Mark (1871)

deutsche Währung von 1871 bis 1914
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Die Goldmark war die Währung des deutschen Kaiserreiches von 1871 bis 1918. Im engeren Sinne waren die Goldmünzen und im weiterem Sinne die gesamte Währung gemeint. Die Währung hieß offiziell Mark (Abk.: M oder Mk). Der Ausdruck "Goldmark" ist erst nach 1914 zur Unterscheidung gegenüber der durch Inflation entwerteten Papiermark entstanden. Die Mark war eine goldgedeckte Währung, das heißt, die wertgrößten Münzen besaßen einen inneren Wert in Edelmetall, waren also goldene Kurantmünzen. Die höchsten Münzwerte 20 und 10 Mark waren dementsprechend auch in Gold geprägt. Zeitweilig gab es auch ein goldenes 5-Markstück.

1 Mark in Silber

Der Goldgehalt orientierte sich dabei am um 1871 bestehendem Gold-Silberwertverhältnis von 1 : 15,5. Danach entsprach das goldene 10-Mark-Stück genau 3 1/3 silbernen Zoll-Vereinstalern im 30-Taler-Fuß, was hieß, dass 30 Taler = ein Zollpfund a 500g Feinsilber entsprachen. Mit der Einführung der neuen Reichswährung

1 Mark = 100 Pfennig

wurde gleichzeitig der Übergang vom Silber- zum wertstabileren Goldstandard vollzogen.

55,5555g Feinsilber (= 3 1/3 Taler) : 3,5842g Feingold (= 10 Mark) = 15,5 : 1

In Finnland galt übrigens seit 1864 schon 1 Markka = 100 Penniä, sie war ebenfalls goldgedeckt und an die Lateinische Münzunion angepasst und entsprach 1 französischem Franc bzw. 1/4 (Gold-)Rubel.

Auf Grund des Vertauens in die "gesicherte" Golddeckung der Währungen der führenden Industrieländer gab es um 1871 bis 1914 weitgehend feste Währungswechselkurse beim physischen Umwechseln der gewichtsmäßig vollwertigen Goldmünzen, die auf der jeweiligen gesetzlichen Goldparität zueinander beruhten. Das Vertrauen in die Golddeckung übertrug sich auch auf die Banknoten und Girokonten führender Handelshäuser und Industrieunternehmen der Hauptindustrieländer im kommerziellen Handel miteinander. Man konnte damals schon fast von einer einheitlichen (Gold-)Weltwährung sprechen; Beispiele:

1 Franken, Lira, Drachme, Lew, Leu, Peseta, Markka der lateinischen Münzunion u. assoziierter Länder = 0,81 M

1 Pfund Sterling (Sovereign) = 20,43 M

1 Österreichische Krone = 0,85 M

5 (Gold-)Rubel = 20 Franken = 16,20 M

1 US-Dollar = 4,19 M

1 dänische, norwegische, schwedische Krone = 1,125 M

1 niederländischer Gulden = 1,688 M

Ammerkung zum Wechselkurs zwischen den verschiedenen Währungen:

Beim physischen Umwechseln der Scheidemünzen und Banknoten der als nicht so solvent eingeschätzten Länder, wie z.B. Spanien, Bulgarien, Russland und später Griechenland gab es allerdings im Vergleich zu den Goldmünzen dieser Länder geringe bis mittlere Kursabschläge - neben der zusätzlichen Wechselgebühr -; man sprach dann z.B. entweder vom Gold-Rubel oder vom kursminderwertigen Papier- bzw. Silber-Rubel. Wurden größere Einzahlungen von ausländischen Goldmünzen in Deutschland bei der Reichsbank vorgenommen, gab es für jede Währung verschiedene festgelegte Goldaufkaufpreise je Münzart und zusätzlich wurde der Nominalbetrag noch nachgewogen und ggfs. der Nominalkurs, der auf der theoretischen Goldparität beruhte, nach unten abgewertet, was dann mit der Abnutzung der Goldmünzen begründet wurde. Währungen von Ländern mit reiner Papier- oder Silberwährung unterlagen dem Börsenkurs zu den Goldstandardländern.

