Der Europäische Maulwurf, wissenschaftlicher Name Talpa europaea, ist der einzige in Deutschland vorkommende Vertreter der Familie der Maulwürfe (Talpidae) aus der Ordnung der Insektenfresser (Insectivora).
Europäischer Maulwurf | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Talpa europaea | ||||||||||||
Linnaeus 1758 |

Beschreibung
Der Europäische Maulwurf zeichnet sich durch einen walzenförmigen Körper aus. Der Hals ist kurz und kaum sichtbar. Hinterbeine und Schwanz sind kurz. Die Vorderfüße sind zu Grabschaufeln umgebildet. Die Augen sind klein, schwarz und im Fell versteckt. Das Haarkleid ist weich, dicht und kurz. Das Fell ist schwarz und hat keinen Strich. Dadurch kann er in den Gängen rückwärts fast genauso gut laufen wie vorwärts. Die Körperlänge beträgt 11 - 16 cm, das Gewicht 60 - 130 g.
Verbreitung
Ganz Europa, abgesehen vom mittleren und nördlichen Nordeuropa, und weiter in Asien bis zur Mongolei. Der Europäische Maulwurf ist in fast ganz Europa verbreitet, außer im äußersten Süden (dort vertreten durch Talpa caeca und Talpa romana, über deren taxonomische Stellung noch Uneinigkeit herrscht), er fehlt außerdem im Norden und in Island. In Europa gibt es zwei Unterarten, T. e. europaea L. und T. e. frisius P.L.S. MÜLLER. Für Mitteleuropa ist Talpa europaea nur in der Unterart T.e. frisius nachgewiesen. In den Alpen soll Talpa europaea bis in 2400m Höhe (HERTER 1979) vorkommen.
Lebensweise
Er lebt in einem unterirdischen Gangsystem, das er ständig erweitert. Dieses System nutzt er zur Jagd. Im Normalfall wird die dabei anfallende Erde an die Oberfläche geschoben, wobei die charakteristischen Maulwurfshügel entstehen. Bei besonders lockerem Boden fällt kaum Abraum an und bei Schneebedeckung kommt es sogar vor, dass die Gänge durch die Grasnarbe führen. Die Maulwurfshaufen befinden sich im allgemeinen nicht über den Gängen, sondern seitlich darüber, weil die Erde schräg nach oben gedrückt wird. Der größte Teil der Maulwurfsgänge liegt nicht tiefer als 10-20 cm, oft noch oberflächennaher, aber unterhalb der Hauptwurzelregion. Nur im Winter, vor allem bei Frost und bei großer Trockenheit im Sommer, verlegt Talpa europaea seine Aktivität in größere Tiefen von bis zu 50 - 60 cm. Dies geschieht meist in Abhängigkeit von den Vertikalbewegungen der Regenwürmer, denen er folgt. Neben den Jagdgängen, die pro Tag um bis zu 20 Meter verlängert werden (HAUCHECORNE 1927), legt der Europäische Maulwurf eine Nestkugel von ca. 20 cm Durchmesser an, die mit Laubblättern und Gras ausgepolstert wird (EISENTRAUT 1936; KLEIN 1967). In den Nestkugeln zieht das Weibchen auch die Jungen auf. Die Tiefe der Nestkugel im Boden hängt unter anderem vom Grundwasserstand ab und wird bei Frost, wie die Gänge, tiefergelegt oder es werden Erdhaufen zur Bedeckung darüber geschichtet. Der Maulwurf ist ein guter Schwimmer.
Faktoren, die verhindern, dass Maulwürfe das potentielle Höchstalter erreichen, sind neben dem Menschen, der ihnen nachstellt oder Äcker und Wiesen umpflügt, auch Hochwässer, dauerhafter Bodenfrost, Rivalen der eigenen Art und Fressfeinde, wie Fuchs, Bussard, Eulen, Rabenvögel, Störche und Wildschweine. Haushunde beißen Maulwürfe gelegentlich tot, fressen sie aber nicht. Gelegentlich werden Maulwürfe von Hauskatzen erbeutet (GÖRNER & HACKETHAL 1988; HAECK 1969; HERTER 1979). Das Alter von Talpa europaea wird meist mit drei bis vier, maximal fünf Jahren angegeben. Untersuchungen zeigen, dass mehr als zwei Drittel einer Population einjährig oder jünger sind. Drei- und vierjährige Tiere werden nur selten gefunden (FUNMILAYO 1976; SKOCZEN 1966; HIMMERÖDER 1988).
