Laserkreisel

Kreiselkompass auf Basis eines Lasers, der dazu dient Richtung und Richtungsänderungen zu messen
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Wird ein Laser nicht, wie sonst üblich, mit einem durch zwei parallele Spiegel begrenzten linearen Resonator betrieben, sondern mit einem Resonator, der in einer Ebene ringförmig in sich selbst zurückläuft, so spricht man von einem Ringlaser. Die Ringform kann durch eine passend gelegte Glasfaser oder durch eine Anordnung von mehreren Spiegeln realisiert sein. Die im Resonator erzeugte stehende Welle behält ihre Richtung im Raum bei, wenn die Anordnung in ihrer Ebene gedreht wird. Ein Gerät, das die stehende Welle zu beobachten gestattet, kann daher wie ein Kompass benutzt werden, um Richtung und Richtungsänderungen zu beobachten. Es wird daher als Laserkreisel bezeichnet, wobei der Wortteil „-kreisel“ an „Kreiselkompass“ erinnern soll. Ein Laserkreisel enthält keine beweglichen Teile, arbeitet verschleißfrei und hochgenau. Das in diesem Zusammenhang gelegentlich erwähnte Sagnac-Interferometer unterscheidet sich vom Laserkreisel dadurch, dass es Licht einer ortsfesten Lichtquelle in den drehbaren Teil der Anordnung einkoppelt, und nicht deren Richtung sondern ihre Winkelgeschwindigkeit misst.

Ringlaser in einem Gyroskop

Aufbau

 
Laserkreisel

Die Bestimmung der Drehung im Raum um drei Raumachsen erfordert drei Ringlaser, die in zueinander rechtwinkligen Ebenen angeordnet sind.

Ein Laserkreisel beziehungsweise Ringlaser enthält zwei Lichtstrahlen, die gemeinsam in Gegenrichtung eine geschlossene Bahn durchlaufen. Man verwendet als Lichtquelle einen Laser, da nur so eine monochromatische und frequenzstabile Strahlung erzeugt werden kann. Für die Lichtstrecke werden mehrere Spiegel verwendet. Kommt statt Spiegel eine lange, aufgewickelte Glasfaser als Wellenleiter zur Anwendung, spricht man von einem Faserkreisel. Anteile der gegenläufigen Strahlen werden zur Überlagerung gebracht. Ist die Lichtschleife in Ruhe, sind beide Signale identisch, hingegen verursacht eine Drehung der Schleife um die Ebenennormale eine Phasenverschiebung, die im Interferenzmuster nachweisbar ist.

Prinzip

 
Prinzip eines Laserkreisels

Man baut einen Laserresonator, der nicht wie meist üblich gestreckt, sondern mit Hilfe mehrerer Spiegel oder einer aufgewickelten Glasfaser ringförmig ist. Dadurch erhält man zwei prinzipiell voneinander unabhängige Lichtwellen mit entgegengesetzter Umlaufrichtung. Durch den Sagnac-Effekt sind bei Rotation des kompletten Aufbaus die optischen Längen des Ringumfangs für beide Wellen leicht unterschiedlich. Somit unterscheiden sich auch die Frequenzen bei der gleichen longitudinalen Lasermode minimal.

Koppelt man Anteile beider Strahlen aus und lässt sie interferieren, kann man die Differenzfrequenz als Schwebung beobachten: je nach Drehrichtung wandern die Interferenzstreifen nach links oder rechts.

Dieser Effekt ist wesentlich besser messbar als die kleine Phasenverschiebung beim Sagnac-Interferometer und kann daher leichter messtechnisch ausgewertet werden - man misst die Amplitudenmodulation der interferierenden Strahlen mit einer Fotodiode und zählt so die Differenzfrequenz der Strahlen.

Lock-in-Effekt

Bei kleinen Drehraten tritt ein fundamentales Problem auf, der Lock-in-Effekt: An jedem Spiegel treten nicht nur Reflexion und Transmission, sondern auch Streuung auf. Ein kleiner Teil des Streulichts koppelt in die entgegengesetzte Umlaufrichtung ein.