Vorgeschichte

In den Verhandlungen zum Dresdner Münzvertrag im Juli 1838 machte Sachsen den Vorschlag den Dritt-Teil des sächsischen Talers a 10 Neu-Groschen = 100 Neu-Pfennig zur neuen Vereinsmünze zu machen. Das wurde aber von den anderen Taler- und Guldenländern abgelehnt, so dass es nur zum Beschluss kam, dass 2 Taler im preußischen 14-Talerfuß = süddeutsche 3 1/2 Gulden im 24 1/2 Guldenfuß als gemeinsame Vereinsmünze der "contrahierenden Staaten" gelten sollte. Diese Vereinsmünze zu "2 Taler = 3 1/2 Gulden" war in jedem Land gültig - unabhängig wer der jeweilige Emittent der Vereinsmünze war. Diese Münzgleichwertigkeit übertrug sich in Folge im praktischen Geldverkehr auch auf die einfachen Taler- und Guldenmünzen, obwohl diese nicht extra als "Vereinsmünze" im Gepräge gekennzeichnet wurden. Schwierig war es nur mit dem unterschiedlichen Pfennig-, Kreuzer- und Groschenkleingeld in der jeweiligen anderen landesspezifischen Umrechnung, sowie bei den teilweise noch gültigen älteren Regionalscheidemünzen. Es kam aber ab 1840 zu einer langsamen Durchmischung der (groben) Taler- und Guldenmünzen in den angrenzenden Zollvereinsländern. Es gab so gar ein Kuriosum, wo im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und im Herzogtum Sachsen Coburg-Gotha die Taler- und Guldenvereinswährung unter einem Regenten ursprünglich gleichzeitig - wenn auch in verschiedenen Landesteilen - umliefen! Nach dem Wiener Münzvertrag von 1857 wurde dann offiziel der preußische Taler auch in den Guldenländern (einschließlich Österreich und Liechtenstein) geprägt und der Schritt zur "großdeutschen" Münzeinheit war schon fast geschaffen worden ... ja, wenn es nicht den preußisch-österreichischen Krieg von 1866 gegeben hätte ...!

Siehe auch Zollverein.

Auf dem Deutschen Handelstag 1869 forderte eine Denkschrift von Adolf Soetbeer, dass "eine einheitliche deutsche, dezimalgeteilte Währung in Mark und Pfennig" als Quote einer "Landesgoldmünze" geschaffen werden solle und diese dem "Lateinischem Münzbund" beitreten sollte. Meter, Gramm und Liter waren ja schon von Frankreich im Prinzip übernommen worden. Der deutsch-französische Krieg von 1870/71 verhinderte das jedoch später.

Geschichte

Die Mark in Gold als 20- und 10-Mark-Stück wurde mit dem Deutschen Münzgesetz vom 9. Juli 1873 in Verkehr gebracht, als Ersatz für die insgesamt acht Landeswährungen mit 119 verschiedenen Münzsorten wie Taler, Gulden, Kreuzer, etc. Ein silberner Vereinstaler entsprach, wie schon genannt, genau 3 Mark. Mit Ausnahme des bis 1907 gültigen einfachen Talers, war die Mark in Gold ab 1. Januar 1876 einziges gesetzliches Zahlungsmittel. Erste Prägungen von Goldmünzen gab es bereits ab 1871 mit der preußischen 20-Mark-Ausgabe. Dazu wurde Gold aus den französischen Reparationen des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/1871 verwendet. Die Reichsbanknoten wurden erst ab 01.Januar 1910 gesetzliche Zahlungsmittel, d.h. mit "unbegrenztem schuldbefreienden Annahmezwang" wie Goldmünzen "versehen". Vorher brauchte also theoretisch niemand dieses Papiergeld annehmen. Ein begrenzter Annahmezwang bestand allerdings seit 1871 bei den silbernen Scheidemünzen bis zum Betrag von 20 Mark und den Pfennig-Münzen aus Kupfer- bzw. Kupfer-Nickel-Legierung bis 1 Mark. Für den Detailhandel hatte dies freilich keine praktische Bedeutung und wurde auch nie so praktiziert. Interessanterweise wurden die bis 1907 kursierenden silbernen Vereinstaler nach dem Konversationslexikon von Brockhaus aus dem Jahre 1906 immer noch als "Kurantmünzen" (mit unbegrenztem Annahmezwang) bezeichnet, obwohl ihr innerer - im Vergleich zu 1871 - stark gefallener Silberwert sie schon längst als "Scheidemünzen" auswies. Der innere Silbermetallwert der Taler war inzwischen von einstmals 3 Mark im Jahre 1871 bei einem Gold-/Silberwertverhältnis um 1905 von rund 1 : 34 auf 1,37 Mark mehr als halbiert worden. Das offizielle Inkrafttreten der neuen Reichswährung (Mark und Pfennig) wurde laut kaiserlicher Verordnung vom 22. September 1875 auf den 1. Januar 1876 festgelegt. Bis teilweise 1878 kursierten aber noch parallel zur neuen Mark eine Vielzahl älterer Landesmünzen zu amtlich festgelegten Kursen, z. B. 1/6 Taler sächsisch (à 50 sächsische Neu-Pfennig) = 50 neue (Reichs-)Pfennig oder der einfache süddt. (Vereins-)Gulden, der 1,71 M galt und bis 31.12.1875 im Umlauf war. Nacheinander wurde dann ab 1873 in verschiedenen Reichsgesetzen verkündet, alle vormaligen Landesmünzen sowie die französische Währung in den Reichslanden "Elsaß-Lothringen" außer Kurs zu setzen. Ab Mitte 1876 war die neue Reichswährung praktisch bis auf wenige Ausnahmen überall in Deutschland durchgesetzt worden. Übrig blieben nur die schon genannten Einfachtalermünzen im 30-Talerfuß und die älteren im 14-Talerfuß einschließlich der in freier Prägung bis zurück zum Jahr 1750(!) als silberne "Kurantmünzen". In den Festlegungen der Reichsbank gibt es darüber Anweisungen, dass die verschiedenen Talersorten in jeweils eigenen Münzgeldrollen einzuwickeln sind. Interessanterweise war auch das österreichische Einfachtalerstück im 30-Talerfuß der Jahre 1857...67 bis 1900 als 3-Markstück in Deutschland gültig. Als bayerische Besonderheit blieben die alten 1-Hellermünzen (1/8 Kreuzer) aus der vormaligen (Vereins-)Guldenwährung zum Wert von 1/2 Pfennig neuer Reichswährung wegen der Biersteuer noch geraume Zeit über 1878 in Bayern gültig!

