Konfuzianismus (Chinesisch: 儒學, Pinyin: , bedeutet Wissenschaft der Gelehrten) ist der Begriff für Philosophien und politische Vorstellungen in China, die sich selbst in die Tradition des Konfuzius und seiner Schüler stellen. Konfuzius wurde von seinen Anhängern als Vorbild und Ideal verehrt. Seine moralischen Lehren, seine rituellen Schriften und seine Lebensweise wurden als mustergültig angesehen. Der Konfuzianismus gehört neben dem Buddhismus und Daoismus zu den "Drei Lehren". Es prägt seit vielen Jahrhunderten die chinesische Kultur und Gesellschaft und beeinflusst ebenso den Alltag in Korea, Japan, Singapur sowie in Vietnam. Mit der Globalisierung im 20. Jh. erreichten seine Ideen die westliche Welt.
Sein Geburtsname war Ch'iu Chung-ni. Konfuzius wurde 551 v. Chr. in Tsche-fo in der Provinz Lu (heute Shandong) geboren und lebte somit zur selben Zeit wie Buddha. Er war der Sohn eines Heerführers und entstammte einer verarmten, aber vornehmen Familie. Daher genoss er eine gute Erziehung. Schon früh zeigte er ein großes Interesse an den geistigen Traditionen Chinas. Konfuzius war als Lehrer und Berater tätig. Ab 496 zog er 13 Jahre lang mit seinen Schülern durch die Lande. Er starb in seiner Heimat im Jahre 479 v. Chr.. Nach seinem Tod erlangte er höchste staatliche Ehren:
- Der Kaiser besuchte sein Grab.
- Ihm wurden Tempel errichtet.
- Er erhielt die Würde eines chinesischen Kaisers.
- Er wurden Gottheiten gleichgestellt.
Ziel seiner Lehren war es, die mythologische und religiösen Wertesysteme des chinesischen Feudalreiches zu erneuern. Als Ausweg aus dem politischen und sozialen Chaos sah er die Rückbesinnung auf die klassischen Tugenden. Konfuzius hatte jedoch keinerlei Interesse an Zauber und Magie.
Andere wichtige Personen
Er gilt als der "zweite Weise" des Konfuzianismus. und brachte das Menschliche in Verbindung mit dem Göttlichen. Meng-Tse meinte, dass Menschenliebe und Gerechtigkeit in der Natur des Menschen lägen.
Dieser Gelehrte setzte seinen Schwerpunkt in die Lehre des Rituals. Es sollten geistliche und ethische Ideale im Alltag gefördert werden.
Die Lehre
Das höchste Prinzip heißt im Konfuzianismus "T'ien" (=Himmel). Durch diesen Namen bleibt offen ob es personal gedacht werden soll oder nicht. Es werden keine Aussagen über göttliche Wesen, die Schöpfung oder das Jenseits gemacht. Deswegen wird der Konfuzianismus oft nicht als Religion sondern als Philosophie vertanden.
Die 5 Tugenden
- gegenseitige Liebe
- Rechtschaffenheit
- Gewissenhaftigkeit
- Ehrlichkeit
- Gegenseitigkeit (Goldene Regel: "Was du nicht willst was man dir tu', das füg' auch keinem ander'n zu!")
Daraus werden auch die 3 sozialen Pflichten abgeleitet:
- Loyalität (chin. 忠 zhong wörtl. "Untertanentreue")
- kindliche Pietät (chin. 孝 xiao; wörtl. "Verehrung der Eltern und Ahnen")
- Anstand und Sitte (chin. 禮 li; umfasst alle Umgangsformen, sowohl unter den Menschen (Höflichkeit u. Etikette) als auch zwischen Menschen und der übersinnlichen Welt (Zeremonien, Opferriten))
Weil die Ordnung Konfuzius' Meinung nach durch Achtung vor anderen Menschen und Ahnenverehrung erreichbar sei, haben Anstand und Sitte und kindliche Pietät die wichtigste Stellung im praktischen Leben erhalten. Kinder sollen Ahnenverehrung fortsetzen und Ahnen erhalten. Demzufolge gilt Kinderlosigkeit als großes Unglück. Als Ausweg werden Adoption und Nebenfrauen empfohlen.
Die Summe aller Tugenden ist die wirkliche Mitmenschlichkeit (chin. ren 仁). Sie allein zeigt, wer innerhalb der Ordnung loyal, gerecht und ehrlich handelt.
Wer Anstand und Sitte entsprechend lebt – also der Etikette, den Riten und der Sitte nach – und sich für die Ahnen aufopfert, verändert sich allein dadurch zum Guten. Das löst dann einen Dominoeffekt aus, der auf seine Mitmenschen und schließlich auf den gesamten Kosmos wirkt und die eigentliche Urordnung wiederherstellen kann. Das heißt:
- Wenn Familien in Harmonie sind, ist es auch das Dorf.
- Sind Dörfer in Harmonie, ist es auch die Provinz.
- Sind Provinzen in Harmonie, dann ist es im Endeffekt auch das ganze Reich.
Deswegen soll der Mensch auch stets das Gemeinwesen und das Staatsinteresse in Auge haben.
