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Elsiabeth Paul (* 25. April 1895 in Darmstadt; † [[4. Februar ] 1991 in London) war eine deutsche Literaturwissenschaftlerin, die 1936 zusammen mit ihrem späteren Ehemann nach England emigrierte, wo sie 1937 in London eine wenige Jahre zuvor gegründete Schule erwarb und zu einer über Jahrzehnte hinweg angesehenen konfessinell ungebundenen und koedukative Schule ausbaute. Diese St. Mary's Town and Country School war ihrem Selbstverständnis nach eine reformpädagogische Einrichtung, die den Schulen im Exil zugerechnet werden kann.
Elisabeth Selvers Leben vor ihrer Heirat
Familie und Schulausbildung
Elisabeth Paul wurde am 25. April 1895 als Elisabeth Selver in Darmstadt geboren.[1] In ihrem Lebenslauf erwähnt sie nur ihren Vater, dessen berufliche Stellung sie als „Grossherzgl. Rabb. i. p.‟ benennt. David Selver wurde am 24. Februar 1856 in Chajowa, nahe der Stadt Blaszki, im damaligen Russischen Reich geboren. Er verstarb drei Jahre nach der Promotion seiner Tochter am 12. Mai 1926 in Darmstadt. Im Lebenslauf nicht erwähnt wird die Mutter, Amalie Selver, geborene Neustein, die am 27. August 1867 in Nürnberg zur Welt gekommen war und am 17. Mai 1948 in Rugby (England) verstarb. Elisabeths älterer Bruder, Paul Friedrich, war am 10. Januar 1893 in Darmstadt geboren worden. Er ist im Ersten Weltkrieg gefallen [2]; im Melderegister ist als Todesdatum der 27. Mai 1915 eingetragen.
Über ihre Schulzeit berichtet Elisabeth Selver in ihrem Lebenslauf nur sehr knapp: Von Ostern 1901 an Besuch des Reineckschen Seminars und der Viktoriaschule, „die ich nach Erreichen des Schulziels Ostern 1911 verliess‟.
Bei diesem „Reinekschen Seminar‟ handelt es sich nach Auskunft des Stadtarchivs Darmstadt um die „Reineck'sche Schule‟. Sie „wurde am 6. Oktober 1851 von dem städtischen Lehrer Johann Heinrich Reineck gegründet und bestand aus den 4 ‚untersten‛ Schuljahrsklassen (nach damaliger Zählung von Klasse X-VII). Nach dessen Tod am 11.02.1889 wurde die Schule zunächst von dessen Tochter Marie weitergeführt bis sie am 1. April 1906 von der Stadt Darmstadt übernommen und der Direktion der Viktoriaschule unterstellt wurde. Der Lehrplan wurde jenem der entsprechenden Klassen der Viktoriaschule angepasst, die 5 Lehrerinnen wurden ebenfalls von der Stadt Darmstadt übernommen.‟[3]
Die Viktoriaschule, die ihre Geschichte auf eine seit 1782 bestehende Mädchenschule zurückführt, bestand seit 1829 als Höhere Mädchenschule der Stadt Darmstadt. Seit 1884 trägt sie den Namen „Viktoriaschule‟. Von 1877 an konnte aufgrund schriftlicher Prüfungen ein „Zeugnis der Reife‟ erworben werden. Dies war zunächst lediglich als Voraussetzung für den weiterführenden Besuch des ebenfalls an die Viktoriaschule angeschlossenen (Volksschul-)Lehrerinnenseminars gedacht. Durch die Gründung einer sogenannten „Studienanstalt‟ zu Ostern 1913 erhielt die Viktoriaschule die nun lateinisch bezeichneten Klassen Obersekunda bis Oberprima. Die ebenfalls neu eingeführte Abschlussprüfung (Maturität) am Ende der Oberprima berechtigte fortan zum Hochschulstudium. 1916 erfolgte die erste Reifeprüfung an der Viktoriaschule.[4]
Auslandsaufenthalte und Studium
Das von Elisabeth Selver 1911 erreichte Schulziel entsprach also lediglich der besonders für Frauen damals üblichen kleinen Matrikel, die nur einen eingeschränkten Zugang zur Universität ermöglichte. Selver nahm diese Möglichkeit aber zunächst nicht war und entschied sich auch nicht für den Besuch des Lehrerinnenseminars. Von Mai bis Weihnachten 1911 und noch einmal von Oktober 1912 bis März 1913 studierte sie vielmehr in Nancy, wo sie zum einen ein Diplom der Alliance française erwarb und auch ein „Certificat d'études de français‟ der dortigen Universität. Im Anschluss daran, von April bis Oktober 1913, ging sie nach England und besuchte das Royal-Albert-Memorial College an der University of Exeter.[5] Der Englandaufenthalt endete mit der bestandenen „Prüfung des Summer-Meetings an der [[University of Oxford|Universität Oxford‟.
