Die SS-Landwacht Zamosc war während der deutschen Besetzung Polens eine Hilfstruppe der Ordnungspolizei, die dem Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei Heinrich Himmler unterstellt war. Ende 1942 gab der SS- und Polizeiführer von Lublin, Odilo Globocnik, den Auftrag, aus den im November 1942 nach Litzmannstadt umgesiedelten kroatischen Volksdeutschen, die zur weiteren Umsiedlung in die Region Zamosc im Generalgouvernement vorgesehen waren, ein aktives Bataillon der Landwacht aufzustellen und einsatzfähig auszubilden. Gleichzeitig wurden auch aus den ansässigen Volksdeutschen in verschiedenen Ortschaften der Region Zamosc Stürme der Landwacht aufgestellt. Die SS-Landwacht Zamosc war an der Germanisierungsaktion Zamosc beteiligt.

Kommandeur
Kommandeur des in Labunie stationierten 1. SS-Landwacht-Bataillon Zamosc und der SS-Landwacht Zamosc war von 1942 bis August 1943 der dänische SS-Sturmbannführer Thor Jørgensen.[1]
Teilnahme an der Aktion Zamosc
Nach einer zweimonatigen Ausbildung im Lager Tuschin der Volksdeutschen Mittelstelle bei Litzmannstadt wurde das 1. SS-Landwacht-Bataillon Zamosc im Februar 1943[2] an seinen neuen Standort Labunie im Kreis Zamosc transferiert und zusammen mit der in der bereits in der Region Zamosc aufgebauten SS-Landwacht Zamosc bei der gewaltsamen Vertreibung der polnischen Bevölkerung aus dem Gebiet eingesetzt. Der HSSPF von Lublin, Odilo Globocnik, hatte der aus volksdeutschen Siedlern aus Ost- und Südosteuropa bestehenden Landwacht bei der Aktion Zamosc eine zentrale Rolle bei den ethnischen Säuberungen von polnischen Dörfer zugedacht. So sollten alle die von Polen zu räumenden Dörfer im Vorfeld in allen Organisationsbereichen durch die zuvor ausgebildeten Polizeieinheiten der Landwacht besetzt werden, um damit eigene SS-Kräfte zu schonen.[3]
Zwischen Dezember 1942 bis August 1943 wurden über 110.000 Polen aus 300 Dörfern im Gebiet Zamosc vertrieben, um im Rahmen einer „Umvolkung“ den volksdeutschen Neusiedlern aus Ost- und Südosteuropa Platz zu machen. Nach den Vorgaben der „Deutschen Volksliste“ war ein Teil der Vertriebenen zur "Wiedereindeutschung" vorgesehen, die als "rassisch minderwertig" geltenden Polen wurden entweder zur Zwangsarbeit ins Reich oder in die Konzentrationslager Auschwitz oder Majdanek überführt. Tausende von zwangsausgesiedelten Kindern und alten Menschen erfroren oder verhungerten und rund 7000 Polen, die sich der Zwangsumsiedlung widersetzten, wurden an Ort und Stelle erschossen. Gemäß den Historikern C. Christensen, N. Poulsen und P. Scharff Smith (Waffen SS - Europas Nazistiske Soldaten, 2016) muss davon ausgegangen werden, dass SS-Sturmbannführer Thor Jørgensen uns seine Männer an den als Kriegsverbrechen eingestuften Deportationen und zahlreichen Massakern an der polnischen Zivilbevölkerung beteiligt waren.
Weitere Einsätze
Neben der Aktion Zamosc nahm das 1. SS-Landwacht-Bataillon Zamosc unter ihrem Kommandeur Thor Jørgensen bis zum August 1943 auch an Aktionen gegen polnische Partisanen der Region Zamosc teil.[4] Und ab Mai 1944 wurde die SS-Landwacht Zamosc als Einheit des Selbstschutzregiments Zamosc unter seinem Regimentskommandeur, dem Major der Schutzpolizei Korda [5] im Abwehrkampf gegen polnische und sowjetische Partisanengruppen eingesetzt. [6]
Ende
Zahlreiche vor den Deportationen geflohene Polen schlossen sich der Untergrundbewegung der Bauernbataillone an, die später teilweise der Polnischen Heimatarmee beitraten. Als Partisanenbewegung überfielen sie die deutschen Umsiedlungsdörfer, töteten auch Mitglieder der Landwacht [7] und konnten so die geplante "Germanisierung" der Region Zamosc stoppen. Im Sommer 1943 wurde deshalb das 1. SS-Landwacht-Bataillon Zamosc auf Befehl von Odilo Globocnik aufgelöst. Die Männer des Bataillons wurden in die SS-Landwacht Zamosc überführt und den Hauptstützpunkten der Ordnungspolizei unterstellt.
