Dieter Duhm

deutscher Psychologe und Gesellschaftskritiker
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Dieter Duhm (* 1942 in Berlin) ist promovierter Soziologe und Psychoanalytiker.

Er ist Autor mehrerer Bücher, u.a. des Bestsellers „Angst im Kapitalismus“ und Künstler, ab 1967 aktiv in der marxistischen Linken der deutschen Studentenbewegung. Er vertritt die These, dass die Befreiung des Individuums verbunden werden muss mit dem antiimperialistischen Kampf und löst damit die „Emanzipationsdebatte“ aus. Später formuliert er es so: „Warum konnte bisher noch keine menschliche Idealgesellschaft verwirklicht werden? Weil der Fehler nicht nur in den äußeren Verhältnissen, sondern vor allem in den inneren Strukturen und Denkformen der Menschen bestand. Man kann aus autoritär geformten Menschen keine freie Gesellschaft aufbauen. Man kann keine gewaltfreie Gesellschaft errichten, wenn die Hass- und Gewaltimpulse im Inneren nur unterdrückt, aber nicht aufgelöst sind. Eine Revolution, die nicht im Inneren stattgefunden hat, kann auch im Äußeren nicht gelingen. Das ist eine Lehre der Geschichte.“ (D. Duhm, Die Heilige Matrix)

Sein Ziel ist, diese „Revolution im Inneren“ herbeizuführen. 1978 gründet er die „Bauhütte“, ein soziales Experiment mit 50 Teilnehmern und ein erstes Gemeinschaftsprojekt unter seiner Leitung, in dem erforscht wird, wie sich gruppeninterne Konflikte im Bereich von Macht, Geld, Sexualität, Liebe auflösen lassen. Grundstrukturen für den Aufbau tragfähiger menschlicher Gemeinschaften werden in diersem Projekt sichtbar.

Duhm ist der Initiator des Zentrum für Experimentelle Gesellschaftsgestaltung (ZEGG), das er intensiv prägte.

1995 beginnt eine nächste Stufe des Gemeinschaftsprozesses. Gemeinsam mit seiner Partnerin Sabine Lichtenfels (Theologin), dem Physiker Rainer Ehrenpreis und anderen gründet er ein erstes Heilungsbiotop „Tamera“ in Portugal. In den darauffolgenden zehn Jahren wächst die Gemeinschaft auf fast 100 Menschen an. Es initiiert die „Friedensschule Mirja“ und den „politischen Ashram“ in Tamera als Ausbildungsorte für zukünftige Friedensarbeiter.

Mit Hilfe verschiedener Aspekte aus der Holografie, der Chaostheorie, der Systemtheorie und der morphogenetischen Feldtheorie (morphische Felder) begründet er eine „politische Theorie“, die zu einem globalen Friedenskonzept führen soll: dem „Plan der Heilungsbiotope“. Damit formuliert er eine Perspektive, die den Zerstörungskräften der kapitalistischen Globalisierung gewachsen sein soll. Der Plan ist dargestellt in verschiedenen Schriften, u.a. im „Tamera-Manifest“ (1999) und in seinem Grundlagentext „Theorie der globalen Heilung“ (2006).


Bücher von Dieter Duhm

  • Die heilige Matrix. Von der Matrix der Gewalt zur Matrix des Lebens. Grundlagen einer neuen Zivilisation. ISBN 3-927266-14-0, 464 S., 2. Auflage 2005
  • Der unerlöste Eros ISBN 3-9805234-1-1, 220 S., 3. Auflage (überarbeitet) 1998
  • Politische Texte für eine gewaltfreie Erde ISBN 3-927266-08-6, 196 S., 1992
  • Aufbruch zur neuen Kultur (1982) (vergriffen)
  • Modell einer Lebensalternative (1982) vergriffen
  • Synthese der Wissenschaft. Der werdende Mensch. (1979) (vergriffen)
  • Warenstruktur und zerstörte Zwischenmenschlichkeit (1975) (vergriffen)
  • Der Mensch ist anders (1974) (vergriffen)
  • Revolution ohne Emanzipation ist Konterrevolution (1973)
  • Angst im Kapitalismus (1972) (vergriffen)

Duhm's Kapitalismuskritik aus "Angst im Kapitalismus" 1972.

Dieter Duhm wurde in Deutschland bekannt u.a. durch "Angst im Kapitalismus" 1972 ISBN 3- 921265-03-7, in dem er schon in den frühen 1970er Jahren qualifizierte Kapitalismuskritik veröffentlichte. In dem Buch werden sowohl die Sozialen und psychologischen Hintergründe, als auch die Fragen und Probleme von Gewalt und struktureller Gewalt im Kapitalismus - siehe auch Milgram-Experiment - behandelt, wie sie auch heute noch beispielsweise für die Mobbing Forschung von Bedeutung sind.

