Kommune

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Die Kommune ist ein im sozialen und politischen Leben vielfältig verwandter Begriff, der von seinem lateinischen Wortursprung her (communis = gemeinsam, communio = Gemeinschaft) auf die Gemeinsamkeit von Lebenszusammenhängen und Interessen verweist.

Entstehung des Begriffs

Im späten 11. Jahrhundert setzte im westlichen Teil des Heiligen Römischen Reiches ein Vorgang ein, der in den Quellen mit den Begriffen coniuratio oder communio bezeichnet wird. In Cambrai beschworen die Bürger im Jahre 1077 eine schon lange geplante „Kommune“. Sie nutzten die Abwesenheit des bischöflichen Stadtherrn. Zuvor hatte sich bereits in Le Mans im Jahre 1070 eine Bewegung gebildet, eine Verschwörung, die Sie Kommune nannten.

Die Bürger von Cambrai beschworen untereinander durch einen Eid dem Bischof den Eintritt in die Stadt zu verwehren, wenn er die neue Eidgenossenschaft nicht anerkennt. Zwar wurde diese erste Kommune niedergeschlagen und wieder aufgelöst. Bis in die 20er Jahre des 13. Jahrhunderts zog sich der Kampf der Bürger von Cambrai um Wehrhoheit, Gerichtsbarkeit und städtische Selbstverwaltung.

Aber auch in Städten auf dem jetzigen Gebiet Deutschlands gab es kommunale Bewegungen. So 1074 in Köln gegen den Erzbischof von Köln und 1073 in Worms. In allen diesen Fällen ging es um die Erreichung größerer Freiheiten vom feudalen Stadtherrn, insbesondere von geistlichen Herren. Der Stadtherr übte mit seinen Dienstleuten und Amtsträgern die Gerichts- und Verwaltungsbefugnisse in der Stadt aus, er hatte Gewalt über die Befestigungen der Stadt und übte Markt- und Zollrechte und bezog Einnahmen daraus. Sehr oft gehörte dem Stadtherrn auch der Grund und Boden der Stadt, so dass für dessen Nutzung für Bauten und die Wirtschafttätigkeiten Abgaben zu zahlen waren. Weiterhin standen viele Bürger in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Stadtherrn.

Nach Quellen zu urteilen stießen sich insbesondere die zu Reichtum gelangten Kaufleute an der Herrschsucht der Stadtherren. Die vielschichtigen Gründe führten aber dazu, dass nicht die Kaufleute und Handwerker aufbegehrten, sondern sich auch in die Stadt geflüchtete hörige Bauern, Ministeriale und abhängige Dienstleute dem Kampf um die Kommune anschlossen.

Heutige Bedeutung

Das französische Wort commune heißt übersetzt Gemeinde. Siehe auch „Commune“. In den skandinavischen Ländern ist die Kommune (kommun) eine Verwaltungseinheit, die etwa dem Kreis entspricht. Siehe auch kommun und Kommune (Schweden).

In Deutschland wird Kommune als Oberbegriff für Stadt, Gemeinde, Kreis und andere Gemeindeverbände wie Samtgemeinden, Gemeindeverwaltungsverbände, Verbandsgemeinden, Verwaltungsgemeinschaften verwendet. In Deutschland gibt es ca. 13.000 Kommunen unterschiedlichster Größenordnungen (die kleinsten haben weniger als zehn Einwohner, die größten sind die drei Städte mit über 1 Million Einwohnern.

Kommunen sind Gebietskörperschaften mit verfassungsgemäßer Selbstverwaltungsgarantie mit genereller Zuständigkeit für alle lokalen öffentlichen Aufgaben. Zu den kommunalen Aufgaben zählt auch die Daseinsvorsorge.

Neben Pflichtaufgaben (z. B. Meldewesen, Abfallbeseitigung, Straßenreinigung) gibt es freiwillige Leistungen (z. B. Theater, Sport, Stadtbibliothek). Welche freiwilligen Aufgaben eine Kommune wahrnimmt, richtet sich nach ihrer (finanziellen) Leistungsfähigkeit und wird vom örtlichen politischen Willen bestimmt - in der Regel durch Beschlüsse der kommunalen gewählten Vertretung (Gemeinderat/Stadtverordnetenversammlung, Kreistag o.ä.). So wird eine große Gemeinde durchaus ein Theater unterhalten oder den Sport durch öffentliche Einrichtungen fördern, während eine kleine Gemeinde diese Aufgaben nicht oder nicht in dem selben Umfang wahrnehmen kann.

Die kommunale Versorgung und Entsorgung nimmt die Mehrzahl der Kommunen eigenständig wahr. Damit erhalten die Kommunen ihren Einfluss in der Preis-, Personal-, Beschaffungs- und Umweltpolitik. Des weiteren sichern sich die Kommunen durch eigene Stadtwerke auch die dauerhafte Abführung von Jahresüberschüssen und Gewerbesteuern in den städtischen Haushalt. Der politische Versuch, gemeindeeigene Stadtwerke zu verkaufen, wurde als "Verschleudern von Tafelsilber" in den vergangenen Jahren häufig von den Bürgern abgelehnt und mit Bürgerbegehren oder Bürgerentscheiden erfolgreich verhindert.