44 Studentinnen und Studenten nahmen zum Wintersemester 1914/15 ihr Studium an der gerade erst gegründeten Königlichen Universität zu Frankfurt am Main auf. Eine davon: Elisabeth Selver. „Aufgrund der kleinen Matrikel besuchte ich an der Universität Frankfurt vom W.-Semester 1914/15 bis Semesterschluss 1917 Vorlesungen und Seminarien aus dem Gebiet der neueren Philologie. Ostern 1918 bestand ich die Reifeprüfung an der Studienanstalt in Darmstadt.‟ Die universitären Vorbereitungen auf die Reifeprüfung waren laut einer Bestätigung des damaligen Rektors vom 8. Oktober 1917 mit dem Ende des Sommersemesters 1917 abgeschlossen.
Im Sommersemester 1918 studierte Selver an der Universität Bonn und wechselte zum Wintersemester 1918/19 an die Universität Heidelberg. Über die Inhalte ihrer Studien an diesen beiden Universitäten berichtet sie in ihrem Lebenslauf nichts. Stattdessen schreibt sie: „Von 1918 bis jetzt studierte ich an der Universität Frankfurt a. M.‟ Dieser Eintrag im Lebenslauf ist möglicherweise nicht korrekt. Es gibt in den Unterlagen des Universitätsarchivs in Frankfurt keine Anmeldekarte von Selver aus dem Jahre 1918, die ihre Rückmeldung bestätigt, dafür aber eine Anmeldekarte vom 8. Mai 1919. Auf der wird als zuletzt besuchte Hochschule Heidelberg genannt. Ihr dortiger Wohnsitz in der Leerbachstraße 12 ist auf der Karte durchgestrichen und mit dem Vermerk „aufgehoben‟ versehen. Auf dieser Anmeldekarte hätte aber als letzter Studienort Frankfurt stehen müssen, wenn Selver, wie im Lebenslauf geschrieben, bereits ab 1918 in Frankfurt studiert hätte.
Auch über ihre Studieninhalte in Frankfurt schreibt Selver in ihrem Lebenslauf nichts. Die Anmeldekarten zur Universität besagen aber dass sie für „Neuere Philologie‟ eingeschrieben war. Entsprechend waren ihre mündlichen Prüfungsfächer im Rahmen ihrer Promotion auch „Germanische Philologie‟, „Romanische Philogie‟ und „Englische Philologie‟. Im Umfeld dieses Kanons bewegten sich auch bereits die Lehrveranstaltungen, die sie zur Vorbereitung auf die Reifeprüfung von 1914 bis 1917 besucht hatte.
Ihr Lebenslauf endet mit einem Dank an „Herrn Prof. Schultz, der mir die Anregung zu meiner Dissertation gab‟. Als weitere Professoren, bei denen sie studiert hat, erwähnt sie Cornelius (Frankfurt), Hoops (Heidelberg), Hans Naumann (Mediävist)Naumann (Frankfurt), [[Fritz Neumann (Romanist)|Neumann (Heidelberg), Petersen (Frankfurt) und Meyer-Lübke (Bonn). Ihre Dissertation trägt den Titel „Der zyklische Bau der Dichtungen Stefan Georges: von den ‚Hymnen‛ bis zum ‚Teppich des Lebens‛‟.[6]. Das „Protokoll zur mündlichen Doktorprüfung von Fräulein Elisabeth Selver‟ vom 27. Juli 1923 endete mit der Gesamtnote „gut‟.
