Australopithecus prometheus

Art der Gattung Australopithecus
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Australopithecus prometheus ist die Bezeichnung einer 1948 von Raymond Dart benannten Art der ausgestorbenen Gattung Australopithecus.[1] Die zu dieser Art gestellten Fossilien wurden in Makapansgat (Südafrika) entdeckt und später der bereits 1925 gleichfalls von Dart eingeführten[2] – und damit bei der Namensgebung vorrangigen – Art Australopithecus afarensis zugeführt. Im Jahr 2015 wurde die Bezeichnung Australopithecus prometheus für eine zur gleichen Zeit wie Australopithecus africanus in Südafrika existierende Australopithecus-Art von einem internationalen Forscherteam aufgegriffen und im Zusammenhang mit einer Neudatierung des Fossils StW 573[3] („Little Foot“) als Artbezeichnung für diesen Fund vorgeschlagen.[4][5]

In den einschlägigen paläoanthropologischen Datenbanken ist dieser Artname bislang nicht als anerkanntes Taxon verzeichnet.[6]

Namensgebung

Australopithecus ist ein Kunstwort. Die Bezeichnung der Gattung ist abgeleitet von lateinisch australis ‚südlich‘ und Vorlage:ELSalt (altgr. ausgesprochen) píthēkos ‚Affe‘. Das Epitheton prometheus verweist auf die griechische Mythologie: Der Titan Prometheus brachte der Prometheus-Sage zufolge den Menschen das Feuer auf die Erde.

Raymond A. Dart wählte 1948 das Epitheton prometheus in der Annahme, das fossil aufgefundene Individuum habe zu einer Art gehört, die bereits das Feuer nutzte. Dies geschah in der irrigen Annahme, dass die Schwarzfärbung einiger seit 1925 in der Umgebung von Makapansgat entdeckter fossilen Tierknochen auf Hitzeeinwirkungen bei der Nahrungszubereitung durch Vormenschen zurückzuführen sei.[7] Tatsächlich hatte sich die Färbung dieser Knochen aufgrund der Einwirkung von Mangandioxid in ihren Fundschichten – also ohne Zutun eines Lebewesens – verändert.[8] Spuren von Kohlenstoff am Fundort des Fossils waren vermutlich Überreste von Sprengungen im Zusammenhang mit dem Kalkstein-Abbau.[9]

Historisches

In einem umfangreichen, 24 Druckseiten langen Fachartikel im American Journal of Physical Anthropology begründete Raymond Dart 1948 seinen Entschluss, die im September 1947 von seinem Helfer James Kitching in einer Höhlen-Brekzie entdeckten Fragmente eines fossilen Schädel als Holotypus einer weiteren Australopithecus-Art auszuweisen.[1] Die Fundstelle befand sich auf dem Gelände der südafrikanischen Farm Makapansgat, rund 20 Kilometer nordöstlich von Potgietersrus.

Die zusammengefügten Fragmente ermöglichten – erstmals bei einem ausgewachsenen Australopithecus – eine fast vollständige Rekonstruktion der Rückseite seines Schädels; dies war insofern bedeutsam, als sich im Verlauf der Stammesgeschichte des Menschen durch die Vergrößerung des Großhirns besonders der rückwärtige Bereich des Schädels aufgrund der Zunahme des Hirnvolumens erheblich vergrößert hat. Die Dicke der Schädelknochen von Australopithecus prometheus (6 bis 13 mm) liegt laut Erstbeschreibung zwischen jener der stammesgeschichtlich älteren Schimpansen (4 bis 7 mm) und jener des stammesgeschichtlich jüngeren Peking-Menschen (= Homo erectus, 8 bis 15 mm).[10]

Aufgrund des weitgehend erhaltenen Hinterhauptbeins wurde erstmals auch ein Vergleich der Gehirngröße von Australopithecus und einem Schimpansen möglich: Demnach beträgt die Fläche unter dem Hinterhauptbein bei Australopithecus 5030 mm², beim männlichen Schimpansen hingegen nur 864 mm².

Weitere anatomische Merkmale deuteten unter anderem darauf hin, dass der Kopf von Australopithecus über der Wirbelsäule getragen wurde, („improved balancing of the head upon the vertebral column“)[11] was für eine bereits fortgeschrittene Fähigkeit zum zweibeinigen Laufen hinweist.

Aufgrund der Funde von Makapansgat publizierte Dart in den 1950er-Jahren eine – inzwischen widerlegte – Hypothese zur Nutzung von Knochen, Zähnen und Hörnern durch Australopithecus prometheus zur Jagd, genannt Osteodontokeratische Kultur.

