Umsatzsteuer

Steuer, die das Entgelt für Lieferungen und sonstige Leistungen von Unternehmern besteuert
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Mai 2006 um 11:07 Uhr durch WAH (Diskussion | Beiträge) (rev). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:Mehrfacheintrag Die Umsatzsteuer (USt) ist eine Steuer, die von einem Unternehmer anhand des Umsatzes bei erbrachten Leistungen an die Finanzbehörde abzuführen ist. Sie wird vom Endverbraucher getragen, jedoch vom Unternehmer an das zuständige Finanzamt abgeführt und ist daher eine indirekte Steuer.

Besteuerbar sind dabei alle Lieferungen und sonstigen Leistungen gegen Entgelt, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens im Inland ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Unternehmer ist jeder, der nachhaltig bestrebt ist, Einnahmen zu erzielen (nicht Gewinnerzielungsabsicht!). Entgelt ist alles, was der Empfänger (und / oder ein Dritter) aufwenden muss, um die Leistung zu erhalten, jedoch ohne die evtl. darin enthaltene Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 UStG).

vgl. für Deutschland §§ 1 und 2 UStG

Begriffsklärung: Im deutschen Sprachgebrauch (ausgenommen in der Schweiz) wird seit der Einführung des Mehrwertsteuersystems 1967 der Ausdruck "Umsatzsteuer" gleichbedeutend mit Mehrwertsteuer verwendet. Mehrwertsteuer bedeutet, dass nur die Wertschöpfung, also der Mehrwert mit Umsatzsteuer belastet ist. In der Schweiz wurde die Mehrwertsteuer (welche nur als solche bekannt ist) 1995 eingeführt und löste die bisherige WUSt ab.

Einfaches Beispiel einer Lieferkette

Hersteller A liefert an Händler B eine Ware für 100 € zuzüglich 16 € USt.

  • B zahlt 116 € an A.
  • A zahlt 16 € an das Finanzamt.
  • B verkauft die Ware an Händler C für 150 € zuzüglich 24 € USt, letztere schuldet er dem Finanzamt, er kann aber 16 € Vorsteuer abziehen. B zahlt also nur 8 € an das Finanzamt. Vorsteuer ist die im Preis der bezogenen Vorleistungen enthaltene Umsatzsteuer.
  • C verkauft die Ware an den Endkunden E für 200 € zuzüglich 32 € USt. C erhält auch hier durch den Vorsteuerabzug 24 € zurück.
  • E hat nicht die Möglichkeit, die Steuer abzuziehen und so trägt er 32 € Steuern, die von Händlern an das Finanzamt abgeführt werden.

Die jeweils (eingenommene) Umsatzsteuer wird mit der vorher (gezahlten) Vorsteuer in der Steuererklärung verrechnet. Betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise: Im vorstehenden Beispiel sind folgende Steuerbeträge an das Finanzamt geflossen:

  • von A 16,00 € (in Rechnung gestellt 16,00 € ./. keine Vorsteuer zu zahlen
  • von B 8,00 € (in Rechnung gestellt 24,00 € ./. Vorsteuer von A 16,00 €)
  • von C 8,00 € (in Rechnung gestellt 32,00 € ./. Vorsteuer von B 24,00 €)

Dieses Verfahren nennt man Allphasen-Nettosteuer.

Finanzamtliche Betrachtungsweise: Im vorstehenden Beispiel sind folgende Steuerbeträge an das Finanzamt geflossen:

  • Umsatz A an B 0,- (von A in Rechnung gestellt 16,00 € ./. Vorsteuerabzug B 16,00 €)
  • Umsatz B an C 0,- (von B in Rechnung gestellt 24,00 € ./. Vorsteuerabzug C 24,00 €)
  • Umsatz C an E 32,- (von C in Rechnung gestellt 32,00 € ./. E kann kein Vorsteuerabzug geltend machen)

Effektiv wird dadurch nur die letzte Lieferung an einen privaten oder geschäftlichen Endabnehmer belastet. Für alle davor geschalteten Unternehmer, die in der Regel vorsteuerabzugsberechtigt sind, ist sie kostenneutral.