Anreger und Wegbereiter
Wie zuvor zitiert, soll es der Frankfurter Neugermanist Franz Schultz gewesen sein, der Selver die Anregung für ihre Dissertation gab. Wie zutreffend ist das?
Franz Schultz wurde 1921 als Nachfolger von Julius Petersen auf dessen Lehrstuhl berufen. Er zählte nicht zu den ganz großen Namen seiner Disziplin, sondern galt als solider Handwerker, von dem „man sich keine besondere Strahlkraft versprach‟.[7] Seine ersten Lehrveranstaltungen hielt er im Winterhalbjahr 1921/22 ab, „wobei er mit Veranstaltungen über »Die deutsche Literatur im Zeitalter des Humanismus, der Reformation und der Renaissance« und über »Heinrich von Kleist« bereits zwei seiner Lieblingsthemen anbot. Zu seinem Repertoire gehörten, mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit zwischen 1921 und 1950, daneben noch Veranstaltungen über »Die deutsche Literatur zwischen Barock und Klassik«, zu Goethe und Schiller, zur Romantik und immer wieder auch zu zeitgenössischen Autoren, vorzugsweise George, Rilke und Hauptmann.‟[8] Und in der Tat: Im Sommerhalbjahr 1922 kündigte Schultz eine Veranstaltung „Deutsche Dichter der Gegenwart‟ an, der im Winterhalbjahr 1922/23 die Veranstaltung „Deutsche Dichtung neuester Zeit‟ folgte.[9] Entsprechende Publikation hierzu liegen von ihm allerdings nicht vor.[10]
Der zeitliche Rahmen ist eng. 1923 hat Elisabeth Selver ihre Dissertation vorgelegt. Kann es dann sein, dass sie erste ein Jahr zuvor, wie sie schreibt, durch Schultz die Anregung dazu erhalten hat, oder gibt es andere und tiefergreifende Bezugspunkte zu dem von ihr gewählten Thema?
In Karl und Hanna Wolfskehls Briefwechsel mit Friedrich Gundolf findet sich in einer Anmerkung der Herausgeber der Hinweis: „David Selver, der Rabbiner der jüdischen Gemeinde Darmstadt, stand in freundschaftlicher und wohl auch seelsorgerischer Beziehung zu den Darmstädter Familien Gundelfinger und Wolfskehl.‟[11] Gundelfinger ist der ursprüngliche Familienname von Friedrich Gundolf.
Diese hier angedeutete enge Beziehung zwischen den drei Familien wird auch in anderen Quellen mehrfach betont, so etwa in dem von Gunilla Eschenbach und Helmuth Mojem herausgegebenen Briefwechsel zwischen Friedrich Gundolf und Elisabeth Salomon. In einem dort abgedruckten Brief Gundolfs vom 22. November 1918 aus Darmstadt an Elisabeth Salomon schreibt er: „Ich führe hier ein viel stilleres Leben als in Berlin, sehe nur Kühners oder Selvers und de Haans.‟ Dieses Beziehungsgeflecht wird von den Herausgebern in einer Anmerkung auf der gleichen Seite wie folgt erläutert: „Kühners oder Selvers und de Haans. Darmstädter Bekannte; Else Kühner, die Freundin Ernst Gundolfs, die Familie des Rabbiners David Selver (1856-1926), mit dessen Tochter Elisabeth (1895-1991), später verheiratete Paul, FG befreundet war - sie sollte 1923 eine Dissertation über Georges Dichtung verfassen -, die Familie des Dirigenten Willem de Haan (1849-1930, Karl Wolfskehls Schwiegervater.[12]
Diese engen familiär-freundschaftlichen Beziehungen führen - insbesondere durch die Personen von Karl Wolfskehl und Friedrich Gundolf - direkt zu Stefan George und in den inneren Zirkel des George-Kreises. Die Vermutung liegt nahe, dass Elisabeth Selver die für sie entscheidenden Anstöße zu ihrer Dissertation aus diesem privaten Umfeld erhielt - und das schon lange bevor sie Franz Schultz in Frankfurt kennenlernte.[13] Ihre Beziehungen zu Friedrich Gundolf müssen sehr eng gewesen sein, vertraut und freundschaftlich, was sich unter anderem aus einem weiteren Brief von ihm vom 15. April 1920, wiederum in Darmstadt verfasst, an Elisabeth Salomon ergibt: „Gestern habe ich einen schönen Frühlingsspaziergang mit der schönen Liesel S. gemacht, Primeln gepflückt und dein Lob gesungen: besonders die Schönheit deines Gesichts wurde gepriesen und dabei wieder die Linie von Nase zu Oberlippe .. So Sachen seh ich kaum - ich dachte an deine Beine, pries sie aber nicht.‟[14] Liesel S. ist nach Eschenbach/Mojem niemand anders als Elisabeth Selver.
