Das Gleichheitsprinzip ist ein universelles demokratisches Grundprinzip , das sich auf das aktive Stimmrecht bezieht und besagt, dass jede Stimme das gleiche Gewicht bei einer Abstimmung hat. Dies ist auch aus dem Englischen als "One man, one vote" oder aus dem Französischen "Égalité" bekannt.
Dies bedeutet, dass jeder Stimmberechtigte nur eine einzige Stimme haben kann, genau wie alle anderen Stimmberechtigten. Ein Gewichtung der Stimme ist nach dem Gleichheitsprinzip nicht zulässig.
Das Gleichheitsprinzip beschränkt sich auf politische Gleichheit bzw. Gleichwertigkeit der Bürger bei Abstimmungen.
Das Klassen- oder Ständewahlrecht verletzte das Gleichheitsprinzip, weil den abstimmenden Personen unterschiedliches Gewicht beigemessen wurde.
Das Gleichheitsprinzip in der Verfassung der BRD
Das Gleichheitsprinzip hat verschiedene Ausprägungen. Als Grundrecht verpflichten der allgemeine und der besondere Gleichheitssatz, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart gemäß zu behandeln.
Im Wahlrecht verbürgt Art. 38 Abs. 1 Grundgesetz die Wahlgleichheit.
Wahlgleichheit bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass
- 1. jede Stimme den gleichen Zählwert hat (100000 Stimmen = 100000 Stimmen, d.h. nicht: 100.000 Stimme = 1 Sitz)
- 2. jede Stimme die gleiche rechtliche Erfolgschance (nicht "Erfolg"!) hat
- 3. eine Betrachtung im Zeitpunkt der Stimmabgabe (vor der Zählung, ex ante) stattfindet.
Das Gericht unterscheidet je nach Wahlsystem (Verhältniswahl oder Mehrheitswahl) zwischen den verschiedenen Varianten der Wahlgleicheit. Das Wahlrecht muss ein konsistentes System bilden. Daher dürfen nicht willkürlich Elemente des Verhältniswahlrechts mit dem des Mehrheitswahlrechts kombiniert werden.
Auszug aus BVerfG JZ 1997, 669 (670) = BVerfGE 95, 335 (353 f.)
"Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit (...) folgt für das Wahlgesetz, daß die Stimme eines jeden Wahlberechtigten den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muß. Maßgeblich ist hierbei eine Betrachtung ex ante. Dieses Gleichheitserfordernis wendet sich historisch gegen eine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen nach der Person des Wählers, seiner Zugehörigkeit zu einer Klasse oder seinen Vermögensverhältnissen (...); es wahrt heute eine Chancengleichheit im strengen und formalen Sinne (...stRspr).
Die in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich vorgegebene Wahlgleichheit wirkt sich in der Mehrheitswahl und in der Verhältniswahl jeweils unterschiedlich aus: Dem Zweck der Mehrheitswahl entspricht es, daß nur die für den Mehrheitskandidaten abgegebenen Stimmen mit gleichem Zählwert zur Mandatszuteilung führen. Die auf den Minderheitskandidaten entfallenden Stimmen bleiben hingegenbei der Vergabe der Parlamentssitze unberücksichtigt. (...)
Hingegen bedeutet Wahlgleichheit bei der Verhältniswahl, daß jeder Wähler mit seiner Stimme den gleichen Einfluß auf die parteipolitische Zusammensetzung des Parlaments haben kann (...stRSpr). Daraus ergeben sich Anforderungen einer spezifischen Erfolgswertgleichheit der Verhältniswahl für das Sitzzuteilungsverfahren nach der Stimmabgabe, in welchem die Zahlen der für die Listen abgegebenen Stimmen zueinander ins Verhältnis gesetzt und danach die in der Listenwahl zu vergebenden Sitze zugeteilt werden. (...)
Die Entscheidung für ein bestimmtes Wahlsystem, entweder für die Verhältnis- oder für die Mehrheitswahl oder für eine Kombination beider Systeme, bedeutet zugleich, daß der Gesetzgeber die im Rahmen des jeweiligen Systems geltenden Maßstäbe der Wahlgleichheit zu beachten hat."