Franz Tumler

österreichischer Schriftsteller
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Franz Tumler, eigentlich Franz Ernest Aubert Tumler (* 16. Januar 1912 in Gries bei Bozen (Südtirol) † 20. Oktober 1998 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller.

Leben

Franz Tumler wurde als Sohn des Gymnasiallehrers Franz Tumler (1878-1913) und dessen Ehefrau Ernestine geb. Fridrich geboren. Nach dem Tod des Vaters zog die Mutter mit ihren zwei Kindern 1913 nach Linz. Tumler besuchte dort die Volks- und Bürgerschule sowie das Bischöfliche Lehrerseminar. Nach dem Abschluss seiner Lehrerausbildung war er von 1930 bis 1934 Volksschullehrer in Paura und von 1934 bis 1938 in Buchkirchen/Wels. Bereits ab 1935 ließ er sich zeitweise beurlauben, um in Bozen und Wien Zeit für seine schriftstellerischen Arbeiten zu haben.

Infolge seiner völkischen Einstellung gehörte Tumler bereits in der zweiten Hälte der 30-er Jahre zu den von den Nationalsozialisten besonders geförderten Autoren. Seine Werke erreichten bis zum Ende des Dritten Reiches eine Gesamtauflage von ca. 300.000 Exemplaren. 1938 quittierte Tumler den Schuldienst. Nach seiner Heirat mit Susanne Lühr zog er 1939 nach Hagenberg in Oberösterreich. Er war befreundet mit Autoren wie Gertrud Fussenegger und Josef Weinheber, Mitglied der SA und veröffentlichte u. a. in der nationalsozialistischen Literaturzeitschrift "Das innere Reich". Als von den Machthabern privilegierter Autor war er vom Wehrdienst befreit, meldete sich jedoch 1941 freiwillig zur Wehrmacht. Er war Soldat der Marineartillerie und geriet bei Kriegsende für kurze Zeit in Kriegsgefangenschaft.

Nach 1945 nahm Franz Tumler seine Lehrertätigkeit nicht wieder auf, sondern setzte seine Existenz als freier Schriftsteller fort. Ab 1949 lebte er in Altmünster am Traunsee, seit 1954 war sein Hauptwohnsitz Westberlin, ohne seine österreichische Staatsbürgerschaft aufzugeben. In Berlin fand er Anschluss an die junge deutsche Literatur der 50-er Jahre: So nahm er an mehreren Tagungen der Gruppe 47 teil und befreundete sich mit Gottfried Benn.

Franz Tumler gehörte seit 1959 der Berliner Akademie der Künste an und war von 1967 bis 1968 Direktor und von 1968 bis 1970 stellvertretender Direktor ihrer Literaturabteilung. Er war außerdem korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. Nach der Scheidung von seiner Frau Susanne heiratete er in den 90-er Jahren Sigrid John.

Franz Tumler starb am 20. Oktober 1998 im Alter von 86 Jahren in Berlin.

Würdigung

Franz Tumler war in der ersten Phase seines literarischen Schaffens ein Sympathisant der NS-Ideologie. Zu jener Zeit waren seine Werke stilistisch stark von Adalbert Stifter beeinflusst und hatten, wie auch später häufig, seine Südtiroler Heimat zum Schauplatz. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich Tumler in einigen zeitgeschichtlichen Romanen mit dem Dritten Reich auseinander, was zu seiner allmählichen Rehabilitation bei der zeitgenössischen Kritik führte. Ende der 50-er Jahre nahm Tumlers Skepsis gegenüber der herkömmlichen, realistischen Literatur zu, er wandte sich von der Position des allwissenden Erzählers ab und ging über zu einer von der literarischen Moderne, vor allem vom Nouveau roman beeinflussten, Erzählweise. Nach einem Schlaganfall (1973) veröffentlichte Tumler nur noch sporadisch neue, vorwiegend lyrische Arbeiten und geriet daher bei der literarischen Öffentlichkeit weitgehend in Vergessenheit. Spätestens seit den 90-er Jahren hat jedoch eine Neuentdeckung eingesetzt, und heute gilt Tumler gilt als bedeutender Autor sowohl der Südtiroler als auch der österreichischen Nachkriegsliteratur.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