Grundsätzliches Finanzziel des neuen Kaiserreiches war es von Anfang an, das Goldgeld im Inland möglichst in den eigenen, staatlichen Kassen bzw. Reichsbankkassen zu halten und somit den Abfluss in die private Thesaurierung oder gar ins Ausland zu verhindern. Außerdem legten die Deckungsvorschriften für die Banknoten eine bestimmte Goldreserve fest. Ein Übergang zu einer reinen Goldkernwährung, die also keinen für jedermann mehr sichtbaren Goldmünzenumlauf mehr hätte, wäre für die internationale Reputation der Mark zur damaligen Zeit schädlich gewesen.

Banknoten

 
1.000-Mark-Schein, gedruckt (angeblich) 1910

Anmerkung zur Reichsbanknote 1000 Mark: Reichsbanknoten mit grünen Reichsbanksiegel sind rückdatierte Noten, die nach einer Bekanntmachung vom 3. Dezember 1918 offenbar kurz nach Kriegsende gedruckt wurden. Nur Noten mit dem roten Siegel sind echte Vorkriegsausgaben.

Natürlich konnte ein industrialisierter Staat nicht mit einer rein goldgedeckten Währung auskommen, so dass die Reichsbank, die Reichsschuldenverwaltung und die übrigen Privatbankenauch Banknoten ausgaben. Im übrigen hätte die gesamte verfügbare Goldmenge niemals ausgereicht, jedes gesetzliche Zahlungsmittel in Gold herzustellen. Die Banknoten der Reichsbank hatten Nominale von 20 Mark, 50 Mark, 100 Mark und 1000 Mark, die Reichskassenscheine der Reichsschuldenverwaltung Nominale in 5 Mark, 10 Mark, 20 Mark und 50 Mark bei relativ geringer Emissionszahl. Die Reichsbank war formal zwar eine Privatnotenbank -defacto aber eine "Staatsbank", da sie gegenüber den "normalen" Privatbanken eine Reihe von Vorzugsrechten besaß und der Reichskanzler oft in sie "hineinregierte".

Geldscheine wurden bis 1914 nicht nur von der Reichsbank ausgegeben, sondern auch in den Ländern von anfangs 32 Privatnotenbanken (z. B. Sächsische Bank in Dresden, Bayerische Bank in München) sowie von der Reichsschuldenverwaltung als Reichskassenscheine und mit Kriegsbeginn von den sogenannten Darlehnskassen als (uneinlösbare) Darlehnskassenscheine bezeichnet. Reichs- und Privatbanknoten mussten mindestens zu einem Drittel mit Gold abgedeckt sein. Weiterhin reichten auch später neben "guten Wechseln" auch Reichskassenscheine der Regierung dafür aus. Das bedeutete, dass Reichsbanknoten zumindest teilweise mit Reichskassenscheine - also Papier mit Papier abgedeckt war.