Ein Unternehmer führt USt entsprechend der Höhe seines Wertschöpfungsanteils am Umsatz ab, da er seinen Kunden USt berechnet und hiervon die gezahlte Vorsteuer abzieht. Daher auch der umgangssprachliche Ausdruck „Mehrwertsteuer“. Damit ist der Unternehmer Steuerschuldner ggü. der Finanzbehörde. Wegen der Kostenneutralität wird wirtschaftlich jedoch nur der E belastet für seine Teilnahme am Leistungsverkehr (Steuerobjekt).

Der Zweck dessen ist zu verhindern dass Güter mit jedem Schritt in der Wertschöpfungskette immer teurer werden. Eine Besteuerung ohne Vorsteuerabzug hätte zur Folge, dass die Unternehmer natürlich den um den Steuerbetrag erhöhten Preis an den nächsten Abnehmer, sei es ein Endkunde oder ein weiterer Zwischenhändler, weitergeben. Um diesen eklatanten Preisanstieg für den Endkunden zu verhindern, wurde für Unternehmen die Möglichkeit eines Vorsteuerabzuges eingeführt.

Systematische Einordnung

Die USt lässt sich anhand verschiedener Kriterien wie folgt einordnen:

  • indirekte Steuer, weil sie nicht durch das Steuersubjekt an die Finanzbehörde abgeführt wird, sondern durch einen Dritten, den Steuerschuldner
  • Verkehrsteuer (nicht Verbrauchsteuer), weil sie durch die Teilnahme am Leistungsaustauschverkehr ausgelöst wird. (Ausnahme: § 21 Abs. 1 UStG ordnet in Deutschland an: Einfuhrumsatzsteuer ist Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung). Der Wirtschaftsverkehr im Inland wird versteuert.
  • Konsumsteuer (wirtschaftliche Betrachtung) weil sie den Endabnehmer belastet und dieser für den Wirtschaftsverkehr das jeweilige Gut konsumiert. Rechtlich ist diese Einordnung unzutreffend, es ist eine Verkehrsteuer
  • Nettosteuer hinsichtlich der Erhebungsmodalitäten, weil sie bei jedem Erhebungsakt nur den Nettoumsatz erfasst
  • Gemeinschaftssteuer im Sinne der deutschen Finanzverfassung
  • Allphasensteuer, da jeder an der Produktion eines Gutes beteiligte Betrieb Anteile an der Steuer trägt

Vor- und Nachteile

  • Zeitliche Perspektive: Nicht zuletzt aufgrund des einfachen Erhebungsverfahrens ist die USt eine der schnellsten Möglichkeiten des Staates an Geld zu kommen. Es ist zugleich vorteilhaft eine periodische Kongruenz zwischen Markt und Fiskalfinanzierung herzustellen, die mess- und spürbar ist.
  • Administrative Effizienz: Die USt ist eine aus Sicht des Staates (nicht der Unternehmen) bürokratiearme Abgabe, die keiner Erhebungsverwaltung bedarf und sich auf Aufsicht beschränken lässt. Damit kommt vom Geld des Steuerzahlers mehr den Finanzierungszwecken zugute und ermöglicht eine maßvolle Steuerbelastung. Die Bürokratie, die der Staat einspart, ist dafür jedoch in den Unternehmen um so höher, da diese alle einzeln ihre Umsatzsteuer abrechnen müssen. Insbesondere für kleine Unternehmen ist das eine im Verhältnis starke Belastung. Laut einem Bericht auf heise online [1] hat die Einführung der Mehrwertsteuer in den späten 1960er Jahren zur Gründung der DATEV geführt.
  • Selbststeuerung durch das Steuersubjekt: Die USt ermöglicht dem effektiv steuerbelasteten Endabnehmer eine Steuerung der Eigenbelastung, die bei direkten Steuern nicht möglich ist. Wenn er mehr Güter am Markt abnimmt, wird er stärker belastet, wenn er weniger in Anspruch nimmt, wird er proportional schwächer belastet.
  • Kein Adaptiver Steuersatz: Der zugrundegelegte Steuersatz richtet sich nur nach dem konsumierten Gut, nicht nach dem Abnehmer. Somit ist es über die Mehrwertsteuer nicht möglich, einen sozialen Ausgleich zu schaffen, wie dies etwa über die Einkommensteuer geschieht. Hinzu kommt, dass niedrige Einkommen und Familien mit Kindern statistisch einen höheren Anteil des Einkommens in den direkten Konsum fließen lassen und damit über die Mehrwertsteuer überproportional belastet werden.
  • Auswirkung auf den Im- und Export: Die USt gilt nur innerhalb des jeweiligen Landes, sie wird also nicht für Exportprodukte erhoben. D. h. in der Praxis, dass das gesamte Exportvolumen nicht über die Mehrwertsteuer zur Staatsfinanzierung beiträgt. Importprodukte dagegen unterliegen der Umsatzsteuer. Je mehr sich ein Staat also über die USt finanziert, um so mehr unterstützt er den eigenen Export und schützt sich gleichzeitig vor Importen.
  • Konsumsteuer im Vergleich zur Faktorbesteuerung Die USt besteuert das Konsumprodukt also das Endprodukt des Produktionsprozesses. Die Lohnsteuer und die LNK (Lohnnebenkosten) dagegen verteuern die Produktentstehung, also die Produktionsfaktoren. Je nach der Schwerpunktsetzung haben die beiden Besteuerungsarten unterschiedliche Auswirkungen auf die Produktivkräfte einer Volkswirtschaft. Da die Arbeitskosten dadurch stark beeinflusst werden, hängt letzten Endes auch die Arbeitslosigkeit von der Wahl der Besteuerung und Abgabenerhebung ab.