Ernährung
Maulwürfe leben ausschließlich von tierischer Nahrung, v.a. Regenwürmern und Insekten (Käfer, Käferlarven, Dipterenlarven). Ein 100 g schwerer Maulwurf konsumiert 20 – 25 kg Würmer und Insekten pro Jahr (Godfrey und Crowcroft 1960). Nach neueren Beobachtungen geht man von einer täglichen Nahrungsaufnahme von nur 5 - 50 g, mit einem Mittel von 20 - 30 g aus (MELLANBY 1967; WITTE 1981).
Fortpflanzung
Die Paarungszeit fällt bei mitteleuropäischen Maulwürfen in die Zeit von März bis April. Bei einer durchschnittlichen Tragzeit von drei bis vier Wochen fällt die Geburt der jungen Maulwürfe in den engen Zeitraum von Ende April bis Anfang Juni.
Maulwurfweibchen werfen einmal im Jahr zwei bis sechs Junge (HAUCHECORNE 1927; STEIN 1959). Diese Jungtiere sind durch Pigmentierungen der Innenseite der Vorderpfoten zu erkennen. Die im Nest liegenden, anfangs nackten und nur bohnengroßen Jungen sind drei Wochen blind, werden vier bis sechs Wochen gesäugt und beenden die Nestlingszeit nach 1-2 Monaten. Nach 9-12 Monaten erlangen die Jungen die Geschlechtsreife, so dass sie sich meist nach dem ersten Winter an der Fortpflanzung beteiligen.
Gefährdung
Wegen der unterschiedlichen Beurteilung der Nahrungsart und -menge der Maulwürfe kam es in früheren Jahrzehnten zu heftigen Kontroversen über vermeintliche "Schädlichkeit" (Regenwurmvernichter) oder "Nützlichkeit" (Drahtwurmvertilger) von Talpa europaea. Seit 1988 steht der Maulwurf in der BRD auf der "Roten Liste". Der Artenschutz verbietet explizit jegliches Töten der Tiere. Einzig die Vergrämung mit ökologischen Mitteln ist erlaubt. In seltenen Fällen werden bei den unteren Landschaftsbehörden Ausnahmegenehmigungen erteilt. Ebenfalls ist es erlaubt, ihn umzusiedeln.
Sonstiges
Vom Maulwurf sind folgende Körpereigenschaften bekannt:
- Aufgrund seiner speziellen Muskel- und Knochenkonstruktion kann der Maulwurf das 32-fache seines Körpergewichts anheben. (Arlton 1936) Ein 100 kg schwerer Mensch müsste entsprechend 3.200 kg anheben.
- Maulwürfe benötigen zum Graben 400- bis 4.000-mal so viel Energie wie zum Laufen an der Erdoberfläche (Vleck 1979, Universität von Arizona.)
- Die Grabgeschwindigkeit kann, je nach Bodenbeschaffenheit, bis zu 7 m pro Stunde betragen. Die fertig gestellten Gänge durchläuft der Maulwurf mit einer Geschwindigkeit von bis zu 67 Meter pro Minute (4 km/h). (Godfrey 1955)
- Maulwürfe besitzen 2-mal soviel Blut und rotes Hämoglobin wie andere Säugetiere gleicher Größe; dadurch wird der im Erdreich vorhandene geringe Sauerstoffgehalt (bei gleichzeitig hohem Kohlendioxidgehalt) besser nutzbar. (Arlton 1936)
Literatur
- EISENTRAUT, M. (1936): Die Sumpfburgen des Maulwurfs. - Märkische Tierwelt 2:40-51.