Nachdem Partisanenaktionen gegen die deutschen Besatzer und Siedler in der Region Zamosc immer zahlreicher wurden, befahl Globocniks Nachfolger, Jakob Sporrenberg im Mai 1944 die Bildung des Selbstschutzregiments Zamosc[8] [9], bestehend aus dem II. Bataillon des SS-Polizei-Regiments 25 in Zamosc, der Gendarmerie-Hauptmannschaft Zamosc sowie aus der SS-Landwacht Zamosc. Als im Juli 1944 die Rote Armee und polnische Partisanenverbände das Gebiet eroberten, wurde die SS-Landwacht Zamosc aufgelöst.
Literatur
- Claus Bundgård Christensen, Niels Bo Poulsen, Peter Scharff Smith: Waffen-SS, Europas Nazistiske Soldaten, (Seite 230-231), erschienen bei Gyldendal 2016, ISBN 978-87-02-09648-4
- Thomas Harder: Kryssing - manden, der valgte forkert (Kapitel 12, Abschnitt c), erschienen bei Lindhart og Ringhof Forlag, 2014, ISBN 978-8-71-146634-6
- Claus Bundgård Christensen, Niels Bo Poulsen, Peter Scharff Smith: Dagbog fra Ostfronten, (Abschnitt 65), erschienen bei Lindhardt og Ringhof Forlag 2012, ISBN 978-87-11-39599-8
- Alan E. Steinweis, Daniel E. Rogers (Hrsg.): The impact of Nazism: New Perspectives on the Third Reich and Its Legacy. University of Nebraska 2003, ISBN 978-0-8032-4299-9, S. 170-179 Inhaltsverzeichnis
- Czesław Madajczyk (Hrsg.): Zamojszczyzna – Sonderlaboratorium SS. Zbiór dokumentów polskich i niemieckich z okresu okupacji hitlerowskiej. Ludowa Spółdzielnia Wydawnictwo, Warschau 1977, Band 2 (insbesondere die Seiten 12 und 311). Über 400 Dokumente zur „Aktion Zamosc“ in deutscher und polnischer Sprache.
- Biuletyn Głównej Komisji Badania Zbrodni Hitlerowskich Polsce, Band 21, Wydawn. Ministerstwa Sprawiedliwości, 1970, (Seite 125).
- Najnowsze dzieje Polski: Materiały i studia z okresu II Wojny Światowej, Bände 8-10, Państwowe Wydwo Naukowe, 1964 (Seite 222).
- Generalna Gubernia w planach hitlerowskich: Czesław Madajczyk, Państwowe Wydawnictwo Naukowe, 1961 (Seite 203).
Einzelnachweise
- ↑ Gyldendal: Den Store Danske Jørgensen, Thor
- ↑ Litzmannstädter Zeitung vom 11.2.1943, Seite 4, Verabschiedung der Landwacht, PDF-Datei
- ↑ Documents Introduced in Evidence By British and American Prosecutors. District of Columbia: GPO, 1947. pp. 745-747. Akt. 4024-PS Abschnitt 9, Online
- ↑ Thomas Harder: Kryssing - manden, der valgte forkert (Kapitel 12)
- ↑ Czesław Madajczyk (Hrsg.): Zamojszczyzna – Sonderlaboratorium SS (Seite 311)
- ↑ Czesław Madajczyk (Hrsg.): Zamojszczyzna – Sonderlaboratorium SS (Seite 311)
- ↑ Czeslaw Madajczyk: Deportation of the Zamosc Region in 1942 and 1943 in the light of German Dokuments, Seite 87, online (pdf)
- ↑ EHRI - Archiv Institut für Zeitgeschichte, Akte 0 270-0 279;3 Online
- ↑ Czesław Madajczyk (Hrsg.): Zamojszczyzna – Sonderlaboratorium SS (Seite 311)