Internationaler Vergleich (Umsatzsteuer)

Innerhalb der EU ist die Umsatzsteuer aufgrund der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie relativ einheitlich geregelt. Eine konsolidierte (d. h. alle zwischenzeitlichen Änderungen durch weitere Richtlinien berücksichtigende) Fassung der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie ist hier zu finden.

Die meisten EU-Mitgliedsländer sowie die meisten Staaten mit international verflochtenen Märkten benutzen die USt als eine Hauptfinanzierungsquelle. Sie ist mindestens gleichrangig mit direkt erhobenen Steuern und gilt als das weitestgehende praktizierte moderne Finanzierungsinstrument.

Wichtig ist, zu beachten, dass die USt in manchen Ländern nicht auf Basis des Nettobetrages sondern auf Basis des Bruttobetrages berechnet wird. Beispiel: Im Bundesland Rio Grande do Sul (Brasilien) beträgt der Hauptumsatzsteuersatz 17 % (2005) vom Bruttobetrag (also inkl. USt). Nach der EU-Berechnungsmetode entspricht das einer USt von 20,48 %.

Umsatzsteuer in EU-Ländern

Land Steuersatz
Allgemeiner Satz Ermäßigter Satz
Zypern 15 % 5 %
Luxemburg 15 % 12 %, 6 % oder 3 %
Spanien 16 % 7 % oder 4 %
Deutschland 16 % (ab 2007: 19 %) 7 % oder 0 %
Vereinigtes Königreich 17,5 % 5 % oder 0 %
Estland 18 % 5 %
Lettland 18 % 5 %
Malta 18 % 5 %
Litauen 18 % 9 % oder 5 %
Slowakei 19 %
Tschechische Republik 19 % 5 %
Niederlande 19 % 6 %
Griechenland 19 %(auf Inseln: 13 %) 9 % oder 4,5 % (auf Inseln: 6 % oder 3 %)
Frankreich 19,6 % 5,5 % oder 2,1 %
Slowenien 20 % 8,5 %
Italien 20 % 10 %, 6 % oder 4 %
Österreich 20 % 12 % oder 10 %
Ungarn 25 % 15 % oder 5 %
Portugal 21 % 12 % oder 5 %
Belgien 21 % 12 % oder 6 %
Irland 21 % 13,5 % oder 4,4 %
Polen 22 % 7 % oder 3 %
Finnland 22 % 17 % oder 8 %
Schweden 25 % 12 % oder 6 %
Dänemark 25 %

