Gentechnisch verändertes Lebensmittel

Überblick über gentechnisch veränderte Lebensmittel
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Ein Gentechnisch verändertes Lebensmittel ist ein Lebensmittel, das aus genetisch veränderten Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen (genetisch veränderte Organismen, GVO) besteht, diese enthält oder daraus hergestellt ist. Rechtlich werden in der EU mit Hilfe transgener Mikroorganismen hergestellte Lebensmittel und mit genetisch veränderten Futtermitteln gefütterte Tiere nicht dazu gezählt.

Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind seit den 1990ern im Handel, der Großteil davon fällt zurzeit auf solche aus Soja und Mais. Aufgrund besorgter Verbraucher gibt es innerhalb der Europäischen Union und auch z.B. in Japan strenge Gesetze zur Rückverfolgung und speziellen Kennzeichnung der Lebensmittel.

Zweck

Genetische Veränderungen bei Lebensmitteln zielen bisher auf die wirtschaftlichere Produktion der Lebensmittel, in seltenen Fällen auch auf die Verbesserung der „biologischen“ Lebensmittelqualität, beispielsweise die Haltbarkeit [1]. Die durchschnittliche Qualität genveränderter Lebensmittel kann trotzdem höher sein; beispielsweise weil der Anteil kranker Pflanzen an der Ernte geringer ist, oder die Belastung durch Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmittel sinkt.

Genetisch hinzugefügte Eigenschaften sind heute[1][2]

Zukünftig könnten genveränderte Lebensmittel im Vergleich zu herkömmlichen Lebensmitteln

  • nährstoff- und geschmacklich reicher,
  • verträglicher (Allergien) und
  • widerstandsfähiger gegen Kälte, Wassermangel, Hitze, versalzene Böden

sein.

Es wird zur Zeit an Pflanzen gearbeitet, die selbständig Impfstoffe produzieren (Functional Food, Pharma-Pflanzen) und so die Impfstoffproduktion verbilligen. Eine Impfung durch den direkten Verzehr einer Frucht birgt unter anderem die Gefahr oraler Toleranz und wird daher nicht mehr angestrebt [3].

Kennzeichnung

In der Europäischen Union müssen alle genetisch veränderten Lebensmittel mit den Ergänzungen „genetisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem … hergestellt“ gekennzeichnet werden. Davon ausgenommen sind nur Lebensmittel, die Material mit einem GVO-Anteil unter dem Schwellenwert von 0,9% (Stand: 2005) enthalten. Dieser GVO-Anteil muss zufällig sein und technisch nicht vermeidbar. Der Schwellenwert wird nach unten angepasst, wenn der wissenschaftlich-technische Fortschritt es erlaubt.

Die Kennzeichnung muss darüber hinaus angeben, inwiefern sich das genetisch veränderte Lebensmittel von einem herkömmlichen Lebensmittel unterscheidet. Das betrifft die Zusammensetzung, den Nährwert, den Verwendungszweck, die gesundheitlichen Auswirkungen auf bestimmte Bevölkerungsgruppen sowie Eigenschaften, die Anlass zu ethischen oder religiösen Bedenken geben [4].

Beispielsweise wurde versuchsweise ein Paranuss-Gen in Sojapflanzen eingeschleust. Im Test reagierten Nussallergiker allergisch auf das genveränderte Soja obwohl sie gegen herkömmliches Soja nicht allergisch reagierten [4]. Die Kennzeichnung müsste auf diese Eigenschaft des genveränderten Sojas hinweisen.

Gesetzliche Zulassung

Genveränderte Lebensmittel sollen nur dann zugelassen werden, wenn ihre Produktion und ihr Konsum keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit oder die Umwelt haben. Darüber hinaus legt das Zulassungsverfahren fest, welche Probenahme-, Identifizierungs- und Nachweisverfahren angewendet werden und gegebenenfalls die Art und Weise der marktbegleitenden Beobachtung.