Die Reichskassenscheine waren Staatspapiergeld ohne Zwangskurs und ursprünglich zur Ablösung der alten Länderbanknoten in Taler- bzw. Guldenwährung gedacht. Sie waren anfangs zu Zahlungen innerhalb der staatlichen Institutionen verwandt worden, gelangten aber später über die Beamtenbesoldungen in den allgemeinen Zahlungsverkehr und waren dann den Reichs- und Privatbanknoten praktisch eins zu eins gleich gestellt. Reichskassenscheine erlangten ihre Akzeptanz beim Publikum dadurch, obwohl kein Annahmezwang bestand, dass sie z. B. bei Steuerzahlungen an den Staat in unbegrenzter Höhe angenommen wurden. Das galt bei Reichs- und Privatbanknoten bei Zahlungen an den Staat "formal" nicht, aber wurde nicht immer so gehandhabt.

Die Privatnotenbanken waren seit 1873 auf Banknoten mit einem Wert von mindestens 100 Mark festgelegt und mit dem Bankgesetz vom 1875 mussten sie ihre Tätigkeit auf ihren jeweiligen Bundesstaat beschränken oder sich der Reichsbank unterordnen. Am 1. Januar 1939 verloren sie dann endgültig das Recht zur Ausgabe eigener Banknoten. Deutsche, unbeschädigte Privatbanknoten wurden jedoch bei den Kassen der Reichsbank meist auf Wunsch in Reichsbanknoten getauscht, da sie ja meist nur in Nähe der jeweiligen Privatbank vom Publikum akzeptiert wurden.

Waren ab 1871 bis etwa 1900 Goldmünzen noch relativ häufig und Banknoten dagegen eher selten im täglichen Umlauf anzutreffen, begann sich das etwa ab 1906 durch die gleichzeitige Zunahme der von der Reichsbank in großer Menge emittierten Noten zu 20 und 50 Mark langsam zu verändern. Außerdem nahm die Kreditgeldschöpfung der Banken und der Giralgeldverkehr ungemein zu. Diese damals neuen Geldarten verdrängten zunehmend die Goldmünzen aus dem praktischen Zahlungsverkehr. Hatte man eine Wahl bei der Auswahl der Zahlungsmittel, wurde eher Papier-, Scheide- oder Giralgeld als "gutes" Goldgeld ausgegeben (Greshamsches Gesetz). Die Goldmünzen wurden auch ab etwa 1910 zunehmend vom Publikum thesauriert. Ein Hintergedanke der Reichsbank, durch die Emission der kleinen Reichsbanknoten zu 20 und 50 Mark eher an die goldenen 20- und 10-Markstücke über den Geldumlauf zu kommen und sie so für den Reichskriegsschatz einzulagern, erfüllte sich nur teilweise. Trotzdem entsprachen die Noten einem allgemeinem Bedürfnis nach mittleren Zahlungsmitteln, den die bisherigen relativ geringen Emissionen an Reichskassenscheinen von 5 bis 50 Mark nicht abdecken konnten. Der allgemeine Zuwachs im Bruttosozialprodukt nahm diese Reichsbanknoten ohne wesentlichen Inflationsschub auf. Alle Reichs- und Privatbanknoten (im Gegensatz zu den Reichs- und späteren Darlehnskassenscheinen) waren bis 1914 mit der Zusicherung versehen, sie jederzeit in gesetzliche Zahlungsmittel, also in Goldmünzen bzw. genauer nach Bankgesetz vom 14. März 1875, §18, sie in "coursfähiges" deutsches Geld umtauschen zu können.