Wiederbelebung des Artnamens

 
Der Schädel von „Little Foot“ am Fundort im Jahr 2006
 
Blick über den Fundort im November 2006

Im Jahr 2015 veröffentlichte ein internationales Forscherteam um Ronald J. Clarke eine Überprüfung der Datierung von archäologischen und paläoanthropologischen Funden im Gebiet von Sterkfontein,[4] darunter das Fossil StW 573 („Little Foot“), das ungewöhnlich vollständig erhalten geblieben ist. Bereits in dessen erster Beschreibung im Jahr 1995 hatte Clarke erwähnt, dass das Fossil entweder zu Australopithecus africanus gehöre oder zu einer zweiten Art. Im Jahr 2008 legte Clarke sich dann fest: Little Foot weise zahlreiche Merkmale auf, die ihn sowohl von Australopithecus africanus als auch von Australopithecus afarensis unterscheiden; deshalb ordnete er nunmehr das Fossil einer zweiten, in Südafrika neben Australopithecus africanus lebenden, noch aber unbenannten Art zu.[12]

Im Zusammenhang mit der Beschreibung der genauen Vorgehensweise bei der Überprüfung von früheren Datierungen im Gebiet von Sterkfontein wurde im Jahr 2015 dann – ohne nähere Begründung – erwähnt, dass Little Foot zur fossilen Art Australopithecus prometheus gehöre, da das Fossil „sehr unterschiedliche“ („very different“) Merkmale im Vergleich zu Australopithecus africanus aufweise.

Literatur (Auswahl)

  • Raymond A. Dart: The Bone Tool-Manufacturing Ability of Australopithecus prometheus. In: American Anthropologist. Band 62, Nr. 1, 1960, Volltext
  • Raymond A. Dart: The osteodontokeratic culture of Australopithecus prometheus. Transvaal Museum, 1957
  • Raymond A. Dart: The cranio-facial fragment of Australopithecus prometheus. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 7, 1949, S. 187–211, 1949, doi:10.1002/ajpa.1330070204
  • Raymond A. Dart: The first pelvic bones of Australopithecus prometheus: Preliminary note. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 7, Nr. 2, 1949, S. 255–257, doi:10.1002/ajpa.1330070208
  • Raymond A. Dart: The adolescent mandible of Australopithecus Prometheus. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 6, Nr. 4, S. 391–411,doi:10.1002/ajpa.1330060410

Einzelnachweise

  1. a b Raymond A. Dart: The Makapansgat proto-human Australopithecus prometheus. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 6, Nr. 3, 1948, S. 259–283, doi:10.1002/ajpa.1330060304
  2. Raymond A. Dart: Australopithecus africanus: The man-ape of South Africa. In: Nature. Band 115, 1925, S. 195–199, doi:10.1038/115195a0, (Volltext (PDF; 456 kB))
  3. Ronald J. Clarke, Phillip Tobias: Sterkfontein member 2 foot bones of the oldest South African hominid. In: Science. Band 269, 1995, S. 521–524, doi:10.1126/science.7624772
  4. a b Darryl E. Granger et al.: New cosmogenic burial ages for Sterkfontein Member 2 Australopithecus and Member 5 Oldowan. In: Nature. Band 522, Nr. 7554, 2015, S. 85–88, doi:10.1038/nature14268
  5. New cosmogenic burial ages for SA's Little Foot fossil and Oldowan artefacts. Auf: eurekalert.org vom 1. April 2015
  6. Die Global Biodiversity Information Facility und die Datenbank der Yale-University führen Australopithecus prometheus weiterhin als „Synonym of Australopithecus africanus“, im Catalogue of Life: 28th April 2016 sowie auf fossilworks.org fehlt ein Eintrag.
  7. Friedemann Schrenk: Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens. C.H.Beck, 1. Auflage, München 2008 (C.H.Beck Wissen 2059), S. 36, ISBN 3-406-41059-6 (in späteren Auflagen S. 37)
  8. Kenneth P. Oakley: The earliest fire-makers. In: Antiquity. Band 30, Nr. 118, 1956, S. 102–107, doi:10.1017/S0003598X00028313
  9. C. K. Brain: Fifty Years of Fun with Fossils: Some Cave Taphonomy-Related Ideas and Concepts that Emerged between 1953 and 2003. Kapitel 1 in: Travis Rayne Pickering, Kathy Schick und Nicholas Toth (Hrsg.): Breathing Live into Fossils. Taphonomic Studies in Honor of C.K. (Bob) Brain. Stone Age Institute, 2004, S. 3, Volltext
  10. R. Dart, The Makapansgat proto-human Australopithecus prometheus, 1948, S. 260.
  11. R. Dart, The Makapansgat proto-human Australopithecus prometheus, 1948, S. 263.
  12. Ron J. Clarke: Latest information on Sterkfontein’s Australopithecus skeleton and a new look at Australopithecus. In: South African Journal of Science. Band 104, 2008, S. 443–449, Volltext (PDF)