Der Name der Rose

Roman von Umberto Eco
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Der Roman Der Name der Rose von Umberto Eco erschien 1980 im italienischen Original als Il nome della rosa und 1982 in deutscher Übersetzung.

Der Name der Rose, der erste Roman des Wissenschaftlers und Essayisten Eco, begründete dessen Ruf als einfühlsamer, aber wissenschaftlich präziser Schilderer der Lebenswirklichkeiten historischer Epochen. Die Fülle von Anspielungen auf verschiedenste Bereiche der europäischen Geisteswissenschaften hat zur Wiederverwendung der kritischen Bezeichnung „Professorenroman“ geführt. Eco selbst hat mit seiner Nachschrift zum Namen der Rose versucht, auch den in Mediävistik, Semiotik oder postmoderner Kultur weniger bewanderten Lesern einen Zugang zu den tieferen Schichten des Buches zu eröffnen.

Handlung

Mit einer gehörigen Portion Ironie schreibt Umberto Eco, der Leser möge bedenken, dass der vorliegende Bericht „die deutsche Übersetzung meiner italienischen Fassung einer obskuren neugotisch-französischen Version einer im 17. Jahrhundert gedruckten Ausgabe eines im 14. Jahrhundert von einem deutschen Mönch auf Lateinisch verfassten Textes“ sei.

Dieser auf Lateinisch verfasste Text stellt die Aufzeichnungen des Mönchs Adson von Melk (nach dem Benediktinerkloster Stift Melk) dar. Er zeichnet darin Ereignisse aus dem November des Jahres 1327 auf, als er Novize unter Aufsicht des Franziskanerpaters William von Baskerville war. Die Handlung findet im Wesentlichen in einer Benediktinerabtei im nördlichen Apennin statt.

Hier versammeln sich leitende Figuren des Franziskanerordens und eine Gesandtschaft des Papstes Johannes XXII., um theologische Fragen zur Notwendigkeit oder Nicht-Notwendigkeit der Armut der Kirche zu diskutieren und damit gleichzeitig Machtpositionen abzustecken. (Der damalige römisch-deutsche Kaiser Ludwig IV. (Ludwig der Bayer) unterstützte die Forderung der Minoriten nach der theologischen Anerkennung der Armut Christi, da sie sich gleichzeitig gegen den prunksüchtigen Heiligen Stuhl richtete, der mit dem Kaiser um die weltliche Macht stritt.) Parallel zu dieser politisch-theologischen Auseinandersetzung wird dem Leser der Klosteralltag vorgestellt.

Hauptbestandteil des Romans ist die ungewöhnliche Mordserie, der insgesamt fünf Mönche innerhalb weniger Tage zum Opfer fallen. Der ehemalige Inquisitor William von Baskerville, dessen Name und Charakter einerseits auf den Scholastiker Wilhelm von Ockham und andererseits (über den Kriminalroman Der Hund von Baskerville von Arthur Conan Doyle) auf Sherlock Holmes anspielt , wird vom Abt des Klosters um Aufklärung der Todesfälle gebeten.

In Ecos weitgreifender und tiefschürfender Darstellung des Mittelalters nimmt auch die Häresie eine Rolle ein. Am Beispiel der Häretiker um Fra Dolcino wird das Phänomen der Ketzerei und der Inquisition dem Leser vor Augen geführt. Der Inquisitor Bernardo Gui steht stellvertretend für die Instituition des Heiligen Stuhls.

Eine Spur führt in die Klosterbibliothek und zum blinden Ex-Bibliothekar Jorge von Burgos. (Dessen Name ist eine Anspielung auf den Schriftsteller und Bibliothekar Jorge Luis Borges, der ebenfalls im Alter erblindete.) Eine zentrale Rolle spielt hierbei ein besonderer Schatz in der Klosterbibliothek, nämlich das „Zweite Buch der Poetik“ (welches die Komödie behandelt) von Aristoteles. Mit deren Zerstörung treibt Eco das den Prolog bestimmende Prinzip der Wissens-Entropie noch weiter auf die Spitze. Ebenfalls diesem Konzept entsprechend lässt Eco Adson zum Abschluss die bedauernden Worte „Stat rosa pristina nomine, nomina nuda tenemus“ („Der Name der Rose von einst besteht, bloße Namen behalten wir“) niederschreiben.

Figuren

außerdem zahlreiche weitere Mönche, Laienbrüder, päpstliche Legaten und französische Bogenschützen, tote und lebendige Ketzer, Bauern

Verfilmung

Das Buch wurde 1985 erfolgreich, wenngleich nicht allzu nah am Text, von Jean-Jacques Annaud verfilmt. Als Darsteller agierten dabei unter anderem Sean Connery (als William von Baskerville), Christian Slater (als junger Adson von Melk), F. Murray Abraham (als Bernardo Gui), Ron Perlman (als Salvatore), Helmut Qualtinger (als Remigius von Varagine), Volker Prechtel (als Malachias), Feodor Chaliapin Jr. (als Jorge von Burgos) und Valentina Vargas (als namenloses Mädchen). Die Innenaufnahmen fanden im Kloster Eberbach im Rheingau statt. Für die Außenaufnahmen wurde eigens ein Kloster auf einem Hügel in der Nähe von Rom nachgebaut.