Umsatzsteuer in Nicht-EU-Ländern

Land Steuersatz
Allgemeiner Satz Ermäßigter Satz
Andorra 4 % 0 %
Japan 5 %
Singapur 5 %
Taiwan 5 %
Schweiz 7,6 % 3,6 % oder 2,4 %
Australien 10 %
Argentinien 11 % 10,5 % oder 0 %
Indien 12,5 % 4 %, 1 % oder 0 %
Neuseeland 12,5 %
Südafrika 14 % 7 % oder 4 %
USA 14 % ??? %
Mexiko 15 % 0 %
Kanada 7 % (zzgl. 0-8 % je nach Provinz) 0 %
Venezuela 15 % 8 %
Sri Lanka 15 %
Bosnien und Herzegowina 17 %
China 17 % 6 % oder 3 %
Israel 17 %
Serbien und Montenegro 18 % 8 %
Russland 18 % 10 % oder 0 %
Rumänien 19 % 9 %
Ukraine 20 % 0 %
Bulgarien 20 %
Kroatien 22 %
Island 24,5 % 14 %
Norwegen 25 % 11 % oder 7 %
Färöer 25 % 0 %

Deutschland

Im europäischen Vergleich hat Deutschland niedrige Umsatzsteuersätze. Allerdings ist eine Anhebung der Umsatzsteuer zum 1. Januar 2007 auf 19 % beabsichtigt (Koalitionsvertrag vom 11. Nov. 2005).

Erhebungsformen

Bei der Umsatzsteuer wird zwischen einer „Ist-” und einer „Sollbesteuerung” unterschieden.

Istbesteuerung

Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) ist die Grundlage für die Erhebung das dem Unternehmer zugeflossene, also das bei ihm tatsächlich eingegangene Entgelt. Im Regelfall wird auch die Vorsteuer erst nach tatsächlichem Abfluss gegengerechnet. Dies ist allerdings nicht zwingend. Die Vorsteuer kann schon bei Eingang einer ordnungsgemäßen Rechnung berücksichtigt werden.

Die Sonderform "Ist-Versteuerung" muss beim Finanzamt beantragt werden. Unter folgenden Voraussetzungen kann dieser Antrag genehmigt werden:

  • der Gesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Kalenderjahr hat in den Altbundesländer bis zum Jahr 2006 nicht mehr als € 125.000,– und danach € 250.000,- bzw. in den neuen Bundesländern nicht mehr als € 500.000,- betragen
  • der Unternehmer ist von seiner Verpflichtung zur Buchführung gem. § 148 AO befreit
  • der Unternehmer ist Angehöriger eines freien Berufes gem. § 18 Abs.1 Nr. 1 EStG

Rechtsgrundlage: § 20 UStG

Sollbesteuerung

Die Sollbesteuerung knüpft dagegen an die Leistungserbringung an. Bei dieser Besteuerung wird also die Umsatzsteuer zu einem Zeitpunkt abgeführt, zu dem der Rechnungsbetrag (und damit auch die Umsatzsteuer) tatsächlich noch nicht eingegangen sein muss. Das kann bei Betrieben mit hohem Wertschöpfungspotential und säumigen Kunden zu einem Liquiditätsengpass führen. Allerdings kann der Unternehmer aber auch die Vorsteuer berücksichtigen, obwohl er die Rechnung evtl. noch nicht tatsächlich bezahlt hat.

Steuersätze und Ausnahmen

Das deutsche Umsatzsteuergesetz kennt derzeit vier Steuersätze: 5 %, 7 %, 9 % und 16 %. Seit dem 1. Januar 2004 wurden die formellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug erhöht. Nun muss u.a. auch die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-Id-Nr.) des leistenden Unternehmers (= Rechnungsaussteller) auf der Rechnung angegeben werden.

Die beiden Steuersätze von 5 % und 9 % finden nur bei pauschalierenden Land- und Forstwirten Anwendung, wobei auf forstwirtschaftliche Produkte 5 % und auf landwirtschaftliche 9 % erhoben werden. Der pauschalierende Land- und Forstwirt muss dabei alle Umsätze dem jeweiligen Steuersatz unterwerfen (so kann er beispielsweise bei einem Verkauf eines Mähdreschers nur 9 % ausweisen). Die Umsatzsteuer wird nicht abgeführt, sondern der allgemeinen Einkommensteuer unterworfen. Der pauschalierende Land- und Forstwirt kann sich auf Antrag für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren der „Regelbesteuerung” unterwerfen; für ihn gelten dann der ermäßigte sowie der normale Steuersatz. Durch diese Option haben land- und forstwirtschaftliche Betriebe einen weiten Gestaltungsspielraum, der häufig bei größeren Investitionen genutzt wird. Weitere Ausnahmen zur pauschalierten Umsatzbesteuerung für bestimmte Berufsgruppen finden sich im Anhang der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung.

Dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen u. a. Lebensmittel, der Personennahverkehr (Bus, Bahn und Taxifahrten unter 50 km), Bücher und Zeitungen (wenn keine jugendgefährdenden Inhalte), Leitungs- oder Quellwasser (nicht, wenn es abgefüllt verkauft wird).

Gaststättenumsätze, bei denen die Ware an Ort und Stelle verzehrt wird, sind keine Lieferungen, sondern gelten als sonstige Leistungen und unterliegen daher immer einer Umsatzsteuer von 16 %. Aus diesem Grund wird man zum Beispiel in Fastfood-Restaurants mit Sitzgelegenheiten gefragt, ob man das Essen "Zum Mitnehmen" oder nicht bestellt, weil dann bei gleichem Bruttopreis jeweils unterschiedliche Steuersätze anwendbar sind. Der Nettopreis und der Steueranteil ergeben sich auch aus der Rechnung.

Die Versicherungswirtschaft ist als Branche vollständig von der Umsatzsteuer ausgenommen. Die Produkte und Dienstleistungen, aber auch Geschäftsausstattungen werden ohne Umsatzsteuer veräußert. Gleichzeitig können die Unternehmen keine Vorsteuer ziehen. Statt dessen gibt es eine Versicherungssteuer. Auch die Umsätze weiterer Berufsgruppen wie z. B. Ärzte, Krankengymnasten, Hebammen sind von der Umsatzsteuer ausgenommen. Darüber hinaus gibt es noch eine Anzahl weiterer Ausnahmetatbestände. (§ 4 UStG). Einige der Steuerbefreiungen können durch eine Option als steuerpflichtig behandelt werden, um z. B. in den Genuss des Vorsteuerabzuges zu kommen (§ 9 UStG).

Bei einem Umsatz im letzten Jahr von weniger als 17.500 € (bei Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit ist dieser Wert die Grenze für den geschätzten Jahresumsatz des aktuellen Jahres) und einem voraussichtlichen Umsatz des aktuellen Jahres von weniger als 50.000 € kann auch die so genannte Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG zum Einsatz kommen. Dies bedeutet: der Unternehmer darf keine Umsatzsteuer ausweisen (z. B. auf Rechnungen) und auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Ein Wechsel zur Umsatzsteuer muss dem Finanzamt mitgeteilt werden und ist auf fünf Jahre bindend.

Steuererklärungen

Allgemeines

Die Umsatzsteuer ist wie z. B. auch die Einkommensteuer eine Jahressteuer. Bei der Umsatzsteuer besteht aber die Besonderheit, dass die Steuerpflichtigen je nach Höhe der im vorangegangenen Kalenderjahr gezahlten Umsatzsteuer eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben müssen. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung muss abgegeben werden:

  • monatlich, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als € 6.136,00 Umsatzsteuer gezahlt wurden
  • monatlich in den ersten beiden Jahren nach Firmengründung
  • vierteljährlich, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr zwischen € 512,00 und € 6.136,00 gezahlt wurden
  • jährlich, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als € 512,00 gezahlt wurden.

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung muss beim Finanzamt eingegangen sein:

  • bei monatlicher Abgabe bis zum 10. des Folgemonats
  • bei vierteljährlicher Abgabe bis zum 10. des Monats nach dem Quartalsende

Eine "Dauerfristverlängerung" von einem Monat zur Abgabe der Voranmeldung kann auf Antrag gewährt werden.

Die in der Erklärung selbst errechnete Steuer ist am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig, bei jährlicher Abgabe einen Monat nach Eingang der UStE.

Dauerfristverlängerung (Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung)

Der Steuerpflichtige kann die oben angegebenen Abgabe- und Zahlungstermine durch einen (meist) zum Jahresbeginn zu stellenden Antrag auf "Dauerfristverlängerung" um jeweils einen Monat herausschieben (d. h. die Anmeldung für März ist dann nicht zum 10. April, sondern bis zum 10. Mai abzugeben). Diesem Antrag wird bei Verpflichtung zur monatlichen Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung dann entsprochen, wenn mit der Antragsabgabe (bei Monatszahlern) 1/11 der Vorjahressteuer als Sonder-Vorauszahlung geleistet wird. Diese Sonder-Vorauszahlung wird in der Erklärung für den Dezember des Jahres verrechnet.

