Kalender

Übersicht über die Tage, Wochen und Monate eines Jahres
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 15. Mai 2006 um 07:43 Uhr durch 84.161.86.86 (Diskussion) (Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Kalender ist die Festlegung der Jahrrechnung in Jahre, deren Unterteilung in Monate mit Bestimmung der Monatslängen in Tagen sowie die Wochenunterteilung. Die Rechenregeln hierzu erstellt die Kalenderrechnung.

Der Begriff „Kalender“ bezeichnet dabei:

Datei:Calendário Asteca.jpg
Aztekischer Kalender

Das Wort „Kalender“ kommt von Lateinisch Calendarium, ein Verzeichnis der Kalendae, der jeweils ersten, auszurufenden (calare „ausrufen“) Tage eines Monats, da dann die Schulden zu bezahlen waren.

Geschichte

Entstehung des Kalenderwesens

Ein Bewusstsein für unterschiedliche Zyklen seiner Umwelt dürfte der Mensch schon sehr früh gehabt haben. Nicht allein der Wechsel von Tag und Nacht sowie die Mondphasen, sondern auch jahreszeitlich bedingte Klimaschwankungen, die in der Landwirtschaft der meisten Weltregionen eine bedeutende Rolle spielen, und aufgrund von Tierwanderungen zum Teil auch für Jägerkulturen wichtig gewesen sein dürften, und nicht zuletzt die Veränderungen des Nachthimmels durch die Erdumlaufbahn sowie die Eigenbewegungen der Planeten konnten vom Menschen spätestens in der Altsteinzeit wahrgenommen werden.

Jungsteinzeitliche Bauten wie etwa Stonehenge zeugen von den Bemühungen der sesshaft gewordenen Bevölkerung, die natürliche Jahreslänge und ausgewählte zyklisch wiederkehrende Himmelsereignisse wie Sonnenwende und Tag-und-Nacht-Gleiche exakt bestimmen zu können. Gerade für die Landwirtschaft war wichtig, eine von den konkreten Wetterbedingungen unabhängige Bestimmung der Zeitpunkte für Aussaat und Ernte vornehmen zu können. Mit der systematischen Himmelsbeobachtung verbunden, von der Hoffnung auf eine günstige Wiederkehr der Fruchtbarkeitsbedingungen geprägt, waren religiöse Fruchtbarkeitskulte. So wurden bestimmte landwirtschaftliche Termine an Feste gebunden, die wiederum an Himmelsereignisse geknüpft waren.

Für diese frühe Zeit des Übergangs von Jägerkulturen zum Ackerbau im Neolithikum wird eine Veränderung kalendarischer Vorstellungen vom Mond- zum Sonnenkalender angenommen. Dieser Steinzeitkalender, auch Neolithischer Kalender, von Alexander Thom auch Megalithischer Kalender genannnt, beinhaltet wohl die ältesten Kalendervorstellungen der Menschheit und ist die Grundlage späterer Kalendervarianten. Analog zum Begriff der Neolithischen Revolution (Übergang zum Ackerbau) wurde hier auch von der Neolithischen Kalender-Revolution gesprochen.

 
Jüdischer Gemeindekalender von 1831

Die ältesten heute noch bekannten Kalender stammen aus den frühen Hochkulturen Ägyptens und Mesopotamiens. Bereits hier zeigten sich zwei grundlegende Kalendertypen, die bis heute die meisten Kalendersysteme prägen: der an den Mondphasen orientierte Mondkalender und der Sonnenkalender, der den Lauf der Jahreszeiten widerspiegelt. Spätestens von den Babyloniern wurde auch der siebentägige Wochenzyklus entwickelt, der heute fast weltweit den Ablauf des Alltags regelt. Ähnliche Zyklen zwischen fünf und zehn Tagen gab es auch in anderen Kalendern.

Die Probleme, die entstehen, wenn man die unterschiedlich langen Zyklen von Tag, Woche, Monat und Jahr zu einem Gesamtsystem verbinden will, haben zur Herausbildung unzähliger Kalender und häufiger Kalenderreformen geführt. Bis heute werden immer wieder Forderungen laut, den derzeit weltweit am meisten verbreiteten Gregorianischen Kalender zu reformieren oder durch einen weiter entwickelten Kalender zu ersetzen.