Maßstab der Zulassung soll eine den höchstmöglichen Anforderungen standhaltende wissenschaftliche Bewertung der Risiken sein. Wenn die wissenschaftliche Bewertung zur Abschätzung der Risiken nicht ausreicht, dürfen auch andere Faktoren berücksichtigt werden. [4]

Diese aufwendigen Zulassungsverfahren sind wegen der schwierigen Risikoabschätzung von Genomänderungen notwendig. Beispielsweise wurde im November 2005 die 10-jährige Forschung australischer Wissenschaftler an genveränderten Erbsen aufgegeben, weil Mäuse unerklärliche allergische Reaktionen auf diese Erbsen zeigten.[5]

Befürworter von gentechnisch veränderten Lebensmitteln argumentieren, dass die Zulassungsverfahren gentechnisch veränderte Lebensmittel sogar sicherer machen als ihre konventionellen Varianten.

Wirtschaftliche Bedeutung

Weltweit wurden im Jahr 2005 von 8,5 Millionen Landwirten auf 90,0 Millionen Hektarn Landfläche genveränderte Nutzpflanzen angebaut (2003 67,7 Mio., 2004 81,0 Mio.; vergleiche Fläche der BRD 35 Mio. ha). Der Großteil davon fällt auf Soja (60%), Mais (24%), Baumwolle (11%) und Raps (5%). Der Anteil genveränderter Sorten an der Gesamtanbaufläche von Soja beträgt schon 56%. Andere genveränderte Nutzpflanzen wie Reis, Zucchini und Papayas spielen bisher nur eine geringe wirtschaftliche Rolle.

Folgende Länder sind führend im Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen (Zahlen von 2005) [6]:

  1.   USA 49,8 Mio Hektar
  2.   Argentinien 17,1 Mio Hektar
  3.   Brasilien 9,4 Mio Hektar (2004 noch 5,0)
  4.   Kanada 5,8 Mio Hektar
  5.   China 3,3 Mio Hektar
  6.   Paraguay 1,8 Mio Hektar

In der Europäischen Union wurde 2005 auf 60.000 ha gv-Mais angebaut, davon 1000 ha in Deutschland. Der Anteil genveränderter Lebensmitteln an allen Lebensmittel ist in der EU sehr gering. Das muss jedoch nicht für den Anteil von genveränderten Futtermitteln zutreffen (wegen Import).

Wirtschaftlich bedeutende Eigenschaften sind bisher nur die Resistenzen gegen Unkrautvernichtungsmittel und Insekten (auf 80% bzw. 28% der weltweiten Anbaufläche, Stand: 2004).[6] Wichtige Lieferanten des genveränderten Saatguts sind Monsanto, Syngenta (Schweiz), Bayer Crop Science (Deutschland) und DuPont (USA).

Lebensmittel aus genetisch veränderten Tieren gibt es bisher nicht.

Nutzen und Risiken

Die Abschätzung der Nutzen und Risiken jedes einzelnen genveränderten Lebensmittels ist Gegenstand aktueller Forschung. Daher raten derzeit Umweltorganisationen wie Greenpeace und der BUND dem Verbraucher vom Einkauf gentechnisch veränderter Lebensmittel ab.

Befürworter von genveränderten Lebensmitteln argumentieren, dass - im Vergleich zu herkömmlichen Lebensmitteln -

  • eine kostengünstigere und ertragreichere Produktion auch den Bauern in Entwicklungsländern zu Gute komme und das Risiko von Hungersnöten mindere,
  • weniger Treibhausgase emittiert würden (wegen verschiedener Wirkungszusammenhänge),
  • genveränderte Lebensmittel sicherer wären, z.B. weil gesunde Pflanzen weniger von Pilzen befallen werden

Kritiker von genveränderten Lebensmitteln argumentieren, dass

  • wegen der relativen Neuheit genveränderter Lebensmittel, die Unbedenklichkeit dieser Lebensmittel nicht garantiert werden könne,
  • ökologische Gefahren des Anbaus genveränderter Pflanzen (grüne Gentechnik) gegen den Kauf dieser Produkte sprächen (verringerte Biodiversität, unbeabsichtigte Freisetzung nicht zugelassener Nutzpflanzen),
  • die wirtschaftlichen Risiken und Nachteile von genveränderten Pflanzen ihren wirtschaftlichen Nutzen überwiegen würden (mittelfristige Pestizid-Resistenz von Unkräutern und Schädlingen, Abschirmungskosten für herkömmliche Nutzpflanzen).

