Sauerteig

Teig zur Herstellung von Backwaren
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Sauerteig ist ein Teig zur Herstellung von Backwaren aus Wasser und Mehl, der zeitweilig oder dauerhaft mittels Säurebakterien und Hefen in Gärung gehalten wird.

Roggenmischbrot

Sauerteig wurde in der Vergangenheit ausschließlich zur Lockerung (Trieb) von Backwerke verwendet. Heute (2006) wird er zunehmend verwendet, weil der Bedarf an natürlichen Lebensmitteln im Trend liegt und aromareiches Gebäck daraus entsteht.

Begriff

Seit Anfang des 19. Jahrhunderts hat sich seine Begrifflichkeit geändert. Bäcker verwenden den Begriff Sauer(teig) in Verbindung mit Roggenteigen, Weizenteige werden seit etwa 1910 zunehmend, seit den späten 50er Jahren nahezu ausschließlich mit Hefe verbacken.

Neuerdings werden aber auch wieder Sauerteige für Weizenmehl, Dinkel etc. verwendet, welche selbst gezogen werden oder aus Reinzuchtsauer stammen.

Weizensauer

Weizensauer ist ein Teig aus Wasser, Hefen (Saccharomyces cerevisiae, Saccharomyces minor) und oft einem geringen Anteil von Milchsäurebildnern (Lactobacillus plantarum).

Technisch sollen Hefen für den Trieb (Lockerung) gezogen werden. Grundsätzlich kann man jedes Getreide versäuern, was aber nur bei Brotgetreide, also Roggen- und Weizenmehl in Europa praktiziert wird.

Durch Trends ist dieser Weizensauer wieder verbreitet. Gebäcke aus Weizensauer haben ein besonders gutes Aroma. Grundsätzlich können diese Gebäcke mit einfacher Bäckerhefe gefertigt werden. Einige traditionelle Gebäckformen mit Weizensauerteig sind Ciabatta oder Panettone.

Roggensauer

Roggensauer ist ein Gemisch aus Roggenmehl, Wasser, Milchsäurebildnern (Lactobacillus plantarum) und Essigsäurebildnern (Lactobacillus brevis). Nicht alle Sauerteige (Vollsauer) enthalten auch ausreichend Hefen (Saccharomyces cerevisiae, Saccharomyces minor) für die Lockerung. Abhängig von den verschiedenen Mikroorganismen entstehen unterschiedliche Produkte aus der Verstoffwechslung.

Technisch ist Sauer erforderlich, um Roggenteige backfähig zu machen.

Sonstige Sauerteigformen

Mittels spezieller Sauerteige (in den jeweiligen Mehlarten) lassen sich nahezu alle stärkehaltigen Mehle aller Getreidearten (Weizen, Roggen, Gerste, Reis, Mais, Hirse, Sorghum, Teff, Hafer, Triticale, Wildreis, Kamut, Amarant, Quinoa) und Pseudogetreidearten, bzw. andere stärkehalteige Lebensmittel (Buchweizen, Kartoffel, Bohnen, Erbsen etc) zu brotartigen Backwaren verbacken. Sonderformen des Sauerteigs sind daher nicht wie Zuchthefe alleine bei Weizen und glutenhaltigen Getreidearten verwendbar. Anstelle der Bildung von Gluten tragen bei diesen Backwaren meist Schleimstoffe oder Samine zur Krumenbildung bei.

Diese Sauerteigformen sind in Mitteleuropa teils unbekannt, in Südamerika, Afrika und Asien aber teils recht gebräuchlich. Der Geschmack ist mit unserem Brotverständnis meist nicht identisch, gemäß Definition sind es aber zweifelsohne Sauerteig-Backwaren.

Sehr weit verbreitet ist das Gären- und Gehenlassen der Brotteige in Ecuador (Gerstenküchlein und Mais-Fladen) und Mittelafrika (Hirsefladen, Teff-Brot).