Beispiel der aufgedruckten Zusicherung: "100 Mark zahlt die Reichsbankhauptkasse ohne Legitimationsprüfung dem Einlieferer dieser Banknote"

Datei:100 Goldmark.jpg
100-Mark-Schein aus dem Jahr 1908

Das konnte praktisch allerdings neben Goldmünzen auch bis 1908 Vereinstaler, Scheidemünzen und eventuell auch Reichskassenscheine beim Umwechseln bedeuten. Eine ausdrückliche Einlöseverpflichtung für Reichsbanknoten nur in Goldmünzen ist in keinem zeitgenössischen Dokument zu finden. Nur für Scheidemünzen in Silber ab dem Mindestbetrag von 200 Mark oder Pfennigscheidemünzen ab 50 Mark gab es eine "Bekanntmachung" des Reichskanzlers vom 19. Dezember 1875, dass dies in den Reichsbankhauptkassen in Berlin, Königsberg, Frankfurt und München auf Wunsch des Publikums zu erfolgen hätte. Ansonsten bekam man Goldmünzen nur auf ausdrückliches Verlangen am Kassenschalter -entsprechend der jeweiligen Kassenlage- bei den Banken und Sparkassen gegen Banknoten umgewechselt, ansonsten aus dem allgemeinem Geldumlauf. Bei der Erstemission von neuen Gold-, aber auch bei Silbermünzen bildeten sich schon damals lange Schlangen von Münzsammlern an den Kassenschaltern und man hatte dort eventuell die Chance, eine prägefrische Goldmünze gegen eine Banknote zum Kurs von eins zu eins zu erhalten. Schon 1893 gab es Klagen des Publikums wegen der relativ hohen Menge an umlaufenden Scheidemünzen, d. h. im Umkehrschluss, dass Goldmünzen offenbar im allgemeinen Zahlungsverkehr um dieser Zeit wohl nicht mehr allzu häufig waren, was zur Zeit um 1871-80 noch nicht so war.

Ende der Goldmark

 
Darlehenskassenschein zu 2 Mark

Bei Beginn des ersten Weltkriegs wurde Anfang August 1914 mit der Ausgabe einer neuen Banknotenart, den Darlehenskassenscheinen der Reichsschuldenverwaltung, begonnen. Diese waren "uneinlösbar in Metallgeld" und beruhten gedanklich darauf, dass der Staat anstelle auf Gold jetzt auch auf Waren und Wertpapieren aus seinem Besitz Verpfändungen, sprich Darlehen, gewähren könne, was Darlehnskassen im Rahmen der Reichsbank zu überwachen hatten. Ab Anfang Juli 1914 ahnten aber schon viele Bürger den kommenden Krieg und begannen ihre Banknoten und Konten möglichst noch schnell in Gold- oder wenigstens in Silbermünzen umzuwechseln. So hatte die Reichsbank Anfang Juli 1914 bis zum 13.Juli, dem Tag der Erklärung des "Zustandes der drohenden Kriegsgefahr", wo der Umtausch der Reichsbanknoten und Scheidemünzen in Gold- bzw. Silbergeld sofort eingestellt wurde, einen erheblichen Abfluss an diesem Münzgeld zu verzeichnen. Die "Einlösepflicht in Metallgeld" sollte aber nur während der Zeitdauer des Krieges ausgesetzt bleiben und anschließend wieder erfolgen, was allerdings bis heute nicht wieder geschah! Nachträglich wurde die zum 13.Juli 1914 schon praktizierte "Aufhebung der Banknoteneinlösbarkeit" der Reichsbank durch eine Änderung des Münzgesetzes vom 04.August 1914 und weiterer finazieller Kriegsgesetze sanktioniert.

Der Metallgeldabfluss des Julis und die beim Bürger thesaurierten Gold- und Silbermünzen sollten dann später durch die Aktion "Gold gab ich für Eisen" und den Kriegsanleihen wieder hereingeholt werden, was beim Edelmetallgeld aber nur teilweise gelang. Ab August 1914 gab es daher fast schlagartig auch keine silbernen Mark-Münzen mehr im Umlauf, so dass diesem Umstand mit eilig gedruckten Darlehnskassenscheinen zu 1 und 2 Mark begegnet wurde, die nicht für eine Einlösung in Metallgeld vorgesehen waren. Als dann gegen Kriegsende um 1918 sogar die Pfennigmünzen aus Eisen und Aluminium knapp wurden, begann die große Zeit des Städtenotgeldes, wo es sogar regionale 1-Pfennig-Scheine gab, die heute noch gern gesammelt werden.

