Burgviertel (Budapest)

Stadtteil von Budapest
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Das Burgviertel auf dem Burgberg in der ungarischen Hauptstadt Budapest ist wohl eines der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Millionenmetropole. Obwohl das Burgviertel zweimal fast vollständig zerstört wurde, konnte es seinen Charme bis in die heutige Zeit erhalten. Die verwinkelten und für den normalen Verkehr gesperrten Straßen und Gassen sind täglich Anlaufpunkt tausender Touristen, die sich auf die Suche machen, um das mittelalterliche Buda zu entdecken. Das Viertel entstand aus dem alten Budaer Stadtkern, welcher sich vom Wiener Tor (ungarisch: Bécsi kapu) bis hin zum Szent György tér erstreckt. Die Gebäude sind überwiegend im barocken Stil erbaut worden. Die meisten Touristen assoziieren mit dem Burgberg nur den Burgpalast. Aber auch das Burgviertel hat viele interessante Orte und Plätze, die erwähnenswert sind. So unter anderem die Matthiaskirche.

Geschichte

Bereits im 13. Jahrhundert erkannten die Ungarn und ihr König Béla IV. die strategische Bedeutung des 168 Meter hoch aufragenden Inselberges, welcher sich keilförmig entlang des rechten Ufers der Donau erstreckte. Da man in dem Berg den idealen Platz für die Residenz des ungarischen Königs sah, wurde an seiner Südostspitze begonnen eine Burg zu errichten, die Burg Buda. Parallel dazu entstand auf der nordwestlichen Seite des Berges eine Bürgerstadt. Im Verlaufe der Türkenkriege wurden weite Teile des Burgviertels fast vollständig zerstört, welche man im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts aber wieder im barocken Stil wieder aufbaute. Ein zweites mal Stand das Burgviertel am Ende des Zweiten Weltkrieges kurz vor der Zerstörung. Beim anschließenden Wiederaufbau fand man unter vielen Häusern die mittelalterlichen Grundmauern und manche interessante Details, wie die gotischen Sitznischen.

Überblick

Wiener Tor

Das Wiener Tor (ungarisch: Bécsi kapu) ist einer der Hauptzugänge zum Burgviertel. Täglich kommen hier unzählige Busse vom Moskva tér an und bringen damit tausende Touristen in das Viertel. Das Wiener Tor befindet sich an der Stelle des einstigen Samstag-Tor's (ungarisch: Szombat kapu). Errichtet wurde es 1936 anlässlich des 250. Jahrestages der Befreiung Budas von den Türken (1886), woran auch eine Gedenktafel an der Innenseite des Tors erinnern soll. Die Pläne für das beeindruckende Bauwerk stammen aus der Feder von Jenö Lechner. Direkt hinter dem Tor erstreckt sich der Platz des Wiener Tores (ungarisch: Bécsi kapu tér, auf dem früher an Samstagen Markt abgehalten wurde.

  • Gegenüber vom Wiener Tor zwischen der Táncsics und Fortuna utca steht die Lutherische Kirche (ungarisch: Evangélikus templom). Erbaut wurde diese im Jahre 1896. In der Kirche werden über das ganze Jahr verteilt Kirchenkonzerte abgehalten.
  • Das Gebäude des Nationalarchivs (ungarisch: Országos Levéltár) ist rechts neben dem Wiener Tor zu finden. Erbaut wurde der neoromanische Bau in den Jahren 1915 bis 1918.
  • Die Anjou-Bastei (ungarisch: Anjou-bástya) findet sich westlich des Wiener Tors, hinter dem Nationalarchiv. Sie gehört zum nordwestlichen Abschnitt der Burgbefestigung und war in den Befreiungskämpfen im Jahre 1686 stark umkämpft. Begibt man sich zur zweiten halbrunden Ausbuchtung der Bastei so kann man einen kleinen Gedenkstein finden, den die Ungarn 1936 dem letzten türkischen Pascha von Buda gewidmet haben der 1686 hier fiel.

Táncsics Mihály utca

Die Táncsics Mihály utca führt vom Wiener Torplatz in südlicher Richtung zum Dreifaltigkeitsplatz (ungarisch: Szentháromság tér). Benannt wurde die Straße nach dem ungarischen Schriftsteller Mihály Táncsics. Die ehemals Judengasse genannte Straße ist eine der ältesten auf dem Burgberg.

