Acetonperoxid

hochexplosives Gemisch
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Strukturformel
Datei:StructCAS17088378.png
Allgemeines
Name trimeres Acetonperoxid
Andere Namen Triacetontriperoxid ("TATP"), Tricycloacetonperoxid ("TCAP"), 3,3,6,6,9,9-Hexamethyl-1,2,4,5,7,8-hexaoxonan; 3,3,6,6,9,9-Hexamethyl-1,2,4,5,7,8-hexaoxacyclononan, "APEX"
Summenformel C9H18O6
CAS-Nummer 17088-37-8
Kurzbeschreibung farblose monokline Kristalle mit „würzigem“ Geruch
Eigenschaften
Molmasse 222,24 g/mol
Aggregatzustand fest
Dichte 1,22 g/cm³
Schmelzpunkt 97 °C
Explosionstemperatur 130 °C
Löslichkeit Unlöslich in Wasser; schwer löslich in Ethanol, Isopropanol, Glycerin, Eisessig; löslich in Aceton, Ether, Ethylacetat, Hexan, Benzol
Sicherheitshinweise
Gefahrensymbole
Explosionsgefährlich
E
Explosionsgefährlich
R- und S-Sätze

R:
S:

MAK -
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Normbedingungen.

Acetonperoxid ist ein hochexplosiver Stoff mit der Schlagempfindlichkeit eines Initialsprengstoffs. Wie die meisten organischen Peroxide ist auch Acetonperoxid instabil und kann durch Stoß, Wärme, Reibung, Funken, Elektrizität oder UV-Licht zerfallen und heftig detonieren, ist aber im Unterschied zu weniger gefährlichen Peroxiden wie Dibenzoylperoxid viel empfindlicher gegen Schlag und Wärme. Man unterscheidet dimeres, trimeres und tetrameres Acetonperoxid, welche unter unterschiedlichen Bedingungen (z.B. in Abhängigkeit vom benutzten Katalysator) gebildet werden. Alle Acetonperoxide sind hochexplosiv und sehr gefährlich.

Eigenschaften

  • Flüchtig an Luft („würziger Geruch“)
  • Offen an Luft bei 25 °C: Substanzverlust durch Sublimation (68,6 % in 14 Tagen).
  • Flüchtig mit Wasserdampf oder Ether. Trimeres Acetonperoxid zerfällt beim Erwärmen mit verdünnten Säuren (H2SO4 10 %) unter Rückfluss quantitativ in Aceton und Wasserstoffperoxid
  • Es wird von Essigsäureanhydrid nicht verändert und reagiert nicht mit Kaliumjodid-Essigsäure.
  • Es wird von 1 N Natronlauge auch beim Erwärmen nicht angegriffen.
  • Zinkstaub und Natronlauge reduzieren dimeres Acetonperoxid langsam in der Kälte.
  • Reizend (bei nur geringer akuter Toxizität), hochentzündlich, hochexplosiv
  • Besonders empfindlich gegen Zündung durch Funken, Flamme, Wärme, Schlag und Reibung
Lagerung unter Wasser hebt die Empfindlichkeit auf.
  • Detonationsgeschwindigkeit: 4500–5300 m/s (Dichte 0.9–1.2 g/cm³)(trimeres A.)
  • Sauerstoffwert: −151,3 %
  • Bleiblockausbauchung: 250- 33O ml/ 1O g (je nach Autor )
  • Schlagempfindlichkeit: 0,03 kp·m = 0,3 Nm
  • Reibeempfindlichkeit: 0,01 kp

Bildung

Trimeres Acetonperoxid (Schmelzpunkt 131.5-113 °C) entsteht bei Einwirken von Wasserstoffperoxid auf Aceton in Gegenwart verdünnter Säuren als Katalysator:

2 C3H6O + 2 H2O2 => C6H12O4 + 2 H2O .

Dimeres Acetonperoxid entsteht bei Einwirken von Peroxomonoschwefelsäure (Caro'sche Säure) auf Aceton :

3 C3H6O + 3 H2O2 => C9H18O6 + 3 H2O .

Stark exotherme Reaktion unter Anwesenheit von Salzsäure oder Phosphorsäure. Explosionsgefahr! Bei mangelnder Kühlung entsteht bei der Reaktion mit Salzsäure unter Kochen das Tränengas Chloraceton.

Daneben wird es bei der Oxidation von Diisopropylether durch Luftsauerstoff oder in Ozonisierungsreaktionen gebildet. Bei unsachgemäßer Lagerung von Diisopropylether kann daher Acetonperoxid entstehen. Zur Vernichtung eignet sich der Perex-Kit von Fa. Merck, Darmstadt, der solche Peroxide mit Kupfer(I)-Verbindungen reduziert.

Tetrameres Acetonperoxid wurde vor wenigen Jahren in obiger Reaktion bei Verwendung von Lewis-Säuren als Katalysator gewonnen.

Acetonperoxid kann in erheblichen Mengen beim bloßen Vermischen von Aceton mit Wasserstoffperoxid-haltigen Lösungen nach mehrtägiger Lagerung des Gemischs entstehen. So entdeckte es der Berliner Chemiker Richard Wolffenstein bereits 1895.