Nach der Währungsreform von 1923 wurden die Goldmünzen des Kaiserreichs mit dem Gesetz vom 30. August 1924 ausdrücklich wieder als gesetzliches Zahlungsmittel im Rahmen der neuen Rentenmark bzw. Reichsmark zugelassen, da man sie offensichtlich wieder in die Zirkulation locken wollte. Staatlicherseits dachte man jedoch nie ernsthaft daran, wieder neue Goldmünzen ab 1924 prägen zu lasssen! Man dachte aber daran, sie so besser einziehen zu können (Versailler Vertrag). Das gelang aber nicht. Sie blieben zwar formal gesetzliche Zahlungsmittel bis 1938 als die Regierung sie außer Kurs setzte und explizit vorschrieb, sie der Reichsbank zum Ankauf anzubieten, was mit Beginn des 2. Weltkrieges auch noch auf die silbernen 5- und 2-Reichsmarkstücke ausgedehnt wurde. Seit August 1914 waren Goldmünzen jedoch schon längst endgültig aus dem Geldumlauf verschwunden und wurden in vielen Familien -neben den Silbermünzen- als Erinnerung an eine bessere Zeit aufbewahrt.

Bewertung

Die Periode der "Goldmark" von 1871 bis Ende Juli 1914 ist als relativ geldwertstabil im Vergleich zu heute einzuschätzen. Die relative Geldwertstabilität hatte ihre Ursache darin, dass eine Papiergeldinflationierung durch Golddeckungsvorschriften, die auch eingehalten wurden, anfangs durch den "Goldanker" gebremst wurde. Durch die Kreditgeldschöpfung der Banken und der Buchgeldzunahme wurde dies jedoch ab ca. 1900 zunehmend unterlaufen. Von 1871 bis 1895 lag der gemittelte Inflationsindex bei allerdings relativ großen Preisschwankungen über diesen Zeitraum bei etwa Null Prozent (!) und das trotz Gründerzeitkrise. Erst ab 1896 bis 1914 stiegen die Preise zwar langsam aber stetig an. Das hatte seine Ursache in den zunehmenden Monopol- und Trustbildungen, die mit Preisabsprachen von Industrie und Handel verbunden waren, sowie in der militärischen Aufrüstung Deutschlands mit seinen ständigen Steuererhöhungen, neuen Sondersteuern und deren schleichende Erhöhungen über die Jahre hinweg. Außerdem trat ab etwa 1900 eine hohe aufrüstungsbedingte Nachfrage nach Rohstoffen auf dem Weltmarkt auf, die ihre Ursache in der allgemeinen Industriealisierung und in den Heeres- und Flottenaufrüstungen hatte. Weiterhin mussten einige Steuererhöhungen dafür herhalten, die Zinsen auf die gestiegene Staatsverschuldung aufzubringen, was ebenfalls den Preisindex tendeziell erhöhte. Die zeitgenössische Literatur versuchte das Phänomen des Preisanstiegs insbesondere bei Lebensmitteln, das um 1896 merklich begann, darauf zurückzuführen, dass angeblich die Nahrungsgüterproduktion und davon insbesondere die Ansprüche der Bevölkerung nach mehr Fleischwaren nicht im gleichen Maße mit der Bevölkerungsexplosion mithalten könne, was wohl auch teilweise richtig war. Man denke nur an den Bevölkerungszuwachs in den deutschen Großstädten mit ihren neuen Gründerzeitstadtvierteln. Eine andere Theorie war, dass die Goldproduktion zu stark zugenommen hätte und damit auch der allgemeine Geldumlauf, was sich aber praktisch nicht in einer Zunahme des sichtbaren Goldgeldumlaufes ausdrückte; es trat ja sogar fast das Gegenteil mit Einführung der kleine Reichsbanknoten zu 20- und 50-Mark ab 1906 ein. Aus heutiger Sicht waren daran eher die Buchgeldzunahme, die an keinerlei Gold-Deckungsvorschriften gebunden war sowie die schon erwähnten Preisabsprachen und Steuererhöhungen schuld. Auch wurde die Bargeldmenge bei Scheidemünzen pro Einwohner in mehreren Gesetzesnovellen von 10 auf 20 Mark pro Einwohner erhöht, was ebenfalls die Nachfrage nach Gütern preistreibend erhöhte. Man kann allerdings auch sagen, dass der Anstieg des allgemeinen Lebensstandards breiter Kreise der Bevölkerung, der bis zum 1. Weltkrieg zweifelsfrei stattfand, tendenziell die Inflation mit beförderte. Das schloss allerdings partielle bitterste Armut in der ländlichen Bevölkerung, z. B. in Mecklenburg, nicht aus und was zur Landflucht in die Großstädte bis hin zur Auswanderung aus Deutschland führte. Insgesamt wird in der Literatur nach Jürgen Kuczinski der Preisanstieg von 1871 bis 1914 in langen Preisvergleichsreihen von 100 auf ca. 145 % eingeschätzt. Dieser Preisanstieg war übrigens nicht nur auf Deutschland beschränkt. Er betraf auch solche Goldstandard-Länder wie Frankreich, Italien, Großbritannien sowie die USA bei ähnlichen Ursachen. Interessanterweise drückten sich inflationäre Tendenzen z. B. in Frankreich u. a. dadurch aus, dass die 1- und 2-Centime-Münzen aus dem Umlauf trotz hoher Prägezahlen nach 1900 fast völlig verschwanden und viele Preise im Kleinhandel daher auf 5 Centimes aufgerundet wurden, was in Deutschland bei den 1- und 2-Pfennig-Münzen aber so nicht geschah. Überproportional stiegen in Deutschland -wie schon gesagt- die Lebensmittelpreise und das besonders bei Fleischwaren sowie die Mieten, aber auf der anderen Seite wurden Massenindustriewaren billiger. Man vergleiche nur den Preis eines Zinntellers von 1875 mit dem eines Porzellans- oder Emailletellers von 1910. In den Jahresberichten der deutschen Konsumvereine lässt sich das gut nachvollziehen. Dort wird regelrecht von einer "Teuerung" ab etwa 1896 gesprochen, da die Preise in der Rezession nicht mehr fielen sondern nur noch geringer als in der Konjunkturphase anstiegen; genau wie heute.