  • Das Tal von Lausa und Duron, München 1935
  • Der Ausführende, München 1937
  • Die Wanderung zum Strom, München 1937
  • Drüben, Frankfurt am Main 1939
  • Im Jahre 38, München 1939
  • Der Soldateneid, München 1939
  • Der erste Tag, München 1940
  • Österreich ist ein Land des Deutschen Reiches, Berlin 1940
  • Anruf, München 1941
  • Auf der Flucht, Berlin u.a. 1943
  • Ländliche Erzählungen, Graz 1944
  • An der Waage, Hameln 1947
  • Einmal war etwas Gutes geschehen, Hameln 1947
  • Liebes-Lobpreisung, Hameln 1947
  • Landschaften des Heimgekehrten, Wien u.a. 1948
  • Der alte Herr Lorenz, Salzburg 1949
  • Neue Blick auf die Erde, Hameln 1949
  • Heimfahrt, Salzburg u.a. 1950
  • Berlin, Geist und Gesicht, München u.a. 1953
  • Das Hochzeitsbild, Salzburg 1953
  • Ein Schloß in Österreich, München 1953
  • Der Schritt hinüber, Frankfurt am Main 1956
  • Der Gardasee, München u.a. 1958 (zusammen mit Heinz Müller-Brunke)
  • Der Mantel, Frankfurt am Main 1959
  • Ein Morgen wie jeder andere, Hamburg 1960
  • Nachprüfung eines Abschieds, Zürich 1961
  • Volterra, Frankfurt am Main 1962
  • Aufschreibung aus Trient, Frankfurt am Main 1965
  • Sätze von der Donau, Zürich 1965
  • Welche Sprache ich lernte, Berlin 1970
  • Das Land Südtirol, München 1971
  • Über die Akademie der Künste, Berlin 1971
  • Ein Landarzt, Zollikon/Zürich 1972
  • Pia Faller, München 1973
  • Landschaften und Erzählungen, München 1974
  • Album Rom, Innsbruck 1983 (zusammen mit Dieter Manhartsberger)
  • Das Zerteilen der Zeit, Innsbruck 1989
  • Der Keksfresser. An der Waage, Weitra 1990
  • Aber geschrieben gilt es, Bozen 1992

Herausgeberschaft

Literatur

  • Wilhelm Burger: Heimatsuche. Südtirol im Werk Franz Tumlers. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1989. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1125) ISBN 3-631-41744-6
  • Alessandro Costazza: Franz Tumler. Una letteratura di confine. Merano: Ed. Alpha e Beta 1992. ISBN 88-7223-003-9
  • Grenzräume. Eine literarische Landkarte Südtirols, hrsg. v. Beatrice Simonsen. Bozen 2005. ISBN 88-7283-243-8
  • Leonhard Huber: Die Architektur des Textes. Das Verhältnis von Raum- zu Sprachkontrukten in Franz Tumlers Prosa. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1994. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1438) ISBN 3-631-46825-3
  • Arsenal. Beiträge zu Franz Tumler, hrsg. v. Peter Demetz. München u.a.: Piper 1977. ISBN 3-492-02256-1
  • Auf der Suche nach dem Wort. Franz Tumler zum 80. Geburtstag, hrsg. v. Ferruccio Delle Cave. Bozen: Verl.-Anst. Athesia 1992. ISBN 88-7014-676-6
  • Franz Tumler. Beiträge zum 75. Geburtstag. Symposion 9./10. Januar 1987, Wien, hrsg. v. Annemarie Schermer. Wien: Dokumentationsstelle für Neuere Österr. Literatur 1987. ISBN 3-900467-14-5
  • Welche Sprache ich lernte. Texte von und über Franz Tumler, hrsg. v. Hans Dieter Zimmermann. München u.a.: Piper 1986. (= Serie Piper; 681) ISBN 3-492-10681-1