Georg Trakl

österreichischer Dichter des Expressionismus
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Georg Trakl (* 3. Februar 1887 in Salzburg, Österreich; † 3. November 1914 in Krakau, Polen) war ein österreichischer Lyriker und bedeutender Dichter des deutschsprachigen Expressionismus.

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Georg Trakl

Leben

Georg Trakl wurde im Schaffnerhaus am Waagplatz Nr. 2 in Salzburg als Sohn von Tobias Trakl (* 11. Juni 1837 in Ödenburg, † 18.06.1910) und Maria Catharina Trakl (geb. Halik; * 17. Mai 1852 in Wiener Neustadt) geboren. Georg war das fünfte von insgesamt sieben Kindern: Wilhelm Trakl (* 7. Mai 1868, aus der ersten Ehe des Vaters), Gustav Trakl (* 25. Juni 1880), Maria Trakl (* 21. Dezember 1882), Hermine Trakl (* 7. Juni 1884), Friedrich Trakl (* 27. Februar 1890) und Margarethe „Gretl“ Trakl (* 8. August 1891).

Die Familie gehörte dem gehobenen Bürgertum an. Der Vater führte eine gut laufende Eisenhandlung, er galt als gütig, ausgeglichen und lebensfroh. Die Mutter teilte ihr Leben eher selten mit der Familie und widmete sich in erster Linie ihrer Antiquitätensammlung. Sie war kühl und distanziert. Hierunter litten die Kinder, besonders der sensible Georg.

Georg Trakl verbrachte seine Kindheit und Jugendzeit in Salzburg, wo er zusammen mit seinen Geschwistern von einer französischen Gouvernante aufgezogen wurde. Die Gouvernante, Marie Boring, stand 14 Jahre lang im Dienst der Familie und spielte für die Kinder eine wichtige Rolle als Mutterersatz. Sie war strenggläubige Katholikin und brachte den Kindern die französische Sprache bei, ferner las sie mit ihnen häufig französische Literatur und Magazine. Zu dieser Zeit begann Trakls Interesse an französischer Lyrik. In seinem späteren Werk sind u. a. Einflüsse von Arthur Rimbaud und Charles Baudelaire deutlich zu erkennen.

Zu seiner drei Jahre jüngeren Schwester Margarethe (genannt Gretl) entwickelte sich eine sehr innige Beziehung, Trakl sah in ihr ein Abbild seiner selbst. Die Schwester wird in Trakls späterem Werk oft genannt.

Von 1897 bis 1905 besuchte er das humanistische k.u.k. Staatsgymnasium in Salzburg. Er galt als schlechter Schüler (unzureichende Leistungen in Mathematik, Latein und Griechisch) musste 1901 die vierte Klasse wiederholen. Trakls erste literarische Versuche erfolgten um 1904, als er sich dem Dichterzirkel „Apollo“, später umbenannt in „Minerva“, anschloss.

Nachdem er 1905 erneut das Klassenziel nicht erreichte, beendete er seine Schullaufbahn ohne Matura. In diese Zeit fielen auch Trakls erste Experimente mit Drogen (Chloroform, Morphium, Opium, Veronal, Alkohol). Im September 1905 beginnt er ein dreijähriges Praktikum der Salzburger Apotheke "Zum weißen Engel". Durch diese Anstellung war es für ihn leicht, an Rauschmittel zu kommen.

1906 wurden frühe Theaterstücke Trakls (Totentag, Fata Morgana) erstmals am Salzburger Stadttheater aufgeführt. Sie trafen aber auf wenig Anklang, weshalb der Dichter sie bald darauf vernichtete. Trakl fiel damals in eine erste Schaffenskrise. 1908 wurde mit Morgenlied das erste Gedicht Trakls in einer Zeitschrift veröffentlicht. Im selben Jahr schloss er das Apothekerpraktikum ab und begann in Wien Pharmazie zu studieren. Es folgten weitere Veröffentlichungen, nun auch außerhalb Salzburgs.

Nach dem Tod des Vaters 1910 geriet die Familie in finanzielle Schwierigkeiten. Georg promovierte jedoch trotzdem als Magister der Pharmazie und trat kurz danach als einjähriger Freiwilliger in den Militärdienst, woraufhin er bei einer Sanitätsabteilung in Wien stationiert wurde. Zu dieser Zeit verfiel Trakl immer mehr in Depression und Drogenexzesse. Damals gelang ihm jedoch auch ein dichterischer Durchbruch in eine reifere, schwermütige Lyrik, die sein Werk ab diesem Zeitpunkt charakterisieren sollte. Nach dem Ende seines Militärjahres versuchte er, als Apotheker Fuß zu fassen, was ihm jedoch nie richtig gelang, ihn 1911 aber nach Innsbruck führte. Durch seinen Jugendfreund Erhard Buschbeck lernte Trakl dort 1912 auch seinen großen Förderer Ludwig von Ficker kennen, in dessen renommierter Halbmonatszeitschrift "Der Brenner" seine Gedichte von nun an regelmäßig veröffentlicht wurden. Außerdem entwickelten sich Bekanntschaften zu einigen wichtigen Personen der österreichischen Literatur- und Künstlerszene, darunter auch Karl Kraus, Adolf Loos und Oskar Kokoschka.

Im Verlauf der Zeit litt Trakl zunehmend unter Angst und Depression. Teilweise hatte er nahezu panische Angst vor fremden Menschen, und durch seinen Alkohol- und Drogenkonsum lebte er teilweise zwischen Euphorie und Betäubung.

1912 bekam Georg Trakl eine Stelle als Militärmedikamentenbeamter in Wien, die er jedoch nach einigen Wochen wieder abbrach. Auf der Suche nach einer geeigneteren Stelle und Verlegern für seine Gedichte pendelte er in der Folgezeit zwischen Salzburg, Wien und Innsbruck hin und her. Nachdem 1913 sein Manuskript Gedichte vom Leipziger Kurt Wolff Verlag veröffentlich wurde, reiste Trakl mit Kraus, Loos und Ficker nach Venedig und hielt Ende des Jahres seine erste und einzige öffentliche Lesung in Innsbruck. Trotz seiner literarischen Erfolge sprach der Dichter von einer "Kette von Krankheit und Verzweiflung", die sein Leben heimsuche. Im März 1914 reiste Trakl zu seiner erkrankten Schwester Grete, die in jenen Tagen eine Fehlgeburt erlitt, nach Berlin. Dort lernte er auch Else Lasker-Schüler kennen, die seiner Schwester ebenfalls Beistand leistete. Wieder in Innsbruck, arbeitete Trakl weiter an seinem zweiten Gedichtband "Sebastian im Traum", den er selbst noch auf den Weg zur Veröffentlichung bringen konnte.

Im August 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Trakl wird als Militärapotheker ins Heer einberufen. Er erlebte die Schlacht bei Gródek mit. Hier hatte er 90 Schwerverwundete unter schlechten Bedingungen allein zu versorgen. Zwei Tage und zwei Nächte war er im Lazarett und hörte das Jammern der Schwerverletzten, denen er aber nicht helfen konnte. Als sich einer der Verwundeten vor seinen Augen erschoss, rannte er nach draußen. Dort jedoch sah er viele Gehenkte an den Bäumen hängen, daraufhin erlitt er einen Nervenzusammenbruch. Einen Selbstmordversuch konnten Kameraden verhindern, jedoch wurde er hiernach zur Beobachtung seines Geisteszustandes in ein Krakauer Militärspital eingewiesen. Am Abend des 3. November 1914 starb er dort nach einer Überdosis Kokain an einer Herzlähmung. Ob es ein Unglück oder eine Selbsttötung war, ist bis heute ungeklärt. Da Trakls Werk von Schwermut, Trauer und der Suche nach Gott geprägt ist, erscheint eine Selbsttötung als nicht abwegig. Sein vorletzter Brief aus dem Spital an Ludwig von Ficker hat testamentarischen Charakter.

Im Frühjahr 1915 wird der Gedichtband "Sebastian im Traum" ausgeliefert.

Georg Trakl wurde zunächst auf dem Krakauer Rakoviczer Friedhof begraben, 1925 jedoch auf Wunsch von Ludwig von Ficker nach Mühlau bei Innsbruck überführt.

Werk

Trakl veröffentlichte schon 1908 und 1909 erste Gedichte, aber in seiner Bedeutung erkannt wurde er erst von Ludwig von Ficker, in dessen Zeitschrift Der Brenner er von 1912 bis 1915 (zuletzt postum) regelmäßig veröffentlichen konnte. 1913 erschien im Kurt Wolff Verlag die Sammlung Gedichte, 1915 posthum, aber noch von Trakl selbst zusammengestellt, die Sammlung »Sebastian im Traum«. Nur wenige andere Gedichte und Prosaarbeiten Trakls wurden zu seinen Lebzeiten veröffentlicht. Neben einer frühen Sammlung von Gedichten aus dem Jahr 1909, für die Trakl keinen Verleger hatte finden können und die er später verwarf, finden sich im Nachlass ein reicher Schatz von unveröffentlichten Gedichten, alternative Fassungen veröffentlichter Gedichte sowie einige wenige Dramenfragmente und Aphorismen.

Im Werk Trakls überwiegen die Stimmung und die Farben des Herbstes, dunkle Bilder des Abends und der Nacht, des Sterbens, des Todes und des Vergehens. Zwar sind die Gedichte reich an biblisch-religiösen Bezügen und vielen eignet eine kontemplative Offenheit zur Transzendenz, doch nur selten bricht das Licht der Erlösung durch das Dunkel. Die häufige Farbsymbolik diente anfangs der Beschreibung reeller Dinge, später waren die Farben oft als eigenständige Metaphern verselbständigt. Als Beispiel für Trakls Lyrik siehe Der Herbst des Einsamen. In dem Gedicht Grodek verarbeitete er seine Kriegserlebnisse. In manchen Gedichten thematisiert er auch die angebliche inzestuöse Liebe zu seiner Schwester.

Charakteristisch für die Form seiner Gedichte ist der expressionistische Reihungsstil (Genaueres siehe dort), den er selbst charakterisiert als „meine bildhafte Manier, die in vier Strophenzeilen vier einzelne Bildteile zu einem einzigen Eindruck zusammenschmiedet“ (aus einem Brief an Erhard Buschbeck vom Juli 1910, Dichtungen und Briefe, Band I, S. 478).

Bibliographie

  • Gedichte, Leipzig (K. Wolff), 1913
  • Sebastian im Traum, Leipzig (K. Wolff), 1915 (postum)
  • Dichtungen und Briefe, historisch-kritische Ausgabe, hrsg. v. Walther Killy u. Hans Szklenar, 2 Bände, Salzburg (Otto Müller), 1969, 2. Auflage 1987
  • Das dichterische Werk, München (dtv), 1972 (dtv 6001 bzw. 12496) (Diese Taschenbuchausgabe enthält das gesamte dichterische Werk Trakls in der Textfassung und Anordnung der historisch-kritischen Ausgabe von Killy/Szklenar, zu ausgewählten Gedichten den kritischen Apparat und eine Zeittafel.)
  • Werke, Entwürfe, Briefe, hrsg. v. Hans-Georg Kemper u. Frank Rainer Max, Stuttgart (Reclam), 1984, bibliographisch ergänzte Ausgabe 1995 (Universal-Bibliothek 8251) (Diese Taschenbuchausgabe beruht auf der historisch-kritischen Ausgabe von Killy/Szklenar. Sie enthält die von Trakl selbst redigierten Gedichtbände, die Veröffentlichungen im Brenner 1914/15 und eine Auswahl aus dem Nachlaß, den Entwürfen und Briefen. Im Anhang findet sich neben dem Apparat und einigen Daten zu Leben und Werk Trakls ein Nachwort Kempers und eine Auswahl-Bibliographie.)
  • Sämtliche Werke und Briefwechsel. Innsbrucker Ausgabe, historisch-kritische Ausgabe mit Faksimiles der handschriftlichen Texte Trakls, hrsg. v. Eberhard Sauermann u. Hermann Zwerschina, 6 Bände und 2 Supplementbände, Basel/Frankfurt (Stroemfeld/Roter Stern), 1995 ff.

Bücher über Trakl

  • Hans Weichselbaum: Georg Trakl. Eine Biographie mit Bildern, Texten und Dokumenten. Salzburg 1994. ISBN 3-7013-0889-6
  • Esselborn, H.: Georg Trakl. Die Krise der Erlebnislyrik. Böhlau Verlag KG, Köln 1981.
  • Helmut Schinagl: Die dunklen Flöten des Herbstes. Der Lebensroman des Dichters Georg Trakl, Graz 1971
  • Alfred Doppler: Die Lyrik Georg Trakls, Wien u. a. 1992
  • Otto Basil: Trakl, Rowohlt-Verlag, ISBN 3-499-50106-6

Siehe auch

Wikisource: Georg Trakl – Quellen und Volltexte