gegeben hat. Der Auftrag zur Missionierung befindet sich am Ende des Matthäus-Evangeliums (Mt 28,18-20 LUT). Er ist nach christlichem Selbstverständnis eine Begründung für die Mission und für die trinitarische Taufe.

Text des biblischen Missionsbefehls

Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. 17 Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel. 18 Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. 19 Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, 20 und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,16-20 EU)

Parallelstellen sind: (Mk 16,15-18 EU), (Lk 24,47-49 EU) (Joh 20,21 EU) und (Apg 1,4-8 EU). Im engeren Sinn wird nur der Matthäus-Text mit "Missionsbefehl" bezeichnet.

Auslegungen

Es gibt in der christlichen Tradition zwei unterschiedliche Auslegungen des Missionsbefehls:

Nach griechischer Grammatik besteht das Zu-Jüngern-machen daraus, zu taufen und zu lehren:

Zwei Schritte (Taufbefehl) : Geht hin und machet alle Völker zu Jüngern indem ihr sie

  1. Taufet
  2. Lehret

Nach semitischer (d. h. aramäischer, hebräischer) Grammatik kann das Zu-Jüngern-machen auch gleichrangig neben Taufe und Lehre stehen.

Drei Schritte (Missionsbefehl):

  1. Geht hin und machet alle Völker zu Jüngern
  2. Taufet sie
  3. Lehret sie

Je nach Missions- und Taufverständnis wird von einer Konfession die eine oder die andere Auslegung bevorzugt.

Sprachlich ist auf jeden Fall die zeitliche Zuordnung von Taufe und Lehre unklar, denn die Taufe wird nur einmal vollzogen, das Lehren fängt - in der ersten Generation von getauften Erwachsenen, um die es hier geht - vor der Taufe an und setzt sich danach fort.

Textgeschichtliche Betrachtungen

Der Text steht in der Tradition der jüdischen und alttestamentlichen Aussendungserzählungen mit erzählender Einleitung, Feststellung der Vollmacht, Auftrag und Zusicherung und die deutliche Verwandtschaft mit den Parallelstellen (Lk 24,47-49 EU) (Joh 20,21 EU) weist auf eine gemeinsame Tradition hin. Die Aussage "auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte" dürfte auch aus dieser Tradition stammen, da bei Matthäus vorher nichts von so einer Anweisung erwähnt ist. Ebenfalls der Zusatz "Einige aber hatten Zweifel", der zu den wesentlichen Auferstehungs-Überlieferungen zählt, hier aber etwas fehl am Platz wirkt. [1]

Die sprachliche Unklarheit lässt manche Autoren vermuten, dass die Taufe erst nachträglich in den umgebenden Text eingefügt worden ist (vor oder durch Matthäus). Anfang und Schluss des Textes, vielleicht ohne "bis an der Welt Ende", waren wahrscheinlich die Erstform der Erzählung, die Matthäus vorlag. Wann der Mittelteil mit dem eigentlichen Sendungsauftrag hinzukam, ist unklar. Es ist denkbar, dass zumindest Teile davon erst durch Matthäus gestaltet wurden. und dass der Mittelteil einem Rückblick auf beobachtete Missionstätigkeit entspringt. Barnabas und Paulus haben ja außerhalb Israels und Judas missioniert, bevor das Matthäus-Evangelium geschrieben wurde.

Zur Taufe auf den Namen des Vaters und des Sohns und des heiligen Geists sei erwähnt, dass es eine frühere Variante des Taufbefehls gibt, die in den Schriften des Eusebius überliefert ist. In der älteren, auf jeden Fall vormatthäischen Fassung soll (nur) auf den Namen Jesu getauft werden.[2] Einige nichttrinitarische Theologen halten den Text für eine Einschiebung aus dem 4. Jahrhundert, was allerdings von der wissenschaftlichen Textkritik durchwegs abgelehnt wird.