  • In der Táncsics Mihály utca hat auch das ungarische Landesdenkmalamt seinen Sitz, wo die Werke der bedeutendsten ungarischen Baumeister und Architekten ausgestellt dargestellt werden.
  • Das Haus Nr.7 in der Táncsics Mihály utca ist der Sitz des Museums für Musikgeschichte. Es wurde zwischen 1750 und 1769 nach Plänen von Matthäus Nepauer im Barockstil errichtet. Zu finden sind hier unter anderem Musikinstrumente aus den verschiedensten Epochen, darunter auch die Instrumente eines gesamten Orchesters aus der Zeit Joseph Haydns. Des Weiteren findet sich hier eine Sonderausstellung zum Leben und den Werken von Béla Bartók. Was man auch nicht versäumen sollte sind die gelegentlich gegebenen Konzerte in dem Gebäude.
  • Das Leben der Juden in Budapest bzw. Ungarn wird im Haus mit der Nr. 26 gezeigt. Einst war dieses kleine im gotischen Stil errichtete Haus ein jüdisches Bethaus (ungarisch: Középkori Zsidó Imaház) welches die kleine hier ansässige jüdische Gemeinde seit dem 14. Jahrhundert nutzte. Im Hof des Hauses sind Teile der 1461 auf diesem Platz Synagoge ausgestellt, deren Grundmauern bei Ausgrabungen im Garten des Hauses Nr. 23 gefunden wurden.

Geht man zwischen Haus Nr. 17 und 23 entlang zum nördöstlichen Teil der Befestigungsanlagen so gelangt man zur Mihály-Babits-Promenade (ungarisch: Babits Mihály sétány). Sie reicht im Norden bis zum Wiener Tor. Unterhalb der Promenade und der Mauern findet man den Europapark (ungarisch: Europa-liget), der zum 100. Jahrestag der Vereinigung von Buda und Pest angelegt wurde.

Andreas Hess Platz

Der Andreas Hess Platz (ungarisch: Hess András tér) wurde nach dem Buchdrucker Andreas Hess benannt. In die Ungarische Geschichte hielt er Einzug, da in seinem Haus Nr. 4 im Jahre 1437 das erste gedruckte Buch in Ungarn entstand, die Chronica Hungarium.

  • Schaut man über den Platz so fällt einem Statue ins Auge. Geschaffen wurde dieses Denkmal 1936 von József Damkó. Es stellt Papst Innozenz XI. dar, dem es zu verdanken war das 1686 die Heilige Liga gegen die Türken zu stande kam.
  • Kaum zu verfehlen ist das Haus mit dem roten Igel über dem Tor (ungarisch: Vörös sün ház). Das im 17./18. Jahrhundert entstandene Gebäude war einer der ältesten Gasthöfe auf dem Burgberg.
 
Hotel Hilton
  • Unweit der Matthiaskirche findet sich das 1976 eröffnete Hotel Hilten. Der ungarische Architekt Béla Pinter hatte eine schwierige Aufgabe bei der Planung des Hotels zu lösen, da er Geschichte und Moderne auf engem Platz zusammen bringen mußte. Besonders schwer war die Tatsache das er die Überreste der mittelalterlichen Bauten mit in sein Konzept einbeziehen musste. So unter anderem die Reste des ehemaligen Dominikanerklosters das bereits im 13. Jahrhundert in Buda bestand.
 
Dreifaltigkeitsplatz und Matthiaskirche

Dreifaltigkeitsplatz

Der Dreifaltigkeitsplatz (ungarisch: Szentháromság tér) ist der zentrale Platz im Burgviertel. Begrenzt wird er im Norden vom ehemaligen Gebäude des Finanzministeriums und im Osten von der Matthiaskirche.

  • Im Mittelpunkt des Platzes findet sich eine barocke Säule, die sogenannte Pestsäule. Entworfen wurde diese vom Würzburger Philipp Ungleich 1741 und soll die Erinnerung an die Pestepedemie von 1691 wach halten. Die Säule hat eine Höhe von 14 m. An ihrer Spitze findet sich eine Dreifaltigkeitsgruppe. Am Fuss der Säule hat der Künstler mehrere Heiligenfiguren angebracht. Die heutige Pestsäule ist allerdings nur eine Nachbildung des Originaldenkmals, da dieses im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde. Das Relief und das Wappen am Postament erschuf der Bildhauer Antal Hörbiger.
  • Das ehemalige Rathaus von Buda, ein zweigeschossige Barockgebäude befindet sich an der Ecke Szentháromság tér/Szentháromság utca. Heute wird es vom Sprachwissenschaftlichen Institut der ungarischen Akademie der Wissenschaften genutzt. Die Pläne für das Gebäude lieferte der italienische Baumeister Venerio Ceresola. Unter Einbeziehung der mittelalterlichen Mauerreste der Vorgängerbauten wurde es um 1700 errichtet. Architektonisch sind unter anderem das Treppenhaus und der Innenhof des Gebäudes. Unter dem Eckerker findet sich die Statue der griecheischen Göttin Palles Athene, die das Wappen Budapests auf ihrem Schild trägt. Geschaffen wurde sie von Carlo Adami um 1785.

Eines der jüngeren Gebäude in der Szentháromság utca ist das Haus der Konditorei Ruszwurm (ungarisch: Ruszwurm cukrázda). Sie besteht seit 1827 und ist noch im alten Empire-Stil eingerichtet.

Gasse des Schatzmeisters

Die Gasse des Schatzmeisters (ungarisch: Tárnok utca) reicht vom Dreifaltigkeitsplatz zum Dísz tér und war einst eine typische Handelsstraße, was man heute noch an einigen Häusern erkennen kann. So ist das Haus Nr. 14 mit seiner mit bunten geometrischen Mustern bemalten Fassade ein sehr gutes Beispiel für die einst hier stehenden gotischen Handelshäuser.