Die Jahre 1923 bis 1931
Elisabeth Selvers Lebenslauf ist das letzte Dokument, das über längere Strecken ihres Lebens Auskunft gibt. Mit ihrer Dissertation enden zunächst einmal ihre Spuren. Auch im Melderegister Darmstadt ist nach einem Eintrag aus dem Jahr 1919, der einen vorübergehenden Aufenthalt in Frankfurt dokumentiert, erst wieder 1932 von ihr die Rede. Eingetragen ist da der 25. April 1932, das Datum ihrer Abmeldung nach Berlin.
Möglicherweise war es in der Weimarer Zeit auch nicht mehr unbedingt notwendig, jede vorübergehende Abwesenheit vom Hauptwohnsitz ins Melderegister eintragen zu lassen. Wohl deshalb existiert dort auch kein Eintrag über ihren Aufenthalt in Paris. Der wiederum ist durch einen fotokopierten Eintrag ihres „Livrett Universitaire Individuel Paris‟ aus dem Jahr 1928 dokumentiert.[15]. Offen bleibt allerdings, wie lange sie in Paris weilte und was sie dort studierte.
Im Vorwort seines 1933 erschienen Buches über den Einfluss des französischen Symbolismus auf die Wiederbelebung der Poetik in Deutschland bezieht sich Enid Lowry Duthie sowohl auf Gundolf als auch Karl Wolfskehl, um dann fortzufahren: „Mademoiselle Elizabeth Selver war meine beharrliche Freundin, deren Rat und Ermutigung waren die größte Hilfe. Ihre Fürsorglichkeit hat mir viele Schwierigkeiten geglättet, und ich bitte sie, meinen gerührten Dank anzunehmen.‟[16] Leider geht daraus nicht hervor, wo und wann Duthie das Vergnügen hatte, Mademoiselle Selver kennenzulernen. Zu vermuten ist jedoch, dass das im Zusammenhang mit ihrem Studienaufenthalt in Paris stattfand.
Die Jahre 1932 bis 1936
Wie schon erwähnt, stammt der letzte Elsiabeth Selver betreffende Eintrag im Darmstädter Melderegister vom 25. April 1932 und dokumentiert ihren Wegzug nach Berlin. Ob sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch in Darmstadt gewohnt hat, ist allerdings zu bezweifeln. In ihren Promotionsunterlagen im Archiv der Universität Frankfurt gibt es einen Schriftwechsel zwischen Selver und der Universität aus der Zeit zwischen Mai und Juli 1932. Selver bittet die Universität darum, ihr eine bgeglaubigte Abschrift ihres Doktordiploms auszustellen, da ihr das Original abhanden gekommen sei. Als Absender auf beiden Schreiben, zunächst einer Postkarte und im Juli auf einem maschinenschriftlichen Brief, ist jeweils vermerkt: Dr. E. Selver, Zwingenberg i. H., Orbisweg, Haus Kühner. Zwar war sie zu diesem Zeitpunkt in Darmstadt bereits abgemeldet, doch lebte ihre Mutter dort noch immer unter der alten Adresse. Hat sie schon länger im „Haus Kühner‟ gewohnt, oder war das nur ein vorübergehender Zwischenaufenthalt?