Beobachtung

Frühe Kalendersysteme dürften ausschließlich durch Beobachtung geregelt worden sein (astronomische Kalender). Mit dem Eintritt eines bestimmten definierten Himmelsereignisses (z. B. des Neumonds oder der Tag-und-Nacht-Gleiche im Frühling) begann ein neuer Zyklus. Diese Methode hatte einen entscheidenden Nachteil: In großen Herrschaftsräumen konnte ein Ereignis an unterschiedlichen Orten eventuell zu unterschiedlichen Zeiten wahrgenommen werden, so dass auch unterschiedliche Daten gezählt wurden (Raumzeit). Wenn dagegen der Eintritt eines Ereignisses nur an einem bestimmten Ort (z. B. der Hauptstadt oder dem Haupttempel) maßgeblich war, dann konnten weit entfernt gelegene Gebiete oft erst nach Tagen davon unterrichtet werden. Solche Probleme gab es beispielsweise im früheren Jüdischen Kalender, wo der Hohepriester über die erste Sichtung der Mondsichel bei Neumond entschied. Durch die langen Informationswege konnte es deshalb passieren, dass ein religiöses Fest in abgelegenen Gebieten am „falschen“ Tag gefeiert wurde. Auch war es kurz vor Monatsende nicht möglich, vorherzusagen, welches Datum z. B. in sieben Tagen sein würde.

Immer mehr Kulturen begannen deshalb, ihre Kalender zu berechnen. Der letzte ernsthafte Versuch, einen Beobachtungs-Kalender zu etablieren, wurde in der Französischen Revolution unternommen (Französischer Revolutionskalender).

Berechnung

 
Astronomische Kalenderuhr (Abb.) aus Uppsala (Schweden)

Die Berechnung von Kalendern (arithmetische Kalender) setzt umfangreiche astronomische und mathematische Kenntnisse voraus. Bei der Entwicklung des frühen ägyptischen Sonnenkalenders waren diese Kenntnisse offenbar noch nicht ausgereift, da er das Sonnenjahr stets mit 365 Tagen berechnete, während der exakte Wert tatsächlich bei ca. 365,242 Tagen liegt. Die Abweichung von ungefähr einem viertel Tag pro Jahr führte im Laufe der Jahrhunderte dazu, dass z. B. die ägyptischen Jahreszeit der Nilflut nicht mehr zur Zeit der Nilflut stattfand, sondern im Jahreslauf verschoben war.

Sowohl Mond- als auch Sonnenkalender wurden deshalb meistens mit Schalttagen oder unterschiedlichen Monatslängen versehen, die nach einer festgelegten mathematischen Regel in den normalen Kalenderlauf eingefügt wurden. Ein Sonnenkalender benötigt normalerweise einen zusätzlichen Tag ca. alle vier Jahre (im Gregorianischen Kalender ist dies der 29. Februar), um die durchschnittliche Tageszahl der Länge des Sonnenjahrs anzupassen. Ein Mondkalender muss die Monatslängen zwischen 29 und 30 Tagen variieren, denn der so genannte synodische Monat, also die Zeit zwischen zwei gleichen Mondphasen, dauert durchschnittlich ca. 29,531 Tage.

Lineare Strukturen

Waren Kalender zunächst wohl auf rein zyklische Phänomene beschränkt, entwickelten sich mit der Zeit auch lineare Strukturen, etwa fortlaufende Jahreszählungen, z. B. für die Geschichtsschreibung oder die Statistiken von Tempeln und Palästen. Hierzu war es nötig, einen Anfangszeitpunkt der Zählung festzulegen. Dies konnten historische Ereignisse sein (z. B. der Beginn einer Königsherrschaft) oder aber fiktive Begebenheiten (z. B. die Erschaffung der Welt). Der Anfangszeitpunkt wird in der ChronologieEpoche“ genannt.