Kritik

Die Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums. Ein Unternehmen muss die entstandene Umsatzsteuer abführen, unabhängig davon, wann der Leistungsempfänger die Rechnung bezahlt. Somit trägt das Unternehmen grundsätzlich die Zinslast und muss eine entsprechende Liquidität vorhalten, was gerade bei kleineren Unternehmen immer wieder zu Problemen führt. Andererseits kann der Unternehmer die Vorsteuer bereits abziehen, auch wenn er die Rechnung noch nicht bezahlt hat. Zinslast und Zinsvorteil dürften sich damit im Großen und Ganzen ausgleichen; allerdings erleiden Unternehmer mit einer „guten Zahlungsmoral“ gegenüber schlecht zahlenden Kunden einen effektiven Nachteil.

Die vorstehenden Tatsachen beziehen sich nicht auf die sog. Istversteuerer.

Jedoch kann ein Unternehmer, wenn seine Umsätze innerhalb bestimmter Grenzen liegen, beim Finanzamt die sog. Ist-Versteuerung beantragen. Dann wird die Umsatzsteuer erst mit Eingang der Zahlung beim Unternehmer fällig.

Betrugspotenzial

Es gibt allerdings ein sehr großes Betrugspotenzial in Deutschland.

Bei den Haupttatbeständen wie Karussellbetrug, Kettenbetrug im Baugewerbe (Vorsteuer von einer Kette von Subunternehmern, die nie versteuern) und Insolvenzbetrug schätzt der Bundesrechnungshof das jährliche Betrugsvolumen auf ca. 17 Milliarden Euro im Jahr 2005. Außerdem besteht in der Gastronomie ein hohes Potenzial an Betrugsmöglichkeiten wie z. B. falsche Angabe von verkauften Gütern. Allerdings fordert die Finanzverwaltung auch ohne Verdacht vermehrt Eingangsrechnungen ein, um vermeintlich hohe Vorsteuerguthaben überprüfen zu können. Liegt ein Verdacht vor, wird eine Kontrollmitteilung an das zuständige Finanzamt des verkaufenden Unternehmens übermittelt und dieses ebenfalls überprüft.

Organisierte Kriminalität

In einem Bericht des Bundesrechnungshofes (vom 26. Oktober 2004) an den Finanzausschuss des deutschen Bundestages wird von Umsatzsteuerbetrug in großem Stil in Form von „Organisierter Kriminalität“ gesprochen. Es wird von Gründung europaweiter Firmennetze berichtet, welche ausschließlich dazu genutzt werden immer wieder dieselbe Ware zum Schein zu verkaufen (Karussellgeschäfte). Bei jedem Schritt wird immer wieder die Vorsteuer durch die örtlich zuständigen Finanzbehörden erstattet. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist die Tatbestandsaufklärung und Strafverfolgung Ländersache. Durch die föderale Struktur der Bundesrepublik und dem Länderfinanzausgleich ist eine konsequente Verfolgung der Betrüger allerdings schwierig. Die Verteilung der Zweigstellen über die gesamte Europäische Union ist ein weiteres Hindernis.

Historisches

Die Umsatzsteuer ist vom Grundsatz her eine sehr alte Steuer, die schon in der Antike verbreitet war (vgl. Grabower, Die Geschichte der Umsatzsteuer und ihre gegenwärtige Gestaltung im Inland und Ausland, 1. Auflage, 1925).

Das Grundprinzip der Mehrwertsteuererhebung, nämlich anlässlich eines bloßen, eigentlich bilateralen Besitzübergangs von Eigentum letzteres zugunsten Unbeteiligter zu dezimieren, geht eindeutig auf die mittelalterliche Praxis zurück, die Selbstversorgermentalität von (in Friedenszeiten unterbeschäftigten und -versorgten) Söldnertruppen (der Raubritter) durch feudale "Raubritterbriefe" zu legalisieren.