Was es mit dem „Haus Kühner‟ auf sich hat, ergibt sich aus Aus dem Teil 2 von „Karl Wolfskehls Schriftwechsel aus Neuseeland 1938-1948‟. In einem Brief Wolfskehls vom 18. Dezember 1947 an Kurt Frener schreibt Wolfskehl: „Grüß alle Bekannte, fahr doch einmal nach Zwingenberg zur Else Kühner, die kennst Du doch? Sonst rück einfach bei ihr ein und erzähl ihr ein bißschen von mir und daß ich, blind und altersmatt, einfach nicht jedem schreiben kann und zum Diktieren nur ein paar Wochenstunden mühsam ergattere.‟[17] Else Kühner wurde oben („ Anreger und Wegbereiter‟) schon einmal erwähnt. Sie gehörte zu dem Freundeskreis um die Familien Gundolf, Wolfskehl und Selver. Gundolf erwähnte sie in einem Brief an Elisabeth Salomon vom 12. November 1916. Kühner, die damals, so Gundolf, in der Klappacherstr. 8 in Darmstadt gewohnt haben soll, wird von den Herausgebern des Briefwechsels so charakterisiert: „Else Kühner (1870-1957), nahe Freundin Ernst Gundolfs, war Lehrerin in Darmstadt.‟[18] Wann Else Kühner nach Zwingenberg verzogen ist, ist nicht bekannt, und ebenso wenig, wie eng ihre Beziehung zu Elisabeth Selver war. Es kann jedoch als sicher gelten, dass auch Elisabeth Selvers Freund und späterer Ehemann, Heinrich (Heinz) Paul, zu dem Kreis um Kühner gehörte und in deren Haus verkehrte. Selvers Reklamation vom 1. Juli 1932 auf ihre noch nicht erhaltene Abschrift ihrer Promotionsurkunde, in der wiederum die Zwingenberger Anschrift als Absenderadresse genannt wurde, endet nämlich mit dem Satz „für Dr. Elisabeth Selver‟, dem die handschriftliche Unterschrift „H. Paul, Studienassessor‟ folgt. Laut Melderegister der Stadt Darmstadt wohnte der zu dieser Zeit noch bei seinen Eltern in Darmstadt, bevor auch er am 1. September 1932 nach Berlin umzog: laut Melderegister Darmstadt nach Berlin-Eichkamp, laut historischer Einwohnermeldekartei Berlins (EMK) in die „Marienburger Allee 16 bei Rheinhold‟.[19]
Ganz in der Nähe dieser ersten Berliner Adresse Pauls arbeitete zu der Zeit noch Elisabeth Selver. In der Berliner Waldschulallee 34–42, im Tribünengebäude des heutigen Mommsenstadions, war Anfang 1932 die von Lotte Kaliski gegründete Private Waldschule Kaliski (PriWaKi) eröffnet worden. Deren Direktor wiederum war Heinrich Selver (geboren 1901 in Blaszki; gestorben 1957 in Paris), ein Cousin Elisabeths. Von der Schulgründerin selber stammt der Hinweis, „dass Selvers Cousine in der ersten Zeit an der Schule unterrichtet hat‟.[20] Leider ist die Zeitspanne „in der ersten Zeit‟ nirgends präzisiert, und auch Busemann et. al. lassen dies offen, wenn sie schreiben: 1932 übernahm Heinrich Selver die Leitung der Waldschule Kaliski und „als erstes holte er seine Cousine Dr. Elisabeth Selver aus Darmstadt ins Kollegium. Sie verließ aber die Waldschule Kaliski bald wieder, um eine eigene Schule zu gründen.‟ [21] Allerdings wird Werner Fölling in seinem Beitrag zum Abschlussbericht des Forschungsprojekts über die PriWaKi etwas konkreter. Er erwähnt Elisabeth Selver in einer Aufstellung der Lehrkräfte als Lehrerin für Deutsch in den Jahren 1932/33.[22]