Weitere Teigführungensarten, die per Definition den Sauerteigen zugerechnet werden müssen: Backferment und Honig-Salz

Geschichte

Altertum

Zeitlich lässt sich der Beginn der gezielten Teigführung mit Sauerteig (und damit das bewusste Einsetzen und Herstellen von Sauerteig) schlecht einschätzen. Die ersten Funde kommen in Ägypten aus der Zeit der 4. Dynastie (ca. 2800 v. Chr.), können aber nicht sicher belegen, dass es sich tatsächlich um gesäuertes Brot handelt. Genauso gut kann es sich um zufällig gärenden Getreidebrei gehandelt haben, der nach der langen Zeit wie Brot zusammengetrocknet ist.

Neuerliche Untersuchungen (aus 2005 / 2006) haben ergeben, dass sich ihre Zähne der Ägypter in einem sehr schlechtem Zustand befanden. Von Karies bis zu tödlich endenden Kiefervereiterungen wurde alle typischen Zahnkrankheiten gefunden. Besonders auffällig war, dass die Zähne extrem abgenutzt waren. Als Ursache wurde ein hartes Getreide gefunden, welches sehr hart war. Es war praktisch nicht zu vermahlen. Daher wurde Sand zugegeben, der natürlich auch ins Brot gelangte und für den übernatürlich abrieb der Zähne sorgte. Erst als die Griechen das Zepter in der Region übernahmen und andere Getreidesorten mitbrachten, änderte sich das Bild schlagartig. Es wurden nur gesunde Zähne gefunden, wie sie bei typischen Brotessern üblich sind.

Erwähnt wurde Sauerteigbrot aber zum Auszug der Israeliten aus Ägypten in der Zeit 1400-1200 v. Chr. in der Bibel (2. Mose 12, 8: "...das Fleisch aber sollen sie in der selben Nacht noch essen; am Feuer gebraten sollen sie es essen, und ungesäuertes Brot mit herben und bitteren Kräutern dazu."). Das hier erwähnte "ungesäuerte" Brot ist das traditionelle Fladenbrot (Maze, dass heute noch im Judentum zu Pessach verzehrt wird), welches nicht aus Sauerteig hergestellt und gebacken wird. Die Tatsache, dass auf "ungesäuertes Brot" hingewiesen wurde, ist als Beweis zu werten, dass ansonsten gesäuertes und damit getriebenes Brot verwendet wurde.

Neuzeit

Weizensauer

Die Pflege eines Sauerteiges ist aufwendig, die Backergebnisse waren nicht optimal. Besonders die Anfälligkeit für Temperaturschwankungen machten die Pflege zu einem Glücksspiel. Es ging in der Entwicklung darum, den fehleranfälligen Weizensauer zu ersetzten. Die Nachteile sind offensichtlich: Sehr arbeitsaufwändig, fehleranfällig, schlechter Trieb und begrenzte Verfügbarkeit, denn der Bäcker musste am Vortag die Menge bestimmen, die am folgenden Tag gebacken wurde.

Schon die Ägypter kultivierten Hefe und ersetzten den Weizensauer durch die erste bekannte Bäckerhefe. Das Bäckerhandwerk war lange den Brauern und Schnapsbrennern verbunden, die lieferten ihnen die erste Hefe. Ein Abfallprodukt, welches aber nicht die guten Backergebnis lieferte, wie sie heute standard sind.

In Europa sind die ersten bekannten Züchtungen um 1700 bekannnt. 1737 gründete R. Moormann in Werne eine Firma, die Backhefe produzierte. In Deutschland wurden um 1900 Fabriken aufgebaut, die Bäckerhefe produzierten. Auftrieb brachte der Entwicklung der Bäckerhefe die Kühlmaschinen des Carl von Linde. Die Brauer stiegen nach 1877 von obergärigem zu untergärigem Bier um. Dies war nur durch Kühlung möglich, wobei aber keine brauchbare Hefe für die Bäckereien mehr anfiel. Zwangsweise wurde damit die Entwicklung von Hefe gefördert.

Die zunehmende Industrialisierung machte preiswertes Brot in größeren Mengen erforderlich. Von da an verdrängte die Bäckerhefe das alte Verfahren des Weizensauers vollkommen. Schon um 1910 war die Verwendung von Weizensauer die Ausnahme, wobei anzunehmen ist, dass er lange vorher keine nennenswerte Bedeutung hatte. Nur in Krisenzeiten (während und nach den Weltkriegen) wurde in der Mangelwirtschaft Weizensauer verwendet. In den Alpenregionen setzte sich die Hefe aber nur langsam durch. Dort war (ist?) Weizensauer noch lange gebräuchlich.