- FUNMILAYO, O. (1976): Age determination, age distribution and sex ratio in mole population.- Acta Theriologica 21:207-215.
- GODFREY, G. (1955): A field study of the activity of the mole (Talpa europaea).- Ecology 36:678-685.
- GODFREY, G. & CROWCROFT, P. (1969): The life of the mole.- London.
- GÖRNER, M. & HACKETHAL, H. (1988): Säugetiere Europas.- Stuttgart, München.
- GRULICH, I. (1967): Die Variabilität der taxonomischen Merkmale des Maulwurfs (Talpa europaea L., Insectivora) im Zusammenhang mit Alter und Geschlecht.- Zoologické listy 16:125-144.
- HAECK, J. (1969): Colonization of the mole (Talpa europaea L.) in the Ijsselmeer polders.-Netherlands Journal of Zoology 19:145-248.
- HAUCHECORNE, F. (1927): Studien über die wirtschaftliche Bedeutung des Maulwurfs (Talpa europaea).- Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere 9:439-571.
- HERTER, K. (1979): Die Insektenesser.- In: GRZIMEK, B. [Hrsg.]: Grzimeks Tierleben 10:169-232, Säugetiere.- München.
- HIMMERÖDER, J. (1988): Zusammenhänge von Schwermetallgehalten in unterschiedlich genutzten Böden und in Talpa europaea L.- Dipl. Arb. Univ. d. Saarl. FB Biogeogr.
- KLEIN, H. (1967): Untersuchungen zur Ökologie und zur verhaltens- und stoffwechselphysiologischen Anpassung von Talpa europaea (LINNÉ 1758) an das Mikroklima seines Baues.- Diss. Tübingen.
- KRISZAT, G. (1940): Untersuchungen zur Sinnesphysiologie, Biologie und Umwelt des Maulwurfs (Talpa europaea L.).- Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere 36:446-511.
- MELLANBY, K. (1967): Food and activity in the mole Talpa europaea.- Nature 215:1128-1130.
- MELLANBY, K. (1973): The mole.- New York.
- OPPERMANN, J. (1968): Die Nahrung des Maulwurfs (Talpa europaea L. 1758) in unterschiedlichen Lebensräumen.- Pedobiologia 8:59-74.
- RAW, F. (1966): The soil fauna as a food source for moles.- Journal of Zoology 149:50-54.
- ROZMUS, S. (1973): Keeping the mole (Talpa europaea Linnaeus, 1758) in captivity.- Acta Theriologica 18:489-490.
- SACHTLEBEN, H. (1926): Untersuchungen über die Nahrung des Maulwurfs.- Arbeiten aus der Biologischen Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft 14:77-96.
- SCHAERFFENBERG, B. (1940): Die Nahrung des Maulwurfs (Talpa europaea L.).- Zeitschrift für angewandte Entomologie 27:1-70.
- SCHAERFFENBERG, B. (1941): Zur Biologie des Maulwurfs (Talpa europaea L.).- Zeitschrift für Säugetierkunde 14:272-277.
- SKOCZEN, S. (1966): Age determination, age structure and sex ratio in mole, Talpa europaea Linnaeus, 1758 populations.- Acta Theriologica 11:523-536.
- STEIN, G.H.W. (1950): Größenvariabilität und Rassenbildung bei Talpa eurpaea L.:.- Zoologisches Jahrbuch (Abt. f. Systematik, Ökologie u. Geographie) 79:321-349.
- STEIN, G.H.W. (1959): Ökotypen beim Maulwurf, Talpa europaea L. (Mammalia).- Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum Berlin 35:3-43.
- STRESEMANN, E. (1980): Exkursionsfauna für die Gebiete der DDR und der BRD.- 3, Wirbeltiere; Berlin. - [7. Aufl.].
- VORONOV, N.P. (1968): Über die Wühltätigkeit des Maulwurfs (Talpa europaea L.) Pedobiologia 8:97-122.
- WITTE, J.W. (1981): Erfahrungen mit der Käfighaltung von Maulwürfen (Talpa europaea L.).- Zoologischer Garten 51:193-215.