Siehe auch: Der Name der Rose (Film)

Eigentümlichkeiten

Um den Titel verstehen zu können, ist die heute kaum noch bekannte Bedeutung der Rose als Symbol wichtig. Während heute eine Rose als Zeichen der Liebe gilt, stand sie insbesondere im Mittelalter für die Liebe bzw. für die Liebe zu einer Frau, wenn nicht sogar für die Wollust. Insofern spielt der Titel auf die - auch sexuelle - Liebe des Hauptcharakters Adson von Melk zu einem gewöhnlichen Mädchen an, deren Namen er nie erfährt.

Einen weiteren Schlüssel zum Verständnis könnte die Urmutter der Liebestragödien bieten. Shakespeares Julia sagt: "Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften; ... O Romeo, leg deinen Namen ab und führ den Namen, der dein Selbst nicht ist, ...". Shakespeares Drama läßt Rückschlüsse auf die englische Kultur zu, die ja in die Person Williams eingeflossen ist, außerdem auf das Bild der italienischen Kultur der Handlungszeit, durch die Augen der Briten zu Beginn der Neuzeit; es könnte also in zweierlei Hinsicht eine Fundgrube für Eco gewesen sein.

Ebenso kann man den Titel als eine Anspielung auf den Begriff Sub rosa [dictum] (unter der Rose [gesagt]) verstehen. Der Begriff basiert auf der Erzählung, dass Cupido dem Harpokrates, dem Gott der Verschwiegenheit, Rosen sandte und ihn darum bat, die Liebesaffäre seiner Mutter Venus geheim zu halten. Ereignisse und Gespräche, über die geschwiegen werden sollte, fanden früher unter dem Namen der Rose statt. So hingen zum Beispiel die Römer Rosen bei Versammlungen an die Decke oder so findet man auch Schnitzereien von Rosen an Beichtstühlen, um an die Verschwiegenheit zu erinnern.

Umberto Eco stellte einige Mönche sehr hässlich oder merkwürdig dar. Er soll mit diesen Figuren ihm bekannte europäische Wissenschaftler - insbesondere Professoren für mittelalterliche Geschichte oder lateinische Philologie des Mittelalters - karikiert haben, sodass ein Universitätsprofessor in einem Interview schmunzelnd zugab: "Ich bin bis heute zutiefst getroffen, dass ich nicht in Ecos Roman auftauche."

Aber Eco karikiert sich auch selbst, als er von Baskerville über einem Folianten begeistert ausrufen lässt "oh dies ist eine besonders schöne Ausgabe mit den Randnotizen des großen Umberto da Bologna" (Eco wirkte lange Zeit in Bologna und war von den Bibliothekaren als Randnotizenschreiber gefürchtet).

William von Baskerville klärt mit Hilfe seines Novizen Adson die Verbrechen in der Abtei auf, obwohl die Vorgänge absolut nichts mit dem Muster der Offenbarung des Johannes zu tun haben, das William hinter ihnen vermutet: Die Umstände der Todesfälle, die sich in der Abtei ereignen, identifiziert William mit dem Muster der Sieben Posaunen.

Mit dem Kloster als Ort der Handlung schafft Eco auch einen Mikrokosmos – ein Abbild der mittelalterlichen Vorstellung von der gottgewollten Ordnung der Dinge. Dieser Mikrokosmos ist für den Schreiber des Romans zugleich ein Experimentierfeld und eine Arena, in der er verschiedenste Figuren in z. T. längeren Dialogen gegeneinander antreten lässt. Die Hauptpersonen verkörpern hierbei Archetypen, z. B.: William (der aufgeklärte, wissenschaftlich denkende Gläubige), Ubertin (der Mystiker), Bernardo Gui (der Inquisitor und machtgieriger Todesengel), der Abt (der Rechtgläubige, der stur an seinen Dogmen festhält und Neues abblockt), Salvatore (der Ausgestoßene am Rand der Gesellschaft) usw.

Literatur

  • Umberto Eco: Der Name der Rose, ISBN 3423105518
  • Umberto Eco: Nachschrift zum Namen der Rose. Carl Hanser Verlag 1987, ISBN 3-446-14037-9
  • Burkhart Kroeber (Hrsg.): Zeichen in Umberto Ecos Roman Der Name der Rose: Aufsätze aus Europa und Amerika. Carl Hanser Verlag 1987. ISBN 3-446-14882-5
  • Alfred Haverkamp / Alfred Heit (Hrsg.): Ecos Rosenroman, ein Kolloquium. Deutscher Taschenbuch-Verlag 1987. ISBN 3-423-04449-7
  • Thomas Stauder: Umberto Ecos "Der Name der Rose": Forschungsbericht und Interpretation, mit einer kommentierten Bibliographie der ersten sechs Jahre internationaler Kritik (1980 - 1986). Verlag Palm & Enke 1988. ISBN 3-7896-0177-2
  • Klaus Ickert / Ursula Schick: Das Geheimnis der Rose entschlüsselt. Zu Umberto Ecos Weltbestseller "Der Name der Rose". München Heyne 1986 ISBN 3-453-02461-3
  • Max Kerner (Hrsg.): "... eine finstere und fast unglaubliche Geschichte"? Mediävistische Notizen zu Umberto Ecos Mönchsroman "Der Name der Rose" Darmstadt: Wiss. Buchges. 1988. ISBN 3-534-03176-8
  • Theresa Coletti: Naming the Rose: Eco, medieval signs and modern theory Ithaca and London 1988.