Rezeption

Im 2. und 3. Jahrhundert wird der Missionsbefehl von den Kirchenvätern (Cyprian, Origenes) mehrheitlich zitiert um die rechtmässige Taufe der katholisch-orthodoxen Kirchengemeinschaft im Vergleich zu Sekten zu betonen und um auf das Halten der Gebote hinzuweisen.

Ab dem vierten Jahrhundert wurde der Text der Taufformel oft zitiert als Beleg für die trinitarische Lehre.

In der Zeit der Lutherischen Orthodoxie gingen manche protestantischen Theologen davon aus, dass dieser Missionsbefehl sich seinerzeit an die Apostel wandte, die diesen Auftrag erfüllt hätten, und dass es demnach für die Kirche keinen Missionsauftrag mehr gäbe. [3]

Eine andere Sichtweise vertraten später die Pietisten in Halle, die Herrnhuter Brüdergemeine, die Methodisten sowie die amerikanischen Baptisten, die den Missionsbefehl als persönlichen Auftrag für die innere und äußere Mission ansahen.

Aus evangelikaler Sicht verpflichtet Jesu neutestamentlicher Missionsauftrag zur Verbreitung von Lehre und Taufe. Obwohl dieser Auftrag ursprünglich nur den elf Aposteln gegeben wurde, hat die evangelikale Theologie den Auftrag dahingehend interpretiert, dass Christen jederzeit und an jedem Ort missionieren sollten, da dies die Erfüllung des Vertrags zwischen Abraham und Gott sei (Gen 12,3 EU). Der Missionsbefehl wird häufig mit dem früheren Missionsauftrag aus Matthäus 10 (Mt 10,5-42 EU) in Bezug gesetzt, wo der Auftrag auf eine Missionierung von Gläubigen der jüdischen Religion eingeschränkt wird, über welche Jesus als verlorene Schafe im Hause Israels spricht.

Als Taufformel ist der Taufbefehl (Mt 28,19 EU) bei allen trinitarischen Kirchen in Verwendung, jedoch nicht bei Nichttrinitariern wie beispielsweise den Zeugen Jehovas.

Herkunft des Begriffs "Missionsbefehl"

Überschrift in der Lutherübersetzung der Bibel

Die Überschrift "Der Missionsbefehl" ist eine Eigenart der Bibelübersetzung von Martin Luther. Die weite Verbreitung dieser Übersetzung erklärt, warum der Begriff sich stärker als andere Begriffe eingebürgert hat. In anderen Übersetzungen heißt die Überschrift anders: z. B. "Der Auftrag des Auferstandenen" (Einheitsübersetzung, 1980). In altgriechischen Handschriften des Neuen Testaments fehlen alle Überschriften über einzelnen Textabschnitten und übrigens auch die Satzzeichen.[4]

Etymologie "Mission" und "Befehl"

"Mission" stammt vom lateinischen Substantiv "missio" (Gehenlassen, Schicken, Entsendung).

"Befehl" kommt vom mittelhochdeutschen Wort "bevelhen" (anvertrauen, übergeben, übertragen). Erst nach und nach erhielt das Wort die heutige Schreibweise und die Bedeutung "gebieten". Noch im 18. Jahrhundert gab es für "bevelhhaber" die zwei Bedeutungen "Kommandeur" und "Bevollmächtigter".[5]

Quellen

  1. Daniel Reid (Hrsg.): The IVP Dictionary of the New Testament, 2004, ISBN 0-8308-1787-5
  2. Ernst Lohmeyer, Werner Schmauch: Das Evangelium des Matthäus. 2. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1958 (ohne ISBN; Reihe: Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament, Sonderband)
  3. Rekha Kamath: Die Darstellung Indiens in den Briefen und Berichten Bartholomäus Ziegenbalgs
  4. Nestle-Aland: Novum Testamentum Graece. 27. Auflage, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1993, ISBN 3-438-05100-1
  5. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. Duden-Band 7, Bibliographisches Institut, Mannheim 1997, ISBN 3-411-20907-0