Münzen des Dt. Kaiserreiches

 
Münzen zu 20 Goldmark mit den Porträts der Kaiser Friedrich III. bzw. Wilhelm II.

Goldmünzen mit 900/1000 Feingehalt der Rest ist Kupfer, daher die Rotfärbung (Rotgold):

  • 20 Mark, Gewicht 7,9649g (7,1685 g Feingold) Doppelkrone auch genannt Goldfuchs
  • 10 Mark, Gewicht 3,9825g (3,5842 g Feingold) Krone
  • 5 Mark, Gewicht 1,9912g (1,7921 g Feingold) 1/2 Krone

Jedem Bundesstaat war es erlaubt, die Vorderseite, das Avers, zu gestalten und Münzen zu prägen. In der Regel war dort das Abbild des jeweiligen regierenden Monarchen zu sehen. Die freien Städte Bremen, Hamburg und Lübeck prägten das Stadtwappen auf ihre Münzen. Die Rückseite, das Revers hingegen war einheitlich mit dem Reichsadler versehen, dessen Gestaltung aber zweimal geändert wurde. Zunächst wurde die anfängliche Abkürzung M. für Mark 1874 abgeschafft und das Wort Mark ausgeschrieben, um die neue Währung stärker im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern, sodann wurde im Jahre 1890 aus dem kleinen Reichsadler mit großem Hohenzollernschild – Sinnbild für die Vorherrschaft Preußens - ein großer Reichsadler mit kleinem Schild. Nach der Amtsübernahme im „Dreikaiserjahr1888 wollte Wilhelm II. damit ein Zeichen setzen und die deutsche Einheit betonen, nachdem sich das Kaiserreich etabliert und gefestigt hatte. Der Entwurf des neuen Münzadlers stammt von Otto Schultz aus Berlin.

Münzgeschichtlich bedeutsam sind auch die in den Jahren 1877 und 1878 geprägten 5-Mark-Goldmünzen, die allerdings schon am 1. Oktober 1900 außer Kurs gesetzt wurden, da sie sich wegen ihrer geringen Größe von gerade mal 17 mm Durchmesser und knapp 2 Gramm Gewicht in der Bevölkerung nicht durchsetzen konnten. Deshalb flossen sie immer wieder zur Reichsbank zurück. Die höchste Auflage erreichten die 1877 in Berlin geprägten 5-Mark-Goldmünzen mit über einer Million Exemplaren. Man schätzt, dass höchstens noch 10 % der ursprünglich geprägten Fünf-Mark-Goldmünzen existieren. Ein hoher Anteil der heute angebotenen Stücke ist gefälscht. Hier hat sich der Bonner Augenarzt Dr. med. Karl-Heinz Schmidt besonders unrühmlich hervorgetan.