Lebensmittelqualität

Die Pestizidbelastung von Lebensmitteln hängt vom Saatgut ab: In den Anfangsjahren haben Landwirte in den USA für Herbizid-resistente Nutzpflanzen pro Hektar weniger Herbizide eingesetzt als für herkömmliches Saatgut, nach 2001 jedoch mehr. [7]

Kritiker zweifeln, ob die gegenwärtigen Zulassungsverfahren tatsächlich alle Gefahren für den Menschen aufdecken können. Im Tierversuch wurde bewiesen, dass Genfragmente aus GVOs in das Blut und innere Organe des Konsumenten gelangen, aber es ist unbekannt, welche gesundheitlichen Folgen dies langfristig haben kann [8]. Obwohl bisher keine Fälle bekannt sind, in denen zugelassene genveränderte Lebensmittel Schäden am Menschen verursacht haben, könnten die Schäden langfristiger Natur sein oder noch nicht entdeckt sein.

Die gesetzlich geforderte bestmögliche wissenschaftliche Risikobewertung ist bislang nicht gegeben [9], denn

  • chronische Tests (Laufzeit 2 Jahre und länger) auf Krebserzeugung und auf toxikologische Effekte auf Fortpflanzung und Nerven werden nicht durchgeführt,
  • oft werden nur von Bakterien erzeugte Proteine geprüft anstelle der gesamten Pflanzen (im Gegensatz zum Vorgehen bei Pflanzenschutzmitteltests)
  • im Gegensatz zu Medikamenten, werden die Auswirkungen genveränderter Lebensmittel nicht am Menschen geprüft, sondern nur an Tieren (Fütterungsversuche nicht länger als 3 Monate).

Sonstige Risiken

Gesetzliche Kennzeichnungspflicht und Zulassungsverfahren schützen nicht vor Fehlern der Saatgut-Hersteller. Von der Schweizer Firma Syngenta wurde aufgrund einer Verwechslung von 2001 bis 2004 die genveränderte und nicht zugelassene Maissorte Bt-10 mit Resistenz gegen das Antibiotikum Ampicillin als zugelassene Sorte Bt-11 verkauft. Im Jahr 2000 wurde die genveränderte Bt-Maissorte StarLink versehentlich für den menschlichen Verzehr angebaut, obwohl deren Anbau wegen möglicher allergischer Reaktionen nur für Futtermittel zugelassen war.

Internationale Komplikationen

Seit dem Jahre 2003 kam es infolge der Weigerung der EU, genetisch modifizierte Lebensmittel einzuführen, zu Handelskonflikten. Im Jahr 2004 wurde die Einfuhr von genetisch modifiziertem Konservengemüse für den direkten, menschlichen Verzehr („Gen-Mais“) in der EU zugelassen. Weitere Zulassungen sind bereits beantragt und werden vermutlich auch genehmigt werden.

Mit der Abstimmung vom 27. November 2005 stimmten die Schweizer zu Gunsten eines Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft. Dieses Moratorium verbietet Schweizer Landwirten für fünf Jahre Pflanzen anzubauen oder Tiere zu halten, die gentechnisch verändert sind.

Fußnoten

  1. a b Diskurs Grüne Gentechnik des BM für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, April 2002, Seiten 29ff [Oktober 2005]
  2. TransGen - Umfassende Informationen über Gentechnik bei Lebensmitteln
  3. Pharma-Pflanzen vom Umweltinstitut München e.V., ursprünglich veröffentlicht im Gen-Ethischen Informationsdienst (GID)
  4. a b c Alle Rechtsquellen der Europäischen Union
  5. genfood.at: Gentech-Erbsen lösten bei Mäusen Entzündungen aus
  6. a b ISAAA - Aktuelle Zahlen zum weltweiten Anbau von GV-Pflanzen
  7. GM Crops Increase Pesticide Use - Institute of Science in Society (ISIS), 11/12/2003 [Oktober 2005]
  8. Nachweis von Gentech-DNA aus Monsanto-Mais in Tierorganen und -blut wirft viele Fragen auf - Artikel auf Telepolis
  9. Humantoxikologische Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen - vom Büro für Ökologische Risikoforschung

Siehe auch

Parteiische Informationen

Befürworter:

Gegner: