Allergie

Krankheit; Immunreaktion auf Umweltstoffe
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Als eine Allergie (griechisch αλλεργία „die Fremdreaktion“, von άλλος „anders, fremd“ und έργον „die Arbeit, Reaktion“) wird eine überschießende und unerwünschte heftige Abwehrreaktion des Immunsystems auf bestimmte und normalerweise harmlose Umweltstoffe (Allergene) bezeichnet, auf die der Körper mit Entzündungszeichen und der Bildung von Antikörpern reagiert (Antigen(Allergen)-Antikörper-Reaktion).

Die konkrete Bezeichnung Allergie wurde 1906 von Freiherr Clemens von Pirquet, einem Wiener Kinderarzt, geprägt.

Symptome

Allergien können folgende Symptome auslösen:

Nicht jedes Allergen hat nur ein Zielorgan. Vielmehr können beispielsweise über die Atemluft aufgenommene Allergene bei einer Person zu tränenden und juckenden Augen führen, bei einer zweiten Niesreiz und starken Schnupfen auslösen, während eine dritte Person mit Asthmaanfällen reagiert. Viele Nahrungsmittel können sowohl Hautreaktionen als auch Beschwerden im Magen-Darm-Bereich (Durchfall z.B.) auslösen.

Auslöser

Auslöser von Allergien ("Allergene") lassen sich in fünf Kategorien einteilen:

Von Kreuzallergien spricht man, wenn sich die allergische Reaktion von einem bestimmten Allergen auf einen anderen Auslöser überträgt, der eigentlich nichts mit dem ersten Allergen zu tun hat.

Nachweis einer Allergie

Es gibt drei Arten einen Patienten darauf zu untersuchen, gegen welche Stoffe eine Allergie vorliegt:

Hauttests

Ein Hauttest gilt als Standarduntersuchung bei dem Verdacht, dass der Patient gegen bestimmte Stoffe allergisch reagiert. Es handelt sich um eine Form des Provokationstests: Ein Allergenextrakt wird dabei auf verschiedene Weisen mit der Haut in Kontakt gebracht. Dadurch wird bei sensibilisierten Betroffenen Histamin freigesetzt, dringt in das anliegende Gewebe und bewirkt dort eine Entzündung. An ihr kann der Grad der allergischen Reaktion abgelesen werden.

  • Der Reibetest wird bei besonders empfindlichen Menschen angewandt. Der Arzt reibt mit dem unter Verdacht stehenden Stoff kräftig an der Innenseite des Unterarms. Bei positiver Reaktion zeigen sich großflächige Rötungen oder Quaddeln.
  • Beim Scratchtest wird der Allergenextrakt auf die Beugeseite des Unterarms gegeben und mit einer Lanzette die Haut 5 mm oberflächlich angeritzt. Somit gelangt der Extrakt in die Haut.
  • Die heute am häufigsten angewendete Methode ist der Pricktest, bei dem die Allergenlösung entweder auf den Unterarm oder den Rücken gegeben wird. Durch den Tropfen hindurch wird mit einer Spezialnadel etwa 1 mm in die Haut gestochen.
  • Ähnlich wird der Intrakutantest angewendet, nur, dass dabei der Allergenextrakt mit einer feinen Kanüle in die Haut gespritzt wird. Dieser Test ist jedoch schmerzhafter als der Pricktest.
  • Bei Kontaktekzemen greift man zum Pflastertest. Dabei werden Pflaster mit den in Frage kommenden Allergenen versehen und auf den Rücken oder den Oberarm des Patienten geklebt. Da die Kontaktallergie langsamer verläuft, muss das Pflaster zwei bis drei Tage auf der Haut bleiben. Danach wird das Ergebnis abgelesen.

Andere Provokationstests

Bei anderen Provokationstests wird das verdächtigte Allergen dem Patienten nicht über die Haut, sondern in anderer Form zugeführt; beispielsweise als Lösung inhaliert oder in die Nase gesprüht. Anschließend misst man die allergische Reaktion, z. B. die Schwellung der Nasenschleimhaut mittels einer sogenannten Rhinomanometrie oder an den Atemwegen mit einer Lungenfunktionsprüfung.

Der Vorteil eines Provokationstests liegt darin, dass damit die Beschwerde-Auslösung nachgewiesen wird und nicht nur eine Sensibilisierung im Bluttest. Da beim Provokationstest unerwartet heftige Krankheitszeichen bis zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auftreten können, sollte er von einem allergologisch erfahrenen Arzt durchgeführt werden, der über die erforderlichen Gegenmittel und Apparate verfügt.

Blutuntersuchungen

  • Beim RIST (Radio-Immuno-Sorbens-Test) wird Immunglobulin E im Blut nachgewiesen. Da aber prinzipiell alle Antikörper Immunglobuline sind, muss bei einer Allergie der Gesamt-Immunglobulinspiegel erhöht sein. Je höher die Überempfindlichkeit, desto höher ist der Immunglobulinspiegel. Mit solch einem Befund kann jedoch nur allgemein eine Allergie nachgewiesen werden, aber nicht, wogegen der Patient allergisch reagiert.
  • Der RAST (Radio-Allergo-Sorbens-Test) ist teurer und aufwändiger als die RIST-Untersuchung. Dabei wird der Verdacht auf den Auslöser der allergischen Reaktion, also spezifischer Immunglobuline, nach einem vorangegangenen Hauttest bestätigt.

Symptomatisch für Allergien ist ein erhöhter Anteil von Eosinophilen im Blut.

Entwicklung der Allergie

Woher die grundsätzliche Bereitschaft rührt, eine Allergie zu entwickeln, ist nicht vollständig erforscht. Diskutiert werden u. a.:

  • Erbliche Einflüsse (Allergien sind HLA-assoziiert - human leucocyte antigen-System). Varianten sind mittlerweile in mehr als 50 verschiedenen Genen nachgewiesen (u. a. ADAM33, GPRA oder IL1RN, die alle eine Rolle bei der allergischen Entzündung spielen)
  • Unterforderung des Immunsystems in der frühen Kindheit mit viralen oder bakteriellen Erregern, z. B. durch übertriebene Hygiene (Flächendesinfektion)
  • Die bei vielen allergischen Reaktionen hauptsächlich auftretenden Immunglobuline vom Typ E (IgE) dienten ursprünglich der Abwehr von nun in den Industrienationen seltener gewordenen Infektionen mit Parasiten wie Bandwürmern.
  • Ungünstige Ernährung, in Diskussion sind bestimmte Fettsäuren, der hohe Histamingehalt in bestimmten Lebensmitteln, sowie Vitamin D, das immunsuppressiv wirkt
  • durch Feinstaub, der die Aggressivität der Pollen und die Aufnahmebereitschaft des Körpers für die Allergene erhöht
  • Psychosomatik, allerdings mehr als sekundäres Phänomen im Sinn einer Konditionierung auf allergieauslösende Reize
  • Zunahme des Pollenflugs, z. B. durch die Erderwärmung oder als Stressreaktion von Bäumen auf Schadstoffbelastung
  • Zunahme der Milbenexposition durch bessere Isolierung der Häuser
  • Frühe Änderungen in der Darmflora, die durch Antibiotika und Probiotika beeinflusst werden kann
  • Veränderung der Hautflora z. B. durch die Einführung von Windeln
  • Kälteresistente Bakterien in Nahrungsmittel z. B. durch die Einführung von Kühlschränken
  • Medikamente, z. B. Paracetamol
  • Zigarettenrauch - rauchende Eltern können die Wahrscheinlichkeit einer Allergie verachtfachen

Wenn ein Allergen die erste Schranke (Haut oder Schleimhäute) überwunden hat und von dem Immunsystem als Fremdkörper erkannt wird, werden B-Lymphozyten zur Produktion des für das Allergen passenden Antikörpers (Immunglobulin vom Typ E) angeregt. Dies dauert ein bis zwei Tage. Diesen Vorgang nennt man die Sensibilisierungsphase, denn der Organismus ist bei einem weiteren Kontakt mit diesen Allergenen sofort in der Lage die entsprechenden Antikörper zu bilden. Die Antikörperproduktion beim ersten Kontakt mit einem Allergen löst noch keine Symptome aus.

Die gebildeten Antikörper setzen sich an der Oberfläche von Mastzellen fest und sind dadurch in der Lage bei erneutem Kontakt die Allergene an die Mastzelle zu binden.

Als Folge der Bindung wird die Membran der Mastzellen durchlässig und die in ihnen gelagerten Bläschen schütten das Histamin aus, welches eine Entzündungs-Kaskade initiiert, die zu den bekannten Symptomen führt.

Die Ursachen für die Zunahme von Allergien in der Bevölkerung sind bis heute nicht vollends aufgeklärt. Eine Theorie ist die „Hygiene- oder Dschungelhypothese“. Sie besagt, dass es in Ländern mit einem hohen Hygienestandard viele Allergiepatienten gibt, weil diese in der frühen Kindheit, als das Immunsystem geprägt wurde, zuwenig Kontakt mit Krankheitserregern hatten. Eine Allergie wäre nach dieser Theorie eine Art Ersatzhandlung des Immunsystems, bei welchem Mangels echten Erregern auch harmlose Stoffe Ziel einer Immunantwort werden. Allerdings ist dies ein mechanistisches Verständnis der komplexen Immunregulation. Eine weitere Theorie ist die „Survival-Hypothese“. Danach überleben heute durch verbesserte Lebensumstände viele Kinder, die Anfang des letzten Jahrhunderts Opfer der hohen Säuglingssterblichkeit durch Atemwegsinfekte geworden wären. Dadurch könnten bestimmte Genvarianten in der Bevölkerung zugenommen haben, welche nun für einige der „Zivilisations“-Krankheiten verantwortlich sind.

