Stollhofen (Rheinmünster)

Ortsteil von Rheinmünster, Baden-Württemberg, Deutschland
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. Mai 2006 um 16:45 Uhr durch 195.93.60.36 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Ort Stollhofen gehört zur Gemeinde Rheinmünster im Landkreis Rastatt.

Kaum ein anderer Ort im Landkreis Rastatt hat eine so große Vergangenheit aufzuweisen wie Stollhofen. Nirgends bündelte sich so viele militärische, wirtschaftliche , kirchliche und politische Ereignisse wie in dem ehemaligen Amtsstädtchen. So erscheint Stollhofen schon 1302 als "fertige Stadt" und dürfte somit zu den ältesten Gründungen in unserer Heimat sein. Ebenfalls ist das im Jahr 1345 in einer Urkunde genannte Rathaus, Gericht und Stadtseigel die früheste Nennung im Landkreis Rastatt. Wenig bekannt ist, dass die heutigen große Städte keine mittelalterliche Gründungen waren. Die Kreisstadt Rastatt war bis um 1700 nur ein Dorf und wurde erst unter Markgraf Ludwig Wilhelm zur Residenz ausgebaut. Auch Karlsruhe isr eine Gründung aus dem Jahr 1715. Achern wurde 1808 zur Stadt erhoben. Auch Bühl erhielt erst 1836 Stadtrechte, vorher war es nur ein Marktflecken. Alte Städte sind Baden-Baden (1288), Steinbach (1258) und Lichtenau (1300). Stollhofen, Grenzstadt, Festung und Garnison mußte in dem Jahrhundert der Kriege (1618-1714) mehr leiden als die benachbarte Siedlungen. Nach 1707 war es dem Ort nicht mehr vergönnt, seine vormalige Stellung als Mittelpunkt wieder einzunehmen. Damals direkt im Vorfeld der 1686 errichtete französische Festung Fort Louis gelegen, war Stollhofen als Festung strategisch nicht mehr haltbar und kam für den Wiederaufbau nicht mehr in Frage. Rastatt trat auch militärisch an Stelle der uralten badischen Festungsstadt Stollhofen. Es ist sicher nicht übertrieben, wenn man davon spricht, dass hier nicht nur Regionale sondern auch Europäische Geschichte geschrieben wurde. Neben den adligen Ministerialien die über Jahrhunderte in Stollhofen lebten, fanden sich über die Zeit bekannte Personen in Stollhofen ein. Neben dem Landesherrn aus den Dynastien der Markgrafen von Baden, wie z. B. Ludwig Wilhelm genannt Türkenlouis, finden wir auch König Ferdinand von Habsburg, damals Kronprinz und späterer Kaiser Ferdinand III. als Besucher in der Stadt. Der junge 16jährige Soldat Johannes Jacobus Christoffel von Grimmelshausen erlebte ein Teil des schrecklichen 30jährigen Krieges in der Garnison in Stollhofen. Eine große Persönlichkeit war auch Johannes Jacobus Datt von Tiefenau, Amtmann von Stollhofen, Consul und Außenminister des Markgrafen von Baden. Er war im Auftrag seines Landesherrn Mitunterzeichner des Friedensvertrages von Münster und Osnabrück 1648. Er hatte sich im Hochzeitsbuch der Stadtpfarrei verewigt. Ebenfalls finden wir einige badische Prinzessinnen als Taufpatinnen von Kinder von örtlichen Amtspersonen.