Elisabeth Selvers weitere Spuren in Berlin verbleiben im Dunkeln. In den Berliner Adressbüchern jener Zeit ist sie, anders alsihr späterer Ehemann, Heinrich Paul, nicht verzeichnet. Melderegistereinträge von ihr existieren nicht oder kriegsbedingt nicht mehr. Welche Schule sie gegründet haben könnte, ist unbekannt. Heinrich Paul hat sich am 1. August 1936 von Berlin, Wacholderweg 7 b, nach London, 16 Wedderburn Road, abgemeldet.[23]Für Elisabeth Selver gibt es keine vergleichbaren Daten; es ist nur zu vermuten, dass sie gemeinsam Berlin verlassen haben, um nach London zu gehen. Dort haben sie am 21. April 1937 geheiratet und die „St. Mary‛s School‟ erworben, die sie später in „St. Mary’s Town and Country School‟ umbenannten.[24]
Elisabeth Paul und die St. Mary’s School
Die weitere Lebensgeschichte von Elisabeth Selver, nun also Elisabeth Paul, ist bis zu ihrem Tod am 4. Februar 1991 in London.[25] untrennbar mit der Geschichte der „St. Mary‛s Town and Country School‟ verbunden, deren prägende Gestalt sie war.
Quellen
- Universitätsarchiv Frankfurt am Main (UAF). Hier gibt es zwei Akten zu Elisabeth Selver:
- UAF Abt. 136, Nr. 131: Hierin befinden sich die Unterlagen zu Selvers Promotionsverfahren. Dazu gehört auch eine handgeschriebener Lebenslauf, der, selbst undatiert, der Anmeldung zum Promotionsverfahren vom 1. Januar 1923 beigefügt war.
- UAF Abt. 604, Nr. 2395: Die wesentlichsten Unterlagen hier betreffen das mit „kleiner Matrikel‟ 1914 aufgenomme (Vor-) Studium, das zur an Ostern 1918 bestandenen Reifeprüfung an der Studienanstalt Darmstadt führte.
- Schriftliche Mitteilung des Stadtarchivs Darmstadt vom 9. Februar 2017
- Historische Melderegister der Stadt Darmstadt zu David Selver (mit den Einträgen über seine Tochter Elisabeth) und Heinrich Gustav Adolf Paul (Bestand ST 12 & ST 18)
- Hertha Luise Busemann, Michael Daxner, Werner Fölling, Klaus Klattenhoff, Friedrich Wißmann: „Die Private Waldschule Kaliski in Berlin-Grunewald (PriWaKi).‟ Abschlussbericht des Forschungsprojekts gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Oldenburg, 1992 (Im Bestand der Bibliothek der Universität Oldenburg, Signatur pae 475 wal BX 0221)
Werke
- Der zyklische Bau der Dichtungen Stefan Georges von den ‚Hymnen‘ bis zum "‚Teppich des Lebens‘, Philosophische Dissertation, Frankfurt, 1923.
Literatur
- Frank Estelmann, Olaf Müller: Angepasster Alltag in Germanistik und Romanistik. Franz Schultz und die Frankfurter Germanistik, in: Jörn Kobes, Jan-Otmar Hesse (Hrsg.): Frankfurter Wissenschaftler zwischen 1933 und 1945. Wallstein, Göttingen, 2008, ISBN 978-3-8353-0258-7, S. 33–45.
- Karl und Hanna Wolfskehl: Briefwechsel mit Friedrich Gundolf, 1899-1931, Band 1, Castrvm Peregrini, Amsterdam, 1977, ISBN 9789060340325.
- Karl und Hanna Wolfskehl:Briefwechsel mit Friedrich Gundolf, 1899-1931. Band 2 (1905 – 1931), Castrvm Peregrini, Amsterdam, 1977, ISBN 9789060340325
- Karl Wolfskehls Briefwechsel aus Neuseeland 1938 – 1948, Band 2, Luchterhand-Literaturverlag, Darmstadt, 1988, ISBN 9783630800028.
- Gunilla Eschenbach, Helmuth Mojem (Hg.): Friedrich Gundolf - Elisabeth Salomon. Briefwechsel 1914-1931. De Gruyter, Berlin, 2015, ISBN 9783110225464.
- Enid Lowry Duthie: L‛influence du symbolisme français dans le renouveau poétique de l'Allemagne. Les Blätter für die Kunst de 1892-1900. Paris 1933, Neudruck: Genève 1974. Zu dieser Studie heisste es bei Mario Zanucchi: „Die Wirkung der Symbolisten auf Stefan George wurde in der bahnbrechenden Studie von Enid Lowry Duthie aus dem Iahre 1933 systematisch untersucht. Duthies Studie ist indessen nicht nur inhaltlich und methodisch veraltet, sondern verkennt auch die zentralen Differenzen zwischen George und den französischen Symbolisten. Ebenfalls unbeachtet bleibt bei Duthíe Georges syrıkretistische Vermischung des französischen Symbolisnıus mit der deutschen Dichtungstradition sowie die Aufmerksamkeit, die er der protosymbolistischen Lyrik C. F. Meyers schenkt.‟ (Mario Zanucchi: „Transfer und Modifikation : Die französischen Symbolisten in der deutschsprachigen Lyrik der Moderne (1890-1923)‟, De Gruyter, Berlin/Boston, 2016, ISBN 978-3-11-042012-8, 978-3-11-042013-5, 9783110425192, S. 7)
- Hertha Luise Busemann, Michael Daxner, Werner Fölling: Insel der Geborgenheit. Die Private Waldschule Kaliski 1932 bis 1939. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart und Weimar, 1992, ISBN 3-476-00845-2. Das Buch basiert auf dem Forschungsprojekt zur Privaten Wwaldschule Kaliski (siehe Quellen).
Weblinks
- St. Mary‛s School: A retrospective of this unique school, by a former pupil. Die Seite lebt überwiegend von den Erinnerungen der Schülerinnen und Schüler, die die Schule ab den 1960er Jahren besucht haben. Doch es gibt auch noch viele vereinzelte Hinweise auf die Anfänge der Schule, so zum Beispiel auf den nachfolgenden Unterseiten:
- St. Mary‛s Town and Country School in der WIKIPEDIA-EN
Einzelnachweise
- ↑ An diesem Geburtsdatum gibt es keinen Zweifel, es ist durch das Melderegister eindeutig bestimmt. Allerdings hat Elisabeth Selver später selber für Verwirrung gesorgt, als sie zu unterschiedlichen Anlässen unterschiedliche Angaben über ihr Alter machte. Auf einer Webseite der „St. Mary‛School‟ werden gleich mehrere Daten aufgelistet: In einer Kopie ihres Studienbuches aus Paris aus dem Jahre 1928 ist handschriftlich ein Geburtsdatum eingetragen, das sich mit einiger Mühe als 25. VI. 1908 entziffern lässt. An gleicher Stelle wird auf ihre Todesurkunde verwiesen, die das Geburtsdatum 11. März 1892 trage. Und schließlich bleibt noch das englische Heiratsregister, in dem sie sich 1937 mit einem Alter von 41 Jahren eintragen ließ, das auf ein Geburtsjahr 1896 verweist. (Mrs. Paul). Dieses Spiel mit dem eigenen Alter scheint eine lebenslange Eigenheit von Elsabeth Selver geblieben zu sein. Aus Anlass der Schließung der „St. Mary‛s School‟ besuchte sie 1982 eine Reporterin des The Daily Telegraph. In deren Artikel heisst es: „Sie gibt zu, in den späten 80er Jahren zu sein, weigert sich aber genau zu sein, denn ‚wenn die Kinder wüssten, wie alt ich bin, wäre es mir nicht mehr möglich, Direktorin zu werden‛.‟ Sie spielt damit auf ihren zu diesem Zeitpunkt abwegigen Gedanken an, die amtlicherseits geschlossene Schule noch einmal eröffnen zu können. (Margot Norman: Inspectors in row over closed progressive school. The Daily Telegraph, 27th September 1982, übersetzt nach: TOWN & COUNTRY'S DEMISE
- ↑ Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Darmstadt
- ↑ Schriftliche Mitteilung des Stadtarchivs Darmstadt vom 9. Februar 2017
- ↑ Chronik und Schulgeschichte der Viktoriaschule & schriftliche Mitteilung des Stadtarchivs Darmstadt vom 9. Februar 2017
- ↑ History of the Exeter University
- ↑ Ein maschinenschriftliches Exemplar befindet sich im Bestand der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main: Der zyklische Bau der Dichtungen Stefan Georges].