Besondere Gefahren

Acetonperoxid besitzt wie einige andere Peroxide mehrere Peroxy-Gruppen pro Molekül und ist wie diese ähnlich labilen Verbindungen äußerst explosiv. Bei Acetonperoxid handelt es sich um eine "heimtückische" Substanz. Auf den Laien wirkt sie möglicherweise harmlos, jedoch ist zu beachten:

Es besitzt eine extrem hohe Empfindlichkeit gegen Schlag, Reibung und Wärme. Reibung und Stoß zwischen zwei harten Materialien, das bloße Öffnen des Gefäßes (z.B. einer Filmdose) oder kleinste Funken (z.B. einer Zündschnur) bringen das Peroxid zur Explosion. Es ist auch wirklich nicht zu empfehlen, dass man es versucht in ein Rohr zu pressen.

In einem Fallhammerversuch mit einem 1 kg-Fallhammer (üblich sind bei normalen Sprengstoffen Untersuchungen mit einem Fallhammer von 2 kg) detoniert es bei Schlag aus nur 3 cm Höhe. Acetonperoxid ist damit einer der schlagempfindlichsten Stoffe und deutlich empfindlicher als übliche Initialsprengstoffe oder beispielsweise Nitroglycerin.

Bereits bei 130 °C kann es explodieren. Bei einer Lagerung bei erhöhter Temperatur zersetzt es sich innerhalb von wenigen Stunden.

Wenngleich Acetonperoxid leicht herstellbar ist und sich Experimente damit speziell bei Jugendlichen einer gewissen Beliebtheit erfreuen, muss darauf hingewiesen werden, dass dieser Stoff wie andere ähnlich labile organische Peroxide mit mehreren Peroxy-Gruppen pro Molekül außerordentlich instabil und gefährlich ist und darüber hinaus dem Sprengstoffrecht unterliegt (insbesondere der Erlaubnispflicht des § 27 Sprengstoffgesetz [1], sofern keine Ausnahmen nach der 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz für Forschung und Lehre greifen).

Es sind im In- und Ausland zahlreiche schwere Unfälle mit diesen hochgradig labilen organischen Peroxiden mit mehreren Peroxy-Gruppen pro Molekül aufgetreten, so dass vor einer Herstellung durch Laien dringendst gewarnt werden muss.

Acetonperoxid besitzt eine erhebliche Sprengkraft, welche die von Initialsprengstoffen wie Quecksilberfulminat und manchen Sprengstoffen übertrifft. Bei direkter Berührung eines Kristalls mit einer Flamme erfolgt jedoch bei diesen Peroxiden meist nur eine relativ harmlos erscheinende Verpuffung wie bei Schießbaumwolle, so dass der falsche Eindruck entsteht, dass der Stoff relativ harmlos sei, obwohl er unter geringfügig anderen Bedingungen schon in kleinsten Mengen heftig detonieren kann.

Diese Peroxide lassen sich nur in kleinen Mengen unter großer Vorsicht feucht handhaben.

Trimeres Acetonperoxid sublimiert schon bei 14 bis 18 Grad, also unterhalb der Raumtemperatur, und detoniert unter Wasser noch bei einem Wassergehalt von 25%.

Viele Unfälle sind dadurch entstanden, dass Acetonperoxid infolge seiner Sublimationseigenschaften innerhalb weniger Tage durch Kristallbildung im Bereich des Gefäßverschlusses beim Öffnen desselben (z.B. einer Filmdose) detoniert.

Als chemisches Experiment wird an Schulen und Universitäten gelegentlich das Erhitzen weniger Milligramm feuchten trimeren Acetonperoxids frei auf einer stabilen Eisenplatte bis zum Detonieren des Peroxids vorgeführt.

Geschichtliches

Acetonperoxid wurde im Jahre 1895 von Dr. Richard Wolffenstein an der Technischen Hochschule Berlin bei der Untersuchung der Oxidation von Coniin mit Wasserstoffperoxid in Aceton als Lösungsmittel zufällig entdeckt. Ein Herstellungsverfahren für Acetonperoxid wurde von ihm im Jahre 1895 unter der Nummer D.R.P. 84953 in Deutschland zum Patent angemeldet. Baeyer und Villiger publizierten im Jahre 1899 und 1900 einige Artikel über die Bildung dimeren und trimeren Acetonperoxids. Im Jahre 1925 wurde es zwar unter der Nummer D.R.P. 423,176 in Deutschland und verschiedenen anderen Ländern von den Sprengstoffwerken Dr. R. Nahnsen & Co. AG, Hamburg als angeblich sicherer und stabiler Initialsprengstoff zum Patent angemeldet. Die extreme Schlagempfindlichkeit, Flüchtigkeit (6,5 % in 24 h bei 14–18 °C) und mangelnde Stabilität verhinderten jedoch jegliche praktische Nutzung (vgl. Rohrlich/Sauermilch) aufgrund der großen Gefährlichkeit. A.E. Thiemann schlug im Jahre 1942 die Nutzung dimeren und trimeren Acetonperoxids als Zusatz zur Verbesserung der Zündwilligkeit von Dieselkraftstoff vor. Tetrameres Acetonperoxid wurde erst im Jahre 1999 von chinesischen Forschern entdeckt. Acetonperoxid sorgte immer wieder aufgrund unbeabsichtigter Bildung für spektakuläre Arbeitsunfälle (z.B. 2001 in einem Labor an der Universität Bonn, wo ein 55-Liter-Abfallfass mit Chemikalienabfällen gefüllt wurde, die Acetonperoxid bilden konnten [2], [3]).

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