Roggensauer

Roggen wird und wurde in Gegenden mit rauen Klima angebaut, da er diese Umgebung gut verträgt. Hier wurde sehr lange Drei-Stufen-Sauer verwendet. Doch ist auch dieses Verfahren mühselig und fehleranfällig. Man bedenke, dass er teilweise nach wenigen Stunden aufgefrischt werden musste, um lebend erhalten zu werden.

Roggensauer wurde ebenfalls um 1900 erstmalig durch Zitronensäure ersetzt. Die Backergebnisse waren aber bescheiden. 1930 brachte die Firma Ireks (Kulmbach) den ersten Fertigsauer auf den Markt. Natürlich blieb danach die Entwicklung nicht stehen. Unzählige Verfahren und Backmittel wurden entwickelt und laufend verbessert. Dabei sind die Übergänge zwischen reinem Sauerteig und reinem Backmittel fließend. Eine gängige Methode und relativ weit verbreitet ist die kombinierte Führung. Hier werden die Säuren im Sauerteig gebildet, Hefe aber zugegeben.

Kulturelle Verbreitung

Judentum

Das Judentum hat ein sehr problematisches Verhältnis zum Sauerteig, da Sauerteig historisch bedingt ein Synonym für "Sklaverei" und "Feindschaft" (Sauerteig erinnert an die ägyptischen Gefangenschaft, und wurde damit ein Symbol für Ägypten), "Schlechtes" (weil Sauerteig einen frischen Teig ebenfalls in "Zersetzung" bringt), aber auch "Fortschritt" (weil es eben ein Weiterentwicklung von den traditionellen festen Fladenbroten Matze weg ist).

Zu Pessach ist alle Art von Sauerteig aus dem Haus zu verbannen. Die biblische Einsetzung des Pessach findet man in Ex 12,1-28. Die wichtigsten Anweisungen daraus lauten nach der Übersetzung der Lutherbibel von 1984:

Ihr sollt diesen Tag als Gedenktag haben und sollt ihn feiern als ein Fest für den HERRN, ihr und alle eure Nachkommen, als ewige Ordnung. (Ex 12,14.17)
Sieben Tage sollt ihr ungesäuertes Brot essen. Schon am ersten Tag sollt ihr den Sauerteig aus euren Häusern tun. Wer gesäuertes Brot ißt, vom ersten Tag an bis zum siebenten, der soll ausgerottet werden aus Israel. (v.15)
Am ersten Tag soll heilige Versammlung sein, und am siebenten soll auch heilige Versammlung sein. Keine Arbeit sollt ihr dann tun; nur was jeder zur Speise braucht, das allein dürft ihr euch zubereiten. (v.16)
Am 14. Tage des ersten Monats am Abend sollt ihr ungesäuertes Brot essen bis zum Abend des 21. Tages des Monats, so dass man sieben Tage keinen Sauerteig finde in euren Häusern... (v.18f)


Gewinnung

Vor der Industrialisierung wurde der Sauerteig vom Bäcker selber kultiviert. Ausgangspunkt waren die im Mehl von Natur aus vorhandenen Bakterien und Hefen. Um Sauerteig zu gewinnen, wird ein Teig aus Mehl und Wasser einige Tage stehen gelassen. Die Mikroorganismen vermehren sich und beeinflussen sich gegenseitig, bis ein stabiles Gleichgewicht entsteht (man spricht von Ansatz). Die Mikroorganismen werden über mehrere Stufen durch Zugabe von Wasser und Mehl vermehrt. Bei der Teigbereitung wird ein kleiner Teil des gewonnenen Sauerteiges nicht verwendet, sondern als neues Anstellgut zurückgehalten. Dieser Anstellsauer wird wieder mit Mehl und Wasser für den nächsten Teig vermehrt. Dabei entsteht Alkohol und Essigsäure, welche die gewünschten Organismen schädigen. Daher wird der (Roggen)Sauer über mehrere Stufen mit Mehl und Wasser aufgefrischt.