5 menschliche Elementarbeziehungen
- Vater-Sohn
- Fürst-Untertan
- Mann-Frau
- Älterer Bruder-jüngerer Bruder
- Älterer Freund-jüngerer Freund
Wichtigkeit des Studiums
Das Studium ist Voraussetzung für das Verständnis der Ordnung des Himmels und der Menschen. Allerdings soll man nur ergänzend zum Denken lernen. Konfuzius sagt also: „Lernen ohne zu denken ist sinnlos; aber denken ohne zu lernen ist gefährlich.“
Die Schriften
Der Kern der Lehre sind die Fünf, Neun, bzw. Dreizehn Klassiker
5 kanonische Bücher
- Yi Jing = das Buch der Wandlungen
- Shi Jing = das Buch der Lieder
- Shu Jing = das Buch der Urkunden
- Chun qiu = das Buch des Frühlings und des Herbstes
- Li Ji = das Buch der Riten
4 klassiche Bücher
- Lun Yu = das Buch der Unterredungen
- Da Xue = das Buch der großen Wissenschaft
- Zhong Yong = das Buch der Lehre von der Mitte
- Meng Zi = das Buch der Zusammenfassung, handelt über Meng-Tse
Konfuzianismus als Gesellschaftsmodell und Staatsdoktrin
Die sich in Konfuzius Tradition sehenden Denker, die in China unter dem Begriff Rujia zusammengefasst sind, entwickelten Vorstellungen, die den gesamten ostasiatischen Raum bis heute entscheidend prägten: von China über Taiwan, Japan, Korea bis Vietnam. Trotz verschiedener großer Brüche in der Geschichte, wie der legendären Verfolgung der Rujia unter dem chinesischen Kaiser Qin Shihuangdi im 3 Jh. v. Chr. oder der Verteufelung von Meister Kong durch Mao Zedong während der ersten vierzig Jahre der Volksrepublik China im vergangenen Jahrhundert haben die humanistischen und klaren Vorstellungen, die Konfuzius geprägt hatte, durch ständige Neuinterpretation in den Epochen als Basis der Gesellschaftsform gedient und das Ideal von Besonnenheit und Mitgefühl geprägt.
Der Konfuzianismus selbst bildete die Staatsdoktrin zahlreicher Dynastien; ab der Han-Dynastie gab es ein umfassendes Prüfungssystem für die Beamten, zu dem vor allem die umfassende Kenntnis konfuzianischer Lehren zählte. Infolge der "Bedrohung" durch andere Weltanschauungen (chin. 教, Pinyin: jiāo; bedeutet sowohl Lehre, Philosophie als auch Religion) wie Taoismus und Buddhismus entwickelte sich in der Song-Dynastie eine neue Strömung, der Neo-Konfuzianismus des Zhu Xi. Dieser Konfuzianismus tolerierte auch mythische Elemente, obgleich der „Meister“ einst sprach: „Wenn du das Leben noch nicht kennst, wie sollst du da den Tod verstehen!“ Zhu Xi stellte die Vier Bücher zusammen, die eine wichtige Grundlage für den Neo-Konfuzianismus des zweiten Jahrtausends darstellten.
Konfuzianismus als Relgion
Als Religion, das heißt die altchinesische Religionsform, der Konfuzius selbst anhing und die er förderte, die aber nicht durch ihn begründet wurde – spielt der Konfuzianismus heute nur noch eine geringe Rolle. In den meisten betroffenen Ländern sind heute Buddhismus und Daoismus die dominanten Religionen. Chinesen jedoch sehen hierin keine Konkurrenz, sondern eine Art Koexistenz, da jede "Religion" ihren eigenen "Aufgabenbereich" hat. Der Konfuzianismus ist im eigentlichen Sinne keine Religion, sondern eine praktisch orientierte, moralische Philosophie. In diesem Bereich ist ihm auch eine wichtige Rolle geblieben.
Im Jahre 1995 wurde der Konfuzianismus in Korea zur Religion erklärt und hat etwa 10 Mio. Anhäner.
Siehe auch
- Kongzi (Konfuzius)
- Mengzi (Meng-Tse)
- Xunzi
- Neo-Konfuzianismus
Literatur
- Martina Darga: Konfuzius. Hugendubel, Kreuzlingen 2001, ISBN 3-7205-2193-1 (Reihe Diederichs Kompakt)
- Hans van Ess: Der Konfuzianismus. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48006-3
- Xuewu Gu: Konfuzius zur Einführung. Junius-Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-88506-361-1
- Konfuzius:: Gespräche = Lun Yü. Marix-Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-008-0 (übers. von Richard Wilhelm)
- Konfuzius: Gespräche = Lun yu. Reclam, Stuttgart 2003 ISBN 3-15-059656-4 (übers. von Ralf Moritz)
- Konfuzius: Schulgespräche = Gia Yü. Diederichs, München 1997, ISBN 3-424-00696-3 (übersetzt von Richard Wilhelm)
- Eun-Jeung Lee: Anti-Europa. Die Geschichte der Rezeption des Konfuzianismus und der konfuzianischen Gesellschaft seit der frühen Aufklärung. Eine ideengeschichtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung. Lit-Verlag, Münster 2003, ISBN 3-8258-6206-2 (zugl. Habilitationsschr. Universität Halle/Saale 2002)
- James Legge: The Chinese Classics. SMC Books, Taipei 1983
- 1/2 - Confucian analects, ISBN 957-638-039-1
- 3. - The Sho king, ISBN 957-638-040-5
- 4. - The She king, ISBN 957-638-041-3
- 5. - The CH'un ts'ew, ISBN 957-638-042-1
- Gregor Paul: Konfuzius. Herder, Freiburg/B. 2001, ISBN 3-451-05069-2
- Volker Zotz: Konfuzius. Rowohlt, Reinbek 2000, ISBN 3-499-50555-X
- Markus Hattstein: Die Weltreligionen