Ernestinische Herzogtümer
Als Ernestinische Herzogtümer bezeichnet man eine wechselnde Zahl von kleinen Herzogtümern im heutigen Thüringen und in Oberfranken, die durch Erbteilung unter den Nachkommen des Herzogs Ernst von Sachsen-Wittenberg (1441-1486) entstanden.
Vorgeschichte
Das Haus Wettin teilte sich 1485 in zwei Linien (Leipziger Teilung), die jüngere Albertinische, begründet von Albrecht dem Beherzten, die in den späteren Königreichen Sachsen und Polen regierte (Residenz Dresden), und die ältere Ernestinische, die die Kurwürde erhielt (Residenz Wittenberg). Im Jahre 1547 verloren die Ernestiner nach der Wittenberger Kapitulation die Kurwürde von Sachsen und die meisten ihrer Erblande an die Albertiner und behielten nur einen Teil ihrer thüringischen Besitzungen: die Ämter, Städte und Schlösser Gerstungen, Eisenach, Wartburg, Kreuzburg, Tenneberg, Waltershausen, Leuchtenburg, Roda, Orlamünde, Gotha, Jena, Kapellendorf, Roßla, Weimar, Wachsenburg, Dornburg, Camburg, Buttstädt, Arnshaugk, Weida und Ziegenrück. Zum ernestinischen Gesamtbesitz kamen nach dem Tode des Herzogs Johann Ernst I. von Coburg 1553 noch die Ämter Coburg, Sonneberg, Hildburghausen, Königsberg, Veilsdorf und Schalkau. Weitere Territorien erhielten die Ernestiner 1554 durch den Naumburger Vertrag von Kurfürst August aus der albertinischen Linie; 1555 ertauschten sie von den Grafen von Mansfeld die Herrschaft Römhild. Endlich erwarb das Ernestinische Haus aus der hennebergischen Erbschaft (1583), definitiv allerdings erst 1660, die Ämter Meiningen, Themar, Maßfeld, Behrungen, Henneberg, Milz, Ilmenau, Kaltennordheim, Frauenbreitungen, Sand und Wasungen.
Erbteilungen
Diese Gebiete waren seit 1573 durch fortwährende Erbteilung stark zersplittert (siehe hierzu Zeittafel unten), da das Prinzip der Primogenitur bei den Ernstinern erst im 18. Jahrhundert eingeführt wurde. Die dadurch entstandenen Teilherzogtümer bezeichnet man als "Ernestinische Herzogtümer" oder "Sächsische Herzogtümer". Zeitweise existierten bis zu zehn einzelne Herzogtümer gleichzeitig. Die zur politischen Bedeutungslosigkeit führende Zersplitterung der ernestinischen Herzogtümer und der benachbarten Reußischen und Schwarzburger Fürstentümer machten Thüringen zum Musterbeispiel deutscher Kleinstaaterei ("Duodezfürstentümer", "Operettenstaaten").
Erst 1826 kam es nach einem Schiedsspruch Friedrich Augusts II. von Sachsen zu einer umfassenden Neugliederung in die Herzogtümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha, wovon das zwischenzeitlich beim Wiener Kongress zum Großherzogtum erhobene und territorial wesentlich vergrößerte Sachsen-Weimar-Eisenach allerdings ausgespart blieb.
1867 traten diese vier Bundesstaaten dem Norddeutschen Bund, 1871 letztlich dem Deutschen Reich bei, bevor aus ihnen in den Jahren 1918 bis 1920 das Land Thüringen gebildet wurde und Coburg zu Bayern kam.