Nur in Ausnahmen wird der heutige Sauerteig durch Spontangärung gewonnen. Problem bei der Spontangärung sind unerwünschte Fremdgärungen, die durch Schimmelpilze und Bakterien ausgelöst werden – es findet ein „Verdrängungswettbewerb“ statt. Da die Lebensbedingungen im Sauerteig-Ansatz für viele Arten von Mikroorganismen optimal sind, können sich auch die unerwünschten Mikroben gut entwickeln. Sie bekommen durch die Führung des Teiges zwar nicht die Oberhand, weil sie spätestens beim Backen abgetötet werden. Sie können aber unerwünschte Stoffwechsel-Produkte hinterlassen. Es muss daher auf ausreichende Hygiene geachtet werden, um die Kontaminierung gering zu halten und das Gesundheitsrisiko zu minimieren. Daher wird in Industrie und Handwerk vorwiegend industriell gezüchteter Reinzuchtsauer verwendet, der nur die gewünschten Säurebildner enthält.

Biologische Prozesse

Im (Roggen)sauerteig arbeiten im wesentlichen zwei Arten von Bakterien: „homofermentative“ und „heterofermantative“ Milchsäurebakterien:

  • homofermentative Gärung: Glukose → Milchsäure + 218 kJ Energie
  • heterofermantative Gärung: Glukose → Milchsäure + Ethanol + Kohlendioxid
    • und gleichzeitig: Glukose → Milchsäure + Essigsäure

Die Milchsäurebakterien zersetzen also einen Teil der Kohlenhydrate im Mehl zu Milchsäure, zusätzlich auch zu Essigsäure und einen geringen Anteil Kohlendioxid. Die Hefen tragen ebenfalls Kohlendioxid sowie kleine Mengen Alkohol (Ethanol) zum Gärungsprozess bei. Der Alkohol wird von den Essigsäurebakterien in Essigsäure umgewandelt. Durch verschiedene Bedingungen (Gärungszeit, Mischungsverhältnis, Temperatur) kann Einfluss auf die Anteile der einzelnen Gärungsprodukte und somit auf Eigenschaften und Geschmack (Wirkung) des Sauerteigs genommen werden. Das Verhältnis von Milchsäure und Essigsäure sollte "80 zu 20" betragen. Dieses Verhältnis ist aber nur ein Richtwert. Das Verhältnis der beiden Säuren bestimmt den Charakter eines Brotes (Brotsorte). Ein rustikales Roggenbrot kann durchaus einen höheren Anteil Essigsäure für seinen typischen Charakter enthalten.

Durch die Säuerung wird der pH-Wert im Teig schrittweise auf 4,0 bis 4,3 abgesenkt. Dabei laufen enzymatische Prozesse ab, mit denen Geruchs- und Geschmackstoffe entstehen, die den Charakter eines Brotes bestimmen. Außerdem werden bei der Reifung Vorprodukte für die Geschmacksbildung während des Backprozesses gebildet (Maillard-Reaktion). Die unterschiedlichen Mikroorganismen benötigen unterschiedliche Lebensbedingungen hinsichtlich Feuchtigkeit und Temperatur. Milchsäurebakterien entwickeln sich optimal bei 30–35 °C, dagegen Essigsäurebakterien optimal bei 20–25 °C und Hefen bei 24-26 °C.

Vor allem in Vollkornmehlen sind Pflanzenstoffe (v. a. Phytin) enthalten, die in der Natur dazu dienen, Fraßfeinde abzuwehren. Diese Fraßschutzstoffe machen sie aber auch für den Menschen schlecht verdaulich, da sie die Nährstoffresorption und die Bakterienflora im Darm stören. Während einer ca. zwanzigstündigen (Roggen)sauerteiggärung werden ungefähr 90 % dieser Fraßschutzstoffe abgebaut, was mehr als genug ist, um auch Vollkornbrot (für Gesunde) gut verdaulich zumachen. Dieser Vorgang darf aber nicht überbewertet werden.

Nicht das gesamte Mehl wird versäuert, so dass nur ein kleiner Teil des Phytins abgebaut wird. Dieser Stoff befindet sich in der Schale des Getreidekornes, die zu den Ballaststoffen zählt. Ballaststoffe quellen im Magen auf und werden wieder ausgeschieden. Unklar ist auch, welcher Anteil dieses Stoffes beim Backprozess und durch die Magensäure zerstört wird. Man sollte sich vor Augen führen, dass die Menschen diese Stoffe zu sich nehmen, seit sie Sammler und Jäger sind und Samen verzehren. Dadurch ist anzunehmen, dass unser Körper mit diesen Stoffen fertig wird.