Interessanterweise verhalten sich die Emissionen sämtlicher 20- und 10-Markstücke wie etwa 3 : 1, was sich heute meist in einem relativ höheren Sammlerpreis für die 10-Markstücke ausdrückt! Das lässt evtl. den Schluss zu, dass der Staat vermutete, dass sich einfache Bürger eher ein goldenes 10-Markstück auf die hohe Kante legen konnten als ein solches zu 20 Mark. Um das zu erschweren wurde die Anzahl der emittierten 10-Markstücke einfach zugunsten der 20-Markstücke verschoben.


Die von 1888 bis 1913 geprägte Goldmark 20 M Preussen Wilhelm II. wird heute als Anlagemünze an Bankschaltern mit einem kleinen Aufschlag zum aktuellen Edelmetallkurs verkauft.

 
Kleinmünzen des Deutschen Kaiserreichs: In der oberen Reihe die Stücke aus Kupfer bzw. Kupfer-Nickel, darunter die Silbermünzen.

Im Gegensatz zur Zeit vor der Reichsgründung waren die kleineren Werte aus Silber mit 900/1000 Feingehalt lediglich Scheidemünzen, ihr Metallwert war also geringer als ihr gesetzlicher Wert. Eine Mark entsprach genau 5 g Feinsilber. Das 20 Pfennig-Stück aus Silber war mit 1 g Feingehalt sehr klein und filigran und entsprechend schnell verschlissen, so dass es nach wenigen Jahren durch eine Münze ohne Edelmetall ersetzt wurde. Dennoch war es bei der Bevölkerung sehr beliebt und hatte einige Spitznamen, wie "Siebnerl", weil es etwa dem Wert von 7 Kreuzer der süddeutschen Vorgängerlandeswährung entsprach.

Die Stücke zu zwei, drei und fünf Mark besaßen wie die Goldmünzen landesspezifische Vorderseiten. Die kleinen Münzen bis 1 Mark waren einheitlich gestaltet. Die Drei- und Fünfmarkstücke trugen die Randschrift GOTT MIT UNS, genau wie die meisten Vereinstaler, die kleineren Nominale besaßen einen geriffelten Rand. Ab 1901 wurden zu besonderen Anlässen auch Gedenkmünzen geprägt. Der Vereinstaler entsprach im Feingehalt mit 16,67 g Silber anfänglich genau 3 Mark und war als solcher noch bis 1907 als Münze zu 3 Mark in Umlauf. 1908 wurde die Münze zu 3 Mark eingeführt und gleichzeitig der Taler außer Kurs gesetzt. Viele Taler waren auch inzwischen im Umlauf schon stark verschließen, da die letzten einfachen Taler nur bis 1871 ausgeprägt wurden. Der Talerbegriff übertrug sich dann auf das 3-Mark-Stück bis in die Weimarer Republik. Das 5-Pfennig-Stück hieß noch bis in unsere Zeit im Berliner Raum "Sechser", da der halbe Silbergroschen preußischer Währung 6 Pfenni(n)ge galt. Die Bezeichnung "Groschen" für das 10-Pfennig-Stück dürfte noch allgemein bekannt sein.


Zeichen Emissionszeit Prägestelle
von bis
A 1871 heute Berlin
B 1872 1878 Hannover
1878 aufgelöst
C 1872 1879 Frankfurt am Main
1880 aufgelöst
D 1872 heute München
E 1872 1887 Dresden
1887 1953 Muldenhütten
1953 aufgelöst
F 1872 heute Stuttgart
G 1872 heute Karlsruhe
H 1872 1882 Darmstadt
seit 1883 außer Betrieb
J 1875 heute Hamburg
T 1916 1917 Tabora,
Deutsch-Ostafrika

Notprägungen im Krieg

Scheidemünzen aus Silber

  • 5 Mark - Feingehalt 25 g
  • 3 Mark - Feingehalt 15 g, ab 1908 geprägt, weiterhin gern Taler genannt.
  • 2 Mark - Feingehalt 10 g
  • 1 Mark - Feingehalt 5 g
  • 1/2 Mark - Feingehalt 2,5 g
  • 50 Pfennig - Feingehalt 2,5 g
  • 20 Pfennig - Feingehalt 1 g, nur bis 1878 geprägt

Scheidemünzen ohne Edelmetallgehalt

Hergestellt aus Bronze und Nickel-Legierungen:

  • 25 Pfennig in Jugendstil-Gestaltung
  • 20 Pfennig
  • 10 Pfennig
  • 5 Pfennig
  • 2 Pfennig
  • 1 Pfennig

Während des Ersten Weltkrieges wurden Münzen aus Aluminium und Stahl geprägt.

Siehe auch