Klinische Einteilung

Die folgende Einteilung nach Coombs und Gell von 1963 lässt dennoch fließende Übergänge beim einzelnen Kranken zu; klassischerweise unterscheidet man vier Typen:

  1. Typ I, Soforttyp, Anaphylaxie (häufigster Typ): innerhalb von Sekunden oder Minuten vermitteln zellständige IgE-Antikörper die Freisetzung diverser Mediatoren wie Histamin, aber auch Prostaglandine und Leukotriene aus den basophilen Granulozyten und Mastzellen
  2. Typ II, zytotoxischer Typ: innerhalb von Stunden (bis zu zwölf) bilden zellständige Antigene (also aufgenommene Fremdsubstanzen wie gewisse Medikamente oder transfundiertes Blut) Immunkomplexe mit körpereigenen, im Blutstrom kreisenden IgG-Antikörpern; diese aktivieren zytotoxische Killerzellen und Komplement, daraufhin kommt es zur Zerstörung (Lyse) körpereigener Zellen
  3. Typ III, Immunkomplex- oder Arthus-Typ: auch innerhalb von Stunden bilden sich hier Klumpen von Antikörpern und Antigenen, die sowohl zellständig sein als auch frei im Blut schwimmen können; auch hier wird Komplement aktiviert und führt zur Phagozytose (Aufnahme) der Komplexe durch Weiße Blutkörperchen, welche wiederum Enzyme freisetzen, die Gewebe angreifen.
  4. Typ IV, Spättyp, verzögerter Typ: nach einem halben bis drei Tagen setzen sensibilisierte T-Lymphozyten Lymphokine frei, welche weitere Weiße Blutzellen zum Ort des Allergens locken, woraufhin dort eine Entzündung entsteht

Therapie

  • Vorsorglich:
    • Die beste primäre Vorbeugung ist sicherlich die Allergenkarenz, das heißt das Vermeiden des Kontaktes mit einem Allergen, doch dies ist nur selten möglich. Klassische Beispiele sind Tierhaarallergien und Nahrungsmittelallergien.
    • Als echte primäre Prophylaxe wird für Neugeborene mit erhöhtem Risiko, an Allergien zu erkranken, ausschließliches Stillen für wenigstens sechs Monate oder bei Stillhindernissen die Ernährung mit einer hypoallergenen Flaschennahrung, die ihre Schutzwirkung in Studien auch nachgewiesen hat, empfohlen. Noch nicht abschließend zu beurteilen ist der vorbeugende Effekt von sogenannten „Probiotika“, z. B. Laktobacillus bifidus. Diese natürlichen Darmbakterien sind nicht nur in vielen probiotischen Joghurts u. a. enthalten, sondern mittlerweile auch in den ersten Säuglingsnahrungen und finnische Studien geben Hinweise darauf, dass bei nicht gestillten Säuglingen die Ernährung hiermit möglicherweise vor der Entstehung von Allergien schützt. Da zahlreiche Allergiker auch auf Milchprotein allergisch reagieren, ist der häufige Verzehr von probiotischen Joghurts nicht unproblematisch.
    • Hyposensibilisierung ist eine Möglichkeit zur sekundären vorsorglichen Behandlung. Durch langsam ansteigende Dosen des Allergens, die in die Unterhaut gespritzt werden, soll das Immunsystem lernen, nicht mehr allergisch auf die auslösende Substanz zu reagieren. Hat die Therapie Erfolg, kann das Immunsystem dann auch auf neue Allergene korrekt reagieren und es entstehen weniger neue zusätzliche Allergien. Die Therapie erstreckt sich in der Regel über drei Jahre und kann mit Nebenwirkungen bis hin zum allergischen Schock verbunden sein.
    • Vermeidung von histaminreichen Nahrungsmitteln während der kritischen Tage des Pollenflugs, jedoch auf ausgewogenen Ernährung achten
    • Verzehr von Lebensmitteln mit einer geringen Allergenität z.B. ausweichen auf andere Apfelsorten
  • Akut:
  • Begleitend:

Überempfindlichkeitsreaktionen: Arten und Definitionen

 

Symptome der Überempfindlichkeitsreaktionen beruhen auf unnötigen und überschießenden Reaktionen gegen harmlose Substanzen:

Handelt es sich bei einer Intoleranz ursächlich um ein falsch oder zu wenig gebildetes Enzym, so spricht man auch von einer Idiosynkrasie.

Übersicht der häufigsten allergischen Krankheiten

Siehe auch

Literatur

  • Lothar Jäger: Allergien. Ursachen, Therapien, Vorbeugung. München: Beck 2000.