Die Essigsäure schließt Zellen auf. Dabei werden Aminosäuren frei, die das typische Sauerbrotaroma fördern.

Zweck und Verwendung

Gründe für die Verwendung von Sauerteig:

  • technologische Gründe: Da sich im Roggenteig durch die Anwesenheit von Pentosanen kein Klebergerüst ausbildet wie beim Weizenteig, muss die verkleisternde Stärke beim Backprozess das Gebäckgerüst bilden. In Roggenmehlen sind aber häufig sehr aktive Amylasen tätig, die die Stärke abbauen und eine Stärkeverkleisterung unmöglich machen. Die im Sauerteig gebildete Säure verhindert so den Stärkeabbau.
  • geschmackliche Gründe: Das säuerliche Aroma ist bei dunklen Gebäcken sehr beliebt. Dabei bildet Milchsäure ein feines mildes Aroma. Essigsäure bewirkt ein schärferes Aroma. Die Kunst bei der Sauerteigbereitung besteht darin, das Verhältnis von Milch- und Essigsäure auf ein Verhältnis zu bringen, dass das Produkt wohlschmeckend und aromatisch macht. Dies wird bei der Führung durch die Wahl von Temperatur und Teigfestigkeit erreicht. Die Aromabildung durch die Hefegärung sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden.
  • Teiglockerung: Das gebildete CO2 lockert den Teig (biologische Lockerung). Zweck eines jeden Sauers ist die Förderung von Hefen, die Kohlendioxid bilden und den Teig lockern. Eine Lockerung ist notwendig, damit während des Backens die Hitze vollkommen in den Teigling eindringen kann. Dichte (unlockere) Teige haben nur eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Dadurch wird der Kern des Gebäckes roh sein, während die Oberfläche bereits verbrennt.
  • Haltbarmachung: Die Säure führt außerdem zu einer längeren Haltbarkeit des Brotes, da sie einem Befall durch Schimmelpilze entgegenwirkt.

Weizensauer

Im Weizensauer wird vorwiegend Hefe gezogen. Da Hefe und Milchsäurebakterien ähnliche Temperaturumgebungen benötigen, kommt es auch zur Förderung von Milchsäurebildnern. Sie haben backtechnisch keine Bedeutung, verbessern aber das Aroma des Gebäckes. Nur Hefen liefern ausreichend CO2 für die notwendige Lockerung des Gebäckes.

Schon um 1730 wurde in Deutschland Hefe als Ersatz für den Weizensauer produziert. Um 1910 hatte sich die Bäckerhefe soweit durchgesetzt, dass Weizensauer in den Bäckereien nicht mehr gezogen wurde.

Roggensauer

Im Roggensauer sind neben der Hefe auch Säurebildner erwünscht. Essig- und Milchsäure sind notwendig, um Roggenteig backfähig zu machen.

Während des Backens verkleistert die Stärke, wobei sie angelagertes und freies Wasser aufnimmt. Das Eiweiß gerinnt und gibt dabei Wasser ab. Dies ist bei alle Backvorgängen gleich. Jedoch sind in Roggenmehlen sehr aktive Amylasen tätig. Diese zerstören das durch verkleisterte Stärke und durch geronnenes Eiweiß geschaffene Teiggerüst. Die im Sauerteig gebildete Säure verhindert so den Stärkeabbau.

Arten

Im Unterschied zu Vorteigen werden Sauerteige über einen längeren Zeitraum geführt. Die professionelle Herstellung von Sauerteigen unterliegt, anhand von Rechentabellen, einer kontrollierten Dosierung von Wasser, Temperatur und Standzeiten und erfolgt heute meistens mit Hilfe von Fermentern.