Einer der perfektesten Instrumente, das zwar nicht von Publik-Relations-Planeren entwickelt wurde, aber doch ihre Zwecke voll erfüllt, ist die Bildzeitung. Auf die raffinierteste Weise wird ihren Lesern immer wieder einsuggeriert, Angehörige einer großen "Bild"- Gemeinde zu sein. Die Bildzeitungsleser werden angehalten , sich nicht nur untereinander zu identifizieren, sondern auch mit allem, was gut und richtig ist. Gut und richtig ist die Stabilität der (Kapitalistischen) Wirtschaft, gut und richtig ist das Interesse für Fußball, gut und richtig ist der Staat, jedenfalls solange die CDU an seiner Spitze steht. Viele Angehörige der "Bild"- Gemeinde werden folgenden Ausspruch voll unterstreichen: "Wir unterscheiden uns nicht mehr in Kapitalisten und Ausgebeutete, sondern in Fußballfreunde und Solche, die den Fußball für Geißel unserer Gesellschaft halten"
Duhm 1972 "Angst im Kapitalismus" Seite 123


Die "Freiheit" der Sexualität zeigt sich quantitativ: in der Häufigkeit von Geschlechtsverkehr und Partnerwechsel; ihre tatsächliche Unfreiheit zeigt sich Qualitativ: in der neurotischen Bindungsunfähigkeit, im [[Langeweile|überdruß, in der ungestillten Sehnsucht nach etwas anderem.
und weiter
Der Sexrummel: Warum läßt sich der kapitalistische Mensch so leicht durch sexuelle Reizmittel aufgeilen und verführen? Weil er zuwenig davon hat. Im "Spiegel" stand einmal: "der Sexkult kommt aus der Sexfurcht", und in kritischen sexuellen Abhandlungen lesen wir: Sex sei verdrängte Sexualität. Der scheinbare sexuelle Überfluß verhüllt also einen sexuellen Mangelzustand.
Duhm 1972 "Angst im Kapitalismus" Seite 129-130


Die psychische Unterdrückung als Mittel der Herrschaftsicherung: Nur wer kein echtes Selbstvertrauen hat erkauft es sich durch Auto oder Make-up; nur die neurotische Bindungsunfähigkeit treibt die Menschen zur dauernden Kontaktsuche und oberflächlichen Geselligkeit; nur aufgrund ihrer insgeheimen Minderwertigkeitskomplexe streben sie nach sexuellem und Beruflichem Erfolg; nur aus Angst vor den Blicken der anderen umgeben sie sich mit dem Aroma der Selbstsicherheit und dem Aroma der Lebenslust.
Duhm 1972 "Angst im Kapitalismus" Seite 135


Unser Berufssystem läßt eine psychische Befreiung und Erotisierung des öffentlichen Lebens nicht zu. Der verinnerlichte Zwang zur Unterordnung, zur Bewährung vor den Augen anderer und zum bestehen im Konkurrenzkampf ist nach wie vor unvereinbar mit echter Sympathie und Solidarität.
und weiter
Am engsten sind diese Grenzen bei den Arbeitern. Die meisten von ihnen haben nicht einmal in ihrer Freizeit teil am manipulierten Glück. Schichtarbeit und Akkordarbeit nehmen ihnen die psychischen und physischen Möglichkeiten; berufliche, häusliche und materielle Sorgen bestimmen ihr Leben auch nach der Arbeit. In den Appellen der Glücksindustrie und in ihren Zeitschriften erfahren sie nur was sie nicht haben, nicht aber, wie sie ihre Lage verbessern können.
Duhm 1972 "Angst im Kapitalismus" Seite 136
Dass diese Themen auch 2005 - 2006 noch hoch aktuelle sind, ist bemerkenswert und liefert einen Beleg dafür dass Duhm schon 1972 seiner Zeit weit voraus war.

weitere Standard-Werke

Etwas später kam dann noch "Der Mensch ist Anders" ISBN 3-921265-09-6 hinzu, darin kritisiert er die damalige politische Linke, und beschrieb: Beiträge zur Erweiterung unseres Menschenbildes und zur Überwindung Ideologischer Vorurteile.

Aus "Der Mensch is Anders": Dieter Duhm gab im Sommer 1974 seine Lehrtätigkeit an der Hochschule auf, weil er an den gegenwärtigen Wissenschaftsbetrieb keine Zugeständnisse mehr machen wollte. Seit der Studentenbewegung befasst er sich mit Bedingungen und Möglichkeiten Menschlicher Befreiung aus den geistigen und seelischen Fesseln der gegenwärtigen Gesellschaft.

Diese Standardwerke sind noch heute in Hochschul- und Fachhochschulbibliotheken zu finden.