Entstehung von Stollhofen Nachdem sich die Römer über den Rhein zurückziehen mußten, besiedelten unsere direkte Vorfahnren das Land. Sie waren vom Stamm der Alemannen. Die Landsucher zogen an der röischen Heerstraße entlanmg und ließen sich an den von keltischen und römischen Vorbesitzer kultivierte Plätze vorranig nieder. Zunächsat wurden die Ort besiedelt die am Rande der Niederterrasse und zugleich an einem Bachlauf lagen. Dazu kam man bei uns die Orte Iffezheim, Hügelsheim, Söllingen, Stollhofen, Ulm und Scherzheim rechnen. Dabei hatte gerade der Platz Stollhofen noch zusätzliche Vorteile aufzuweisen. Hier fanden die Siedler nicht nur was sie zum Leben brauchten. Wasser für Mensch und Vieh, reiche Fisch- und Jagdgründe. Weiden und Schilf für Körbe und Fischreusen, Eicheln und Bucheckern für die Schweinemast, Holz und Lehm zum Hausbau und auch Brennholz fand man mehr als ausreichend. Der Siedlungsort Stollhofen lag aber nicht nur an der alten Römerstraße, sondern auch am Ufer vom Sulzbach. Dieser Bach diente als Wasserstraße und schuf somit die Verbindung zum Rhein und zum Schwarzwaldrand. Hier bot sich eine natürliche Anlegestelle in der Nähe der Römerstraße und somit ein Warenumschlagplatz an. Etwas oberhalb von Stollhofen, bei Drusenheim mündete damals die Moder in den Rhein. Dieser Fluß erschloß zusammen mit der Zorn ein Hinterland das bis zu den lothringischen Salinen reichte. Von dort aus erreichte man auch noch den Oberlauf der Saar und westlich der Saar auch noch die Mosel. Über dieses Flußsystem gelang das lebenswichtige Salz zu uns. Außerdem lagen an den beiden Flüsse die wichtigen alte Städte Zabern- Saverne (Tebernae, Brumath (Brocomagus), Bishwiller und auch die Stadtgründung Hagenau (Kaiser Heinrich I. genannt Barbarosa). Schnell war mit dem Boot Worms, Speyer oder auch Frankfrurt zu erreichen. Ebenso warn Kaufleute aus Straßburg über die Ill und den Rhein bei uns. Schwere Güter liesen sich ohne große Mühe über das Wasser befördern. Selbst stromauswärts nach Straßburg waren Güter leichter über das Wasser als über das Land zu befördern. Der Sulzbach (Sulz- Salz) mit den Nachbarläufe Sandbach und Bühlot kam aus dem Gebiet Bühl- Bühlertal. Der Sulzbach entstand als Überlauf aus der sog. Kinzig- Murgrinne. Er hatte bei einem gewaltigen Hochwasser eine Senke durch die Stollhofener Platte gebrochen und fand somit einen direkten Weg zum Rhein. Der Sulzbach durchfluß seine selbstgeschaffene sumpfige Senke und erreichte bei der heutiten Stadtmühle die engste Stelle. Hier war vermutlich schon in keltischer Zeit eine Schwelle im Bachbeet, eine Furt an der später die Römer ihrem Übergang errichteten. Auf der Niederterrasse nördlich das Bachüberganges, vermutlich auf römischen Ruinen, entstand nach 213 unser Alt- Stollhofen. Allerding findet sich erst etwa 800 Jahre später der erste schriftliche Hinweis auf den Ort.

(Autor: Ernst Gutmann, Historischer Verein Rheinmünster, Fortsetzung folgt)


Stadt- und Ortsgeschichte von Stollhofen (Kurzform) In einer Urkunde von 1154 wird der Ort als „Stadelhoven“ mit Basilica und Herrenhof erwähnt. Im Jahre 1212 verzichtete Heinrich von Stadelhoven, zu Gunsten der Abtei Schwarzach und dem Ritter von der Windeck, auf sein Erblehen und zog sich auf seine Güter nach Söllingen zurück. Ab diesem Zeitpunkt war der Ort dem Ritter von der Windeck zugehörig. Der Herrenhof blieb in Besitz des Klosters Schwarzach. Ebenso konnte das Kloster seine Rechte im Bannwald anteilig wahren.

Die im Jahr 994 errichtete Münzstätte von Vallator - auf dem heutigen DOW-Gelände - konnte das Kloster ab 1275 in den „Freihof“, ehemals Herrenhof zu Stollhofen übertragen. Noch vor 1300 wurde neben dem älteren Kirchhof die „Neue Stadt“ gegründet. Auf einer benachbarten ovalen Bachinsel, im Schutze der schon 1292 genannten Burg, wurde eine Siedlungsfläche von ca. 5 ha befestigt. Der Platz reichte für 60 Hofstätten mit etwa 500 Seelen. Die Burg von Stollhofen diente über Jahrhunderte als Sitz der Amtsverwaltung. 1302 wurde der Ort zum ersten Mal als „Stadt“ erwähnt. Im Jahre 1309 verkaufte Eberlin von Windeck seine „Vogtei Stollhofen“ mit der Stadt und den beiden Dörfern Söllingen und Hügelsheim an den Markgrafen Rudolf von Baden. Ab 1389 wurde diese Vogtei durch die Zuordnung von weiteren zehn Dörfern aufgewertet; das badische Amt Stollhofen entstand. 1490/93 verkaufte die Abtei Schwarzach weitere Rechte im Bannwald an den Markgrafen von Baden.

1594 wurde in Stollhofen eine badische Garnison eingerichtet. Sie bestand in Friedenszeit aus 50 Soldaten. Um 1625 hatte die Stadt rund 1.000 Einwohner und somit ihren höchsten Entwicklungsstand erreicht. Neben der wehrhaften Pfarr- und Mutterkirche St. Cyriak in der Vorstadt, konnten die Bürger schon früh, eine zweite, dem Hl. Erhard geweihte Kirche innerhalb der Stadt errichten. Zwei Mahlmühlen, ein halbes Dutzend Hanfmühlen, zwei Gerbermühlen, eine Schleifmühle, mehrere Handwerkerzünft, ein Anlegeplatz am Rhein, bezeugte eine rege Bürgerschaft. Die Schule in der Vorstadt war auch für die Kinder aus den Dörfern Söllingen und Hügelsheim zuständig. Vier Jahrmärkte und ein Wochenmarkt versorgten die Bevölkerung und die Garnison mit den nötigen Waren.

