Volks-Uni ist ein Sammelbegriff für Bildungsinitiativen, die sich jenseits von Prüfungsordnungen selbstorganisiert als Alternativen zu den bestehenden Universitäten verstehen. Sie firmieren auch unter den Titeln Kritische Universität, Gegen-Uni oder Volx-Uni.
Der Name war angeregt von der Stockholmer Folkuniversitet, die vom [[Centrum för Marxistik Samhällestudier]] (CMS), das der schwedischen Linkspartei nahesteht, jährlich veranstaltet wurde. Wolfgang Fritz Haug brachte diesen Namen für die von ihm 1979 mitgegründeten VolksUni mit nach Deutschland.
Geschichte
Republikanische Klubs und Kritische Universitäten
Bereits 1967 zu Beginn der Außerparlamentarische Opposition (APO) gab es in verschiedenen Städten wie Hamburg, Berlin, München und Frankfurt Kritische Universitäten. Im sommersemester 1968 fand ein gemeinsamer Kritischer Studententag, vorbereitet von Vertertern und Vertreterinnen der Kritischen Unis, der Studentengewerkschaft und den Republikanischen Klubs statt. Die Republikanischen Klubs waren wissenschaftspolitsche Diskussionszirkel, aus denen die Kritischen Universitäten hervorgingen. Diese wissenschaftspolitischen Klubs versuchten die Trennung von Politik und wissenschaft aufzuheben, hierzu gehörte auch sich Wissenschaft selbst anzueignen ohne jede Form einer als Herrschaftkommunikation bezeichneten Vermittlung von Wissen durch Dozenten. Dies hieß allerdings nicht, dass Dozenten nicht geduldet waren. Einige linke Dozenten beteiligten sich in gleichberchtigter Weise an den Republikanischen Klubs.
Diese Bewegung wurzelte vor allem in der sogenannten antiautoritären Linken. Sie berief sich in ihren Argumentationen auf Wilhelm Reich, Sigmund Freud und Peter Brückner. Vorlesungen seien überflüssig, wurde argumentiert, seit der Buchdruck erfunden sei - auch Seminare seien keine Lösung, da diese autoritär von Dozenten bestimmt würden. Die Alternative hierzu sei die kollektive Arbeit. Gefordert wurden:
- Anerkennung der studentischen Arbeitskreise als vollwertige Lehrveranstaltungen
- Das bereitstellen von Räumen für die Arbeitskreise der Kritischen Unis
- Die Finanzierung der Kritischen Unis.
Anfang der 70er Jahre fand diese Bewegung ein vorläufiges Ende.
Sommer-Universitäten, Wissenschaftsläden, Gegen-Unis
An den Universitäten wurde in der ersten Hälfte der 70er Jahre viel geändert. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise war geplant, sämtliche Universitäten in Gesamthochschulen umzuwandeln. Doch hiervon wurde im Laufe der Zeit Abstand genommen. Dies schuf einen neuen Freiraum für Gegenkonzepte.
Innerhalb der Frauenbewegung, die eine Frauenfroschung und Feministische Wissenschaftstheorie etablierte, entstanden Sommeruniversitäten. Parallel hierzu und mit einigen Überschneidungen entwickelte sich die Alternativbewegung, die sich wissenschaftskritisch mit Großtechnologien wie der Atomenergie auseinander setzten. Innerhalb dieser Bewegung entstanden Wissenschaftsläden. Ende der 70er Jahre schließlich fanden - hauptsächlich von den Allgemeinen Studierenden Ausschüssen (ASten) organisiert - Gegenuniversitäten statt.
In diesem Kontext enstand die VolksUni Berlin, die noch bis heute zu Pfingsten tagt. In ihrem Gründungskonzept von 1980 heißt es:
- [...] Gegenüber dem Block aus Privilegien, Herrschaft und Reichtum steht - das Volk, stehen die plebejischen Traditionen und die Kräfte der Arbeit, der kritischen wissenschft, der Frauenbewegung, der Grünen, der Studentenbewegung und der alternativen Kultur. Ihnen soll die Volksuni gewidmet sein.
- Die Volksuni soll den Kräften der Arbeit, der wissenschaft, der Kultur und der Umweltbewegung eine Möglichkeit bieten, sich mit ihren Problemen theoretisch auseinanderzusetzen.
In einer dreitägigen Reihe von Vorlesungen und Diskussionen fanden seitdem jährlich Beiträge zu Theorie, Geschichte und aktuellen Problemen der Arbeiterbewegung und der alternativen Kultur statt. Träger der Volksuni sind Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, aber keine Organisationen. Ziel war es linksorientierte Menschen aus dem Bildungssystem mit Menschen aus den Gewerkschaften und Betriebsräten zusammenzubringen:
- Die Volksuni möchte die Tradition der Kritischen Universität der Studenten und des Frauenstudiums aufnehemn und zusammenbringen mit den elementen einer arbeitsorientierten Wissenschaft und alternativen Kultur.
Volx-Unis
Mitte der 80er Jahre entstand wieder eine größere Bewegung - diesmal unter dem Titel VolxUni. Mit dem x statt dem ks wollte man sich von einer völkischen Interpretation abgrenzen, zudem signalisierte es bewusst eine Nähe zur Volxküche der besetzten Hafenstraße in Hamburg. Anders als das Gegen-Uni-Konzept der 70er Jahre, zu dem auch eher die Berliner VolksUni zählt, setzten die VolxUnis stärker auf Lernfestivals als auf Vorträge. Basteln an Windrädern, separatistische Frauengruppen, politische Diskussionen, Alternativmedizin, ... sind nur einige Beispiele von den über hundert Seminaren, welche auf diesen Lernfesten paralllel über drei Tage stattfanden. Diese wurden von zahlreichen Arbeitsgruppen vorbereitet, welche sich das ganze Jahr über auf Plena trafen und sich austauschten.
Im Februar 1985 wurde eine Bundeskontaktstelle Volksuni gegründet. Bei den bundesweiten treffen zeigten sich Differenzen zwischen den VolksUnis. Während in Bonn, Giessen, Köln, Aachen, Göttingen, Heidelbergf, Marburg, Karlsruhe, Bochum und Münster die VolksUnis von den ASten finanziert wruden und sie ihre Schwerpunkte im selbstbestimmten Lernen sahen, fianzierten sich die VolkUnis in Berlin, Hamburg und Zürich über Spenden und Mitgliedbeiträgen. Hier stand die Vernetzung linker Kräfte im Mittelpunkt und es fanden eher Vorträge linker Intellektueller statt.
Aufgrund politischer Inhalte konnten einige VolksUnis nicht stattfinden, da einige Rektorate und der RCDS intervenierten.
Ende der 80er Jahre war auch diese Bewegung wieder vorbei. Eine Fortsetzung fand sie in der Koordinierung von Alternativen Vorlesungsverzeichnissen und besetzten Universitäten.
Weblinks
- [www.volksuni-berlin.de VolksUni Berlin]
- Artikel von Wolfgang Fritz Haug zur Entstehung der VolksUni Berlin pdf
- Freie Volx-Hochschule Braunschweig
- Bildungscamp Marburg
- Artikel zur HWP als Volksuni