Weingärtnergenossenschaft Neckarsulm-Gundelsheim

deutsche Organisation
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Die Weingärtnergenossenschaft Neckarsulm-Gundelsheim eG wurde im Jahre 1855 gegründet und ist damit die älteste heute noch bestehende Weingärtnergenossenschaft Deutschlands und wahrscheinlich auch der Welt. Ziel dieser Genossenschaft war die gemeinschaftliche Kelterung und Vermarktung ihrer Erzeugnisse. Sie ging aus dem Weinbauverein hervor, der bereits 1834 gegründet wurde.

Weingärtnergenossenschaft Neckarsulm-Gundelsheim eG

Geschichte

Der Weinbau hat in Neckarsulm eine Jahrhunderte alte Tradition. Bereits im 8. Jahrhundert gab es am unteren Neckar ausgedehnte Weinbauflächen. Und am Ende des 13. Jahrhunderts haben sich am Südhang des Scheuerberges und am Hungerberg Weingärten befunden. Nach dem Übergang Neckarsulms an das Königreich Württemberg 1805/1806 besaß der Ort vier Keltern: die Schlosskelter, die große Kelter, die kleine Kelter und die Amorbacher Hofkelter. Die beiden letzten wurden 1945 zerstört.

 
1855–2005: 150 Jahre Weingärtnergenossenschaft Neckarsulm-Gundelsheim eG

Am 28. Oktober 1834 gründeten der Hotelier Anton Victor Brunner, der Weingärtner Wilhelm Fischer und der Stadtpfleger Fleiner mit fünf weiteren Neckarsulmern einen Weingärtnerverein. Dieser hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Weinbau durch Beschaffung und Austeilung von geeigneten Reben in den dafür geeigneten Lagen zu fördern. Damals gab es ca. 178 Hektar Weinberge. Die wechselvolle Geschichte des Neckarsulmer Weingärtnervereins wurde in einer Chronik ab der Gründung 1834 dokumentiert. Diese Chronik enthielt neben allen wichtigen Ereignissen des laufenden Weinjahres auch Notizen zu Politik und Wirtschaft und stellt deshalb ein großartiges Geschichtsbuch über Neckarsulm dar.

Im Jahre 1855 ging aus diesem Weingärtnerverein die „Association für Bereitung und Verwertung des Weinmostes“ hervor. Sie ist damit die älteste heute noch bestehende Weingärtnergenossenschaft Deutschlands und wahrscheinlich auch der Welt. Ziel dieser Genossenschaft war die gemeinschaftliche Kelterung und Vermarktung ihrer Erzeugnisse. Der Grundgedanke dabei war, dass man sich nicht länger dem Preisdiktat der Weinaufkäufer unterwerfen wollte, die die Preise für den Wein oft willkürlich festsetzten. Wichtig war auch der Qualitätsgedanke und dass gute Bezahlung nur für entsprechend guten Wein gefordert werden konnte. Das beinhaltete zum Beispiel auch den Anbau im „reinen Satz“, das heißt, dass jede Sorte unvermischt angepflanzt wurde und weiterhin auch die passenden Standorte für die edleren Rebsorten notwendig waren. In der Weingärtnergenossenschaft schlossen sich im Jahre 1855 130 Mitglieder zusammen, 1856 zählte sie 157 Mitglieder und im Jahr 1862 waren es bereits 300 Mitglieder. Am zweiten Weihnachtsfeiertag, dem Stephanstag, treffen sich die Weingärtner, um ihre Chronik zu verlesen. Bei solchen Anlässen kreist auch eine 1834 gestiftete silberne Trinkbutte, die etwa einen Schoppen fasst. Auf dieser ist auf der Vorderseite über dem Bildnis Noahs, der biblischen Erzählung nach der erste Winzer, der Vers eingraviert:

„Vater Noah, Wein-Erfinder
sicher sammeln ihren Wein
deine Neckarsulmer Kinder, 
dankbar in die Butten ein.“
 
Ehrenurkunde über Preismünzen für gute Weine (2000)

Die Bemühungen um bestmögliche Qualität der Weine wurden nach 1850 auf nationalen und internationalen Ausstellungen durch Auszeichnungen gewürdigt. So zum Beispiel 1857 auf dem Cannstatter Volksfest und 1896 bei der deutschen Landwirtschaftsausstellung in Cannstatt. Auf letztgenannter Ausstellung wurde der Neckarsulmer Clevner als bester von 34 ausgestellten Weinen aus Württemberg ausgezeichnet. Weitere Auszeichnungen in London, Paris. Zürich und Frankfurt folgten. Aus dem Ausland kamen Delegationen nach Neckarsulm, um die Weinbaukultur und die genossenschaftliche Organisation zu studieren: so 1875 aus Ungarn, später aus Siebenbürgen und 1886 aus Tiflis im Kaukasus.

Ab 1923 wurde aus dieser „Association“ die Weingärtner-Gesellschaft GmbH und seit 1939 ist es die Weingärtnergenossenschaft. Im Jahre 1956 trat die Mehrzahl der Gundelsheimer Weingärtner der Neckarsulmer Genossenschaft bei.