- ↑ Frank Estelmann, Olaf Müller: Angepasster Alltag in Germanistik und Romanistik. Franz Schultz und die Frankfurter Germanistik, S. 33
- ↑ Frank Estelmann, Olaf Müller: Angepasster Alltag in Germanistik und Romanistik. Franz Schultz und die Frankfurter Germanistik, S. 36
- ↑ Die entsprechenden Vorlesungsverzeichnisse der Universität Frankfurt sind online einsehbar: Vorlesungsverzeichnisse der Goethe-Universität
- ↑ Vergleiche hierzu seine Publikationen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Franz Schultz in der DNB
- ↑ Karl und Hanna Wolfskehl: Briefwechsel mit Friedrich Gundolf, 1899-1931, Band 1, Anmerkung 25, S. 247
- ↑ Gunilla Eschenbach, Helmuth Mojem (Hg.): Friedrich Gundolf - Elisabeth Salomon. Briefwechsel 1914-1931, S. 153, und dort auch die Anmerkung 194
- ↑ Auch Hertha Luise Busemann geht im Abschlussbericht des Forschungsprojekts über die Private Waldschule Kaliski davon aus, dass das Dissertationsthema „nach der Freundschaft zwischen ihrem Vater und Karl Wolfskehl, der zum George-Kreis gehörte, wohl nicht zufällig gewählt‟ worden war. (Hertha Luise Busemann et. al.: „Die Private Waldschule Kaliski in Berlin-Grunewald (PriWaKi)‟, S. 415-416)
- ↑ Gunilla Eschenbach, Helmuth Mojem (Hg.): Friedrich Gundolf - Elisabeth Salomon. Briefwechsel 1914-1931, S. 122.
- ↑ Mrs. Paul
- ↑ ‟Mlle Élisabeth Selver a été moi une amie constante, dont les conseils et les encouragements ont été du plus grand secours. Sa sollicitude a aplani pour moi bien des difficultés, et je la prie d'agréer mes remerciements émus.‟ (Enid Lowry Duthie: L‛influence du symbolisme français dans le renouveau poétique de l'Allemagne, S. VIII)
- ↑ Karl Wolfskehls Briefwechsel aus Neuseeland 1938 – 1948, Band 2, S. 915
- ↑ Gunilla Eschenbach, Helmuth Mojem (Hg.): Friedrich Gundolf - Elisabeth Salomon. Briefwechsel 1914-1931, S. 52
- ↑ Landesarchiv Berlin (Bestand B Rep. 021)
- ↑ Hertha Luise Busemann, Michael Daxner, Werner Fölling: Insel der Geborgenheit‟, Anmerkung 59, Seite 355
- ↑ Hertha Luise Busemann, Michael Daxner, Werner Fölling: Insel der Geborgenheit‟, S. 187
- ↑ Hertha Luise Busemann et. al.: „Die Private Waldschule Kaliski in Berlin-Grunewald (PriWaKi)‟, S. 771
- ↑ Landesarchiv Berlin (Bestand B Rep. 021)
- ↑ St. Mary’s Town and Country School in der WIKIPEDIA-EN & Mrs. Paul & St. Mary‛s School – The early History
- ↑ St. Mary‛s School: The staff
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