Der so genannte Lindow-Mann (engl. Lindow man) ist eine Moorleiche, die von Torfstechern 1983 in der Nähe von Manchester, England, entdeckt wurde. Er starb wahrscheinlich zwischen 2 v. Chr. und 119 n. Chr und wurde mit dem Gesicht nach unten in einer Moorgrube im Lindow Moss gefunden.
Der Schädel, der Oberkörper und die Arme konnten gerettet werden, der Unterkörper und die Beine wurden allerdings vermutlich durch einen Torfbagger zerstört. Die Überreste sind in einem ausgezeichneten Erhaltungszustand und werden heute im Britischen Museum in London aufbewahrt. Das Interessante an dieser Moorleiche ist, dass an ihr drei Handlungen vorgenommen wurden, von denen mindestens zwei bereits für sich zum Tod geführt hätten: Er wurde zunächst mit drei Schlägen auf den Hinterkopf betäubt, anschließend mit einer Schnur aus Sehnen und einem Stock erdrosselt, dabei wurde ihm gleichzeitig der Nacken gebrochen. Anschließend stach man ihm mit einem Messer in den Hals, um ihn ausbluten zu lassen. All diese Eigenarten deuten stark auf einen Ritualmord hin, allerdings gehen die Meinungen darüber auseinander, ob es sich um ein Menschenopfer, eine Exekution oder beides handelt. Die dreifache Tötung ist jedoch eine gut dokumentierte keltische Verfahrensweise.
Forensische Analysen haben interessante Details zum Körper und zur Todesursache des Mannes an das Licht gebracht. Mit Hilfe eines Elektronen-Mikroskops konnte nachgewiesen werden, dass die Barthaare gestutzt waren. Der Lindow-Mann hat sich folglich rasiert. Sein muskulöser Körper wies keine Spuren von harter Arbeit auf und seine Nägel waren gepflegt. Er trug ein Fuchsfell-Armband. Dies alles deutet darauf hin, dass er einem hohen Stand angehörte.
Obwohl Menschenopfer bei den Kelten selten waren, gibt es mehrere Anhaltspunkte, die in diese Richtung deuten. Der säurehaltige Torf hat den Inhalt des Magens konserviert: Seine letzte Mahlzeit bestand hauptsächlich aus gerösteten Getreidekörnern, Weizen, Kleie, und einem Gerstenfladen. Dies war keine gewöhnliche Mahlzeit. Ein ähnliche Zusammensetzung hatte die letzte Mahlzeit des Grauballe-Mannes in Dänemark. Im Magen des Lindow-Mannes befanden sich zudem Mistelpollen. Keltische Druiden werden häufig mit Misteln in Zusammenhang gebracht. Misteln sind für den Menschen giftig und können bei Verzehr Krampfanfälle verursachen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie versehentlich verspeist wurden.
Der Lindow-Mann wurde zur Konservierung gefriergetrocknet und wird im Britischen Museum in London verwahrt.
Weblinks
http://www.mummytombs.com/mummylocator/featured/lindowman.htm