Dadurch beeinflussen sich beide Laserschwingungen. Dies führt dazu, dass bei Drehraten unterhalb der Lock-in-Schwelle beide Laserschwingungen exakt die gleiche Frequenz haben. Bei höheren Drehraten ist die Differenzfrequenz immer noch kleiner als nach der obigen Theorie berechnet.

Prinzipiell wäre diese Nichtlinearität kein Problem, solange man nur Rotationsraten oberhalb der Lock-in-Schwelle messen möchte - man könnte den Effekt herausrechnen. Die Lock-in-Schwelle ist jedoch nicht konstant, sie hängt von der Stärke der Streuung ab, und die Streuung wird unter anderem von der Anzahl der Staubteilchen auf den Spiegeln beeinflusst. Außerdem interferieren die an den vier Spiegeln rückgestreuten Wellen miteinander. Das führt, je nach Phasenlage, zu Verstärkung oder Abschwächung.

Dadurch ist die Rückstreuung und somit der Lock-in-Effekt extrem stark vom Abstand der Spiegel abhängig. Sie müssen weiterhin sehr stabil und auf einer Grundplatte mit extrem kleiner thermischer Ausdehnung aufgebaut sein. Zusätzlich muss die Temperatur sehr gut konstant gehalten werden.

Um den Lock-in-Effekt zu umgehen, wird beispielsweise in der Luftfahrttechnik der komplette Laserkreisel entweder mit konstanter Winkelgeschwindigkeit in Rotation (rate bias technique) oder in eine Zitterschwingung (Dithering) versetzt. Dadurch misst man auch bei ruhendem Trägersystem eine Rotation und befindet sich immer weit oberhalb der Lock-in-Schwelle.

Anwendungen

Laserkreisel werden in der Luft- und Raumfahrt, aber auch in militärischen Landfahrzeugen sowie auf Marineschiffen als Navigationshilfe eingesetzt und sind dabei meist Teil eines Inertialen Navigationssystems (INS). Auf zivilen kommerziellen Flugzeugen werden sie zunehmend um GPS-Empfänger ergänzt, da mittels GPS bestimmte Positionen langfristig genauer und mittels INS bestimmte Positionen kurzfristig genauer sind. Die Systeme ergänzen sich somit.

In Militärflugzeugen und zivilen kommerziellen Flugzeugen haben sie weiterhin eine Bedeutung als zusätzliche Sicherheit, falls das GPS (Global Positioning System) ausfallen oder gestört werden sollte. Im militärischen Bereich ist zudem von Vorteil, dass der Laserkreisel keine Hochlaufzeit wie ein mechanisches Kreiselinstrument (Kurskreisel, Gyroskop) benötigt. Gyroskope oder Kreiselkompasse sind jedoch oft dennoch redundant vorhanden, da diese mechanisch arbeiten und daher auch bei Stromausfall ihre Richtungsinformation beibehalten.

In der privaten Luftfahrt begnügt man sich oft aus Kostengründen mit mechanischen Kurskreiseln.

Ringlaser werden auch in der Geodäsie zur Messung der Rotationskomponente von Erdbeben und der kontinuierlichen Messung der Erdrotation eingesetzt. Hier verwendet man einen ruhenden Ringlaser und bemüht sich durch aufwendige Klimatisierung, die Lock-in-Schwelle konstant zu halten.

In kommerziellen Anwendungen findet der Laserkreisel seinen Einsatz in der Vermessung von Pipelines oder Kameras auf Flugzeugen zur luftgestützten Vermessung von Objekten wie Gebäuden oder Landschaftstopologien (LIDAR oder Ortho-Photogrammetrie) oder in der punktgenauen Navigation von Bohrgeräten im Bereich des Horizontalbohrens unter der Erde (sogenannter No-dig-Leitungsbau).

Auch Unterwasser-Roboter werden mit Laserkreiseln navigiert, wenn es um höchste Genauigkeit bei autonomen Einsätzen über viele Stunden oder Tage geht.