  • In der Tárnok utca 18 befindet sich heute das Apothekenmuseum, welches die Geschichte der modernen Pharmazie seit dem 16./17. Jahrhundert ausstellt. Erbaut wurde das Gebäude im 15. Jahrhundert als Handelshaus. Seit dem 18. Jahrhundert nutzte die Apotheke zum goldenen Adler (ungarisch: Arany Saspatika) das Erdgeschoss.

Ehrenplatz

Der Ehrenplatz (ungarisch: Dísz tér) liegt am südlichen Ende des Burgviertels und war einst der Paradeplatz. Im Mittelalter war der von barocken und klassizistischen Gebäuden umrahmte Platz der Marktplatz des Burgviertels. Hier findet sich auch das Honvéd-Standbild, das 1893 von György Zala hier errichtet wurde und an die Freiheitskämpfe von 1848/1849 erinnern soll.

  • Geht man in südlicher Richtung vom Dísz tér ab in die Színház utca so erreicht man das Burgtheater (ungarisch: Várszínház). Ursprunglich war in dem Gebäudekomplex ein Karmeliterkloster beheimatet was allerdings 1786 durch einen Erlass des österreichischen Kaiser Joseph II. aufgelöst werden musste. Farkas Kemelen erhielt damals den Auftrag die Kirche und das Konventsgebäude in ein Theater umzubauen, wo am 15. Oktober 1790 das erste Bühnenstück in ungarischer Sprache aufgeführt wurde. Ein wichtiges Ereignis für das ungarische Nationalbewußtsein!

Herrengasse

Die Herrengasse (ungarisch: Úri utca) liegt in unmittelbarer Nähe zum Burgpalast. Die Geschichte der Herrengasse reicht bis in das 13. Jahrhundert zurück. Zur Jahrhundertwende 14. auf 15. Jahrhundert ließen sich hier die ungarischen Adligen und reichen Kaufleute ihre Stadthäuser errichten. Geprägt ist die Straße hauptsächlich durch Gebäude im romanischen, gotischem und barocken Stil. In den später folgenden Türkenkriegen wurden große Teile der Straße und ihrer Gebäude vernichtet. Die neue Bebauung wurde größtenteils im barocken und klassizistischem Stil errichtet.

  • Wie wir alle wissen wurde in Budapest die weltweit erste funktionierende Telefonzentrale konstruiert. Diese und andere Erungenschaften der ungarischen Telekommuniktaionstechnik kann man im Haus Nr. 49 in der Úri utca besichtigen, wo heute das ungarische Telefonmuseum seinen Platz hat.
  • Geht man zum nördlichen Ende der Úri utca findet man den Westturm der ehemaligen Maria-Magdalenen-Kirche (ungarisch: Mária Magdolna-templon). Sowohl die aus dem 13.- 15. Jahrhundert stammende Kirche als auch Turm wurden im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Später entschied man sich die Kirche abzutragen und den Turm zu rekonstruieren.

Kapisztrán-Platz

Der Kapisztrán-Platz (ungarisch: Kapisztrán tér) liegt im Nordwesten des Burgviertels und wurde nach dem italienischen Franziskanermönch Johannes Capistranus benannt. Zu Ehren des Capistranus errichtete József Damkó ihm auf dem Platz 1922 ein Denkmal.

  • An der Nordseite findet sich das Kriegshistorische Museum (ungarisch: Hadtörténeti Múzeum). Hier werden unter anderem Exponate und Dokumente zur ungarischen Kriegsgeschichte seit dem 16. Jahrhundert ausgestellt. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt aber auf der Entwicklung seit dem Jahre 1848. Das Gebäude des Kriegshistorischen Museums war gehörte einst zur Ferdinands-Kaserne.

Parlamentsgasse

Die Parlamentsgasse (ungarisch: Országház utca) beginnt an der Südseite des Kapisztrán-Platzes und ist die Hauptstraße des Burgviertels.

Fortuna utca

Die Fortuna utca trifft an der Matthiaskirche auf die Országház utca. Im Mittelalter lebten hier vor allem französische Handwerker, welche am Bau des Burgpalastes mitwirkten.

  • In der Forutna utca 4 findet sich heute das Museum für Handel und Gaststättenwesen. Interessante Exponate wenn man dies so nennen kann sind: eine Einrichtung einer Budaer Konditorei aus dem Jahre 1870 und verschiedene Plakatwerbungen der vergangenen Jahrzehnte.

Höhlensystem

Interessant ist auch das Höhlensystem unter dem Burgpalast. In Kriegszeiten wurde dieses immer wieder von der Budaer Bevölkerung als Schutz- und Lagerraum genutzt. Zu sehen sind hier unter anderem Reste alter Brunnenanlagen und ein alter Gefechtsstand der deutschen Wehrmacht aus dem Zweiten Weltkrieg.

Siehe auch