Ägyptologie

Wissenschaft, die sich mit dem alten Ägypten beschäftigt
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Die Ägyptologie erforscht alle Bereiche der altägyptischen Hochkultur (Alltagsleben, Sprache und Literatur, Geschichte, Religion, Kultur und Kunst, Wirtschaft, Recht, Ethik und Geistesleben) von der Vorgeschichte des 5. Jahrtausends v. Chr. (z.B. die Kulturen Negade und Badari) bis zum Ende der Römerherrschaft im 4. Jahrhundert n. Chr. Sie ist in Deutschland sehr sprachenorientiert.

Forschungsgeschichte

Erste Ansätze der Ägyptologie

In der Renaissance, dem Wiederentdecken der Antike, kam es zu ersten Bestrebungen, die ägyptische Kultur zu entdecken und die Sprache zu entziffern. Athanasius Kircher (1601-1680) beschäftigte sich mit den ägyptischen Denkmälern, Apollonius untersuchte die Sprache und deutete sie methaphorisch. Eine erste Grundlage für die Arbeit an den erhaltenen textlichen und bildlichen Zeugnissen ließ Napoleon auf seinem Feldzug nach Ägypten anfertigen (Description de l'Egypte - siehe dazu: Die Ägyptische Expedition Napoleons).
Eine wichtige Rolle spielte auch die Ägyptenbegeisterung der europäischen Eliten im 19. Jh., inzwischen mit dem Begriff Ägyptomanie bezeichnet. Es gehörte zum guten Ton, eine Ausgrabung zu finanzieren oder selbst daran teilzunehmen, oder zumindest eine Reise nach Ägypten zu unternehmen und Kunstgegenstände mitzubringen. Oft waren auch Mumien dabei, die in England als Höhepunkt einer Gesellschaft ausgewickelt wurden. Eine der berühmtesten Entdeckungen, das Grab des Tutenchamun, konnte nur durch dieses Interesse gemacht werden: sie verdankt ihre Existenz der Patronage des Lord Carnarvon.
Während diese Gruppe die Finanzierung stellte und amateurhafte Ausgrabungsversuche unternahmen (man spricht hierbei oft von Gentlemanarchäologen) lag die wissenschaftliche Arbeit in den Händen einiger weniger. Einen speziellen Ausbildungsweg gab es nicht, die Männer waren Autodidakten oder wurden von einem Forscher mit mehr Erfahrung ausgebildet - was nichts anderes heißt, als dass sie einige Zeit unter ihnen arbeiteten. Hierbei gab es einige frühe Forscher, die sich durch besondere Fähigkeiten hervortaten, unter ihnen Flinders Petrie; er grub mehrere Tempel aus und zeichnete gewissenhaft die für ihn unverständlichen Hieroglyphen ab (z.B. in Amarna); außerdem benutzte er 1898 die erst kürzlich entdeckten Röntgenstrahlen, um die Mumie des Ramses zu durchleuchten. So wies er die nachträgliche Ausstopung (ein Samenkorn in der Nase, um den charakteristischen Höcker nach der Austrockung nachzubilden) einer Mumie nach; durch diese erste Verwendung der Röntgenstrahlen ist sein Name ebenfalls untrennbar mit der der Paläopathologie verbunden. Er gilt als der "Ausbilder" von Howard Carter, da dieser in einer von Petrie geleiteteten Ausgrabung seine archäologischen Erfahrungen sammelte.
Mit der Entzifferung der Hieroglyphen, der Schlüssel zum Verständnis der ägyptischen Kultur, ist ein weiterer Punkt gegeben, an dem man die Geburtstunde der Ägyptologie als Wissenschaft ansetzen könnte (neben dem Fund des Stein von Rosetta u.a.).

Moderne Ägyptologie

Als Geburtsstunde der modernen Ägyptologie gilt das Jahr 1822, als es Jean-François Champollion gelang, die ägyptischen Hieroglyphen zu entziffern (Stein von Rosetta). Nur mit Kenntnis der ägyptischen Schrift und Sprache war es möglich, einen Einblick in die altägyptische Kultur zu gewinnen.

In Deutschland gilt Richard Lepsius als Begründer der Ägyptologie.

Aufgabengebiet

Ägyptologen übersetzen Texte in Hieroglyphen, Hieratisch, Demotisch und Koptisch; außerdem müssen sie Altgriechisch beherrschen. Demotisch und Koptisch sind sowohl Schrift- als auch Sprachsysteme; Hieroglyphen und Hieratisch sind Schriftsysteme. Hierbei werden die Sprachen Altägyptisch, Mittelägyptisch (oder Klassisches Ägyptisch) und Neuägyptisch bearbeitet, bei Hieroglyphen auch das sog. Ptolemäische Ägyptisch (das sich durch eine unglaubliche Vielzahl an neu erfundenen Zeichen von den anderen unterschiedet). Koptisch wird nur von relativ wenigen Ägyptologen beherrscht, weswegen es an fast allen Unis für Hauptfächler zum Pflichtkurs geworden ist.
Die Texte sind meist religiöser Natur, jedoch kommen auch, gerade aus späterer Zeit, Verträge und Listen sowie märchenhafte Erzählungen vor. Ein besonderes Feld nehmen die sogenannten Weisheitstexte ein.
Das Hauptanliegen der Universitäten ist die Vermittlung der Sprache und die Lektüre der Texte, doch auch numismatische sowie archäologische Kenntnisse werden vermittelt.
Die Ägyptologie überschneidet sich mit den Fächern "Alte Geschichte", "Archäologie des Nahen Ostens" bzw. "Biblische Archäologie", teilweise "Klassische Archäologie" (je nach Schwerpunktsetzung der Uni) sowie, in weiterem Sinne, der Christlichen Theologie. Die Aufzeichnungen der frühen Kirchen in Ägypten sind durchweg in Koptisch erhalten.

Aktuelle Forschungssituation

In den letzten Jahren besteht die Tendenz, ägyptologische Seminare mit anderen Instituten zusammen zu legen. Das ägyptische Seminar der Universität Bonn ist z.B. in das "Institut für Klassische und Romanische Philologie" eingegliedert; die Seminare in Hamburg und Mainz fallen mit dem Seminar für Klassische Archäologie zusammen, und in Marburg sind die Ägyptologen bei den Rechtshistorikern angesiedelt.

Verwandte Themen: Liste von Ägyptologen, Pyramide (Bauwerk), Ägypten, Altes Ägypten, Geschichte des Alten Ägyptens, Ägyptische Chronologie, Archäologie, Liste ägyptischer Götter, Liste der Pharaonen

Literatur