  • Flüssigsauerteig (1 - stufig)
  • Detmolder-Einstufen-Führung
  • Weinheimer Sauerteig-Führung (1 - oder 2-stufig)
  • Berliner Kurzsauer-Führung (1 - stufig)
  • Monheimer Salz-Sauerteig-Führung (1 - stufig)
  • Zweistufen-Sauerteigführung
  • Detmolder-Zweistufen-Führung
  • Drei-Stufen-Sauerteigführung
  • Detmolder-Dreistufen-Führung

Natursauerteig / Kunstsauer

Jede Getreideart braucht zur Teigherstellung und zum Backen ihre spezielle Technologie. So lässt sich mit gewöhnlicher Backhefe zwar ein Weizenbrot, aber kein Roggenbrot backen. Roggenteige brauchen neben der Hefe eine Säuerung. Bäcker nutzen aus Zeitgründen mitunter getrockneten Sauerteig, der die benötigte Säure bereits als fertige Mischung mitbringt, die zuvor großtechnisch durch eine biologische Sauerteigführung gewonnen wurde. Darüber hinaus können auch kristalline Säuren (z. B. Zitronensäure in bestimmter Konzentration) zur Teigbereitung verwendet werden. Auch sie machen Roggenteige backfähig, haben jedoch mit Sauerteig in der Regel wenig zu tun. Die meisten Bäcker verwenden nur natürlichen Sauerteig, also Natursauerteig, wer sich Biobäcker nennt, darf nur diesen verwenden.

Der Begriff Kunstsauer(teig) wird zwar oft verwendet, ist sachlich aber falsch, denn ein Sauerteig besteht aus Mehl, Wasser sowie Milchäurebakterien und Hefen. Der sogenannte Kunstsauer ist kein Teig, sondern nur ein Teigsäuerungsmittel. Es gibt auch Backmittel, die z. B. aus einem echten Sauerteig gewonnen werden. Industriell wird ein Sauerteig gezogen, der anschließend getrocknet wird. Ergänzt wird diese direkte Führungsart dann oft durch einen Anteil eines Einstufensauers (Kombinierte Führung), was in allen Teilen ein recht gutes Brot ergibt.

Gerade in der Großproduktion wird heute bei der Herstellung von »Sauerteigbrot« noch bzw. wieder Natursauerteig verwendet, da dieser im Vergleich zu den Teigsäurungsmitteln etwas günstiger ist und geschmacklich bessere Ergebnisse liefert.

Im Bereich der Billig-Anbieter wird häufig aus Kostengründen auf natürlichen Sauerteig verzichtet. Merkmale sind: geringes Aroma, Brot schmeckt nur kurz frisch, geringe Lagerfähigkeit, schnelle Alterung. Echtes Sauerteigbrot hält sich mehrere Tage frisch und bleibt dabei aromatisch.

Zusammensetzung des Backmittels SS25

Weizenvollkornquellmehl, Säuerungsmittel (Zitronensäure, Natriumacetate, Essigsäure, Milchsäure), Stabilisatoren (Kalziumsulfat, Guarkernmehl), jodiertes Speisesalz, Emulgator (Lecithine), Traubenzucker, Gluten (Weizenkleber), Enzyme, Mehlbehandlungsmittel (Ascorbinsäure)

Dieses Backmittel wird vorwiegend in Fertigmehlen, besonders in Backmischungen für Backautomaten verwendet. In der kommerziellen Bäckerei wird dieses Backmittel weniger angewandt. Dort nimmt man in aller Regel Teigsäurungsmittel, z. B. Zitronensäure in Kombination mit Sauerteig, Sauerteigextrakte oder so genannten Reinzuchtsauer als Saatgut für die Heranbildung eines aromareichen Sauerteigs.

Zusammensetzung eines Natursauerteigs

Roggen(vollkorn)mehl oder -schrot und Wasser sowie Sauerteig-Anstellgut, das lebende Milchsäurebakterien und lebende Hefen in verschiedenen Mengen enthält, bilden den Sauerteig.

Die im Sauerteig entstehenden Säuren sind im wesentlichen Milch- und Essigsäure. Durch den fortlaufenden Stoffwechsel der Mikroorganismen und deren Vermehrung läuft eine "Säuerung" ab.

Sie ist erfassbar durch eine Säuregradbestimmung mit einem pH-Meter (Messgerät) und Natronlauge (in Stärke und Menge). Die Säuremenge drückt man durch den S° (Säuregrad) und die Säurestärke durch den pH-Wert aus.