Eine kontinuierliche Fortentwicklung dieser Steuern über das Mittelalter bis in die Neuzeit läßt sich zwar nicht nachweisen, aber man kann von einer Kontinuität des Umsatzsteuergedankens sprechen. Dieser Grundgedanke der modernen Umsatzsteuer als einer allgemeinen Verbrauchssteuer speist sich aus zwei historischen Quellen: den Akzisen und den Quittungssteuern.

Der Vorläufer der Umsatzsteuer war der sogenannte Warenumsatzstempel von 1916.

Die seit 1918 geltende Allphasen-Bruttoumsatzsteuer sank zwischen 1923 und 1925 von 2,5 % auf 1 % und wurde, bei einem Steuersatz von zuletzt 4% (1967), am 1. Januar 1968 durch die vorsteuerabzugsfähige Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit einem Steuersatz von damals 10% abgelöst, welcher heute (2005), nach stufenweiser Erhöhung, nunmehr in Deutschland 16 % (ermäßigt 7 %) beträgt. Der prozentuale Anstieg des aus bereits versteuertem Vermögen entnommenen Anteils wirft ein fahles Licht auf das Steuergebaren des modernen Staates, der diese Steuer als verzweifelten letzten denkbaren Ersatz für die effektiv verweigerte Gewinnbesteuerung (und damit -kontrolle) besonders der am Kapitalmarkt tätigen Unternehmen für sich entdeckt hat.

Weitere Infos zur Geschichte der Umsatzsteuer unter [2]

Aktuelles

Entwicklung der Umsatzsteuersätze in Deutschland
Von Bis Allgemeiner Satz Ermäßigter Satz
01.01.1968 30.06.1968
10,0%
5,0%
01.07.1968 31.12.1977
11,0%
5,5%
01.01.1978 30.06.1979
12,0%
6,0%
01.07.1979 30.06.1983
13,0%
6,5%
01.07.1983 31.12.1992
14,0%
7,0%
01.01.1993 31.03.1998
15,0%
7,0%
01.04.1998 31.12.2006
16,0%
7,0%
01.01.2007 geplant
19,0%
7,0%

Verteilung der Steuer auf Bund, Länder und Gemeinden in Prozent

Steuerverteilung
Ab dem Jahr Bund vorab Gemeinden danach vorab Bund Länder
1990 - - 65 % 35 %
1994 - - 63 % 37 %
1995 - - 56 % 44 %
1996 - - 50,5 % 49,5 %
1998 3,64 % 2,2 % 50,5 % 49,5 %
1999 5,63 % 2,2 % 50,5 % 49,5 %
2000 5,63 % 2,2 % 50,25 % 49,75 %
2002 5,63 % 2,2 % 49,6 % 50,4 %

Aufkommen

(Alle Beträge in Millionen Euro, Nachkommastellen nicht exakt)

Aufkommenverteilung
Im Jahr Gemeinden Bund Länder Gesamt
1990 - 49.048,3 26.410,6 75.458,9
1991 - 59.712,1 32.152,7 91.864,8
1992 - 65.707,3 35.380,9 101.088,2
1993 - 69.674,9 40.920,2 110.595,1
1994 - 75.921,7 44.598,0 120.519,7
1995 - 58.013,3 52.782,6 110.795,9
1996 - 53.546,0 60.034,9 113.580,9
1997 - 55.252,7 60.969,4 116.222,1
1998 2.712,1 58.999,8 59.678,9 121.390,8
1999 2.847,5 71.647,9 62.660,2 137.155,6
2000 2.924,7 73.263,9 64.682,7 140.871,3
2001 2.884,5 72.256,9 63.793,7 138.935,1
2002 2.869,1 71.043,0 64.283,0 138.195,1
2003 2.844,0 70.427,0 63.725,0 136.996,0

Österreich

Siehe: Umsatzsteuer (Österreich)

Schweiz

Siehe: Umsatzsteuer (Schweiz)


Historisches

Es gibt mehrere Quellen für die Erfindung der Mehrwertsteuer. Aus einigen geht hervor, dass sie als taxe sur la valeur ajoutée durch einen französischen Beamten Maurice Lauré erfunden wurde. Andere sehen ihren Ursprung als Erfindung durch den Grafen Brühl.

Siehe auch