Ziel der Kommunen ist nicht Gewinnmaximierung, sondern Gemeinwirtschaftlichkeit die Mehrung des Gemeinwohls. Insbesondere das (i.d.R. in den Kommunalabgabengesetzen der Länder festgelegte) Kostendeckungsprinzip verhindert, dass Kommunen Abgaben erheben, deren Höhe die Kosten überschreitet und zu Gewinnen führt.

Die Kommunen nehmen ihre Aufgaben in vielfältigen öffentlich-rechtlichen und privat-rechtlichen Rechts- und Organisationsformen wahr. Der Trend zu Ausgliederungen von Verwaltungsbereichen verstärkt sich. Oft entfällt bereits mehr als die Hälfte aller kommunalen Ausgaben bzw. Umsätze, Investitionen und Beschäftigten auf die Beteiligungen, die in der Mehrzahl als Eigenbetriebe oder GmbH firmieren. Von den Ausgründungen versprechen sich die kommunalen Entscheidungsträger größere Effektiviät und Wirtschaftlichkeit. Beispielhafte Gründe für Ausgliederungen im Detail: flexiblere Führung, flexiblere und kostengünstigere Personalwirtschaft, höhere Motivation, Reduktion von Haftungsrisiken, bessere Finanzierungs- und Kooperationsmöglichkeiten, effektiveres Prüfwesen, Nutzung steuerlicher Vorteile, Umgehung des Vergaberechts und Verdingungsrechts. Inzwischen liegen den Kommunen (nicht nur aus Deutschland, sondern z.B. auch aus Großbritannien, wo Privatisierungen unter der Thatcher-Regierung weit früher begannen) immer mehr Erfahrungen vor, ob diese Erwartungen erfüllt werden oder nicht. In den letzten Jahren gibt es aufgrund enttäuschter Erwartungen bereits erste Kommunen, die das Outsorcing durch Insourcing wieder rückgängig machen.

Im Rechnungswesen arbeiten die Kommunen derzeit überwiegend mit der zahlungsorientierten Kameralistik. Für mehr Transparenz über den Verbrauch von Ressourcen und die Vermögenslage ist in mehreren Ländern eine Umstellung auf die doppelte Buchführung ("Doppik") geplant (z.B. Projekt "Neues Kommunales Finanzmanagement -NKF-" in NRW). Die Umstellung verursacht erhebliche Kosten (ca. 50-70 EU je Einwohner). Diese sollen sich dadurch auszahlen, dass aufgrund des dann möglichen Kostenvergleichs zahlreiche Verwaltungsaufgaben (z.B. Liegenschaftsverwaltung, Personalverwaltung, Sozialverwaltung) zukünftig komplett an kostengünstigere Private vergeben werden (Outsourcing).

Aufgrund ständig wachsender Aufgaben und eines deutlichen Einnahmerückganges seit dem Spitzeneinnahmenjahr 2000 ist in vielen Kommunen derzeit ein strikter Konsolidierungskurs unumgänglich. Der Finanzdruck ist so hoch, dass in vielen (vor allem in den größeren) Kommunen Managementreformen und Kostensenkungsmaßnahmen (Stichworte u.a.: schlanke, prozessorientierte Verwaltung, "lean government" bzw. "lean administration") schon längst nicht mehr ausreichen, um die kommunalen Haushalte auszugleichen. Die Kommunen versuchen, durch den Abbau von indirekten Aufgaben zu sparen (z.B. Finanzverwaltung, Personalverwaltung, Führungsebenen, Controlling etc.), um die Aufgaben weiter finanzieren zu können, die dem Bürger direkt zugute kommen (z.B. Soziale Hilfen, Kultur, Schulen, Sport).

Trotz einer eventuellen Zwangsverwaltung durch die Kommunalaufsicht ist kein Konkurs möglich, da die Bundesländer haften. Es gibt in Deutschland aber noch keine Beispiele für eine Zwangsverwaltung durch die Kommunalaufsicht ("Staatskommissar"). Das Einsetzen eines Staatskommissars scheuen die Länder wie der Teufel das Weihwasser, da auch ein (staatlich geschickter) Staatskommissar angesichts der Leere in den kommunalen Kassen nicht wüsste, wie man selbst die nötigsten (da gesetzlich vorgeschriebenen) Ausgaben tätigen könnte. Die Kommunen retten sich daher zunehmend in sog. Kassenkredite, das würde man bei Privatpersonen als Kontoüberziehungskredite (Dispokredit..) bezeichnen.

Siehe auch

Literatur

  • Evamaria Engel: Die deutsche Stadt im Mittelalter. München 1993, ISBN 3491961351