Auch in jüngster Zeit erhielten die Weingärtner Neckarsulms für ihre Weine Auszeichnungen. So wurden zum Beispiel vom Weinbauverband Württemberg e.V. im Jahre 2000 anlässlich der württembergischen Weinprämierung zehn goldene, zwölf silberne und sieben bronzene Preismünzen zuerkannt.

Quellen: [1] und [2]

Unternehmen

 
ehem. Zehntscheuer (rechts) gehört heute zur Weingärtnergenossenschaft

Die Weingärtnergenossenschaft Neckarsulm-Gundelsheim eG hat 70 Mitglieder, die etwa 45 Hektar Ertragsrebfläche bewirtschaften, davon 13 Hektar in Gundelsheim. Sie befindet sich in der ehemaligen Schlosskelter des Deutschordensschlosses Neckarsulm und bewirtschaftet weitere Wirtschaftsgebäude wie zum Beispiel die ehemalige Zehntscheuer. Im Schlosskeller können über 600.000 Liter Wein gelagert werden.

Von den verkauften Weinen gehen:

  • 44% an Weingroßhandlungen und Filialisten,
  • 42% an Endverbraucher,
  • 9% an Gaststätten und
  • 5% an sonstige Wiederverkäufer.

Die Genossenschaft liefert ins gesamte Bundesgebiet und bietet zum Beispiel mit dem Muskattrollinger Weißherbst und verschiedenen Barrique-Weinen noch einige Spezialitäten an. Außerdem hat sie mit den neuen Marken „Villa Sulmana“ (nach dem alten Namen Neckarsulms) und „Ganzhorn“ (zu Ehren Wilhelm Ganzhorns, der hier von 1859–1878 Oberamtsrichter war) Weine für echte Weinkenner und die gehobene Gastronomie im Programm. Quelle: [3]

Einzellagen und Rebsorten

 
Der Neckarsulmer Hausberg: der Scheuerberg (von Süden)
 
Weinprobe im Keller der WG: hier "Villa Sulmana"

Die Anbaugebiete der Weingärtnergenossenschaft gehören innerhalb des Weinbaugebiets Württemberg zur Großlage Staufenberg. Es sind dies die Einzellagen Scheuerberg (an der Württemberger Weinstraße) sowie in Gundelsheim die Einzellage Himmelreich:

  • Einzellage Scheuerberg:
  • Gesamtgröße der Lage: 75 ha
  • Haupthimmelsrichtung: West bis Süd
  • Höhe über NN: 160 bis 330 m
  • Haupthangneigung: mäßig bis steil
  • Hauptrebsorten: Trollinger, Schwarzriesling, Heroldrebe, Riesling, Kerner
  • Bodenart: Vorwiegend schwere Verwitterungsböden aus Gipskeuper, Lettenkeuper und Schilfsandstein
  • Gesamtgröße der Lage: 40 ha
  • Haupthimmelsrichtung: Südwest bis Süd
  • Höhe über NN: 155 bis 320 m
  • Haupthangneigung: mäßig bis stark geneigt, sowie Mauer-Terrassen
  • Hauptrebsorten: Weißwein (Riesling, Silvaner, Müller-Thurgau) Rotwein (Lemberger, Trollinger, Schwarzriesling)
  • Bodenart: Muschelkalk-Verwitterungsboden, lehmiger Ton

Auf etwa 75% dieser Flächen wachsen die Rotweinesorten Trollinger, Lemberger, Cabernet, Sauvignon, Cabernet Mitos, Dornfelder, Spätburgunder, Samtrot, Schwarzriesling und Heroldrebe. Auf den restlichen 25% die weißen Sorten Weißriesling, Kerner, Müller-Thurgau, Weißburgunder, Grauburgunder und Traminer. Quelle: [4]

Literatur

  • Adelmann/Birmele/Groenewold/Heuschele: Württemberg – Vinothek der deutschen Weinberg-Lagen, Seewaldverlag, Stuttgart-Degerloch 1981
  • Dr. Wolfram Angerbauer: Weinbau und Keltern in Neckarsulm, Hrsg. Kreissparkasse Heilbronn, Neckarsulm 1986
  • Autorenteam (Redaktion: Barbara Griesinger): Neckarsulm. Die Geschichte einer Stadt, Hrsg. Stadt Neckarsulm, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-8062-0883-2
  • Carlheinz Gräter: Württemberger Wein – Landschaft, Geschichte, Kultur, DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 1993
  • Autorenteam: 150 Jahre Wein und Sang (Festschrift zum 150 jährigen Bestehen von: MGV (Gesangsverein) CONCORDIA 1855 Neckarsulm e.V. und Weingärtnergenossenschaft Neckarsulm-Gundelsheim eG), Neckarsulm 2005

Quellen

  1. Wolfram Angerbauer in: Neckarsulm. Die Geschichte einer Stadt, Stuttgart 1992, Seite 89 bis 98 und 225 bis 240
  2. „150 Jahre der Tradition verpflichtet - Neckarsulm setzt Akzente“
  3. Autorenteam: Festschrift zum 150 jährigen Bestehen der Weingärtnergenossenschaft Neckarsulm-Gundelsheim eG, Neckarsulm 2005, S. 51
  4. Autorenteam: Württemberg – Vinothek der deutschen Weinberg-Lagen, Stuttgart-Degerloch 1981, S. 156 und 160