Die schrecklichen Kriege im 17. Jahrhundert sollte die weitere Entwicklung der badischen Amtsstadt in negativer Weise beeinflussen. Als Festung spielte die Stadt eine wichtige Rolle, obwohl sie mehrmals erobert und ruiniert wurde. Einen Höhepunkt kriegerische Tätigkeiten, erlebte die Festung als Haupt- und Eckpunkt im Rahmen der Kämpfe um die Stollhofener Linie im Spanischen Erbfolgekrieg. 1707 fielen auf Befehl der französischen Truppen die letzten Befestigungen. Von Schloß, Kirchen und Stadtmauern blieben kaum noch Reste übrig. Nur mit Mühe gelang es der dezimierten und verarmten Einwohnerschaft 1769 wieder eine dem Ort angemessene Kirche zu erbauen. Als man 1790 eine Verwaltungsreform durchführte, wurde das alte badische Amt Stollhofen aufgelöst, die Stadtrechte vergessen.

Um 1835 hatte das Dorf wieder die 1.000 Einwohnergrenze erreicht. Die bereits 1873 wieder aufgelöste jüdische Gemeinde erbaute nach 1828 eine Synagoge in der Herrenstraße. Gewisser Wohlstand brachte auch die Thurn und Taxis Poststation in den Ort. Durch eine Auswanderungswelle (ab 1835) nach Amerika verlor der Ort innerhalb 20 Jahren 338 Einwohner, so dass erst um 1900 die Einwohnerschaft sich knapp auf über 1.000 wieder erholen konnte.

Sehenswert ist die im Jahre 1769 erbaute Barockkirche. Erbauer war Franz Ignaz Krohmer, badischer Hofbaumeister und Schüler von Balthasar Neumann. Diese Kirche trägt auf dem Zwiebelturm ein Patriarchenkreuz (Doppelkreuz) als Zeichen der 1632 zerstörten Mutterkirche St. Cyriak. Die barocke Innenausstattung der Kirche besticht schon beim Eintritt durch ihre feierliche Harmonie. Sehr aussagekräftig sind die vom Kirchenmaler Wagenbrenner im Jahre 1923 angebrachten Deckenbilder. Kaum noch lesbar ist die alte Grabplatte von 1348 die vor der Friedhofskapelle liegt.

Das Wappen von Stollhofen zeigt neben dem badischen Teil einen silbernen Schlüssel auf blauem Feld. Schon an einer Gerichtsurkunde von 1345 ist dieses Siegel verwendet worden. Der Schlüssel symbolisiert den Begriff „Recht“ und stellt zugleich auch die Verbindung zum Hl. Petrus her. Einer der Patrone (Peter und Paul) dem das Klostermünster Schwarzach geweiht ist und mit dem Stollhofen über Jahrhunderte verbunden war.

Das Gerichtswesen zu Stollhofen wurde ursprünglich von der Abtei Schwarzach unter Vorsitz des Abtes wahrgenommen, wobei alle zu den meist am Dienstag stattfindenden Sitzungen auf dem Gerichtsplatz "unter den Tannen" zu erscheinen hatten. Mit dem Verkauf von Stollhofen kam auch das Gericht in badische Verwaltung. 1345 hielt der Markgraf von Baden persönlich einen Gerichtstag unter den „Rathauslauben seiner Stadt Stollhofen“ ab. Der ehemalige Platz der Vollstreckung lag außerhalb der Stadt an der Straße nach Lichtenau; das Gebiet heißt heute noch „Galgenbosch“.

Mehrfach spielten sich kriegerische Auseinandersetzungen in und um das befestigte Stollhofen ab. War es schon im Bauernkrieg betroffen, so spielte es im 30jährigen Krieg eine wichtige Rolle, als es mehrmals erobert und ruiniert wurde. Einen Höhepunkt kriegerischer Tätigkeit erlebte die Festung als Haupt- und Eckpunkt im Rahmen der Kämpfe um die "Bühl-Stollhofener-Linie" im Spanischen Erbfolgekrieg. Schließlich wurde es 1707 eingenommen und die Festungswerke geschleift, wobei heute nur noch die enge Bauweise oder Straßennamen an die große Zeit Stollhofens erinnern. Die über 500 Jahre alten Stadtrechte hatte Stollhofen mit der Auflösung des Amtes Stollhofen 1790 verloren.