Kalendersysteme

 
Tschechischer Kalender in Blindenschrift

Lunarkalender

Lunar- oder Mondkalender orientieren sich an den Mondphasen. Das deutsche Wort Monat leitet sich etymologisch von Mond ab. Allerdings hat der Monat unseres Kalenders außer dem Namen nichts mehr mit dem Mondzyklus zu tun, da er mit einer durchschnittlichen Länge von 30,437 Tagen um fast einen Tag länger dauert als der synodische Monat. Der Nachteil eines reinen Lunarkalenders besteht darin, dass er nicht mit dem Sonnenjahr korrespondieren kann, eine Eigenschaft, die in subtropischen und tropischen Breiten oft nicht die Bedeutung hat, die ihm in von den Jahreszeiten abhängigen Kulturen zukommt. So dauert der bekannteste, heute noch gebräuchliche Lunare Kalender, der Islamische Kalender, mit 12 Monaten durchschnittlich 354,372 Tage. Die islamischen Monate „wandern“ dadurch Jahr für Jahr ca. 11 Tage im Gregorianischen Kalender nach vorne. Auch das Osterdatum folgt einem Lunaren Kalender (siehe: Komputistik)

Solarkalender

Solar- oder Sonnenkalender: Nicht nur der heute weltweit verbreitete Gregorianische Kalender ist ein Solarer Kalender. Die meisten Kulturen orientierten sich bei ihrer Zeitmessung an den durch die Sonne bestimmten Jahreszeiten. Dem entsprechend hat der Grundtyp des Solarkalenders die meisten Varianten hervorgebracht. Das Solarjahr orientiert sich am tropischen Jahr, dem auf den Frühlingspunkt bezogenen Umlauf der Erde um die Sonne. Dieses ist die Ausgangsbasis für den allgemeinen Jahresbegriff.

Lunisolarkalender

Der Lunisolarkalender stellt den Versuch dar, einen reinen Lunarkalender an das Sonnenjahr anzupassen. Da die Länge der Monate durch die Mondphasen festgelegt ist, können keine Schalttage wie beim Sonnenkalender eingefügt werden. Die Lösung liegt in der Einfügung von Schaltmonaten. Die Jahreslänge der Lunisolarkalender schwankt deshalb zwischen ca. 353 und ca. 384 Tagen. Der bekannteste Lunisolarkalender ist der Jüdische Kalender.

Sonstige Systeme

Es sind nur wenige Kalendersysteme bekannt, die sich weder am Mond noch an der Sonne orientieren, sondern andere Zyklen voraussetzen. Bekanntestes Beispiel ist der Tzolkin-Zyklus des Maya-Kalenders.

Siehe auch: Liste der Kalendersysteme

Kalendarien / Volkskalender

Gedruckte Kalender

Einblatt- und Wandkalender, Kalenderhefte in Form periodischer Publikationen: die bekannteste Form ist der sogenannte Quartschreibkalender, mit seit etwa der Mitte des 16. Jahrhunderts bis in die Gegenwart vergleichsweise festem Erscheinungsbild.

Die Jahreskalender beschränkten sich kaum je auf die reine Darstellung des Jahresverlaufes, sondern informierten auch über jahreszeitabhängige Tätigkeiten, landwirtschaftliche Aufgaben oder im Jahresverlauf zu erwartende Wetterlagen und werden daher auch Bauernkalender genannt. Schon früh gehört das sogenannte Aderlassmännlein zu den bis ins 19. Jahrhundert unverzichtbaren Bestandteilen des Kalenders. So weist etwa das Calendarium Romanum aus dem Kloster Interlaken (Johanna von Arberg und Agnese Stollera, 1446) bereits mit der Aderlassfigur nach, welche Sternzeichen die einzelnen Körpergegenden regieren und sich daher für bestimmte Leiden und zu bestimmten Sternkonstellation für den Aderlass eignen. Weiterhin wurden die besten Tage für das Haareschneiden, Baden, Schröpfen, Abstillen etc. angegeben. Solche Angaben finden sich durchgängig bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (etwa in Hundertjährigen Kalender), als im Zug der Volksaufklärung versucht wurde, den Aberglauben aus dem Kalender zu verbannen (zum Beispiel durch die preußische Kalenderreform 1778/79). Als diese Reformbemühungen scheiterten, kehrte die Aderlassfigur, oder zumindest eine Aderlasstafel, wieder in den Kalender ein (so noch im "Neuen Berner-Kalender" unter der Redaktion von Jeremias Gotthelf, 1840–1845). Zeitgenössische astrologische Mondkalender greifen diese Richtung wieder auf.