Zeittafel
In Arbeit
- 1547: in der Folge des Schmalkaldischen Krieges verlieren die Ernestiner ihre Kurwürde und die kursächsischen Besitzungen und bleiben fortan auf ihre thüringischen Besitzungen (Ämter Weimar, Jena, Saalfeld, Weida, Gotha, Eisenach und Coburg) beschränkt, können jedoch noch im gleichen Jahr die Ämter Dornburg, Camburg und Roßla hinzuerwerben
- 1553: die Ernestiner erwerben die Ämter Coburg, Sonneberg, Hildburghausen, Königsberg in Bayern, Veilsdorf und Schalkau hinzu
- 1554: die Ernestiner erwerben die Ämter Sachsenburg, Altenburg, Herbsleben und Eisenberg hinzu
- 1572: die Besitzungen werden in die Herzogtümer Sachsen-Coburg-Eisenach und Sachsen-Weimar aufgeteilt
- 1583: die Ernestiner erwerben die Ämter Meiningen, Themar, Maßfeld, Behrungen, Henneberg, Milz, Ilmenau, Kaltennordheim, Frauenbreitungen, Sand und Wasungen zur gesamten Hand (1660/61 aufgeteilt zwischen Sachsen-Weimar und Sachsen-Altenburg)
- 1596: Sachsen-Coburg-Eisenach wird in die Herzogtümer Sachsen-Coburg und Sachsen-Eisenach aufgeteilt
- 1602: von Sachsen-Weimar wird das Hztm. Sachsen-Altenburg abgeteilt
- 1633: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Coburg fallen Titel und Land an Sachsen-Eisenach: wieder Sachsen-Coburg-Eisenach
- 1638: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Coburg-Eisenach wird das Land zwischen Sachsen-Weimar und Sachsen-Altenburg aufgeteilt
- 1640: von Sachsen-Weimar werden die Herzogtümer Sachsen-Eisenach und Sachsen-Gotha abgeteilt
- 1644: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Eisenach wird das Land zwischen Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha aufgeteilt
- 1656 (Exkurs): als Folge des Westfälischen Friedens werden die albertinischen Herzogtümer Sachsen-Zeitz, Sachsen-Merseburg und Sachsen-Weißenfels als kursächsische Sekundogenitur-Fürstentümer errichtet, die in den Jahren 1718, 1738 und 1746 durch Erlöschen der jeweiligen Nebenlinie allerdings wieder an Kursachsen zurückfallen
- 1662: von Sachsen-Weimar wird das Hztm. Sachsen-Eisenach abgeteilt
- 1672: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Altenburg fallen Titel und drei Viertel des Landes an Sachsen–Gotha: Sachsen-Gotha-Altenburg; von Sachsen-Weimar wird das Hztm. Sachsen-Jena abgeteilt
- 1680: von Sachsen-Gotha-Altenburg werden abgeteilt:
- 1690: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Jena wird das Land zwischen Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha-Altenburg aufgeteilt
- 1699: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Coburg fallen Titel und Land an Sachsen-Coburg: Sachsen-Coburg-Saalfeld
- 1707: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Eisenberg fällt das Land an Sachsen-Gotha-Altenburg
- 1710: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Römhild wird das Land zwischen Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Hildburghausen aufgeteilt
- 1741: Sachsen-Weimar wird durch den Anfall Eisenachs zum Hztm. Sachsen-Weimar-Eisenach
- 1747: Sachsen-Coburg-Saalfeld führt die Primogenitur ein
- 1815: Sachsen-Weimar-Eisenach wird zum Großherzogtum erhoben und erhält große Teile der Mainzer Enklave Erfurt (aber nicht Erfurt selbst), Neustadt an der Orla und weitere Arrondierungen
- 1826: nach dem Erlöschen der Linie Sachsen-Gotha-Altenburg tritt Sachsen-Coburg-Saalfeld das Saalfeld an Sachsen-Meiningen ab und erhält dafür Titel und Land von Sachsen-Gotha: Sachsen-Coburg und Gotha; Sachsen-Hildburghausen tritt Hildburghausen an Sachsen-Meiningen ab und erhält dafür Titel und Land von Sachsen-Altenburg
- 1867: Bundesstaaten des Norddeutschen Bundes werden letztlich:
- Sachsen-Altenburg
- Sachsen-Coburg und Gotha
- Sachsen-Meiningen
- Sachsen-Weimar-Eisenach
- 1903: Sachsen-Weimar-Eisenach wird amtlich als Großherzogtum Sachsen bezeichnet
- 1918/20: die Ernestinischen Herzogtümer gehen in dem neu gebildeten Land Thüringen auf, derzwischenzeitlich gebildete Freistaat Coburg vereinigte sich nach einem Volksentscheid mit Bayern.
Bestandsdauer der einzelnen Herzogtümer
Sachsen-Altenburg | von 1603 bis 1672 und von 1826 bis 1918 |
Sachsen-Coburg | von 1596 bis 1633 und von 1681-1699 |
Sachsen-Coburg-Eisenach | von 1572 bis 1596 |
Sachsen-Coburg-Saalfeld | von 1735 bis 1826 |
Sachsen-Eisenberg | von 1680 bis 1707 |
Sachsen-Coburg und Gotha | von 1826 bis 1918 |
Sachsen-Eisenach | von 1596 bis 1638, von 1640 bis 1644 und von 1662 bis 1741 |
Sachsen-Gotha | von 1640 bis 1680 |
Sachsen-Gotha-Altenburg | von 1681 bis 1826 |
Sachsen-Hildburghausen | von 1680 bis 1826 |
Sachsen-Jena | von 1672 bis 1690 |
Sachsen-Meiningen | von 1681 bis 1918 |
Sachsen-Römhild | von 1680 bis 1710 |
Sachsen-Saalfeld | von 1680 bis 1735 |
Sachsen-Weimar | von 1572 bis 1741 |
Sachsen-Weimar-Eisenach | von 1741 bis 1918 (ab 1903: Großherzogtum Sachsen) |
Siehe auch: