Johann Löbel

böhmischer Bergmeister, Exulant und erster Bürgermeister von Johanngeorgenstadt
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Johann Löbel (getauft 7. Mai 1592 in Bergstadt Platten; † 6. Januar 1666 in Johanngeorgenstadt) war ein böhmischer Bergmeister, Exulant und erster Bürgermeister von Johanngeorgenstadt.

Johann Löbel, Gemälde um 1662

Leben

Johann Löbel war das jüngste Kind des Stadtkämmerers und Bergmeisters Wenzel Löbel d. J. (* um 1530 in Platten † vor 1607 ebenda) und dessen zweiter Ehefrau Barbara.[1] Sein Großvater Wenzel Löbel d. Ä.[2] († um 1542 in Platten) stammte möglicherweise aus Wunsiedel[3] und ließ sich 1532 in Platten als Zinnhändler und Fundgrübner nieder.[4]

Johann Löbel bekleidete in seiner Heimatstadt von 1627 an das Amt des Stadtrichters und Kämmerers. Ferner übernahm er ab 1629 vom verstorbenen Jacob Beer die Funktion des Bergmeisters von Platten.[5] Im Jahre 1653 wurde ihm von der staatlichen Bekehrungskommission mit Amtsentlassung gedroht, sollte er nicht sofort die katholische Religion annehmen. Nach einer Überlieferung traten Löbel und der damalige Stadtrichter Gregor Röber vor die Kommissarien und sprachen: "Wir können kaum glauben das der Kaiser der auch Böhmens Krone trägt uns zur papistischen Religion zwingen will, sollte es dennoch so sein so wollen wir nicht wider unser Gewissen handeln und bei der gereinigten Lehre verbleiben". Zudem baten sie freiwillig um die Entlassung aus ihren Ämtern.[6] Am 10. Oktober 1653 erklärte man Löbel und andere Plattner Bürger für verbannt und des Landes verwiesen. Es wurde ihnen zugleich gedroht sie gefangen zu setzen und in Ketten nach Prag zu schaffen, sollten sie je wieder kaiserliches Gebiet betreten[7]. Sowie die meisten Einwohner von Platten, entschloss sich auch Johann Löbels Familie im Winter 1653/1654 zur Immigration auf den Fastenberg. Nur wenige verblieben und konvertierten, darunter Löbels Tochter Rosina mit Familie. Löbel musste drei Häuser, welche auf 450 Gulden Angeld und 550 Gulden Tagegeld gewürdigt waren, im Stich lassen.[8]

Nach der Genehmigung, am Fastenberg eine neue Stadt zu gründen, hatte Löbel das Privileg sich selbst eine Stelle für den Bau eines neuen Hauses auszusuchen und entschied sich für ein Eckhaus am Markt.[9] Nachdem er bereits seit 1654 Gerichtsbeisitzer war ist Löbel am 12. November 1656 zum ersten Bürgermeister von Johanngeorgenstadt gewählt worden.[10] Die Ratssitzungen fanden in seiner Wohnung statt. Bei Verhandlungen mit den Handwerkern offenbarte Löbel seine pflichtgetreue Förderung der städtischen Wohlfahrt durch weise Rücksicht. Zur goldenen Hochzeit Löbels wollte der Kurfürst persönlich zugegen sein, 50 Taler Hochzeitsgeschenk und alle Speisen zahlen. Da aber seine Ehefrau gar kränklich und ihr auch das Gehör abgegangen, ist die Feier abgesagt worden.[11] Am Pfingsttag 1661 stiftete Löbel der Kirche von Johanngeorgenstadt einen geschnitzen Taufstein.[12] 1665 erhielt Löbel das Privilegium der Abgabefreiheit auf sein Haus, als Dank dafür, dass es dem Kurfürsten zweimal als Reiselager gedient hatte[13].

1666 verstarb Löbel im Alter von 73 Jahren. Er ist in der Kirche von Johanngeorgenstadt beigesetzt. Im Jahre 1667 übernahm die Tochter Rosina in Platten die gesamte Hinterlassenschaft der Familie für 601 Taler.

Familie

Johann Löbel heiratete um 1611 Ursula Uphoff[14] (* um 1590 † 30. Dezember 1666 in Johanngeorgenstadt). Aus der Ehe mit gingen elf Kinder hervor:

  • David (* 1611)
  • Johannes (1613-1701), Stadtrichter, Berg- und Bürgermeister, 1.∞ 1650 St. Joachimsthal Maria Zobel (1631-1664), 2.∞ 1664 Johanngeorgenstadt Anna Maria Roth (1642-1704)
  • Elisabeth (* 1615)
  • Abraham Wenzel (* 1617)
  • Abraham Wenzel (* 1620)
  • Christoph (* 1624)
  • Helena (* 1626)
  • Elisabeth (* 1627)
  • Abraham Wenzel (1631-1707), Bergmeister, 1.∞ 1650 St. Joachimsthal Susanna Roth (1630-1693), 2.∞ 1699 Johanngeorgenstadt Anna Elisabeth Göthel verw. Mittelbach († 1729)
  • Rosina (1633-1697) 1.∞ um 1650 Johann Georg Siegel (1626-1658), Waldförster 2.∞ 1658 Platten Paul Wenzel Seeling († 1693), Waldbereiter und Stadtrichter
  • Juliana (* 1635)

Ehrungen

In der evangelisch-lutherischen Stadtkirche von Johanngeorgenstadt gab es ein um 1662 entstandenes Gemälde von Johann Löbel, das beim Stadtbrand 1867 gerettet werden konnte. Dieses Bildnis wurde in der Nacht vom 19. zum 20. November 1991 gemeinsam mit zwei anderen Bildern aus der Kirche gestohlen. Seitdem sind sie verschollen.

Literatur

  • Robert Jahn: Führerpersönlichkeiten aus der Johanngeorgenstädter Geschichte. In: Nachrichtenblatt von Johanngeorgenstadt vom 9. Dezember 1936.
  • Alexander Schunka: „St. Johanngeorgenstadt zu kurfürstlicher Durchlaucht unsterblichem Nachruhm“. Stadtgründung und städtische Traditionsbildung in der Frühen Neuzeit. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 74/75 (2003/04), S. 175–206.

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. als Patin ist sie in den Jahren 1590 und 1603 eindeutig belegt, Taufbuch Pfarrei Platten, Band 2, Seite 60 u. Seite 77
  2. die Zwischenschaltung eines mittleren Wentzel Löbel kann wegen der Altersrechnung ausgeschlossen werden
  3. Elisabeth Jäger vom Stadtarchiv Wunsiedel schrieb dazu am 13. Februar 1976: „Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß der älteste Wenzel Löbel aus Wunsiedel stammte. Die Wunsiedler Löbel waren bis um 1430 sehr reiche Leute, im Bergbau und Erzhandel tätig. Durch den Niedergang des Bergbaues im Fichtelgebirge (Mitte des 15. Jahrhunderts) schwand aber deren Reichtum der Löbel dahin. Die beiden Söhne des Fritz Löbel (letzter reicher Löbel) waren Hans Löbel, † um 1460 und Albrecht Löbel, † um 1455. Hans Löbel hatte einen Sohn, der Priester wurde, Albrecht Löbel, von Beruf Metzger, hatte zwei Söhne, von denen der eine ebenfalls Metzger wurde, der andere Priester. 1491 bezeichnet sich der Metzger Christoph Löbel als der letzte seines Geschlechts; sein einziger Sohn Hans starb 1506 als Priester. Meine persönliche und augenblickliche Meinung ist, daß die Löbel in Platten alle aus dem Vogtland (Umgebung von Oelsnitz, Greiz) stammen; doch besteht durchaus die Möglichkeit, daß diese vogtländische Löbel-Sippe einst aus Wunsiedel kam.“
  4. Das Häuserlehnbuch der sächsisch-böhmischen Bergstadt Platten im Erzgebirge 1535-1570, Verlag Degener & Co.
  5. Erwähnungen in den Matriken als Richter: 1627–1629, 1643-1644, 1646 Erwähnungen in den Matriken als Kämmerer: 1627 Erwähnungen in den Matriken als Bergmeister: 1629–1646
  6. Eduard Gottwald: Sachsengrün: Culturgeschichtliche Zeitschrift aus sämmtlichen Landen sächsischen Stammes. Türk, 1. Januar 1861 (google.de [abgerufen am 29. Januar 2017]).
  7. SLUB Dresden: Ephorie SchneebergNeue sächsische Kirchengalerie. Abgerufen am 1. Februar 2017 (deutsch).
  8. Neue Sächsische Kirchengalerie, Parochie Johanngeorgenstadt, Sp.432f.
  9. Das Löbelhaus wurde am 19. August 1867 beim Stadtbrand zerstört, der Nachfolgebau ist Markt 6 (Johanngeorgenstadt)
  10. Johann Christian Engelschall: Beschreibung Der Exulanten- und Bergstadt Johann Georgen Stadt: In vier Theilen vorstellende, I. Der Exulanten Zustand und wohin sie sich gewendet. II. Der Stadt Anbau, Wachsthum und darinnen vorgefallene Begebenheiten. III. Den dasigen Bergbau, dessen Ursprung, fündige Metallen und sämtliche Zechen. IV. Das eingepfarrte Hammerwerck Wittichsthal, wie auch die Obere- und Untere- Jugel. Lanckisch und Kircheisen, 1. Januar 1723 (google.de [abgerufen am 29. Januar 2017]).
  11. Johann Christian Engelschall: Beschreibung Der Exulanten- und Bergstadt Johann Georgen Stadt: In vier Theilen vorstellende, I. Der Exulanten Zustand und wohin sie sich gewendet. II. Der Stadt Anbau, Wachsthum und darinnen vorgefallene Begebenheiten. III. Den dasigen Bergbau, dessen Ursprung, fündige Metallen und sämtliche Zechen. IV. Das eingepfarrte Hammerwerck Wittichsthal, wie auch die Obere- und Untere- Jugel. Lanckisch und Kircheisen, 1. Januar 1723 (google.de [abgerufen am 31. Januar 2017]).
  12. Löbel ließ einen geschnitzen Taufstein anfertigen, den er gemeinsam mit einem zinnernen Becken der Kirchgemeinde von Johanngeorgenstadt verehrte. Beim großen Stadtbrand am 19. August 1867 ist der Taufstein zerstört worden Neue Sächsische Kirchengalerie, Parochie Johanngeorgenstadt, Sp.447
  13. so am 12. Juli 1661 und am 16. Juli 1665.
  14. Ihre Herkunft ist unbekannt. Sie war vermutlich eine Verwandte des Burchardischen Faktors auf dem Blaufarbenwerk Oberschlema Conrad von Iphoff der aus Schneeberg stammte und sich auch zeitweise in Platten aufhielt. Johann Löbel stand Pate bei dem in Platten getauften Sohn Johann Christoff 1641. Conrads Ehefrau Catharina von Iphoff war wiederum Patin bei der Taufe der Enkelin Löbels Susanna Maria Siegel 1651 Taufbuch Pfarrei Platten, Band 3, Seite 92 u. Taufbuch Pfarrei Platten Band 4, Seite 3