Kalender und Volksaufklärung

 
repubikanischer Kalender um 1794 in Frankreich

Schon in der frühen gemeinnützigen Aufklärung, die seit den 1760er Jahren in eine breite Volksaufklärung mündet, gab es Bemühungen, das Medium des Kalenders zur praktischen und ökonomischen, später vor allem erbaulichen und moralischen Belehrung der Bevölkerung zu nutzen. Wie kaum ein anderer Lesestoff gelangte der Kalender in die breitesten Schichten der Bevölkerung. Vor einer flächendeckenden Verbreitung von Tageszeitungen war er zudem das wichtigste Informationsmedium. Die Kalenderreformer des 18. Jahrhunderts wollten nun zum ökonomischen Nutzen des Lesers wie des Vaterlandes land- und hauswirtschaftliche Informationen, medizinische und veterinärmedizinische Ratschläge neben erbaulichen Geschichten in den Kalender einrücken. Der alte Aberglauben sollte ebenso verbannt werden wie die häufig vertretenen Erzählungen bloß merkwürdiger oder spektakulärer Begebenheiten, die für den Leser keinen unmittelbaren Nutzen haben konnten. Mit gesetzlichen Regelungen versuchte man Reformkalender auf einem Markt durchzusetzen, der durch Lesegewohnheiten und gut eingeführte populäre Kalender geprägt war. Die teils radikalen Versuche scheiterten häufig bereits in den Anfängen: die Leser kauften lieber keinen Kalender als den von Gelehrten und Staatsbeamten kreierten Nachfolger ihres Traditionsheftes.

Volkskalender

Aus dem Scheitern der ersten Reformbemühungen entwickelte sich eine Volksbildungsbewegung, die nun sehr viel stärker die Leseinteressen der Kalenderleser berücksichtigten und teils lieber das Aderlassmännlein beibehielten, um so für die belehrenden Erzählungen (Kalendergeschichte) eine aufnahmebereite Leserschaft zu finden. Das Vorbild dieser Volkskalender war der Rheinische Hausfreund von Johann Peter Hebel; ihm folgten bekannte Autoren wie Berthold Auerbach, Jeremias Gotthelf, Alban Stolz und zahlreiche Kalendermacher des 19. Jahrhunderts. Neben der Tageszeitung behielt der Kalender auch in manchen Regionen bis ins 20. Jahrhundert eine zentrale Stellung unter den Volkslesestoffen.


Siehe auch

Wiktionary: Kalender – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

KalenderrechnungKomputistik - Liturgischer Kalender - Heiligenkalender - Literaturkalender - Julianischer Kalender - Julianisches Datum - Neujahr - Fiskaljahr - Abreißkalender - iCalendar - Astronomischer Kalender - Arithmetischer Kalender - Kalenderdatum - Kalenderbauten - Datumsformat - ISO 8601 - Kalendarium -Jahresübersicht - Berechnung des Osterdatums - Berechnung des Wochentags - Metonischer Zyklus - Diskordischer Kalender - Hundertjähriger Kalender - Doomsday-Methode - Kalendergeschichte - Kosmischer Kalender - Ablaufkalender - Christlicher Kalender

Literatur

  • Friedrich Karl Ginzel: Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie. 3 Bände, 1906-1914. (bis heute das Standardwerk schlechthin)
  • Holger Böning: Volksaufklärung und Kalender. Zu den Anfängen der Diskussion über die Nutzung traditioneller Volkslesestoffe zur Aufklärung und zu ersten praktischen Versuchen bis 1780. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens. 56/2002, S. 79-107
  • Michael Buhlmann: Zeitrechnung des Mittelalters. Einführung, Tabellen, CD-ROM InternetKalenderrechnung. Vortrag „Mittelalterliche Zeitrechnung anhand von St. Georgener Geschichtsquellen“ beim Verein für Heimatgeschichte St. Georgen. St. Georgen, 19. Mai 2005. (Vertex Alemanniae, Heft 18), St. Georgen 2005
  • Hermann Grotefend: Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. 13. Auflage. Hannover 1991
  • Katherina Masel: Kalender und Volksaufklärung in Bayern. Zur Entwicklung des Kalenderwesens 1750 bis 1830. St. Ottilien 1997
  • Ludwig Rohner: Kalendergeschichte und Kalender. Wiesbaden 1978
  • Rudolf Schenda: Hinkende Botschaften? Zur Entwicklung und Bedeutung der schweizerischen Volkskalender. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde. 2/92/1996, S. 161-181
  • H. Zemanek: Kalender und Chronologie. Bekanntes und Unbekanntes aus der Kalenderwissenschaft. 5. Auflage. München-Wien 1990
  • Robert Schram: Kalendariographische und chronologische Tafeln. Leipzig 1908.

Vorlage:Links für Kalender und Zeit